nicht in jedem Ort, an dem es eine Hauptschule gibt, sagen: Jetzt richten wir auch eine Ganztagsschule ein.
Meine Damen und Herren, „Bulmahn gibt Startsignal für große Bildungsreform“, so lautet die Überschrift einer Pressemitteilung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung vom 10. Februar 2003. Der Untertitel macht dann deutlich, dass es hierbei vor allem um das 4-Milliarden-€Projekt zur Förderung von Ganztagsschulen geht.
Die Schlagzeilen, die dieses Projekt in den Pressemitteilungen der Bundesbildungsministerin und in den Medien gemacht hat, kann schon niemand mehr zählen.
Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen von der SPD, für Ihren heute zur Debatte stehenden Antrag habe ich einerseits durchaus Verständnis.
Sie wollen hier im Lande dazu beitragen, davon abzulenken, dass die Bundesbildungsministerin zwar einen Startschuss gibt, dass sie sich dabei aber, um im Bild zu bleiben, in einem anderen Stadion befindet als die Läufer. Sie sprechen von der Neuordnung der Bund-Länder-Beziehungen in der Bildungspolitik, Sie berufen sich dabei ausdrücklich auf den Koalitionsvertrag der Regierungsfraktionen auf Bundesebene. Darin ist in der Tat davon die Rede, dass man dem Konnexitätsprinzip stärker zum Durchbruch verhelfen wolle – landläufig bekannt als die Devise: Wer bestellt, bezahlt. Dagegen ist überhaupt nichts einzuwenden. Wir haben das ja in unserer Landesverfassung. Nur im Grundgesetz fehlt es noch, und es ist jetzt Ihre Sache, dies zu ändern.
Aber das 4-Milliarden-€-Projekt zur Einrichtung neuer Ganztagsschulen ist davon natürlich meilenweit entfernt. Man braucht keinen Taschenrechner, um festzustellen, dass der größte Teil der Bestellung des Bundes, nämlich die dauerhaften – Herr Zeller hat ja darauf hingewiesen – Betriebs- und vor allem Personalkosten der zusätzlichen Ganztagsschulen, von anderen zu bezahlen ist, nämlich von den Ländern und den Kommunen.
Sie, meine Damen und Herren von der SPD, haben sich hier im Lande an einer gemeinsamen Initiative aller Fraktionen zur Stärkung des Föderalismus beteiligt. Wir haben gestern darüber debattiert. In der Debatte hat der Herr Ministerpräsident diese Initiative als „gemeinsamen Aufschrei aller Fraktionen“ bezeichnet und als solchen auch begrüßt.
Wesentliches Instrument zur Stärkung unseres Föderalismus soll die Entflechtung von Mischzuständigkeiten von Bund und Ländern und daher auch die Entflechtung von Mischfinanzierungen sein. Vor diesem Hintergrund habe ich für den Antrag der SPD allerdings kein Verständnis mehr.
Sie wollen das Konnexitätsprinzip, Sie wollen ein Ende der Mischfinanzierungen, und gleichzeitig wollen Sie – und dies ausgerechnet noch im Bildungsbereich, in einem der wenigen Hoheitsbereiche der Länder – eine neue Mischfinanzierung installieren.
(Abg. Fischer SPD: Das ist doch absoluter Blöd- sinn! – Abg. Bebber SPD: Das ist doch Sache der Länder! – Abg. Fischer SPD: Das ist doch bloß, damit etwas gemacht wird!)
Grundsätzlich ist es selbstverständlich zu begrüßen, wenn die Bundesregierung Möglichkeiten sieht, den Ländern zur Bewältigung der ihnen obliegenden und von ihnen zu verantwortenden Aufgaben im Bildungsbereich zusätzliche finanzielle Hilfen zu gewähren. Deshalb sind wir dafür dankbar und nehmen sie auch an. Aber ich hoffe, dass dies allein auf einem Weg geschehen sollte, der jeglichen Eingriff in unsere ureigenen Kompetenzen vermeidet. Eben hierauf zielt der gemeinsam eingebrachte Antrag von CDU und FDP/DVP zum Antrag der SPD, Drucksache 13/1409.
Mit dem Verzicht auf das ursprüngliche Vorhaben, die Gewährung von Mitteln zur Errichtung neuer Ganztagsschulen von bestimmten inhaltlichen Vorgaben des Bundes abhängig zu machen, ist, wie ich meine, der erste Schritt in die richtige Richtung getan. Ich begrüße das ausdrücklich und unterstreiche an dieser Stelle, dass wir an unserem Ziel festhalten, schulische Ganztagsangebote in der Vielfalt ihrer Formen weiter auszubauen und insbesondere auch ein erweitertes, bedarfsgerechtes Angebot an Ganztagsschulen, und zwar grundsätzlich an allen Schularten, zu machen.
