Beides war objektiv nicht der Fall, und deshalb steht es niemandem zu, Steuerentlastungen zu verlangen, der nicht auch ein Rezept dafür hat, dass die entsprechenden Mittel in die Wirtschaft und insbesondere in die Schaffung von Arbeitsplätzen investiert werden.
Das gilt im Übrigen für alle politischen Ebenen. Auch im Bereich der Kommunen werden fehlende Investitionen bejammert, aber trotzdem werden keine Anstalten unternommen, die Gemeinden zu entlasten. Ich darf in Erinnerung rufen, dass gerade diese Landesregierung früher, als es um die Einführung von EDV an den Schulen ging, die Lasten den Kommunen aufgebürdet hat. Ich darf auch darauf hinweisen, was durch die Kürzung der Mittel für die Schülerbeförderung von den Kreisen und Gemeinden aufgefangen werden musste. Das ist die Politik, angesichts derer auch die Verbände der Landesregierung und den sie tragenden Fraktionen vorwerfen, dass die Kommunen geschröpft werden
und dass das Konnexitätsprinzip nur ein Spruch am Sonntag ist, während die Alltagspolitik ganz anders ausschaut.
Wir sagen: Genauso wichtig bei der Arbeit der Gemeindefinanzreformkommission ist das Zusammenführen von Ar
beitslosenhilfe und Sozialhilfe; denn damit soll – da bin ich auch sicher – eine nachhaltige Entlastung der Gemeinden verbunden sein, auch wenn jetzt immer beschworen wird, das sei nicht der Fall.
Denn in dem Bereich werden die frei werdenden Mittel die Gemeinden in die Lage versetzen, die Investitionen, die wir alle miteinander für notwendig halten, und die Sanierungsaufwendungen vorzunehmen.
(Beifall bei der SPD – Unruhe bei der CDU – Abg. Scheuermann CDU meldet sich zu einer Zwischen- frage.)
Noch einmal: Ich bitte um Ihren Beitrag in der Kommission unter Federführung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales. Das, was Sie hier von sich geben, führt deshalb nicht weiter, weil Sie von der Fehlvorstellung geprägt sind, es werde bei einer Zusammenführung keinerlei Entlastung der Gemeinden geben. Ich garantiere Ihnen: Wenn Sie da mitwirken, werden Sie hinterher zugestehen müssen, dass eine nachhaltige Entlastung der Gemeinden eintreten wird. Das wird im Grunde die gemeinsame Aufgabe in den nächsten Monaten bis zur Mitte des nächsten Jahres sein. Denn sonst gibt es keinen Weg, der dazu führt, dass die Gemeinden und die Kreise dauerhaft und verstetigt auf eine bessere Finanzausstattung zurückgreifen können.
Dafür leisten wir unseren Beitrag. Auch wenn Sie die Blockadepolitik im Bundesrat bisher noch nicht voll wahrnehmbar vollzogen haben – aber es gibt Anzeichen dafür –, sage ich noch einmal: Wir warnen Sie davor. Wir werden Ihnen das nicht durchgehen lassen. Denn das schadet den Gemeinden und den Kreisen.
(Beifall bei der SPD – Oh-Rufe von der CDU – Abg. Kübler CDU: Wer regiert denn? Sind wir an der Regierung oder ihr? – Abg. Wieser CDU: Er- zählen Sie das einmal dem Gemeinderat in Wein- heim! Mal sehen, wie Sie da weiterkommen! – Abg. Scheuermann CDU: Wider besseres Wissen! – Unruhe)
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die kommunale Ebene ist die einzige Ebene, die ausgeglichene Haushalte zumindest über einen Zeitabschnitt vorlegen muss. Das ist die einzige Ebene, die nicht auf Kosten der folgenden Generationen lebt. Seit Jahrzehnten sind alle anderen Ebenen – die Landtage, der Bundestag – der Meinung, dass wir die Ausgaben heute notfalls mit Krediten und damit mit Wechseln auf die Zukunft finanzieren müssen, weil wir uns nicht trauen, den Bürgerinnen und Bürgern die Wahrheit darüber,
was in dieser Stunde der Krise notwendig ist, zu sagen: dass der Staat über seine Verhältnisse lebt.
