Protocol of the Session on January 22, 2003

Zweitens: Selbstverständlich wollen wir das Klima schützen und den Ressourcenverbrauch begrenzen. Drittens wollen wir Kostenwahrheit statt Subventionen.

(Abg. Alfred Haas CDU: Fliegen Sie nach Paris!)

Nach Paris werde ich selbstverständlich mit dem TGVEst fahren, sobald er existiert.

(Zuruf von der SPD: So lange warten Sie? – Abg. Schebesta CDU: Sagen Sie doch Ihrer Bundesre- gierung, dass sie das Geld schneller zur Verfügung stellen soll!)

Ansonsten habe ich von Paris in der Tat noch nichts gesehen.

(Zurufe von der CDU)

In der Summe heißt das für uns – und darin unterscheiden wir uns wieder von allen, die gerade laut sind –: Wir wollen ein Wachstum des Flugverkehrs vermeiden.

(Beifall bei den Grünen)

Wir wollen den heutigen Flugverkehr im Umfang erhalten, aber ein weiteres Wachstum vermeiden.

(Abg. Dr. Lasotta CDU: Das ist völlig weltfremd!)

Jetzt fragen wir einmal: Wie lässt sich das realisieren? Herr Kollege Lasotta, die Kollegin Berroth hat einen wichtigen Ansatz selbstverständlich sofort verdammt. Zum ersten Mal wagt eine Bundesregierung – im Koalitionsvertrag so festgehalten –, den Flugverkehr wirklich essenziell zu besteuern. Es geht um einen Betrag von 300 Millionen € an Mehrwertsteuer, der auf internationale Flüge, soweit sie von deutschem Boden starten, erhoben werden soll. Bisher sind diese steuerfrei; wir wollen dafür, soweit es rechtlich möglich ist, Steuern einführen. Allein das würde schon 300 Millionen € einbringen.

(Abg. Dr. Lasotta CDU: Das ist das Schlimme! Wettbewerbsverzerrung!)

Selbstverständlich wird diese Verteuerung des Flugverkehrs auch eine Auswirkung auf die Nachfrage haben, und das ist von uns beabsichtigt.

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Absahnen, nichts anderes!)

Wir wollen nämlich, dass die Bahn, die bisher den vollen Mehrwertsteuersatz von 16 % erheben muss, im Gegenzug zu den Einnahmen, die wir aus der Mehrwertsteuer auf den Flugverkehr erzielen, in Zukunft billiger fährt: 10 % weniger beim Ticketpreis durch eine niedrigere Mehrwertsteuer. Die Verschiebung der Preisrelation bringt selbstverständlich auch der Bahn erhöhte Chancen im Wettbewerb um Kunden. Darauf kommt es an.

(Beifall bei den Grünen – Abg. Dr. Lasotta CDU: Der Zug fährt halt nicht nach Amerika! Das ist das Problem!)

Herr Kollege Lasotta, ich spreche jetzt nicht vom Zug nach Amerika. Mir ist auch bewusst, dass es noch keine Atlantikbrücken gibt. Ich spreche von den zahlreichen völlig unnötigen Flügen über dem Festland und insbesondere innerhalb Deutschlands; nur sie werden schließlich von dieser Steuer erfasst. Da können wir etwas tun. Wenn Sie nämlich von Basel Badischer Bahnhof mit dem Zug nach Berlin fahren, zahlen Sie 40 € Steuern; wenn Sie mit dem Flugzeug von Basel-Mulhouse nach Berlin fliegen, zahlen Sie aber null Euro Steuern. Diese 40 € sind relevant für die Entscheidung, ob man ins Flugzeug oder in den Zug einsteigt.

(Abg. Dr. Lasotta CDU: Oder die Zeit, nicht nur das Geld!)

Ich habe Ihnen vorgetragen, dass die Bundesregierung dieses Problem endlich entschlossen anpackt. Im Gegensatz dazu stelle ich fest: In der Landespolitik gibt es überhaupt keine seriösen Bemühungen. An den Subventionen wird

festgehalten. Auch Söllingen soll weiter subventioniert werden. 150 Millionen € an Investitionen für Söllingen aus Steuermitteln sind im Gespräch. Wir halten diese Investition für verfehlt. Der Flugverkehr soll sich selbst tragen.

Nun zum Thema Luftverkehrskonzeption, die eingefordert ist. Wir haben im Land sehr wohl die Möglichkeit, den Zubringerverkehr am Boden auf der Schiene durchzuführen. Der Generalverkehrsplan trifft eine gegenteilige Aussage. Nach dem Generalverkehrsplan des Landes sollen die Erschließungsdefizite in der Fläche durch Regionalflughäfen behoben werden. Wir halten dieses Ziel des Generalverkehrsplans für falsch. Im Gegensatz dazu wollen wir, dass die Erschließungsdefizite, wenn überhaupt, am Boden behoben werden, aber nicht durch weitere Flughäfen in der Fläche.

Ein zweiter Ansatzpunkt ist, den Trend zu kleinen Flugzeugen umzukehren. Es werden nämlich immer kleinere Jets eingesetzt, was bedeutet, dass bei der gleichen Anzahl von Starts und Landungen weniger Personen befördert werden. Diesen Trend umzukehren, halten wir für dringend nötig. Herr Minister Müller, ich halte es für eine merkwürdige Dialektik, dass Sie in der Stellungnahme zu dem Antrag der Fraktion der SPD schreiben, einerseits liege zwar ein Konzept vor, aber andererseits gebe es eine so große Prognoseunsicherheit, dass man kein Konzept vorlegen könne. Ich frage Sie schon, wo darin eigentlich die Logik stecken soll.

