deshalb überein, alle Vorschriften des Bundes daraufhin zu überprüfen, ob eine bundeseinheitliche Regelung wirklich erforderlich ist oder ob Lösungen auf Landesebene nicht sinnvoller sind.
Wenn es mit dieser Bundesregierung überhaupt eine Chance gibt, dann bei diesem Thema. Denn die Zahl ehemaliger
Länderregierungschefs – Eichel, Clement, Stolpe, Schröder selbst – und auch die Zahl ehemaliger Landespolitiker – ich nenne Trittin, ich nenne Schlauch, ich nenne Frau Schmidt – waren in keiner deutschen Bundesregierung so groß wie jetzt. Das heißt: Wenn die Mitglieder der Bundesregierung wissen, wo sie herkommen, wenn sie noch daran glauben, was sie früher ausgesagt haben, dann sehe ich eine große Chance, dass auch der Bundesgesetzgeber, nicht nur der Bundesrat, sondern auch der Deutsche Bundestag, und die Bundesregierung bereit sind, am Grundgesetz die Stellschrauben zu drehen und die Korrekturen vorzunehmen, die wir für richtig erachten, damit die staatliche Ordnung in Deutschland, damit die Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern wieder dort hinkommt, wo sie hingehört. Das Subsidiaritätsprinzip muss eingeklagt werden. Mit unserem heute eingebrachten Antrag leisten wir einen entscheidenden Beitrag dazu.
(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP sowie der Abg. Fischer SPD und Kretsch- mann GRÜNE)
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Oettinger hat sich, finde ich, zu Recht dafür bedankt, dass es möglich war, zu dieser zentralen, uns alle betreffenden Frage einen gemeinsamen Antrag zu entwickeln. Ich finde, heute ist ein wichtiger Tag in diesem Parlament, in dem wir uns ja oft fundamental und auch hart auseinander setzen. Ich denke, dass es eine große Leistung der Fraktionsvorsitzenden ist, dass sie diesen gemeinsamen Antrag zustande gebracht haben. Wenn das, was wir heute hier beschließen, nicht folgenlos bleibt, dann ist der heutige Tag auch ein ganz wichtiger Tag in der Geschichte dieses Parlaments.
Wir verdanken diese Chance, den deutschen Föderalismus neu zu befestigen, ein Stück weit natürlich auch der Tatsache, dass jetzt der Versuch gemacht wird, eine Verfassung der Europäischen Union zu schaffen. Dieser Anlass zwingt uns ja alle, die staatlichen Ordnungen in Europa neu zu überdenken.
Deswegen – da hat Herr Kollege Oettinger Recht – hat sich durch die Debatten des Konvents ein Zeitfenster geöffnet, das wir dazu nutzen können, um in der Tat in Deutschland das Verhältnis zwischen Bund, Ländern, aber auch Kommunen, Herr Kollege Oettinger, neu zu ordnen. Es ist im Übrigen auch gut, dass die Fraktionen von CDU, SPD und FDP/DVP die Fehlentwicklungen korrigieren wollen,
die hier eingetreten sind. Die Ausnahme nenne ich gleich, weil – das sollten wir schon bekennen, Herr Kollege Oettinger, und Sie haben das ja in bemerkenswerter Weise eingeräumt; ich will das quittieren – mindestens diese drei Parteien diese Fehlentwicklung gemeinsam mit zu verantworten haben. Die Grünen genießen insoweit die Gnade der späten Geburt,
(Abg. Drexler SPD: Aber nicht mehr lang! – Ge- genruf des Abg. Moser SPD: War das jetzt ein Witz aus dem Altersheim?)
Es eröffnet sich jetzt die Chance, Aufgabenverantwortung und Finanzhoheit für jede staatliche Ebene so zu ordnen, dass die Fehlentwicklungen der letzten Jahrzehnte hin zu einem unüberschaubaren Mischsystem, in dem alle für alles zuständig sind, aber niemand verantwortlich ist, korrigiert werden. Diese Fehlentwicklungen sind übrigens mit ein Grund für den Politikverdruss in unserem Land. Wir kennen das ja alle; und wir sind an diesem Spiel maßgeblich beteiligt.
Herr Kollege Oettinger, wenn etwas nicht zustande kommt und die Bürgerinnen und Bürger sich beschweren, dann sagt der Schultes im Zweifel: „I tät ja scho gern, aber das Land...“ Das Land sagt: „Ich würde ja alles wollen, aber der Bund...“ Und im Zweifel einigen sich dann alle drei Beteiligten darauf, dass die Bürokraten in Brüssel an der ganzen Geschichte schuld gewesen seien. Diese Art und Weise, wie man die Verantwortung im Kreis herumschiebt und wie man – wir erleben das dieser Tage beispielsweise wieder bei dem berühmten Thema Straßenbau – ein großes Schwarzer-Peter-Spiel veranstaltet und auch da versucht, die Schuldzuweisungen rechtzeitig zu verteilen, fördert natürlich den Politikverdruss. Deswegen ist die zentrale Konsequenz aus dem, was unsere Bürgerinnen und Bürger zu Recht verdrießt: Es muss wieder klar sein, wer für welche Aufgabe die alleinige Zuständigkeit und die alleinige Verantwortung hat.