Wir haben heute eine Diskussion, bei der gegenseitige Vorhaltungen kommen, wer Recht hat, wer nicht Recht hat. Aber die entscheidende Frage wird nicht beantwortet, weil diese Frage möglicherweise in Ihrem Denken zu kurz kommt, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen. Das ist die liberale Erkenntnis, dass es, wenn der Staat an seine Leistungsgrenzen stößt, nur eine Antwort gibt: die Rückbesinnung auf die Eigeninitiative,
auf den Fleiß und den Erfindergeist der Bürgerinnen und Bürger. Die Anreizsysteme müssen so gestaltet werden, dass in diesem Land derjenige mehr gilt, der eine Erfindung macht, der ein Unternehmen gründet. Der muss mehr gelten, der braucht mehr Anerkennung und der muss auch Gewinne machen können, die nicht weggesteuert werden. Der muss mehr gelten als derjenige, der Ansprüche und Transferleistungen vom Staat in Anspruch nimmt.
Sehr geehrte Kollegin Dederer, es ist einfach – und darüber müssen sich die Kommunen noch stärker erbosen als in der Vergangenheit –, dass höhere Ebenen, manchmal auch wir im Landtag – das müssen wir selbstkritisch feststellen –, aber auch der Bund, insbesondere bei der Sozialgesetzgebung, gesetzliche Ansprüche definieren, auch im Bereich des Umweltrechts, die dann die Kommunen umsetzen müssen. Das passt nicht zusammen.
Die Grundsicherung ist angesprochen worden. Wohlfahrtsverbandsumlagen sind angesprochen worden. Wir sind der Meinung, wenn man schon die Aufgaben auf die Kommunen delegiert, dann muss man auch die Möglichkeit des Leistungsstandards auf die Kommunen delegieren, weil nämlich dann die Verantwortlichen in Kommunen mit den Bürgerinnen und Bürgern darüber reden, ob man die Ansprüche mit den Möglichkeiten in Einklang bringt. Das passiert ja nicht, meine Damen und Herren.
Der Bund hätte die Grundsicherung ja auch anders lösen können. Er hätte sie über die Alterssicherung und über die gesetzliche Rentenversicherung lösen können. Das hat er nicht getan. Er hat die Grundsicherung auf die Kommunen delegiert.
Nehmen wir das Beispiel Kinderbetreuung. Dort kündigt die rot-grüne Bundesregierung großspurig an: Für Kinderbetreuung werden 4 Milliarden € zur Verfügung gestellt, 20-prozentige Versorgung im Bereich der Kinderkrippen. Wenn man dann genau hinschaut, sieht man, dass die Mittel
des Bundes gerade ausreichen, um 15 % der für die Versorgung notwendigen Mittel abzudecken. Der Rest muss dann von den Kommunen erwirtschaftet werden.
Damit hat man die Regierung in Berlin wieder einmal dabei ertappt, wie sie etwas ankündigt, um den politischen Erfolg bei der Kinderbetreuung einzuheimsen, und bezahlen sollen es dann die Kommunen. Dass wir eine Verbesserung der Kinderbetreuung brauchen,
ist unstrittig. Aber auch hier werden wir wohl flexiblere Modelle und eine stärkere Elternbeteiligung als in der Vergangenheit brauchen, um das finanzieren zu können.
Herr Kollege, da Sie gerade offensichtlich einiges verwechseln, frage ich Sie: Würden Sie zur Kenntnis nehmen, dass die 4 Milliarden € für den Ausbau von Ganztagsschulen gedacht sind und jedem Träger – sprich den Kommunen – etwa 400 000 € zugute kommen?
Zum Zweiten: Würden Sie zur Kenntnis nehmen, dass für den Bereich der Kinderbetreuung, von dem Sie gerade gesprochen haben, 1,5 Milliarden € vorgesehen sind?
Ich gestehe Ihnen zu – wir sprechen hier ja in freier Rede –, Sie haben Recht: Ich habe Ganztagsschulen und Kinderbetreuung verwechselt. Aber richtig ist auch, dass die 1,5 Milliarden € für Kinderbetreuung auch nicht ausreichen. Sie wollen damit eine Versorgung im Umfang von 20 % finanzieren. Aber nach unseren Berechnungen reichen diese Mittel nicht aus. Durch die 1,5 Milliarden € wären lediglich 15 % der Kosten gedeckt. Darum geht es ja, Herr Kollege Zeller. Vielen Dank für den Hinweis.