Wo hat das Vorhaben einer Reform des öffentlichen Dienstrechts konkrete Auswirkungen für den Dienstherrn, hier das Land? Ich nenne Ihnen einmal zwei oder drei Auswirkungen.
Der Kollege Oettinger – ich fange einmal mit ihm an – hat heute Morgen einen bemerkenswerten Vorschlag gemacht, indem er gesagt hat, wir könnten versuchen, mit Abfindungen Beamte aus dem Beamtenverhältnis herauszukaufen, um die Aufwendungen für die Beamtenpensionen zu senken – das war seine Argumentation. Es wäre natürlich die Frage, was das das Land kosten würde. Daran sieht man aber schon, dass der Kollege Oettinger offensichtlich mit uns einer Meinung ist, dass der Personalbestand an Beamten im Land jedenfalls eine Grenze erreicht hat – unseres Erachtens bereits überschritten hat –, bei der wir alles tun müssen, um von diesem Stand wegzukommen.
Hier gibt es jetzt auch die Verknüpfung, meine Damen und Herren: Es macht ja keinen Sinn, jetzt isoliert über Teilbereiche des Dienstrechts zu diskutieren, wenn wir die Verwaltungsstrukturen nicht auf den Prüfstand stellen. Da sind Sie ja wirklich reformresistent. Sie sind gar nicht bereit, mit sich darüber reden zu lassen. Wir können doch die Flexibilisierung im Dienstrecht nur dann nutzen, wenn wir auch die Verwaltungsstrukturen ändern. Dazu zählt zum Beispiel die Frage, ob wir bestimmte Verwaltungsebenen auf den Prüfstand stellen, ob wir in den Zeiten, in denen wir ganz knapp bei Kasse sind, noch drei, vier oder zum Teil sogar fünf Verwaltungsebenen brauchen. Diese Frage ist doch unmittelbar mit der Frage verknüpft, wie flexibel ein Dienstrecht gestaltet ist.
Ein letzter Punkt, den ich nennen möchte, ist das Thema Öffnungsklauseln. Auch das hat ja primär mit der Frage zu tun, inwieweit der von den Gewerkschaften ausgehandelte Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst für die Beamten übernommen wird.
(Minister Dr. Schäuble: Die Öffnungsklausel ist doch eine bloße Kompetenzfrage zwischen Bund und Ländern!)
Da wird man nun gespannt sein dürfen. Ich habe heute eine Aussage dazu vermisst – sowohl vom Finanzminister als auch von Ihnen bisher, obwohl Sie ja jetzt über die Mehrheit im Bundesrat verfügen –, wie Sie sich zu diesen Öffnungsklauseln stellen werden, wo es um die Frage geht, ob wir beim Weihnachtsgeld, beim Urlaubsgeld etc. Einschnit
te vornehmen. Es wäre natürlich interessant, von Ihnen als Landesregierung einmal zu hören, ob Sie dort, wo Sie können, bereit sind, Einschnitte auch durch entsprechende gesetzliche Regelungen vorzunehmen. All das steht mit dem, was wir hier diskutieren wollen, in einem Zusammenhang.
Herr Innenminister, zum Schluss: Ich glaube, dass wir hier im Hause bei der Frage der Notwendigkeit einer Dienstrechtsreform letztendlich kaum auseinander liegen können, weil wir allein bei den Themen, die wir heute diskutiert haben – Versorgungsabgaben, Besoldungsrecht, Verwaltungsstrukturen etc. –, bei knapper werdenden Ressourcen im Prinzip gar nicht anders können, als Einschnitte vorzunehmen. Diese Einschnitte werden allemal besser auf der konzeptionellen Ebene vorgenommen als mit globalen Minderausgaben, wie Sie dies vorsehen und wie Sie dies auch in den vorliegenden Nachtragshaushalt wieder eingebracht haben. Solche konzeptionslosen Veränderungen wollen wir nicht; wir wollen eine konzeptionelle Diskussion, am besten mit allen Kolleginnen und Kollegen aller Fraktionen inklusive der Landesregierung in diesem Haus. Dann werden wir auch die Reformen, die wir im Land dringend brauchen, gemeinsam umsetzen können.
Bei all den vielen Worten, die Sie, Herr Kollege Oelmayer, jetzt gemacht haben, beantworten Sie mir bitte eine Frage: Sind Sie für ein einheitliches Dienstrecht – ja oder nein?
Ich bin für ein einheitliches Dienstrecht. Das habe ich ja schon am Beginn meines ersten Redebeitrags gesagt.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Darf ich jetzt einmal aus meiner Sicht feststellen, dass alle, die hier geredet haben, für die Beibehaltung des öffentlichen Dienstes in Form des Beamtentums sind? Was wir allerdings jeweils darunter verstehen, scheint mir noch ein wenig unterschiedlich zu sein.
