Protocol of the Session on January 22, 2003

Deswegen sind wir auf dem richtigen Weg.

(Glocke des Präsidenten)

Wir erwarten von Ihnen eine konstruktive Oppositionspolitik in Berlin, bei der Sie auch sagen, wie Sie Ihre Vorschlä

ge gegenfinanzieren wollen. Mit allem anderen kann man wenig anfangen.

(Beifall bei den Grünen)

Herr Abg. Kretschmann, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Theurer?

Ja, bitte.

Bitte schön, Herr Theurer.

Herr Kollege Kretschmann, Sie behaupten, dass es in einer solchen Situation keine Möglichkeiten gebe, Steuern zu senken. Wie erklären Sie sich dann, dass sich die amerikanische Regierung

(Oh-Rufe von der SPD und den Grünen)

und das amerikanische Parlament in der Lage sehen, die Steuern zu senken,

(Abg. Teßmer SPD: Hier ist Rhodos!)

um die Wirtschaft anzukurbeln?

Das kann ich Ihnen beantworten. Die Clinton-Regierung hat die Staatsverschuldung praktisch auf null heruntergefahren. Das ist der Grund.

(Abg. Capezzuto SPD: Ein guter Sozialdemokrat!)

In einer Situation, in der ich praktisch einen ausgeglichenen Haushalt habe, kann ich natürlich sehr viel weiter in Steuersenkungsprogramme einsteigen als in einer Situation, in der die öffentlichen Haushalte von den Schulden erdrückt werden.

Ich sage Ihnen noch einmal in aller Deutlichkeit und Eindringlichkeit: Schenken Sie den Leuten über die Situation der öffentlichen Finanzen und der sozialen Sicherungssysteme reinen Wein ein.

(Abg. Dr. Birk CDU: Wer ist denn in der Regie- rung?)

Nur wenn Sie das machen, können Ihre Vorschläge überhaupt ernst genommen werden und glaubwürdig sein.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Abg. Wieser CDU: Pflichtgemäßer Beifall!)

Das Wort erteile ich Herrn Wirtschaftsminister Dr. Döring.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Herr Kollege Kretschmann, ich glaube nicht, dass die beantragte Aktuelle Debatte etwas mit Wahlkampf zu tun hat, wie Sie es unterstellen.

(Zurufe von den Grünen, u. a. Abg. Heike Dederer: Nein!)

Ich glaube vielmehr, dass die beiden Regierungsfraktionen sehr wohl wissen, dass sich Mittelstand, Handwerk und Freiberufler im alltäglichen Existenzkampf befinden.

(Abg. Dr. Reinhart CDU: So ist es! Das ist der Punkt!)

(Minister Dr. Döring)

Deswegen ist diese Debatte allerdings berechtigt. Denn in ihr werden auch Vorschläge gemacht, die Sie dann hoffentlich auch auf Bundesebene umzusetzen helfen. Diese Debatte ist dringend notwendig. Erster Punkt.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP)

Zweiter Punkt: Bei Ihrem ganzen Engagement und Ihrem vollen Einsatz, den Sie hier zeigen, sollten Sie eines allmählich vielleicht einmal weglassen: Dass man, nachdem man in Berlin nun fünf Jahre an der Regierung ist, immer noch auf Altlasten von Vorgängerregierungen verweisen muss, das ist im Grunde ein Armutszeugnis, meine Damen und Herren.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP – Abg. Göschel SPD: Wenn sie da sind! – Zuruf des Abg. Zeller SPD)

Lassen Sie mich auf einen weiteren Punkt eingehen, den Sie angesprochen haben. Ich glaube, dass wir Ihnen eine ganze Reihe von Vorschlägen machen. Ich habe in den Beiträgen des Kollegen Birk und des Kollegen Drautz nicht so viele haushaltswirksame Vorschläge zur Verbesserung der Rahmenbedingungen gehört. Lassen Sie uns ein paar Vorschläge unterbreiten und über ein paar Vorschläge diskutieren, die den Haushalt nicht belasten.

