Meine Damen und Herren, die Stellungnahme der Landesregierung listet alles auf, was in den letzten Jahren getan worden ist, übrigens schon längst vor der Veröffentlichung der Ergebnisse der PISA-Studie.
Das deckt sich mit vielem, was von Ihnen gefordert wird. Beide Anträge sind ja schon ein Jahr alt, und die Dinge haben sich mittlerweile auch weiterentwickelt.
Tröstlich ist, dass im letzten Jahr, nämlich im Mai oder Juni, eine Umfrage gestartet wurde bezüglich der Zufriedenheit der Eltern mit dem Schulsystem in Baden-Württemberg.
Es hat sich herausgestellt, dass die Eltern in Baden-Württemberg am zufriedensten sind. Das spiegelt sich auch darin wider, dass wir die niedrigste Jugendarbeitslosigkeitsquote haben, was, so glaube ich, ein nicht zu vernachlässigender Faktor ist.
Sie fordern die Halbtagsgrundschule. Wir sind einen anderen Weg gegangen: Wir haben die verlässliche Grundschule
und wir wollen dies so, weil wir die Transparenz zwischen Unterricht und Betreuung erhalten wollen. Wir wollen keinen Mischmasch dazwischen, sondern beides muss klar und deutlich getrennt sein.
Wir wollen zweitens, dass die Eltern selber entscheiden können, ob ihr Kind bis mittags um 14 Uhr in der Schule ist
(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Fischer SPD: Ja, das wollen wir auch! – Abg. Schmid SPD: Aber die müssen diese Wahl auch haben!)
Meine Damen und Herren, das Land bezahlt für diese Angebote sehr viel Geld: 49 Millionen € für die Betreuungsangebote in den Jahren 2002 und 2003. Für das erweiterte Betreuungsangebot werden 50 % der Personalkosten vom Land übernommen, für die flexiblen Angebote 30 %.
Was Sie nun fordern, verlangt so viel mehr an finanziellen Ressourcen, die wir – insbesondere dank der rot-grünen Regierung in Berlin – nicht mehr zur Verfügung haben.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Oh-Rufe von der SPD und den Grünen – Zuruf von der CDU: Bravo! – Abg. Christine Rudolf SPD: Sonst wür- den Sie das natürlich alles machen, oder?)
Was ist das Ziel der Grundschulbildung? Es geht doch wohl darum, eine Grundlage für die Fertigkeiten Lesen, Schreiben und Rechnen zu schaffen, sie zu festigen und zu stärken. Die weiterführenden Schulen müssen sich darauf verlassen können, dass das in Ordnung ist. Sie selbst können es nicht mehr in Ordnung bringen, wenn es nicht in der Grundschule passiert ist.
Die Klagen der Industrie- und Handelskammern und der Handwerkskammern klingen wohl uns allen schon seit Jahren in den Ohren.
Aber was passiert immer wieder? Zwei Drittel unserer Fünftklässler schreiben so, dass man glaubt, es seien Legastheniker – aber eine Epidemie in Deutschland ist relativ unwahrscheinlich. In Finnland können die Schüler nach einem Jahr lesen. In Deutschland kennen sie nach zwei Jahren das ABC. Lesen können sie immer noch nicht. Sie können es in der fünften Klasse in der Regel auch noch nicht. In Klasse 4 werden in manchen Schulen noch keine unvorbereiteten Diktate geschrieben. Wenn Sie sich heute die Handschrift unserer Schüler ansehen, dann wundern Sie sich nicht, dass die auch gar nicht mehr finden können, was falsch ist,
(Abg. Zeller SPD: Das gilt aber auch für manche Abgeordnete! – Abg. Dr. Caroli SPD: Wer hat denn das hier unterschrieben?)
denn die Schrift ist so katastrophal, dass man sie nicht lesen kann. Der Schüler kann seine Fehler gar nicht mehr erkennen.
Dann liegt noch etwas im Argen. Wenn die Fünftklässler ankommen und ein Sofa im Klassenzimmer wollen, dann frage ich: Warum? „Das hatten wir in der Grundschule auch, und eine Computerecke hatten wir auch.“ Dann habe ich gefragt: Wozu? „Ja, wenn wir dann fertig waren, durften
wir dort hingehen.“ Dann habe ich gefragt: Wer hat das denn kontrolliert, ob ihr fertig wart? „Niemand. Wir waren auch immer ganz schnell fertig, um in diese Kuschelecke gehen zu können.“ Das kann eigentlich nicht Sinn der Sache sein.
Ein weiteres Beispiel: Hausaufgaben werden in vielen Grundschulen gar nicht mehr oder nur so knapp gestellt, dass die Schüler sie in der Fünfminutenpause erledigen können, also sehr häufig gar nicht mehr gefordert sind, am Nachmittag noch einen kleinen Beitrag an Hausaufgaben zu leisten.
Wir haben strukturell und organisatorisch an unseren Grundschulen sehr viel erreicht, aber jetzt müssen wir uns, glaube ich, auch einmal um die Inhalte kümmern. Ich denke, wir sollten die Aufmerksamkeit auf die Methoden lenken.
Beim Lesen haben wir zum Beispiel eine Mischung aus Ganzwortmethode, Bildmethode und ich weiß nicht wie vielen anderen Methoden mehr. Was die Schüler nicht können, ist Buchstabieren – vom Rechnen ganz zu schweigen. Es wird viel zu wenig gerechnet. Die Schüler haben kein Gefühl für Zahlen – auch das muss anerzogen werden, es ist nicht von Natur aus da. Offensichtlich führen unsere bisherigen Methoden also nicht mehr zum Ziel.
Frau Vossschulte, ich wollte Sie fragen, von welchen Grundschulen Sie sprechen. Mein Kind ist in der dritten Klasse der Grundschule. Ich kenne sehr viele Eltern in Stuttgart, die ihre Kinder in der Grundschule haben.
Meine Frage lautet: Ist Ihnen bekannt, dass in der Grundschule dann, wenn Kinder Textaufgaben nicht verstehen – was sie oft nicht tun, auch aufgrund sprachlicher Schwierigkeiten –, von den Lehrern gesagt wird, es sei Aufgabe der Mütter, diese Aufgaben jeden Mittag mit den Kindern zu üben, solche Fertigkeiten müsse man daheim üben? Ist Ihnen das bekannt, und hat das etwas mit Ihren Aussagen zur Grundschule zu tun?
Für die Verbesserung sind die Lehrer da. Aber die Eltern können zumindest danach schauen, ob die Hausaufgaben sauber und vollständig erledigt worden sind.
Meine Damen und Herren, wir müssen uns einmal überlegen, was es mit unseren Methoden auf sich hat. Da, denke ich, sind insbesondere unsere Pädagogischen Hochschulen gefragt. Ich glaube, wenn die rot-grüne Bundesregierung das Danaergeschenk von 4 Milliarden € für Ganztagsschulen zum Teil in die Forschung stecken würde, dann könnten wir hier einiges erreichen. Wir müssen uns fragen: Welche Methoden führen zu welchen Zielen, insbesondere bei den Grundschulen, aber auch bei den weiterführenden Schulen?