Herr Präsident, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Nachdem der Herr Wirtschaftsminister jetzt alles abgeräumt hat,
Herr Kretschmann, wenn ich gleich bei Ihnen beginnen darf: Wenn wir Kritik üben an einem Vorhaben, nämlich Kleinstbetriebe mit einem Jahresumsatz bis zu 17 500 € steuerlich und administrativ zu begünstigen, dann kann man dies zwar als „Prosa“ oder „Lyrik“ reklamieren oder abtun, aber Sie setzen bei diesem Mittelstandsprogramm den Imperativ falsch; das ist das Wesentliche. Wenn Sie genau diese Zielgruppe in den Fokus Ihrer Mittelstandspolitik stellen,
dann gehen andere Ressourcen verloren. Wir müssen doch die Betriebe, die innovativ sind, die Ideen haben, die investitionsbereit sind und die vor allem Arbeitsplätze schaffen, stützen und fördern.
Zum Mittelstand gehören hoch innovative kleine Unternehmen, arbeitsintensive Unternehmen, kapitalintensive Unternehmen, Handwerk, Handel und Dienstleistung. Man kann Mittelstand also gar nicht mehr nach der Größe des Betriebs oder der Branche definieren.
Heinz Dürr hat einmal gesagt: „Mittelstand ist eine Frage der Mentalität.“ Ich glaube, genau dies ist die richtige Wertung. Diese Mentalität ist derzeit durch die gewaltigen Lasten aus Steuern, Abgaben und Bürokratie, die auf den Mittelstand einströmen, durch Arbeitslosigkeit, durch Kaufkraftverluste nicht mehr in der Lage, der eigentlichen Funktion als Mittelstand in unserer Gesellschaft gerecht zu werden. Die psychologische Wirkung ist bedenklich, weil sie sich so verhängnisvoll auf unsere mittelständischen Betriebe legt. Die Investitionsbereitschaft geht zurück, die Innovationsfähigkeit geht zurück, und die Schaffung von Arbeitsplätzen geht zurück.
Wer hat denn eigentlich in den letzten Jahren in unserer Gesellschaft noch Arbeitsplätze geschaffen? Das waren doch in der Hauptsache die Familienbetriebe. Wer hat Ausbildungsplätze von hoher Qualität und in ausreichender Zahl zur Verfügung gestellt? Das waren die kleinen Familienbetriebe. Das sind auch die Inhaber, die sich mit ihrer Stadt identifizieren, die unsere Städte noch einigermaßen urban halten, weil sie noch bereit sind, in diesen Städten zu investieren. Gehen Sie heute einmal aufmerksam durch die Straßen unserer Städte. Sie werden bemerken, dass ein kleiner Laden nach dem anderen zumacht.
Das ist doch die Situation, in der wir uns befinden. Herr Schmiedel, da kann man nicht sagen, wir hätten in unserer Republik die besten Voraussetzungen für den Mittelstand.
Nachdem Sie jetzt mit der Steuerquote kommen: Das erzählen Sie einmal am Monatsende den Millionen Arbeitnehmern, wenn diese ihre Lohnzettel in der Hand haben.
Da kommt die Glaubwürdigkeit der Bundesregierung erneut auf den Prüfstand. Gestatten Sie mir in dem Zusammenhang einmal eine ganz persönliche Bemerkung: Ich habe meinen Mitarbeitern aufgrund besonderer Leistungen einen ganz minimalen Betrag, nämlich 250 €, auszahlen lassen.
So wirkt sich im Augenblick die Belastung durch Steuern und Abgaben aus. Da geht doch jede Motivation verloren!
Wenn jede Partei für sich in Anspruch nimmt, die Minijobs wiederbelebt und rekultiviert zu haben, muss ich sagen: Gott sei Dank kehrt Reife ein, wenn auch etwas spät. Diese Maßnahme war aber dringend notwendig für unseren gewerblichen Mittelstand und stellt für viele Familien eine notwendige Ergänzung des Einkommens und des Lebensunterhalts dar.
Es wird ja viel über Entbürokratisierung geredet. Seit ich im Landtag bin, ist dies ein Schlagwort. Jetzt gibt es einen Masterplan Bürokratieabbau.
(Abg. Wieser CDU: Oi! „Masterplan“! Es gibt auch eine Ich-AG! – Abg. Seimetz CDU: Das ist ein Studiengang!)
Ich hoffe nur, dass der nicht mal unter dem Begriff Musterplan in die Geschichte eingeht, wenn das alles nach dem alten Muster abläuft: Viel g’schwätzt und nichts umgesetzt.