Dabei geht es um die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf, dabei geht es aber vor allem auch um eigene pädagogische Konzepte – Herr Zeller, Sie haben darauf hingewiesen –, die an die besonderen Möglichkeiten der Ganztagsschulen gebunden sind.
Ich bin davon überzeugt, dass wir auch vor dem PISA-Hintergrund gut daran tun, diesen Weg in Baden-Württemberg zu verfolgen und dies durchaus auch mit Nachdruck zu tun. In diesem Zusammenhang will ich aber in aller Deutlichkeit auch Folgendes sagen: PISA hat uns sicher vor Augen geführt, dass wir im Bildungsbereich noch längst nicht alle Hausaufgaben gemacht haben, auch in Baden-Württemberg nicht. Das insgesamt hervorragende Abschneiden unseres Landes im innerdeutschen Vergleich darf und wird nicht Anlass sein, dass wir uns nun zurücklehnen können.
Die PISA-Studien enthalten vielfältige Hinweise und Anregungen, an welchen Stellen und wie wir die Qualität unserer Schulen weiter verbessern können – und auch weiter verbessern müssen. Aber PISA belegt eben nicht, dass wir zur weiteren Qualitätsverbesserung unser gesamtes Schulsystem umkrempeln müssen. PISA belegt insbesondere nicht, dass die Umwandlung aller oder auch nur möglichst vieler Schulen in Ganztagsschulen sozusagen das Allheilmittel zur Beseitigung aller – tatsächlichen oder auch nur vermeintlichen – Mängel wäre. Wer dies anders sieht, springt zu kurz.
Deshalb ist es nach meiner Überzeugung auch wenig sinnvoll, für die Einrichtung weiterer Ganztagsschulen Zahlen wie „1 000 im Land und 10 000 im Bund“ von oben vorzugeben. Das sinnvolle Ziel kann nicht sein, 1 000 oder auch möglichst viele Ganztagsschulen zu haben, sondern das sinnvolle Ziel ist und bleibt, schulische Ganztagsangebote und Ganztagsschulen überall dort einzurichten, wo hierfür der jeweils entsprechende Bedarf besteht.
(Abg. Zeller SPD: Das machen Sie doch nicht! – Abg. Bebber SPD: Wenn Sie das machen würden, gäbe es unseren Antrag nicht!)
(Abg. Bebber SPD: Das ist doch Unsinn! Sie ma- chen das doch gar nicht, was Sie da ankündigen! Der Bedarf ist doch da!)
Aber wir sollten hier bei dem Modell der Entwicklung von unten nach oben – hören Sie einmal zu; das passt Ihnen meistens nicht so arg – –
(Abg. Zeller SPD: Sie lehnen doch die Anträge von unten ab! – Zurufe der Abg. Wintruff SPD und Bo- ris Palmer GRÜNE)
Also, wissen Sie, ob es sich immer lohnt, das, was Sie sagen, aufzuschreiben, weiß ich nicht. Aber ich habe meinen Beitrag aufgeschrieben.
Wir sollten dem Modell der Entwicklung von unten nach oben den Vorzug gegenüber einem Überstülpen von oben nach unten geben,
dies übrigens gerade auch vor dem Hintergrund der Debatte um mehr Autonomie, die wir den Schulen zukommen lassen wollen.
(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP – Abg. Bebber SPD: Sie lehnen doch die Anträge von un- ten ab!)
Überstülpen von oben nach unten ist kontraproduktiv; die Entwicklung von unten nach oben ist konstruktiv.
In diesem Sinne werden wir, die FDP/DVP-Landtagsfraktion, uns dafür einsetzen, die durch den Bund geschaffenen zusätzlichen finanziellen Spielräume zu nutzen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Gestern hatten wir hier in diesem Haus eine beeindruckende Debatte
über den Föderalismus, und wir haben in großem Konsens einen interfraktionellen Antrag verabschiedet.
Selbstverständlich ist es klar, dass wir in diesem Bereich, in dem wir eine originäre Landeskompetenz besitzen, nämlich im Schulwesen, die Landeskompetenz in vollem Umfang erhalten wollen.
Ministerpräsident Teufel sagte in der Debatte zu Recht, dass alle zwar für den „Föderalismus nach oben“ seien, aber entscheidend sei der „Föderalismus nach unten“, nämlich auf die Ebene der Gemeinden, der Regionen, der Verantwortlichen vor Ort. Deshalb sagen wir Grünen heute als Erstes in dieser Debatte: Wir brauchen gerade im Bildungsbereich die konsequente Kompetenzverlagerung nach unten an die Schulen, wir brauchen die Stärkung der Eigenverantwortung und der Selbstständigkeit der Schulen in diesem Lande.
Wir unterstützen auch ganz maßgeblich die Forderung der kommunalen Landesverbände nach einem Abbau der Mischfinanzierungen hier in diesem Lande im Schulbereich