Protocol of the Session on December 11, 2002

Deshalb meinen wir, dass es vernünftig ist, hier entsprechend zu reagieren. Wir haben im Unterschied zu den Grünen vorgeschlagen, zu versuchen, die Zahl der Verkehrsverbünde entsprechend zu reduzieren, darauf hinzuwirken, dass Verkehrsverbünde sich zusammenschließen, mit dem Ziel, mit wenigen großen Verkehrsverbünden den Kunden des öffentlichen Personennahverkehrs ein einfaches und übersichtliches Angebot machen zu können. In der Tat bereitet uns der Flickenteppich an Verkehrsverbünden im Land diese Probleme. Als Aufgabenträger für den schienengebundenen Personennahverkehr müssen wir darauf hinwirken, dass der Übergang zwischen diesen Verkehrsverbünden zumindest durch günstige Tarife erleichtert wird, damit unsere Kunden nicht bestraft werden.

In diesem Sinne, denke ich, sollten Sie diesen Antrag unterstützen.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grü- nen)

Das Wort erteile ich Frau Abg. Berroth.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es ist zwar schon gesagt worden, aber man muss es wirklich noch einmal deutlich machen: Mit diesem Anliegen hätten sich die Fraktion GRÜNE und die Fraktion der SPD, die offensichtlich gleicher Ansicht ist, doch an Berlin wenden müssen.

(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Nein! Sie begreifen das nicht! In Hessen gibt es das Problem nicht! – Abg. Fischer SPD: Sie kapieren es nicht!)

Natürlich. Das Problem, das Sie vortragen, ist, dass es Nachteile für Leute gibt, die Fernverkehrszüge für Nahverkehr nutzen. Vermutlich wäre es auch in Schleswig-Holstein nicht anders, wenn es die Möglichkeit gäbe. Da fahren Sie doch nicht in einem Fernverkehrszug auf Landestarif mit. Sie machen hier traumtänzerische Übungen.

(Zurufe der Abg. Regina Schmidt-Kühner und Gö- schel SPD)

Es ist ganz klar: Für das neue Preissystem trägt die Bahn Verantwortung. Für die Bahn ist vor allem der Aufsichtsrat zuständig.

(Abg. Birzele SPD: Aber doch nicht fürs operative Geschäft!)

In diesem Aufsichtsrat – gucken Sie sich die Liste einmal an – haben Rot und Grün eine reichliche Mehrheit. Da haben sie überhaupt nichts gemacht.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP – Glocke des Präsidenten)

Frau Abg. Berroth, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Palmer?

Nein. Ich möchte mit meiner Rede zumindest einmal ein Stück vorankommen, bevor ich unterbrochen werde.

Ob das neue Preissystem ein Erfolg wird, ist überhaupt nicht abzusehen. Aber das wird die Nachfrage entscheiden, das wird der Markt entscheiden.

(Abg. Pfister FDP/DVP: So ist es!)

In dem Moment, in dem die Bahn spürt, dass es tatsächlich ein paar Nachteile gegenüber bisher gibt und sie erkleckliche Einbußen hat, weil sie die Preise so umgestaltet hat, dass es aufkommensneutral ist – wenn ich auf der einen Seite wesentliche Verbesserungen mache, muss es auf der anderen Seite Verschlechterungen geben; sonst kann es nicht aufkommensneutral sein –, wird sie – davon gehe ich aus – darangehen, das System zu korrigieren. Das ist die ganz normale Regulierung über den Markt, wie sie unsere soziale Marktwirtschaft immer noch vorsieht.

Die negativen Auswirkungen hätte – ich habe das schon gesagt – der Aufsichtsrat durchaus korrigieren können. Sie, Herr Palmer, und alle, die eine ähnliche Forderung erheben, wollen jetzt das, was Sie in Berlin versäumt haben, auf Kosten des Landeshaushalts nachbessern.

(Widerspruch des Abg. Boris Palmer GRÜNE)

Eine Frage an Sie: Haben Sie darüber schon einmal mit Ihrer Kollegin Dederer – ich sehe sie jetzt gar nicht – gesprochen?

(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Na selbstverständ- lich!)

Sie hält uns nämlich immer vor, dass wir im Landeshaushalt sparen sollen. Sie aber wollen Geld ausgeben. Sie sagen, das sei nicht viel. Aber 5 Millionen € sind für mich auch viel Geld. Außerdem haben Sie überhaupt nichts dazu gesagt, was für ein riesiger Verwaltungsaufwand damit verbunden wäre. Das ist für mich das größte Problem, das da entstehen würde, und deshalb lehne ich den Vorschlag massiv ab.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP)

In unserem Bundesland gibt es – das stimmt – noch kleinteiligere Verbünde als in anderen Bundesländern, weil wir ein anderes System gewählt haben, bei dem die Verbünde aus dem kommunalen Bereich heraus wachsen.

(Abg. Theresia Bauer GRÜNE: Hört, hört!)

Ich halte das für richtig; denn dann steht man auch dahinter.

(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Keiner blickt durch!)

Das muss sich entwickeln. In allen diesen kommunalen Verbünden haben auch Kommunalpolitiker von Rot und Grün Einfluss. Wenden Sie sich doch an diese, damit sie Ihre Forderungen geltend machen. Ich habe zum Beispiel vorhin vom Kollegen Theurer gehört, Freudenstadt anerkenne die Bahncard. Das kann man in anderen Bereichen auch durchsetzen. Da muss nicht wieder der Landtag etwas von oben herab bestimmen.

(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Dr. Noll FDP/ DVP: Sehr gut!)

