Protocol of the Session on January 23, 2003

Sie haben das Programm „Jugendliche Intensivtäter“ schon angesprochen, eine hervorragende Möglichkeit der Zusammenarbeit zur Analyse der Gründe, warum es einige wenige Jugendliche gibt, die so schwer straffällig werden. Da müssen Jugendamt und Strafverfolgungsbehörden zusammenwirken. An dieser Stelle möchte ich ausdrücklich auch die Leistungen der Polizei loben, die ja bei allen Modellprojekten hervorragend mitarbeitet. Da hoffe ich auf weitere gute Zusammenarbeit.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Dann haben wir – auch bundesweit einmalig – das Projekt „Chance“. Baden-Württemberg ist also bei diesen ganzen alternativen Maßnahmen im Bereich der Strafvollstreckung

auch führend. Es gibt die Möglichkeit für Jugendliche im Alter von 14 bis 17 Jahren, die erstmalig eine Freiheitsstrafe ohne Bewährung auferlegt bekommen haben: Sie müssen nicht in den Vollzug nach Adelsheim, sondern bekommen die Möglichkeit, in je zwei Gruppen zu 15 Personen in Creglingen und in Leonberg unter besonders strenger Führung im Alltag untergebracht zu werden – in der Hoffnung, dass die soziale Kompetenz erhöht wird und sich schädliche Neigungen nicht weiterentwickeln können. Es gibt einen strengen Tagesablauf, ein klares Erziehungsprogramm, eine gute Ausbildung – mit dem Versprechen: Du bekommst, wenn du daran teilnimmst und dich anstrengst, anschließend die Chance auf einen Ausbildungsplatz oder einen Arbeitsplatz.

(Abg. Bebber SPD: Gut, aber zu wenig!)

Es ist toll, dass auch die freie Wirtschaft daran mitarbeitet; entsprechende Kontakte sind ja aufgebaut worden. Letzten Endes ist das wahrscheinlich eine wesentlich billigere Lösung als jeglicher konventionelle Strafvollzug,

(Beifall bei der FDP/DVP und des Abg. Pauli CDU – Zuruf des Abg. Bebber SPD)

und zwar unabhängig davon, welche Auswirkungen es für den einzelnen Jugendlichen hat, der dann eine wirkliche Chance zur Resozialisierung erhält.

Last, but not least

(Abg. Blenke CDU: Last, but not Leasing!)

ist es mir wichtig zu sagen: Diese Kabinettsvorlage, die Sie jetzt, nachdem die Kritik hoffentlich ausgeräumt ist, vielleicht mittragen können, beinhaltet einen Punkt, der ja auch Ihnen, den Kritikern, sehr wichtig ist. Man sagt: Die vier Ministerien müssen im Rahmen der Prävention weiterhin zusammenarbeiten. Hierzu will ich Ihnen sagen: Diese Arbeitsgruppe ist mir persönlich ausgesprochen wichtig. Sie muss Früchte tragen; sie muss feststellen, was bislang lief. Wir werden daraus sicherlich die eine oder andere gute Idee gewinnen können. Hierzu bitte ich um Ihre Unterstützung.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Theurer.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Verehrter Kollege Oelmayer, verehrter Kollege Bebber, aus den Ausführungen der Frau Justizministerin Corinna Werwigk-Hertneck ist deutlich geworden, dass die Landesregierung sehr wohl ein umfassendes Konzept verfolgt und nicht nur auf strafverschärfende Maßnahmen setzt.

(Abg. Bebber SPD: Das sind einzelne Projekte, das sind Tropfen auf den heißen Stein!)

Herr Oelmayer, wenn ein junger Mensch einen anderen niedersticht, braucht man keinen Sozialpädagogen, sondern

dann muss irgendwann auch mal eine Grenze aufgezeigt werden. Fachleute sagen uns, es sei eine falsch verstandene Permissivität, eine Nachlässigkeit, dass man in diesem Staat manchmal nicht rechtzeitig die Grenze aufzeigt.