Sie sagen zu Recht: „Zu dem, was ihr heute fordert, müsst ihr dann, wenn es um den Haushalt geht, auch Deckungsvorschläge machen.“ Wir werden Sie übrigens bei den Beratungen unseres Haushalts daran erinnern, wie verantwortungsbewusst man mit Aussagen und Forderungen umgehen muss, auch wenn es um den Landeshaushalt geht.

Herr Kretschmann, Sie haben angedeutet, Sie seien dazu bereit, beim Kündigungsschutz über Veränderungen mit sich reden zu lassen. Ich halte das auch für zwingend notwendig. Ich halte die gegenwärtige Regelung für absolut kontraproduktiv. Sie verhindert Einstellungen gerade im Kleinst- und Kleinbereich. Deswegen muss es beim Kündigungsschutz auf jeden Fall Veränderungen geben. Diese kann man auch flexibel gestalten. Warum kann man denn nicht den Vorschlag aufgreifen, der im Raum steht? Dieser Vorschlag lautet: „Wir heben die Grenze bei fünf Beschäftigten auf, wir fangen bei zehn Beschäftigten an. Wenn der elfte eingestellt wird, erhält derjenige, der am längsten im Betrieb ist, den vollen Kündigungsschutz. Bei 12 bis zu 15 Beschäftigten erhalten zwei den vollen Kündigungsschutz, und ab 15 greift dann das Ganze voll.“

(Beifall der Abg. Beate Fauser FDP/DVP)

Sie brauchen beim Kündigungsschutz mehr Flexibilität, sonst verhindern Sie Einstellungen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP/DVP und des Abg. Rückert CDU – Abg. Drautz FDP/DVP: So ist es!)

Da wäre es schon hilfreich, wenn man nicht nur jeden dritten Tag Herrn Clement als Superminister mit irgendwelchen neuen Vorschlägen durchs Land rennen ließe,

(Zuruf des Abg. Teßmer SPD)

um ihn jeden zweiten Tag mit seinen Vorschlägen wieder einzufangen, sondern auch einmal sagte: „Wir sind bereit, Veränderungen vorzunehmen.“

(Abg. Bebber SPD: Das sagen ausgerechnet Sie!)

Diese Veränderungen, zum Beispiel beim Kündigungsschutz, erhalten nach Ihren Andeutungen und nach unseren Vorschlägen den Kündigungsschutz im Kern aufrecht.

(Abg. Bebber SPD: Der Luftblasenexperte der Lan- desregierung sagt es!)

Sie sind nicht gegen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, sondern zugunsten der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ausgerichtet. Der entscheidende Punkt ist doch, dass Politik nicht nur immer für die gemacht wird, die in Arbeit sind, sondern endlich auch einmal für die, die ohne Arbeit sind und endlich auch in Arbeit kommen wollen.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Wenn Sie das erreichen, sind Sie ein ganzes Stück weiter. Und, Herr Kretschmann, Sie werden zustimmen: Das kostet gar nichts. Das belastet den Haushalt überhaupt nicht.

Jetzt muss ich einmal sagen: Ich habe weder bei Herrn Birk noch bei Herrn Drautz gehört, noch habe ich selbst es irgendwo geäußert, dass Große gegen Kleine ausgespielt werden sollten oder umgekehrt. Herr Schmiedel, Sie bauen da einen Pappkameraden auf und hauen dann auf ihn ein, obwohl niemand in Aussicht gestellt hat, dass man sich daran störte. Jeder hier im Land weiß, dass wir die Global Players ganz selbstverständlich brauchen und dass Tausende von mittelständischen Betrieben an ihnen hängen. Es geht nicht um ein Gegeneinander-Ausspielen, sondern es geht wahrscheinlich um den Hinweis, dass zu Holzmann der Bundeskanzler und zum Mittelständler der Gerichtsvollzieher kommt. Das ist die Unterscheidung in der Politik, die Sie machen.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Schmiedel SPD: Gehen Sie doch zu einem Mittel- ständler! Das ist doch Ihr Programm!)

Lassen Sie uns an ein paar Punkten auch einmal konkret werden.

(Abg. Schmiedel SPD: Was ist dann Ihr Pro- gramm?)

Gehen Sie doch wieder einmal ein bisschen herunter vom Gas, Mensch! Aufgeregtes Getue ist das.