Konkret geht es um drei Streitfragen, die der Kollege Scheuermann benannt hat. Ich kann mich hier kurz fassen, was die zweite Start- und Landebahn angeht. Auch hier drückt sich die Landesregierung explizit um eine Aussage. Sie behauptet, diese Frage stelle sich nicht. Die Frage stellt sich sehr wohl, und es gibt eine Antwort darauf: Es gibt auf den Fildern – Herr Noll, ich denke, Sie wissen das und es wird Sie freuen – schlicht keinen Platz für eine zweite Landebahn. Wenn man eine bauen würde, könnte sie nur in einem so geringen Abstand zur vorhandenen Landebahn errichtet werden, dass beide Landebahnen nicht unabhängig voneinander betrieben werden könnten.

(Zuruf des Abg. Dr. Noll FDP/DVP)

Dies würde bedeuten, dass maximal 20, 30 % zusätzliche Flüge abgewickelt werden könnten. Diese zweite Landebahn hätte also einen sehr schlechten Kosten-Nutzen-Faktor. Sie ist schon ökonomisch unsinnig,

(Zuruf des Abg. Dr. Noll FDP/DVP)

aber wir lehnen sie auch aus politischen Gründen ab. Der Flughafen Stuttgart muss lernen, mit dem Flugvolumen, das er hat, auszukommen. Zusätzliche Kapazitäten lehnen wir ab. Es gibt große Reserven durch den Zubringerverkehr am Boden, durch ICE-Verkehr und durch größere Jets statt kleinerer. So muss es gehen.

(Beifall bei den Grünen)

Beifall des Abg. Dr. Noll hätte ich eigentlich erwartet. Es geht doch um Ihren Wahlkreis!

(Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Wenn Sie noch alterna- tive Standorte genannt hätten, hätten Sie Beifall ge- kriegt!)

Was nun den Flughafen Söllingen angeht, ist für uns eine Aussage klar: Keine zusätzlichen Landesmittel! Wenn er sich trägt, dann meinetwegen, aber keine Subventionierung von Billigfliegern aus Steuergeldern.

(Beifall bei den Grünen)

Ich stelle übrigens auch die Frage, ob dieser Flughafen wirklich zwingend nötig ist. Die 200 000 Passagiere, die dort bisher abgefertigt werden, fliegen ausschließlich zu einem Urlaubsziel; um Geschäftsreiseverkehr handelt es sich praktisch nicht. Es geht also nicht um Karlsruhe als Wirtschaftsregion, sondern um Karlsruhe als Abflugsregion für Urlaubsflüge.

(Zuruf des Abg. Dr. Noll FDP/DVP)

Es ist gerade einmal eine Stunde mit dem ICE zum Frankfurter Flughafenterminal. Insofern glaube ich, dass man über die Begründung dieses Flughafens sehr wohl nachdenken kann. Aber, bitte schön, solange Sie nicht 150 Millionen € an Landesmitteln versenken, ist das Ihre Sache.

Dort scheint es eine Zwischenfrage zu geben.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Dr. Steim?

(Abg. Dr. Lasotta CDU: Präsident Palmer! – Unru- he)

Nicht Paris, sondern Söllingen! – Wenn Sie über Neuinvestitionen nachdenken, denken Sie dann auch an die bereits erbrachten Investitionen in Söllingen? Und wenn Sie kein Konzept für Söllingen entwickeln, denken Sie auch daran, dass dort dann innerhalb kurzer Zeit eine Ruine steht und Steuergelder bewusst kaputtgefahren werden, weil nichts getan wird?

(Beifall des Abg. Theurer FDP/DVP – Abg. Theu- rer FDP/DVP: Arbeitsplätze weg!)

Herr Kollege Steim, ich beantworte das wie folgt: Wenn dieses Wirtschaftsunternehmen Gewinn erzielt, sind Investitionen sinnvoll, und dann kann das Unternehmen sie erbringen. Wenn dieses Wirtschaftsunternehmen nicht in der Lage ist, Gewinne zu erzielen, dann ist es auch nicht sinnvoll, weitere Steuermittel auszugeben, um künftig Verluste einzufahren. Ich denke, das ist einfache Ökonomie. Darüber bräuchten wir eigentlich kein Seminar abzuhalten.

(Beifall bei den Grünen – Lebhafte Zurufe von der CDU, u. a. Abg. Dr. Lasotta: Machen wir doch al- les dicht, dann müssen wir kein Geld mehr ausge- ben! Alles weg!)

Letzter Punkt, zum Flughafen Lahr. Hier unterscheiden wir – –

Herr Abg. Palmer, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Ja, bitte.

Herr Kollege Palmer, könnten wir bei Flugplätzen, die im Moment noch nicht wirtschaftlich sind, nicht das Gleiche machen wie zum Beispiel bei den regenerativen Energien, nämlich öffentliche Zuschüsse geben, bis sie an die Grenze der Wirtschaftlichkeit gelangt sind?

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Zim- mermann CDU: Bei den Windmühlen müssen Sie das 20 Jahre machen! Danach wird abgeschaltet! – Weitere Zurufe von der CDU)

Herr Kollege Scheuermann, da frage ich Sie: Ist Ihnen bewusst, dass es einen elementaren Unterschied zwischen Flugverkehr und erneuerbaren Energien gibt?

(Unruhe)

Der Flugverkehr schadet dem Klima, die erneuerbaren Energien nützen dem Klima.