(Abg. Bebber SPD: Ist ja keiner da! – Abg. Herr- mann CDU: Dem Kollegen Schneider! – Abg. Schneider CDU: Erhalten nicht zuerst die Antrag- steller das Wort? – Abg. Herrmann CDU: Bei uns spricht ein Fachmann zu dem Thema! – Gegenruf des Abg. Oelmayer GRÜNE: Da gibt es ja Befan- genheit!)
Herr Präsident, meine Damen, meine Herren! Sie haben offenbar eine bestimmte Befangenheitsregelung, Herr Oelmayer. Immer, wenn jemand etwas vom Thema versteht, gilt er bei Ihnen offenbar als befangen.
(Beifall bei der CDU – Heiterkeit des Abg. Oel- mayer GRÜNE – Abg. Blenke CDU: Deswegen ist Herr Oelmayer befangen! – Zuruf von der SPD: Da müssten wir alle raus!)
Ja, ja. Das ist klar. – Ich möchte als Verwaltungspraktiker ganz ehrlich sagen: Ich finde es fast tragisch, dass man angesichts der tatsächlichen kommunalen Probleme hier überhaupt wieder diesen Wanderpokal im Landtag auftischt.
Zunächst einmal: Die Argumente sind, glaube ich, zur Genüge ausgetauscht worden. Ich möchte nur festhalten: Alle drei kommunalen Landesverbände sind einhellig gegen die Gesetzesvorschläge, wie sie hier vorliegen. Wir haben im Innenausschuss die von den Fraktionen benannten Sachverständigen gehört, und dabei bot sich ein interessantes Bild. Herr Professor Dr. Wehling hat eine von Abwägung getragene Stellungnahme abgegeben, sich aber gegen die Inkompatibilität von Bürgermeisteramt und Kreistagsmandat ausgesprochen. Herr Professor Dr. Geitmann war dafür, dies jedoch mit vagen Verdachtsmomenten und ohne diese empirisch zu begründen. Herr Professor Dr. Knemeyer war gegen die Inkompatibilität. Am interessantesten fand ich den bayerischen Landrat. Dies war wirklich Lokalkolorit von hervorragender Sorte. Er hat ganz ehrlich gesagt: Die Bürgermeister müssen raus, weil sie uns ärgern. Punkt. Das war hochinteressant.
Wenn Sie ihn gesehen hätten, dann hätten Sie auch gesehen, was bei einer Volkswahl der Landräte herauskommen kann. Dies war ein Stück weit „Bayerischer Komödienstadel“.
Fazit war letztendlich: Die Sachverständigen haben sich überwiegend gegen Ihre Gesetzentwürfe ausgesprochen. Was die Argumente betrifft, so haben wir eigentlich auch nichts Neues gehört. Die vorgetragene Interessenkollision ist ein Scheinproblem. Denn die Gemeinsamkeiten zwischen Gemeinden und Landkreis sind weitaus größer als die Gegensätzlichkeiten. Wir sitzen vielfach im gleichen Boot. Ich halte es deshalb in Übereinstimmung mit der CDU
Fraktion auch im Hinblick auf eine Verzahnung von Kreisund Gemeindepolitik für gut, wenn Bürgermeister auch im Kreistag sind.
Der angesprochene Aufsichtskonflikt zwischen dem Landrat in seiner Aufgabe als Rechtsaufsichtsbehörde und den Bürgermeistern
ist aus meiner Sicht, und das heißt aus der Sicht der Praxis, die größte Fehleinschätzung überhaupt. Hier wird maßlos übertrieben; denn Sie müssen wissen, dass die Entscheidungen im Rahmen der Rechtsaufsicht in weiten Teilen rechtlich absolut gebundene Entscheidungen sind. Die eigentlichen Aufsichtsmittel, die immer angeführt werden, vor allem im disziplinarischen Bereich, sind sehr, sehr selten.
Zudem wird völlig verkannt, dass die Landräte als Behördenleiter natürlich nicht einfach entscheiden können, wie sie wollen. Vielmehr unterstehen sie selbst der Rechts- und Fachaufsicht der Regierungspräsidien.
Das heißt, die Dinge sind mehr oder weniger justiziabel. Es sind Beschwerdeführer gegen die Bürgermeister da, die sich natürlich nicht jede Entscheidung gefallen lassen. Das heißt, wenn ich jetzt wohlwollende Entscheidungen treffen würde, die nicht mit dem Recht in Einklang stünden, dann käme der Beschwerdeführer sofort und nähme mich wieder selbst mit Dienstaufsichtsbeschwerden und Ähnlichem unter Beschuss. Ich glaube, das wird in dieser Diskussion völlig verkannt.
Es bleibt dabei: Es gibt keinen einzigen Fall einer unzulässigen Interessenverquickung. Keinen! Interessant war, was Herr Kollege Walter bei der ersten Lesung gesagt hat.
Er ist ja gewissermaßen in Peinlichkeiten geraten, als er einen Einzelfall benennen sollte. Er hatte daraufhin gesagt, es gäbe etwas zwischen dem Ludwigsburger Landrat und Bürgermeister Storer aus Asperg. Ich habe daraufhin nachgefragt und erfahren: Der gute Mann ist gar nicht im Kreistag und war es überhaupt nie.
