Protocol of the Session on November 14, 2002

Sehr geehrter Herr Palmer, ich möchte Sie bitten, zu beachten, dass Ihre Sprechzeit zu Ende ist,

(Abg. Walter GRÜNE: Was heißt Sprechzeit?)

und die Geduld der Fraktionen, die freundlicherweise vereinbart haben, Ihnen überhaupt noch die Chance zu geben, zu sprechen, nicht zu sehr zu strapazieren.

(Lebhafte Unruhe)

Sehr geehrte Frau Präsidentin, ich möchte Sie bitten, bei der Regierung im gleichen Maße auf die Regeln zu achten wie bei den Fraktionen.

(Lebhafte Zurufe, u. a. Abg. Dr. Lasotta CDU: Ru- hig bleiben! – Abg. Fischer SPD: Jetzt werden wir aber frech!)

Die Redezeit der Regierung betrug 2 Stunden und 22 Minuten. Das ist das Dreifache der Fraktionsredezeit. Ich hatte 15 Sekunden überzogen, und ich war gerade bei meinem Schlusssatz. Ich halte das für überzogen. Verzeihen Sie bitte.

(Unruhe)

Unsere Forderung lautet lediglich, dass Sie einen größeren Anteil zur Ausschreibung bringen, um diese Rationalisierungspotenziale zu erschließen.

Ich bedanke mich.

(Beifall bei den Grünen und der Abg. Christine Ru- dolf SPD – Abg. Dr. Lasotta CDU: Der Ton der Grü- nen ist der Frau Präsidentin unangemessen!)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Schebesta. – Herr Hauk, zur Geschäftsordnung.

Frau Präsidentin, ich würde Sie bitten, den Kollegen Palmer zu rügen. Die Redezeit der Regierung ist nicht begrenzt, und die Regierung hat ein verfassungsmäßiges Recht, jederzeit und so lange zu reden, wie sie es für nötig hält.

(Beifall bei der CDU – Unruhe)

Herr Kretschmann, zur Geschäftsordnung.

Ich bitte Sie, den Kollegen Palmer nicht zu rügen. Das wäre völlig überzogen.

Meine Damen und Herren, angesichts der fortgeschrittenen Zeit bin ich der Meinung, wir sollten jetzt nicht über Kleinigkeiten diskutieren, sondern in der Debatte fortfahren.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD sowie des Abg. Dr. Noll FDP/DVP – Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Sehr gut!)

Herr Abg. Schebesta.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Hinter den Argumenten, die vom Kollegen Palmer im Ausschuss oder in Plenarsitzungen schon mehrfach vorgetragen wurden, steckt ja der Vorwurf, dass bei den Fahrgästen nichts oder zu wenig – wie auch immer die Wortwahl gerade ist – von dem Geld ankommt. Die Verbindung der drei Anträge, die wir unter Tagesordnungspunkt 12 vor uns haben, zeigt, dass da nichts dran ist.

In den letzten fünf Jahren ist das Angebot im Schienenpersonennahverkehr um mehr als 30 % ausgeweitet worden. Deutlich mehr als 30 % betrug die Zunahme bei den Fahrgastzahlen. Die Maßnahmen für den Neu- und Ausbau sowie die Modernisierung an Bahnhöfen und Haltepunkten sind in der Drucksache unter Buchstabe a des Tagesordnungspunkts aufgeführt. Durch diese Maßnahmen wird die Attraktivität des Schienenpersonennahverkehrs verbessert. Größere Projekte stehen an. Sie mussten in der Finanzplanung berücksichtigt werden. Die Zeit der Verwirklichung konnte nicht genau gefasst werden: Regio-S-Bahn RheinNeckar, Regio-S-Bahn Freiburg, Ringzug usw. Deshalb brauchen Sie, Herr Kollege Palmer, uns bei der Finanzplanung nicht zu helfen.

Dass die Situation in Baden-Württemberg so gut ist, liegt auch am Wettbewerb. Wir brauchen im Schienenpersonennahverkehr immer mehr Wettbewerb, aber wir müssen auch darauf achten, dass die Losgrößen entsprechend sind, da

mit es auch tatsächlich zu Wettbewerb kommen kann und dass Strecken immer nur nach und nach ausgeschrieben werden. Deshalb setzen wir auf die von der Regierung angesprochene Möglichkeit, den Verkehrsvertrag mit der DB abzuschließen und dort eine Abbestellquote vorzusehen. Das halten wir für den richtigen Weg.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Dr. Noll FDP/ DVP)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Kaufmann.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich habe den Eindruck, wir sollten hier eher um bessere Ideen kämpfen, als kleinkariert um die Redezeit zu feilschen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Grünen)

