Protocol of the Session on December 11, 2002

Lassen Sie mich zum Schluss, meine Damen und Herren, zum Thema „Antistau-Verkehrsmanagement und Verkehrstelematik“ etwas sagen. Ich fange mit etwas Positivem an und sage dann auch etwas Selbstkritisches.

Das Positive ist: Im Bereich des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes haben wir bislang praktisch jedes Verkehrstelematikprojekt, das überhaupt beantragt wurde, finanziert bzw. mit 70 % und früher mit 80 % bezuschusst, weil ich davon überzeugt bin, dass man gerade im innerstädtischen Bereich mit Parkleitsystemen, mit Busbevorrechtigungen und anderen Lenkungsmaßnahmen wirklich Segensreiches bewirken kann. Da sind wir gut.

Nicht so gut sind wir in dem anderen Bereich, vor allem dem Autobahnbereich, um den es ja im Wesentlichen geht. Das hatte im Kern zwei Gründe. Erstens ist uns unser Industriepartner bei der Neukonzeption der Verkehrsrechnerzentrale in Ludwigsburg ausgefallen. Der hat schlicht die Aufgabe nicht gestemmt. Der Vertrag ist mittlerweile rückabgewickelt.

Zum Zweiten: Wir haben jahrelang auf eine Strategie gesetzt, die lautet: Der Staat stellt die Daten zur Verfügung, die Privatwirtschaft soll anschließend die „Mehrwertdienste“ erbringen. Das hat sich als eine Konzeption erwiesen, die nicht realistisch war.

Wir werden jetzt zusammen mit dem Bund eine neue Verkehrsrechnerzentrale – mit einigen anderen Maßnahmen zusammen – in der Größenordnung von ungefähr 25 Millionen € entwickeln. Finanzverteilung: 10 Millionen € aus dem Landesstraßenbau, 15 Millionen € vom Bund. Ich hoffe, dass wir dann an der Spitze der Entwicklung stehen werden.

Das Ganze ist ein Baustein im Rahmen unserer Kommission Staumanagement. Zwei andere Bausteine sind das Thema Baustellenmanagement und das Thema „Dritte Spuren auf den Autobahnen“. Das alles sind Krücken und Notmaßnahmen. Die Kommission Staumanagement wird im Frühjahr 2003 ihren Bericht vorlegen.

Insgesamt sollten wir uns aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass Verkehrslenkungen zwar kleine Störungen be

seitigen können, nicht aber die strukturellen Probleme. Die strukturellen Probleme beseitigen wir dann, wenn wir einen Grundkonsens darüber erzielen, dass wir mehr Geld für den Straßenbau benötigen und dass die Schlüsselprobleme nicht im kommunalen und im Landesstraßenbau, sondern im Bundesfernstraßenbau liegen. Kämpfen Sie mit uns zusammen im Interesse unseres Landes!

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Palmer.

(Oh-Rufe von der CDU und der FDP/DVP – Abg. Hauk CDU: Herr Palmer darf nicht so lange reden! Er hat heute nicht Geburtstag!)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Nachdem der Herr Minister 20 Minuten lang geredet hat, nehme ich mir die Zeit, die mir zur Verfügung steht – weitere sechs Minuten; ich hätte mich sonst kürzer gefasst –,

(Abg. Scheuermann CDU: Man könnte auch mal kollegial sein! Wir wissen eh, was Sie sagen!)

um den zweiten Teil auch noch vorzutragen.

Herr Minister, es war bemerkenswert, wie Sie Ihre Argumentationslinie heute gewechselt haben. In der Vergangenheit haben wir immer vorgeworfen bekommen, der Bund kürze die Mittel beim Straßenbau. Jetzt liegt ein Antrag der Fraktion der SPD vor, der beweist, dass dies nicht der Fall war. Jetzt sagen Sie, so wichtig sei es doch nicht, wie viel Geld in der Vergangenheit geflossen sei. Sie hätten vielleicht diese Vorwürfe in der Vergangenheit unterlassen sollen. Tatsache ist – das lässt sich der Stellungnahme zu dem Antrag entnehmen –: Im Durchschnitt der Jahre 1995 bis 1998 wurden 375 Millionen DM für den Bundesfernstraßenbau in Baden-Württemberg zur Verfügung gestellt. Im Durchschnitt der Jahre 1999 bis 2002 sind es 383 Millionen DM, also mehr als zuvor. Deswegen ist alles, was Sie zu den Kürzungen von sich gegeben haben, unwahr.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Zuruf des Abg. Teßmer SPD)

Weiter war es bemerkenswert, wie Sie auch heute versucht haben, das Publikum mit Zahlentricksereien zu verwirren. Bei Ihren eigenen Leuten mag das gelingen, bei uns nicht.

(Beifall bei der SPD und der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE)

Wie immer steht in der Fußnote: Nicht berücksichtigt wird dabei die Refinanzierung.

(Abg. Dr. Caroli SPD: Die wird dazugezählt!)

Dies steht auch in der Stellungnahme zu dem Antrag der SPD. Tatsache ist: Die Refinanzierungskosten für den Engelbergtunnel und für zwei weitere Projekte erdrücken diesen Titel im Haushalt. Deswegen können in Baden-Württemberg kaum mehr neue Bauvorhaben durchgeführt werden. Das geht auf Ihre Verantwortung in der Vergangenheit zurück.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD – Abg. Teßmer SPD: Ja! So ist es!)

Hören Sie auf, das bei der Bundesregierung abzuladen!

