Deshalb ist das überhaupt kein Nachteil. Und ich sage Ihnen: Wenn irgendjemand nicht beteiligt wäre, würden Sie sich jetzt hier hinstellen und sagen, wer an der Arbeitsgruppe nicht beteiligt ist, wer nicht mitarbeiten kann. Das Netzwerk in Sachen Sprachförderung ist wichtig. Es bedarf eines Netzwerks, um hier zu wirklich nachhaltigen Veränderungen zu kommen.
Damit komme ich zu insgesamt sieben Punkten der Veränderung, die entweder schon erfolgt oder jetzt auf dem Wege sind.
Erste wichtige Veränderung – Sie haben das Thema angesprochen –: die Neuordnung der Erzieherinnenausbildung. Sie ist eine Zeit lang liegen geblieben, weil die Umsetzung finanziell schwierig war. Wir haben einen Weg gefunden, eine Neuordnung der Erzieherinnenausbildung, die in der neuen Fassung ein Berufskolleg enthält. Dieser Weg bietet die Möglichkeit des Fachhochschulabschlusses und entspricht damit einer Reihe von Forderungen, wie sie seit Jahren erhoben wurden. Im neuen Curriculum wird die Sprachförderung im Alltag des Kindergartens – und das kommt vor aller besonderen Förderung – einen Schwerpunkt der Ausbildung bilden.
Diese Neuordnung der Erzieherinnenausbildung war überfällig. Sie ist wichtig, sie wird Generationen neuer Erzieherinnen bringen, die hier in besonderer Weise geschult sind. Das, was mit dieser neuen Ausbildung verbunden ist, wird auch wichtig werden in der Weiterbildung derer, die schon jetzt in unseren Kindergärten tätig sind.
Zweiter Punkt: Kooperation Kindergarten/Grundschule. Wir haben in Baden-Württemberg 77 Kooperationsbeauftragte. Wenn Sie das auf Landkreise umrechnen, kommen Sie also pro Kreis auf etwa zwei. Andere Bundesländer fragen bei uns an nach unseren Konzepten einschließlich des Materials, das zur Verfügung gestellt wird. Wir haben mit dieser Kooperation 20 Jahre Erfahrung, die in eine entsprechende Kooperationsverwaltungsvorschrift, in die Schaffung dieser Anlaufstellen und in die zur Verfügung gestellten Materialien eingeflossen sind.
Jeder, der sich in den letzten 30 Jahren entweder mit Kindergarten oder mit Grundschule ein bisschen beschäftigt hat, weiß: Kindergarten einerseits und Grundschule andererseits sind Welten, die miteinander nicht viel zu tun haben wollten. Über eine kontinuierliche Entwicklung von Kooperation ist es in den letzten Jahren gelungen, eben nicht zwei Welten zu sehen, die nichts miteinander zu tun haben, sondern die Kooperation zu verstärken. PISA oder Donata Elschenbroich mit dem „Weltwissen der Siebenjährigen“ helfen uns doch in der Öffentlichkeit, das Interessante der kleinen lernenden Persönlichkeit zu begreifen. Das ist eine neue Entwicklung, die wir fördern müssen.
Dritter Punkt – und das ist bereits erfolgt –: Es gibt in Baden-Württemberg an 243 Standorten, vor allem im städtischen Bereich, Grundschulförderklassen, die schon vor einiger Zeit umgewandelt wurden, mit dem Schwerpunkt der
Sprachförderung. Ab 2003, also ab diesem Jahr, sind sie eng verzahnt mit der ersten Klasse. Auch das ist ein wichtiges institutionalisiertes Kooperationselement da, wo Klassenbildung möglich ist.
