Nun gleich zu Ihrem Thema „Subjektförderung oder Objektförderung“, damit ich darauf in meiner Rede nicht mehr eingehen muss. Sie wissen, dass diese Frage einen relativ kleinen Prozentsatz betrifft, Herr Dr. Noll, und dass die CDU-Fraktion auf die Objektförderung setzt, weil wir vor allem eine wohnortnahe Struktur aufbauen wollen. Aber ich schlage vor, dass die Koalitionsfraktionen über diese Frage noch einmal sachlich miteinander sprechen werden.
Wir betrachten zwei Zeiträume: Den Zeitraum bis 2010 hat Herr Dr. Noll beschrieben – auch statistisch und hinsichtlich der Pflegebedürftigen –, deswegen möchte ich die von ihm genannten Bevölkerungszahlen gar nicht wiederholen. Wichtig ist aber auch, den Zeitraum bis 2050 zu betrachten. Ich werde darauf eingehen, weil die notwendigen Reformen der rot-grünen Regierung bei den Krankenkassen, bei der Rentenkasse, bei der Pflege und bei der Zuwanderung Schlüsselfragen für die Zukunftsperspektiven unserer älteren Generation sind.
Zunächst zum Zeitraum bis 2010: Die Zahl der Pflegebedürftigen wird in Baden-Württemberg von 210 000 auf 270 000 ansteigen. Wenn man zunächst nachfragt, welche Wünsche die Pflegebedürftigen selbst haben, gibt es eine fast hundertprozentige Übereinstimmung: Alle möchten so lange es irgendwie geht in ihren eigenen vier Wänden leben. Heute kann dieser Wunsch weitgehend erfüllt werden.
Ich markiere das mit ein paar Schlüsselzahlen: durchschnittliches Alter beim Heimeintritt: 82 Jahre, Tendenz steigend; durchschnittliches Alter der Heimbewohner: ca. 85 Jahre, Tendenz steigend; Verweildauer: 2,5 Jahre, Tendenz sinkend; darunter Personen mit einer Verweildauer von unter drei Monaten: 25 %. Der Anteil der Demenzkranken, also der schwer Pflegebedürftigen, liegt heute bei 60 %, Tendenz steigend.
Ob die Wünsche unserer pflegebedürftigen älteren Menschen weiterhin erfüllt werden können, hängt ganz entscheidend davon ab, ob die Pflegekraft unserer Familien auf Dauer gesichert werden kann. Darauf möchte ich bei der langfristigen Perspektive eingehen, denn wir wissen, dass der Familienzusammenhalt gefährdet ist. Davon hängt wiederum die Zahl der Kinder pro Familie ab. Dazu möchte ich am Ende meiner Rede noch etwas sagen.
Die Pflegekraft der Familien hängt aber auch davon ab, welche flankierenden Maßnahmen wir vonseiten des Landes bereitstellen: ambulante, teilstationäre und stationäre Angebote. Ich glaube, dass wir in Baden-Württemberg sagen können, dass wir in diesen Bereichen eine beachtenswerte Arbeit geleistet haben. Ich darf hinzufügen, dass wir diese Arbeit im parlamentarischen Raum mit weitgehender Übereinstimmung aller Fraktionen dieses Landtags leisten konnten. Dafür möchte ich Ihnen herzlichen Dank sagen. Aber besonders sage ich jenen Dank, die als stille Helfer – Nachbarn, Ehrenamtliche – viele Hunderte von Stunden ihre Angehörigen pflegen. Ohne diese Helfer wäre unsere Pflegekonzeption auf Dauer nicht verwirklichbar.
Wenn wir im Jahr 2010 270 000 zusätzliche Pflegebedürftige erwarten, dann gehen wir davon aus, dass 70 % davon
zu Hause sind – so, wie es ihr Wunsch ist – und 30 % in stationären Einrichtungen untergebracht sind. Dazu werden wir 4 000 zusätzliche Pflegekräfte brauchen: 2 000 für den stationären Bereich und 2 000 für den ambulanten Bereich.
Wir befinden uns in einer Aktuellen Debatte, Herr Kollege Wieser: zwei Runden zu je fünf Minuten. Der Präsident hat dies eingangs mitgeteilt.
Herr Präsident, ich habe mich bei dem vorherigen amtierenden Präsidenten vergewissert, dass ich diese Dinge im Zusammenhang vortragen kann, und habe mich auf die Kontinuität in der Präsidentschaft verlassen.
Herr Kollege Wieser, Sie sind doch Mitglied des Präsidiums. Da ist das doch besprochen worden. Ich bitte Sie, sich schon an die Regelung zu halten. Sie haben ja nachher noch einmal Gelegenheit, Ihre Auffassung vorzutragen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich bedauere, dass Sie damit den klugen Aufbau meiner Rede in zerrissener Form vorgetragen bekommen, und schließe hier.
(Heiterkeit – Beifall bei der CDU – Abg. Dr. Birk CDU: Fortsetzung folgt! – Abg. Blenke CDU: Un- terbrechung für die Werbung! Jetzt kommt die Werbung!)
Herr Präsident, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, dass wir mittlerweile alle verstanden haben, dass die Zeit, in der wir Alter als reines Defizit betrachtet haben, nun endgültig vorbei ist. Ich denke, das ist sehr wichtig und zukunftweisend.
Alter bedeutet auch Teilhabe an der Gesellschaft und Einmischen in den politischen Prozess. Aus diesem Grunde,
glaube ich, können wir froh und stolz sein, dass wir einen funktionierenden Landesseniorenrat haben, der sich in die Belange der älteren Menschen einmischt und der diese Belange in unserer Gesellschaft sehr gut vertritt.
Herr Dr. Noll, Sie haben zu Beginn Ihrer Rede aus einem Vortrag von Frau Meister-Scheufelen zitiert. Der Vortrag geht aber noch weiter, und darauf möchte ich Sie im Zusammenhang mit der Subjektförderung und der Objektförderung ansprechen.
Denn Alter bedeutet nicht nur Teilhabe, sondern ich glaube, wir sind uns auch darüber einig, dass mit steigendem Anteil der Hochaltrigkeit natürlich auch der Anteil der Pflegebedürftigkeit und die Notwendigkeit der Versorgung steigen. In diesem Vortrag steht weiter – ich darf zitieren –:
Gerade in Kreisen mit einem heute noch relativ geringen Anteil älterer und alter Menschen wird der prozentuale Anstieg dieser Bevölkerungsgruppe... stark ausfallen. Deshalb müssen Teilräume des Landes, die bislang aufgrund ihrer jungen Altersstruktur z. B. relativ wenige Einrichtungen der Altenhilfe benötigt haben, künftig mit einem starken Anstieg des Bedarfs in diesem Bereich rechnen.
Wenn wir jetzt von der Objektförderung abgehen würden, was würde das bedeuten? Wo bauen denn die Träger? Die Träger bauen dort, wo es billig ist.
Wir werden dann bestimmte Gebiete haben, in denen die Menschen unterversorgt sind, während wir in anderen Gebieten eine Überversorgung haben.
Aus diesem Grund stehen wir – im Übrigen auch in Übereinstimmung mit dem Landesseniorenrat – zu der Objektförderung im Land Baden-Württemberg.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, gleichwohl wissen wir, dass die versprochenen Fördergelder bei weitem nicht ausreichen.