Die Koalitionsfraktionen – Herr Hofer nickt – verstehen darunter vor allem, dass der Grundgesetzartikel, wonach die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums weiterhin garantiert werden, erhalten bleibt. Herr Oelmayer, über alles, was unterhalb dieser Grenze an Veränderungen oder Reformen möglich ist, können wir miteinander reden.
Zweitens: Wenn ich Sie darum bitten dürfte, so tun Sie mir einen Gefallen: Trennen Sie Fragen der Verwaltungsstrukturreform und Statusfragen der in einer Verwaltung Tätigen!
Sie können die Verwaltung organisieren, wie Sie wollen: Es müssen darin Menschen arbeiten. Und der Status dieser Menschen hängt nicht unmittelbar mit der Gliederung unserer Verwaltung zusammen.
Herr Kollege Scheuermann, glauben Sie denn allen Ernstes, dass es im Zuge der europäischen Integration, bei der es ja auch um die Freizügigkeit von Beschäftigten geht, möglich sein wird, die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums, die ja letztlich aus dem preußischen Staat und aus der Weimarer Republik stammen, zu erhalten? Das ist doch vollkommen undenkbar.
Herr Kollege Kretschmann, darauf gebe ich Ihnen die Antwort: Europa hat viel zu sagen. Aber die Frage, wie der Status der in den einzelnen Staaten Beschäftigten ist, brauchen wir nicht auch noch auf die Ebene der Europäischen Union zu übertragen. Das ist meine Meinung.
Dritte Feststellung – und da möchte ich den Herrn Innenminister nachhaltig unterstützen –: Die Probleme, die wir momentan mit dem öffentlichen Dienst haben, gehen überhaupt nicht auf die Beamten zurück, sondern sie resultieren aus dem Tarifvertrag, den wir für die Angestellten
und für die Arbeiter haben. Dieser Tarifvertrag tritt zum 1. April 2003 in Kraft. Für die Beamten werden wir zum 1. April sicher noch keine Lösung haben. Deswegen sollten wir nicht so tun, als ob die Beamten das Problem wären. Alle Beschäftigten im öffentlichen Dienst sind das Problem.
Jetzt zu den Öffnungsklauseln: Herr Oelmayer, Sie wissen so gut wie ich, dass der Vorschlag aus Berlin zu den Öffnungsklauseln nur aus dem einzigen Grund erfolgte, um gegenüber dem Bundesverfassungsgericht bei der Forderung nach höheren Bundesergänzungszuweisungen nachhaltig begründen zu können, dass man alles unternommen hat, um aus eigener Kraft zu größeren Einsparungen zu kommen, und sonst gar nichts.
Jetzt haben wir eine Fragestellung, die mittelbar mit den Öffnungsklauseln zusammenhängt: Wie verwirklichen wir das Angebot des Beamtenbunds, das Weihnachtsgeld und
das Urlaubsgeld anstelle einer Einmalzahlung auf das Monatsgehalt zu übertragen? Soll das der Bund machen, oder soll es dafür eine Zuständigkeit der Länder geben? Wenn Sie das zu Ende überlegen, kommen Sie zu dem Ergebnis, dass es wahrscheinlich besser wäre, wenn das der Bund machen würde, als wenn jedes Land das für sich machen würde. Wir hätten mit dieser Frage auf jeden Fall sehr viel weniger Probleme.
Ganz zum Schluss noch einmal zurück zu dem Gutachten: In dem Gutachten wird auch über die Organisationsstruktur des öffentlichen Dienstes gesprochen. Ich will Ihnen ganz einfach ein paar Begriffe nennen, die darin vorkommen, und daraus eine Konsequenz ziehen.
Da wird gesprochen von der Dezentralisierung der Aufgaben. Da wird gesprochen von Zielvereinbarungen über die ganze Bandbreite der Verwaltung hinweg. Da wird von Zusammenführung von Fach- und Ressourcenverantwortung, also finanzieller Verantwortung, gesprochen. An vielen Stellen kommt das Wort Controlling, also Steuerung, vor. Unter dem Strich bestätigt dieses Gutachten uns doch in unseren Bemühungen um NSI.
Jetzt habe ich nur eine einzige Bitte: Geben wir doch bei der Einführung von NSI nicht gleich jeder Kritik aus irgendeinem Zweig der Verwaltung nach.
(Abg. Drexler SPD: Andere Bundesländer machen es uns doch vor! Sie können Justiz und Polizei nicht nehmen!)
Sagen wir doch ganz einfach, dass es sich dabei um eine grundsätzliche Umstellung in unserer Verwaltung handelt und dass das nicht von jetzt auf nachher geht. Das ist meine Bitte auch an Sie, Herr Drexler.