Der muss dann auch dafür hinstehen, wenn es darum geht, ob die Aufgabe erfüllt worden ist oder nicht. Und zu dieser Verantwortlichkeit gehört dann natürlich auch die entsprechende Finanzkompetenz.
Nun könnte man ja ins Grübeln kommen über die Frage, wie das mit der Schwächung der Länder eigentlich zu beurteilen ist. Ich will auf Folgendes hinweisen: Es ist sicherlich so, dass die Länder und ihre Parlamente in dieser Verfassungsgeschichte geschwächt worden sind. Es ist möglicherweise aber nicht so, dass die Ministerpräsidenten und Ministerpräsidentinnen geschwächt worden sind. Ich habe eher den Eindruck, dass die Herren Ministerpräsidenten durch diese Fehlentwicklung gestärkt worden sind – ich will das ganz offen ansprechen –, weil wir natürlich durch diese Mischkompetenz eine Entwicklung dahin gehend bekommen haben, dass der deutsche Bundesrat nicht mehr ein Ort ist, wo versucht wird, die autonomen Entscheidungen der deutschen Länder selbstbestimmt miteinander zu vereinba
ren. Der deutsche Bundesrat ist eine zweite nationale Regierung, eine Nebenregierung geworden. Dadurch ist die Macht der Ministerpräsidenten auf dieser Ebene natürlich außerordentlich gewachsen. Gleichzeitig ist die Macht der Parlamente zurückgegangen, weil die Herren Ministerpräsidenten bei dem, was sie da in der nationalen Nebenregierung machen, ihre Landesparlamente in der Regel nicht fragen.
Ich weiß gar nicht, warum Sie da jetzt reagieren. Das ist ein Problem, das Sie in beiden großen Parteien feststellen können.
Was ich zum Beispiel in der Rede des Kollegen Oettinger vermisst habe, war der früher allfällige Hinweis auf die Notwendigkeit einer Länderneugliederung.
Da sind Sie, seitdem Sie durch das Schicksal den Sessel des Ministerpräsidenten des Saarlands erobert haben, in eine seltsame Verstummung verfallen, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Abg. Drexler SPD: Furchtbar, ja! Schlagartig! – Abg. Fleischer CDU: Das Saarland ist bereit, Rheinland-Pfalz aufzunehmen!)
Ich bin deswegen ja auch der Meinung, dass die Tatsache, dass wir noch längere Zeit die Bundesregierung stellen, eine bedeutende Chance dafür eröffnet, dass wir uns auf das einigen können, was wir hier geschrieben haben.
Deswegen will ich sagen: Die Beseitigung dieser Fehlentwicklung auch im Bundesrat als einer Nebenregierung und eine Entwicklung zurück zu Ministerpräsidenten in ihrer Rolle als Organe, die primär die Interessen ihres Landes wahrzunehmen haben, sind auch ein wichtiges Ziel. Das ist untrennbar mit dieser notwendigen Neuordnung verbunden.
Übrigens, wenn Sie gestatten: Es wird alsbald wieder eine Nagelprobe geben, nämlich bei der Frage, ob wir uns wenigstens zwischen der Bundesregierung und dem Bundesrat darauf verständigen können, dass die Fehlentwicklungen, die in den Wahlkämpfen der Vergangenheit jedenfalls noch unstrittig waren, beispielsweise die Fehlentwicklung bei der Körperschaftsteuer, auch im Interesse der deutschen Länder wieder korrigiert werden. Darauf will ich ausdrücklich hinweisen.
Es sind also der Abbau und die Aufhebung von Mischkompetenzen und Mischfinanzierungen notwendig. Herr Kollege Oettinger hat das zu Recht so dargestellt. Das sehen wir ganz genauso. Nun müssen wir allerdings, lieber Kollege Oettinger, auch einen Gedanken darauf verschwenden, wie ein notwendiges Maß an Einheitlichkeit in den Zielen des Nationalstaats erhalten werden kann. Wir in der Landtagsfraktion der SPD sind ganz überzeugte Anhänger eines Wettbewerbsföderalismus.
die aufgrund – wie sie finden – schlechterer Standortbedingungen damit Schwierigkeiten haben. Da ist es ganz egal, ob die schwarz oder rot oder wie auch immer regiert werden. Aber ich sage ausdrücklich: Wir brauchen auf Basis einer neuen, klareren Kompetenzabgrenzung anschließend auch einen Wettbewerb unter den Ländern