Für uns, für die CDU, ist letztlich der Wählerwille entscheidend. Wir sind der Auffassung, man sollte den Wählerwillen nicht einschränken. Die Bürgermeister und Oberbürgermeister sind von Bürgern gewählt. Nun wollen Sie, Herr Oelmayer, ja immer mehr Bürgerbeteiligung. Auf der anderen Seite sagen Sie aber, bestimmte Personen dürften nicht gewählt werden. Sie sprechen dem Souverän letztlich also das Recht ab, diesen oder jenen zu wählen.
Ich sage: Das ist ein Stück weit fehlendes Vertrauen in den Bürger, und es ist auch der Geist der Gängelung. Anders kann ich das nicht sehen. Deshalb lehnen wir von der CDU diese Gesetzentwürfe ab. Mein dringender Appell ist: Wir als Parlament sollten uns wirklich den tatsächlichen kommunalen Problemen – und die sind riesengroß – zuwenden und uns nicht noch weiter so intensiv mit den Gegenständen beschäftigen, über die wir jetzt beraten.
(Abg. Kübler CDU: Da gibts nichts mehr zu sagen! – Gegenruf des Abg. Dr. Caroli SPD: Jede Menge! Und das Wesentliche!)
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Kübler, es gibt eben doch noch etwas zu sagen, und zwar sehr viel.
Herr Kollege Schneider, dass ausgerechnet Sie es für tragisch halten, dass wir diese Debatte führen, verwundert mich doch etwas. Natürlich haben wir große Probleme. Wir haben heute Morgen ja eine Debatte geführt, deren Auswirkungen vielleicht eine größere Tragweite haben als das, was wir jetzt diskutieren. Aber die Debatte wurde von Ihnen losgetreten, auf Ihrem Parteitag und nicht auf unserem.
Herr Scheuermann, die CDU hat diese Debatte angefangen. Wir haben sie aufgegriffen. Dann haben Sie auf einem weiteren Parteitag die Rolle rückwärts veranstalten müssen. Bei der Richtigkeit unseres Gesetzentwurfs bleibt es trotzdem.
(Abg. Scheuermann CDU: Ich war vom vorletzten Parteitag noch nicht einmal daheim, da haben Sie schon die Initiative ergriffen! – Abg. Herrmann CDU: Sie sollten sonst mal so schnell sein und Ini- tiativen von uns aufgreifen!)
Daran sehen Sie, wie schnell wir sind, Herr Scheuermann. Wenn die CDU sinnvolle Vorschläge macht, greifen wir sie umgehend auf.
Aber jetzt zur Sache: Herr Schneider, Sie haben natürlich zu Recht die Anhörung erwähnt, die wir im Ausschuss hatten. Sie ergab durchaus ein differenziertes Bild, mit dem Ergebnis – da stimme ich Ihnen zu –, dass die Argumente abgewogen wurden und die Sachverständigen sich mit einer Inkompatibilität insgesamt nicht anfreunden konnten. Lassen Sie mich gleichwohl noch auf einige Punkte hinweisen.
Unser Gesetzentwurf bezieht sich auf Bürgermeister kreisangehöriger Gemeinden, nicht auf Oberbürgermeister. Im Zusammenhang mit dieser Debatte ist auch immer wieder Kritik daran geübt worden, dass man zwischen Bürgermeistern und Oberbürgermeistern differenziert. Zum Beispiel sind im Kreistag Breisgau-Hochschwarzwald 47 % der Kreistagsmitglieder Bürgermeister.
Davon ist kein einziger Oberbürgermeister; es sind alles Bürgermeister. Sie, Herr Kübler, gehören also nicht zum Problemkreis.
Wir wollen mit unserem Gesetzentwurf Interessenkonflikte verhindern, aber nicht Bürgermeister anprangern. Herr Schneider, unser Ziel ist es auch nicht, irgendwelches Fehlverhalten von Bürgermeistern aufzudecken, sondern wir orientieren uns an den rechtlichen Gegebenheiten, die da lauten: Die Bürgermeister unterstehen der persönlichen Dienstaufsicht des Landrats.
Der Landrat führt die Rechtsaufsicht über die Gemeinden. Insoweit ist die Kritik nicht zutreffend. Wir haben das schon diskutiert, Herr Innenminister. In den Kreistagen sind ja auch Gemeinderäte vertreten, die natürlich ebenfalls die Interessen ihrer Gemeinden vertreten können. Aber sie stehen nicht in diesem Konflikt wie die Bürgermeister selber, die der Rechtsaufsicht bzw. der Dienstaufsicht unterliegen – ein aus unserer Sicht gewaltiger Unterschied.
Lassen Sie mich im Übrigen, meine Damen und Herren, einmal kurz aus der „Badischen Zeitung“ zitieren. Kurz vor Weihnachten erschien darin ein Artikel, der die schöne Überschrift trägt: „Bürgermeisterputsch im Kreistag“. Mit Bürgermeisterputsch im Kreistag ist hier ein Putsch der CDU-Bürgermeister gegen den CDU-Landrat gemeint – nur um das einmal festzustellen. Dabei ging es – wie derzeit in vielen Kreistagen – um die Kreisumlage.
Da hat man gesehen – natürlich, Herr Heinz, aber ich nehme das jetzt einmal als aktuelles Beispiel –, wie die Bürgermeister agieren. Das ist ein politischer Punkt, das ist doch klar. Das kann man nicht rechtlich werten. Das Abstimmungsverhalten der Bürgermeister ist nicht zu beeinflussen. Sie sind souverän. Daraus kann man ihnen keinen Vorwurf machen.