Ich sehe sehr wohl eine Moderatorenrolle des Landes, die Verbünde zu begleiten und ab und zu vielleicht auch einmal mit dem Ziel einer besseren Vernetzung und Kooperation anzuschubsen. Aber dazu brauche ich keinen Beschluss des Landtags, den man dann wieder vielfältig durch die Akten geistern lässt. Ich weiß, dass das Anliegen sowieso im Interesse des Ministeriums liegt, und ich vertraue einfach darauf, dass das Ministerium das anpackt, sobald sich die Gelegenheit dazu ergibt. Wir werden den Antrag der SPDFraktion deshalb ebenso ablehnen wie den Beschlussteil im Grünen-Antrag.

Die Grünen nehmen – das ist angesprochen worden – die Vorteile, die das System beinhaltet, gerne mit; sie wollen aber die Nachteile wieder einmal sozialisieren. Da wird auch sehr plakativ gesprochen. Da heißt es, die Fahrpreise verteuerten sich um 50 %. Ich muss doch, glaube ich, wieder einmal einen Leistungskurs in Prozentrechnen anbieten, damit Sie wissen, was „vom Hundert“ bedeutet. Sie haben nämlich schlicht vernachlässigt, dass die Bahncard nicht mehr 130 €, sondern nur noch 60 € kostet. Die Differenz müssen Sie schon einmal abziehen.

(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Ich habe das sogar erwähnt!)

Sie haben auch vernachlässigt, dass die zusätzlichen Karten für Familienmitglieder nur noch 5 € kosten. Wenn Sie das alles mit einbeziehen, wird es lange nicht mehr so schlimm. Außerdem trifft es die normalen Berufspendler gar nicht, wie Sie es jetzt glauben machen wollen. Diese haben eine Zeitkarte. Es trifft Gelegenheitspendler. Die nutzen aber die besseren Züge, weil sie mehr Komfort bieten, und Komfort, meine Damen und Herren, kostet halt ab und zu etwas. Da muss man abschätzen, ob einem der Komfort etwas wert ist oder ob man lieber mit dem Nahverkehrszug fährt, der vielleicht eine halbe Stunde länger braucht. Diese Alternative ist in der Regel sogar gegeben.

(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Was hat das mit dem Antrag zu tun?)

Natürlich hat das mit dem Antrag zu tun.

(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Was denn?)

Sie wollen, dass das Land einen Tarif schafft, der es künftig ermöglicht, Fernverkehrszüge zu einem billigeren Nahverkehrstarif zu nutzen.

(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Nein, nein! Lesen Sie doch richtig! Die Nahverkehrszüge! – Abg. Drexler SPD: Das stimmt doch nicht!)

Aber Sie sprechen Verbindungen an, bei denen es sich um Fernverkehrszüge handelt, zum Beispiel die Relation Karlsruhe–Stuttgart. Das sind Fernverkehrszüge, für die man jetzt einen Zuschlag zahlen muss.

(Zuruf des Abg. Boris Palmer GRÜNE)

Ich erkläre es Ihnen nachher noch einmal. Ich glaube, damit brauchen wir nicht das Plenum zu belästigen.

(Zuruf des Abg. Fischer SPD)

Ein zusätzlicher Landestarif würde einen Verwaltungsaufwand in beträchtlicher Höhe bedeuten. Ich habe das Gefühl, dass Sie einen Landestarif wollen, in den gleich auch noch ein automatischer Rabatt eingebaut ist. Also, man merkt wirklich, dass wir kurz vor Weihnachten stehen. Es werden munter Geschenke verteilt; denn Sie wissen, dass Sie es nicht zahlen müssen.

(Unruhe bei der SPD und den Grünen)

Aber noch einmal zum neuen Preissystem generell: Auch ich glaube nicht, dass es in allen Bereichen ein durchgreifender Erfolg wird. Wir haben auf unserer Fraktionshomepage eine Umfrage dazu, ob man denn beabsichtige, aufgrund des neuen Preissystems der Deutschen Bahn demnächst häufiger den Zug zu nutzen. Natürlich ist das Ergebnis nicht repräsentativ, aber 7 % haben mit Ja geantwortet, 13 % haben „vielleicht“ gesagt, und 80 % haben mit Nein geantwortet. Ich bin gespannt, wie es sich letztlich auswirkt. Ich persönlich glaube nicht, dass zum Beispiel die Regelung, dass man, wenn man wirklich günstige Preise erzielen möchte, sehr frühzeitig buchen muss, außer von Rentnern, die Zeit haben, zu planen, in großem Umfang genutzt werden kann. Aber, wie gesagt, ich vertraue auf den Markt.

(Abg. Fischer SPD: Wie überall!)

Die Stellungnahme der Regierung hat ganz klar gesagt: Es ist im Moment nicht abzusehen, wie sich dieses neue Preissystem auswirken wird. Wir müssen es abwarten. Wenn sich dann zeigt, dass man etwas tun muss, gehen wir gemeinsam nach Berlin, sprechen mit dem Aufsichtsrat der Deutschen Bahn AG und schauen, was sich da machen lässt.

(Unruhe bei der SPD und den Grünen)

Ich bin bereit, Sie da zu begleiten.

Im Übrigen muss man aber eines sagen: Es gibt außerordentlich Positives. Kollege Schebesta hat es schon angesprochen: Derjenige, der mehr Kunden für die Bahn gewinnen will, darf nicht immer meckern und motzen und möglichst Geld einfordern und verteilen wollen, sondern der muss ein positives Klima schaffen.