Protocol of the Session on January 22, 2003

Ihrer Meinung nach hätte in Lahr, nachdem die Kanadier weg waren, gar kein Flugverkehr mehr stattfinden sollen.

(Abg. Alfred Haas CDU: So ist es!)

Dann hat man sich mit Müh und Not – und ich bin fast versucht zu sagen: mit irgendwelchen Argumenten, die man

auch in einer Luftverkehrskonzeption hätte finden können – zu der Aussage durchgerungen, Lahr müsse der Frachtflughafen für Baden-Württemberg werden. Eine ganz einfache Überlegung könnte einem jedoch sagen, dass das schier nicht möglich ist: In Stuttgart haben wir Frachtverkehr in erheblichem Umfang. Aber mehr als die Hälfte dieses Frachtverkehrs ist Beiladung im Linienverkehr, und wenn ich in Lahr überhaupt keinen Linienverkehr habe, dann bedeutet dies doch, dass es wahrscheinlich illusorisch ist, einen reinen Frachtflughafen für Baden-Württemberg ins Konzept zu nehmen.

(Abg. Drexler SPD: Und?)

Jetzt kommt es, wie es kommen soll: Jetzt ist ein Antrag auf Erweiterung der Genehmigung gestellt worden. Bisher lautete diese Genehmigung: Verkehrslandeplatz mit einem Limit für Passagierflugzeuge von 20 Tonnen. Wenn Sie jetzt einmal in das Luftverkehrsrecht hineinschauen, werden Sie feststellen, dass solche Genehmigungen nicht auf Ermessenserwägungen beruhen dürfen, sondern dass es gebundene Genehmigungen sind.

(Zuruf der Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP)

Das heißt, die Tatbestandsvoraussetzungen, die in den entsprechenden Vorschriften stehen, sind unbestimmte Rechtsbegriffe. Jeder, der ein paar Semester Jura studiert hat, weiß, dass es bei unbestimmten Rechtsbegriffen nur eine richtige Entscheidung geben kann.

Ich hoffe, dass wir uns wenigstens in einem Punkt einig sind, nämlich darin, dass wir uns insoweit auf unsere Behörden verlassen können – in diesem Fall ist es das Regierungspräsidium Freiburg –, dass nicht nach Wohlwollen und nach Gutdünken entschieden wird, sondern so, dass eine Entscheidung im Ernstfall auch vor Gericht Bestand haben wird.

(Abg. Drexler SPD: Was wollen Sie denn?)

Herr Dr. Caroli, da Sie mir gesagt haben, unser Antrag sei weder Fisch noch Fleisch, sage ich: Das Gleiche gilt für Ihren Antrag.

(Widerspruch bei der SPD – Zuruf des Abg. Schmiedel SPD)

Halt, halt! Eigentlich haben Anträge, die sich mit Entscheidungen von Verwaltungsbehörden befassen und die dann an die Gerichte gehen, hier nichts zu suchen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP – Abg. Hofer FDP/DVP: Sehr gut!)

Wenn Sie deswegen Ihren Antrag zurückziehen, ziehen wir sofort auch unseren Antrag zurück.

Wenn Sie sagen, unser Antrag sei unsinnig, dann sage ich: Ihrer ist in gleichem Maße unsinnig.

(Beifall der Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP – Abg. Boris Palmer GRÜNE: Da haben Sie Recht! Sehr richtig, Herr Scheuermann! Alles Unsinn! – Glocke der Präsidentin)

Herr Scheuermann, gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage des Herrn Abg. Drexler?

Ja, er darf mich fragen.

Herr Scheuermann, nachdem Sie gesagt haben, hier sei ausschließlich das Luftverkehrsrecht zu beachten – das haben Sie schön ausgeführt –, möchte ich Sie bitten, uns dann einmal zu erklären, was es dabei für einen Sinn hat, die Interessen der Regionen zu berücksichtigen.

Nach den Voraussetzungen für eine solche Genehmigung sind öffentliche Belange zu berücksichtigen

(Abg. Drexler SPD: Aber nicht die Regionen!)

oder darf eine Genehmigung öffentlichen Belangen nicht widersprechen.

(Abg. Drexler SPD: Das ist etwas anderes!)

Jetzt frage ich Sie, was nach Ihrer Meinung alles zu „öffentlichen Belangen“ gehört.

(Abg. Drexler SPD: Aber nicht das alleine!)

Auf jeden Fall, Herr Drexler, gehört zu „öffentlichen Belangen“, was in dem verbindlichen Landesentwicklungsplan steht. Denn wenn das nicht mehr zu öffentlichen Belangen gehört, brauchten wir das gar nicht mehr zu machen.

(Abg. Drexler SPD: Aber nicht ausschließlich!)

Das steht auch nicht in unserem Antrag.

(Abg. Drexler SPD: Doch! „Und dabei die Interes- sen der Regionen zu berücksichtigen“!)

Aber doch nicht ausschließlich! Um Gottes willen, jetzt geheimnissen Sie doch nicht mehr hinein. Kann ich Ihnen denn mehr konzedieren, als wenn ich sage: „Unser Antrag ist nicht besser und nicht schlechter als Ihrer“?

(Lachen bei der SPD – Abg. Boris Palmer GRÜ- NE: Korrekt!)

Jetzt einigen wir uns darauf: Sie ziehen Ihren Antrag zurück, und wir ziehen unseren zurück.

(Abg. Drexler SPD: Sie wollen der Öffentlichkeit nicht sagen, was Sie wollen! Das ist der Unter- schied!)

Sie doch auch nicht!

(Abg. Drexler SPD: Doch! – Unruhe)

Ich kann die Entscheidung des Regierungspräsidiums Freiburg nicht vorwegnehmen –

(Abg. Drexler SPD: Sie können aber sagen, was Sie wollen! – Abg. Schmiedel SPD: Sind Sie für Lahr, oder sind Sie dagegen?)

was Sie gerne machen wollten.

(Abg. Schmiedel SPD: Haben Sie eine Meinung, oder haben Sie keine?)

Ich habe das nicht zu entscheiden.

(Lachen bei der SPD – Abg. Ursula Haußmann SPD: Ein kräftiges „Sowohl-als-auch“!)

Langsam. Ich habe das nicht zu entscheiden. Ich kenne auch den Antrag des Trägers des Verkehrslandeplatzes Lahr auf Erweiterung der Genehmigung nicht.

(Abg. Schmiedel SPD: Herr Müller hat eine Mei- nung!)

Herr Müller leitet auch die vorgesetzte Behörde des Präsidiums. Das tue ich nicht.

(Abg. Drexler SPD: Herr Müller hat gleich gesagt: Nein!)

Noch einmal: Wenn wir bei jeder Verwaltungsentscheidung, die irgendeinem politischen Interesse unterliegt,

(Abg. Drexler SPD: Nein, kein politisches! Ein wirtschaftliches!)

hier darüber debattieren und entscheiden wollten, kann ich nur sagen: Wo kämen wir da hin?

(Abg. Drexler SPD: Das machen wir doch auch bei anderen Sachen! – Abg. Bebber SPD: Das hat der Minister losgetreten!)