Der vierte Punkt ist von Ihnen angesprochen worden. Er ist zugegebenermaßen noch nicht an allen 2 500 Grundschulen umgesetzt. Das wird aber kommen, das ist ein Prozess über einige Jahre: der „Schulanfang auf neuen Wegen“. Das ist 1996 in der Tat umstritten gewesen. Ich rede gar nicht über den Streit im Parlament, sondern über den in der Öffentlichkeit. Sie erinnern sich doch alle an die Überschriften in den Zeitungen: „Schavan will Fünfjährige einschulen“. Alles, was damit an Unsicherheit verbunden war, ist heute akzeptiert, und wir sind in der guten Lage, jetzt Erfahrungen zu haben.
An dieser Stelle mache ich jetzt auch einmal einen Schlenker, weil Sie eben gesagt haben, es gehe alles nicht voran. Wo sind wir, und wo sind die anderen? Jetzt mache ich mal einen Schlenker in andere Bundesländer. Was ist denn die Antwort – –
Bayern kann ich Ihnen auch noch nennen. – Wissen Sie, was die jetzt tun als Antwort auf PISA und zum Thema Sprachförderung?
Sie verankern jetzt – – Da liegen Sie richtig. Gut erkannt. Ich wäre vorsichtiger und würde sagen: nahezu nichts. Aber ich werde den Kollegen gerne ausrichten, was Ihre Einschätzung ist.
Sie schaffen jetzt in ihren Schulgesetzen erstmals Regelungen – zum Beispiel in Nordrhein-Westfalen –, wie man ab dem Jahr 2004 früher einschulen darf. Dabei muss ich sagen: Allein damit, dass früher eingeschult werden darf, ist noch keine Antwort auf Sprachförderung gegeben. Niedersachsen hat 20 Pilotschulen eingerichtet, aber womit? Pilotschulen, an denen man jetzt zumindest eine Sprachstandsdiagnose vornimmt. Schleswig-Holsteins Antwort ist ebenfalls nicht mehr als vorgezogene Schulanmeldung.
Deshalb können Sie ziemlich sicher sein, dass es wieder so sein wird: Wir haben eine Reihe von Jahren Erfahrung. Das hilft uns jetzt sehr, um die Verknüpfung Kindertagesstätte/ Grundschule wirklich in die Fläche zu bringen.
Diese genannten vier Punkte haben nichts mit der IMA zu tun – da haben Sie Recht –, sie haben auch nichts mit PISA zu tun. Das ist alles vorher strukturell auf den Weg gebracht, sodass wir beim konkreten Thema „Sprachstandsdiagnose und Sprachkurse“ jetzt auch sehr viel rascher und in einer Struktur der Kooperation loslegen können.
Damit komme ich zum fünften Punkt: Sprachstandsdiagnose. Sie haben, Frau Lösch, die ganze Zeit gesagt
Da haben Sie Recht. Auf Migrantenkinder reduziert reicht es sowieso nicht, und Testen ohne Konsequenz bringt gar nichts.
Wir haben gesagt: Wir brauchen erstens ein Instrument, um spätestens ein Jahr vor dem potenziellen Schulbeginn die Sprachentwicklung des Kindes diagnostizieren zu können. Herr Zeller, hören Sie jetzt bitte einmal zu, weil das wichtig ist.
Ich sage jetzt einmal, wo immer der Unterschied zwischen Konsens und allem, was wir wollen – – Wenn man es dann tut, wird gemault.
Ja, ich weiß. Ich will nur sagen, damit Sie einmal die Argumentation mitbekommen: Das macht Finnland.
Jetzt sagen unsere Leute erst einmal: Das sollten wir uns anschauen, und zwar als Überprüfung von Sprachentwicklung. Im Vorfeld des Schulbeginns – nicht für Dreijährige – ist das sehr erfolgreich.
Warum wird das bei uns jetzt von einigen Experten abgelehnt mit dem Argument, das sei zu sehr ein schulisches Instrument? Das ist wieder die uralte Debatte. Wenn wir jetzt anfangen, auf der einen Seite zu sagen, die Zeit vor der Schule müsse man ernster nehmen, das Lernen müsse ernster genommen werden, können wir auf der anderen Seite, wenn es ernst wird, nicht sagen: Aber alles, was irgendwie nach Schule riecht, darf keine Rolle spielen.