Heute stellen Sie sich hin und sagen, Refinanzierung, private Vorfinanzierung sei zwar kein Fehler, aber eine Sünde gewesen. Es bleibt einem Katholiken vorbehalten, die Wertung vorzunehmen, was schlimmer ist. Hätten Sie es aber damals gesagt – wir haben es immer gesagt –, hätten wir heute das Problem nicht.

(Abg. Scheuermann CDU: Und dann?)

Wir haben die private Vorfinanzierung immer abgelehnt, Herr Kollege Scheuermann.

(Abg. Scheuermann CDU: Und dann?)

Dann hätten wir heute nicht das Problem, ganz einfach.

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Dann hätten wir aber ein anderes Problem, und zwar ganz mas- siv!)

Wir hätten nicht die zusätzlichen Kosten, die durch die Refinanzierung entstehen, und könnten das Projekt langsam, wie es sich gehört, abwickeln.

Zweitens: Wenn Sie aber schon erkennen, dass es sich um eine Sünde handelt, und selbst sagen, Sünden sollte man nicht wiederholen, warum haben wir dann im Landeshaushalt für den Straßenbau genau dasselbe wieder? Ihre Sonderprogramme basieren auf der Idee: heute bauen, morgen zahlen. Alle Sonderprogramme für den Straßenbau werden genau denselben Effekt im Landeshaushalt haben. Dann frage ich Sie in fünf Jahren: „Sind Sie jetzt in der Hölle? Sie haben schon wieder gesündigt, Herr Minister.“

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Knapp SPD: Und das am Geburtstag! – Abg. Teß- mer SPD: Dort trifft er seine ganze Bekanntschaft!)

Der dritte Punkt – der ist wirklich bemerkenswert –: Sie stellen sich hier in Baden-Württemberg hin und fordern: „Der Osten möge verzichten. Wir brauchen wieder mehr Geld in Baden-Württemberg.“ Zugleich reisen Sie natürlich durch den Osten und sprechen dort von einer Benachteiligung der neuen Bundesländer. In dem Moment, in dem Sie als Minister in Ostdeutschland auftreten und dort erklären, dass dort weniger gebaut werden solle, weil Sie das Geld hier brauchten, nehme ich Ihnen das ab. Ansonsten ist das purer Populismus.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD – Zuruf des Abg. Scheuermann CDU)

Nun zu dem Antrag der CDU. Es ist richtig: Die Grünen haben verhindert, dass diese Mittel in den Bereich des Straßenbaus umgeschichtet wurden. Wir stehen auch heute dazu, und wir wollen das auch weiterhin. Es ist ganz einfach: Wenn diese Mittel in den Bereich des Straßenbaus umgeschichtet werden, sind sie weg.

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Die sind nicht weg!)

Unser Vorschlag lautet, diese Mittel zu belassen

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Sie sind nicht weg!)

und sie in späteren Jahren der Bahn zur Verfügung zu stellen. Wir können im Jahr 2004 über erhöhte Etats für die Bahn verfügen.

(Zuruf des Abg. Scheuermann CDU)

Das hätten wir ansonsten nicht zur Verfügung gehabt.

Herr Kollege Göschel hat bereits erklärt, dass Sie an dem Problem schuld sind, weil Sie die Bahn über Jahre unterfinanziert haben und deswegen die Planungsingenieure entlassen wurden. Wir baden hier wieder das aus, was Sie uns eingebrockt haben. Ersparen Sie uns also bitte diese Vorwürfe!

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Gleich bricht das große Bedauern aus! – Abg. Fleischer CDU: Scherzkeks!)

Dann finde ich es doch sehr bemerkenswert, Herr Kollege Scheuermann, dass Sie sich darüber freuen, dass das Land beim Antistauprogramm gut bedient wird. Analysieren wir das. Was heißt „gut bedient“? 80 % für die Straße, 20 % für die Schiene. Da erkennt man, worum es Ihnen geht. Es ist sehr konsistent mit der Forderung, Mittel von der Schiene zur Straße umzuschichten. Wenn die Straße bedient wird, sind Sie zufrieden. Wenn wir bei der Schiene etwas erhalten, poltern Sie hier durch den Saal.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Abg. Scheuermann CDU: Sie drehen einem das Wort im Mund herum! – Abg. Heiderose Ber- roth FDP/DVP: Das macht er doch immer! – Abg. Scheuermann CDU: Wenn ich so unkollegial wie Sie wäre, ginge ich jetzt um 20 Uhr noch hinaus und würde Sie widerlegen! Aber so unkollegial bin ich nicht! – Zurufe von der SPD)

Herr Kollege Scheuermann, Sie haben das Recht dazu; ich gestehe es Ihnen gerne zu.

Zu unserem Antrag hat der Minister natürlich nichts gesagt. Die von mir genannten Probleme der doppelten Infrastruktur und des erhöhten Flächenverbrauchs blendet er aus. Er ist wieder nur Verkehrsminister; der Umweltminister redet nicht, wenn es um den Verkehr geht. Ich kann das nur bedauern. Wir halten auf jeden Fall an unserem Beschlussantrag fest, weil wir diese Art der doppelten Infrastruktur nicht mittragen können.

Was den FDP/DVP-Antrag angeht, verschenke ich jetzt noch eine Minute Redezeit. Ich sage Ihnen nur: Er scheint mir insgesamt so intelligent zu sein wie die „intelligenten Straßen“ und wie alle Anträge der FDP/DVP im Verkehrsbereich. Also kommentiere ich ihn nicht weiter.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Da muss man ja direkt dankbar sein!)

Meine Damen und Herren, mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Wir sind damit am Ende der Aussprache.