(Abg. Oelmayer GRÜNE: Sie werden mir doch wohl nicht unterstellen wollen, dass ich da keine strafrechtlichen Sanktionen will! – Zuruf des Abg. Blenke CDU)

Dass Sie als Strafverteidiger vielleicht eher Verständnis für den Delinquenten haben, verstehe ich ja. Aber wenn man mit den Praktikern spricht, stellt man doch fest, dass gerade in Jugendgangs Sachbeschädigung, Körperverletzung und andere, zunehmend schwerere Delikte begangen werden, und zwar jeweils von demjenigen, der eben noch nicht vorbestraft ist. Das geht so lange, bis es dann heißt: Beim nächsten Mal erfolgt die Sanktion des Staates. Dann wäre es erforderlich, dass die Sanktion gleich kommt, damit mit ihr nämlich auch eine gewisse Abschreckung verbunden ist.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP)

Wenn man sich anschaut, wie schwer sich die Justiz in der Bundesrepublik Deutschland damit getan hat, bei Projekten zur Kriminalprävention mitzumachen, und was vor allen Dingen Vertreter der Grünen und der SPD den Leuten vor Ort über die Kriminalprävention erzählt haben,

(Abg. Bebber SPD: Wie bitte?)

wonach es nicht angehe und es sich um einen Überwachungsstaat handeln würde, wenn die Nachbarn darauf achteten, wer in ein Wohngebiet hineinfährt – –

(Widerspruch bei der SPD)

Das bringt ja nichts, wenn Sie jetzt schreien.

(Abg. Bebber SPD: Das war Birzele, der das einge- führt hat! Theurer, wo bist du denn? – Abg. Schmiedel SPD: So etwas Verlogenes!)

Ich sprach von „vor Ort“, weil ich als Oberbürgermeister die Diskussion mit Ihren Parteifreunden selbst habe führen müssen. Deshalb weiß ich, wovon ich spreche. Sie sind da doch abgehoben.

(Beifall bei der FDP/DVP – Unruhe bei der SPD – Glocke des Präsidenten)

Herr Abg. Theurer, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Zeller?

Bitte schön, Herr Zeller.

Herr Kollege, würden Sie zur Kenntnis nehmen, dass das Projekt „Kommunale Kriminalprävention“ ein Projekt ist, das unter Innenminister Birzele entstand und das er zum Erfolg geführt hat?

Das nehme ich gerne zur Kenntnis. Ich finde es auch positiv, dass der Kollege Frieder Bir

zele die kommunale Kriminalprävention vonseiten der Landesregierung vorangetrieben hat.

(Abg. Blenke CDU: Wir nehmen zur Kenntnis! – Abg. Oelmayer GRÜNE: Dann darf man nicht vor- her etwas anderes sagen, Herr Kollege!)

Nur sprach ich nicht von der Landesregierung, sondern von Ihren Parteifreunden vor Ort,

(Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Wir sind doch hier nicht im Kreistag!)

die den Leuten, die die kommunale Kriminalprävention durchgeführt haben, vorhielten, das sei ein Schritt hin zu einem Überwachungsstaat.

(Abg. Bebber SPD: Hören Sie doch auf mit diesen Legenden!)

Ich kann Ihnen Beispiele dafür zeigen, dass bürgerschaftliche Mitwirkung dazu führt, dass Verbrechen verhindert werden und dass Verbrecher zur Rechenschaft gezogen werden können, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Abg. Blenke CDU: Jawohl!)

Auch der Fall in Süßen zeigt, dass diese junge Frau ohne die aktive Mithilfe und sofortige Hilfsbereitschaft der Bürgerinnen und Bürger, der Nachbarn, nicht hätte gerettet werden können.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU)

Deshalb, meine sehr verehrten Damen und Herren, muss das natürlich alles eingebettet werden in ein Gesamtkonzept. Das wollen wir auch. Aber wir wollen mit unseren Vorschlägen auch erreichen, dass das Strafrecht hier mit novelliert wird, mit überarbeitet wird, weil wir der Auffassung sind, dass man auch hier rechtzeitig eine entsprechende Sanktion verhängen muss.

(Abg. Bebber SPD: Gegen die Expertenmeinung! Alles gegen die Expertenmeinung!)

Darum geht es uns heute.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Dr. Reinhart.

(Abg. Bebber SPD: Jetzt noch ein vernünftiges Wort! – Abg. Oelmayer GRÜNE: Herr Kollege Reinhart schließt sich dem Staatssekretär an! – Abg. Kaufmann SPD: Das Wort zum Sonntag!)

Herr Kollege, zwischen den Staatssekretär Rech und den Kollegen Reinhart geht kein Blatt – damit Sie das wissen.