Ja, ein Muster ohne Wert. Aber hier sind natürlich alle aufgefordert, an der Modernisierung unseres Staatswesens mitzuarbeiten.
Was in dieser Mittelstandsoffensive auch deutlich nach vorne gestellt wird, ist die Unterstützung bei Auslandsmessen und durch Beratung der Unternehmen. Hier muss ich einmal ein Kompliment an unser Landesgewerbeamt machen; denn hier werden die Unterstützung bei Auslandsmessen und die unternehmerische Beratung schon längst praktiziert. Wir haben hier also ein Muster für die Bundesebene geliefert. Was nun an Ideen zurückkommt, kann nicht besser sein.
Auch was die Mittelstandsbank angeht, würde ich die Hoffnungen nicht allzu hoch ansetzen. Bisher hat sich das so genannte Hausbankenprinzip bei uns im Land Baden-Württemberg bewährt, nicht aber im Bundesgebiet insgesamt. Auch in der Zukunft wird alles über die Hausbank gehen. Diese neue Mittelstandsbank, entstanden aus einer Fusion zwischen der Deutschen Ausgleichsbank und der Kreditanstalt für Wiederaufbau, wird schon organisatorisch nicht alles leisten können, was die Kreditnehmer vor Ort erwarten. Insofern ist das Hausbankenprinzip auch weiterhin ein wesentliches Instrument der Mittelstandsförderung.
Neue Programme müssen erst in der EU evaluiert werden, das heißt, es dürfen keine wettbewerbshemmenden Wirkungen auftreten. Damit sind auch der Mittelstandsbank Grenzen gesetzt.
In diesem Zusammenhang müssen wir uns vielleicht einmal eines ins Gedächtnis rufen: Wer beschäftigt sich eigentlich noch mit der Gewährung von Krediten für den Mittelstand? Bei den Großbanken – Herr Schmiedel, hier gibt es eine ganz neue Erhebung – sind die Ausleihen im letzten Jahr um 14 % zurückgegangen, bei den Volks- und Raiffeisenbanken um 4 %, und bei den Sparkassen – dies sei hier positiv vermerkt – stiegen sie um 2 %. Ich glaube, das ist ein Beispiel, wie man sich um den Mittelstand kümmert. Gleichzeitig ist das ein Beispiel, an dem wir Politiker uns messen lassen sollten.
Der Mittelstand ist bei uns wirklich die gesellschaftliche Gruppe, die etwas bewegt. Sie stellt den Humus für unsere Wirtschaft dar, schafft Arbeitsplätze, garantiert die Ausbildung und bietet vor allem einen gesellschaftlichen Ausgleich zwischen Arm und Reich.
Herr Kurz, Sie haben völlig Recht. Die Steuer- und Abgabenquote ist mit 41,5 % zu hoch. Deshalb soll sie auch gesenkt werden. Allerdings lag sie am Ende Ihrer Regierungszeit bei 42,4 % und damit nicht niedriger, sondern höher.
Sie haben den guten Beitrag der Kreissparkassen bei der Finanzierung des Mittelstands angesprochen. Das ist völlig richtig. Aber auch die Kreissparkassen sind allmählich völlig überfordert, vor allem wenn die Geschäftsbanken die Kreditlinien kürzen. Deshalb brauchen wir zwingend ein weiteres Angebot der L-Bank, dass sie in solchen Fällen Kreditlinien auffängt. Die Kreissparkassen können dies nicht mehr allein leisten.
Nun zum Thema Kündigungsschutz. Über dieses Thema wird im Bündnis für Arbeit gesprochen werden. Wir haben aber schon ein Beispiel, denn Sie haben den Kündigungsschutz ja bereits einmal gelockert. Ein Jobwunder hat dies aber nicht gebracht.
Wann stellt denn ein Mittelständler jemanden ein? Er stellt ihn doch nicht nach dem Motto ein: Wie kriege ich den denn schnell wieder los? Er stellt ihn doch ein, wenn er Aufträge hat. Dies ist doch momentan das Dilemma – Sie haben davon gesprochen –: Es fehlt an Aufträgen, und deshalb sollten wir tun, was in unseren Möglichkeiten steht, um Aufträge jetzt zu beschleunigen. Deshalb reden wir uns
den Mund fusslig, dass wir etwas tun, damit im Baubereich mehr Modernisierungs- und Sanierungsarbeit stattfindet.