Eine kurze Eingangsbemerkung. Wir hatten heute Vormittag die Situation der öffentlichen Haushalte erörtert, und vor diesem Hintergrund ist es als Glücksfall zu bezeichnen, dass die Bundesregierung trotz knapper Kassen und trotz der entsprechenden Sparbemühungen hinter dem schienengebundenen Personennahverkehr steht. Sie hat als Eigentümerin der Bahn dafür gesorgt, dass die notwendigen Investitionen vorgenommen werden. Dies können Sie an den entsprechenden Schlagzeilen ablesen. Ich zitiere die „Stuttgarter Nachrichten“: „Bahn investiert Rekordsumme im Land“, „Baden-Württemberg wird Investitionsschwerpunkt der Bahn“. Wenn Sie immer an die Verantwortlichkeit des Bundes für die Unternehmenspolitik der Bahn appellieren, so sei noch einmal herausgestellt, dass der Bund als Eigentümer hier seine Pflicht tut.

Aber die Eisenbahn muss Kunden gewinnen. Ich sage bewusst „Eisenbahn“ und nicht nur „Bahn“. Bahnhöfe sind dabei – da haben Sie Recht – die Visitenkarten, und die müssen entsprechend einladend ausgestaltet werden. Sie müssen attraktiv und kundenfreundlich sein. Hier haben wir mit Genugtuung zur Kenntnis genommen, dass in den letzten Jahren jährlich 50 Millionen DM in den Neubau und in die Modernisierung gegangen sind und Mehdorn auch für die Zukunft wieder eine erhebliche Summe zur Revitalisierung der Bahnhöfe angekündigt hat. Wir hoffen, dass sich diese positive Entwicklung dynamisch fortsetzt.

Wir kennen aber auch die Probleme. Es gibt Entbehrlichkeitsprüfungen und entsprechende Verkaufslisten. Das möchte ich nicht verschweigen. Aber es sei an dieser Stelle noch einmal daran erinnert, dass wir die Bahnhöfe als vernünftiges Entree brauchen, um auch den Schienenpersonennahverkehr attraktiv zu machen.

(Beifall bei der SPD und der Abg. Heiderose Ber- roth FDP/DVP)

Baden-Württemberg verfügt in diesem Jahr über 704 Millionen € Regionalisierungsmittel. Darauf wurde vorhin eingegangen. Das sind 73 Millionen € mehr, als im letzten Jahr ausgegeben wurde. Deshalb sollte man, Herr Staatssekretär, davon absehen, in jeder zweiten Presseerklärung noch ein

mal den Kompromiss über die Zuteilung der Regionalisierungsmittel zu bejammern und zu beklagen und darzustellen, wie schlecht Baden-Württemberg weggekommen sei. Es war ein fairer Kompromiss, den wir in diesem Jahr gefunden haben. Es war eine vernünftige Regelung, die im Bundestag parteiübergreifend Zustimmung gefunden hat.

Man kann natürlich immer sagen: Wir wollen mehr Geld. Aber ich komme noch einmal auf mein Eingangsstatement zurück: Wir kennen die Situation der öffentlichen Haushalte, und wir haben mehr Geld als in der Vergangenheit für den SPNV. Wir haben Zuwächse, die konjunkturunabhängig und garantiert sind. Deshalb geht es jetzt darum, dass das Land seine Hausaufgaben macht und hier die notwendigen Maßnahmen anpackt.

(Beifall bei der SPD)

Was den Einkauf der Nahverkehrsleistungen durch das Land betrifft, haben wir auch in den Ausschusssitzungen immer darauf hingewiesen: Wir wollen mehr Wettbewerb, und wir wollen den Wettbewerb stärken. Wettbewerb sorgt für Sparpotenziale in diesem Bereich und ermöglicht ein besseres Angebot. Dies wäre notwendig, und da sehen wir noch eine Zurückhaltung bei der Landesregierung.

Wir haben jetzt zur Kenntnis genommen, dass die Schwarzwaldbahn, die Strecke zwischen Karlsruhe und Konstanz, als Erstes ausgeschrieben wird. Da sind wir schon lange dran. Wir haben Ihnen gesagt: Hätten Sie das vernünftig vorbereitet, dann hätten wir die Ausschreibung schon in diesem Jahr vorantreiben können und wären ein ganzes Stück weiter. Sie haben sich unseres Erachtens aber hinter formale Argumente – Fragen der Zuständigkeit – zurückgezogen und haben damals gesagt: „Wir lassen das mal offen; wer weiß, wie das mit den Regionalisierungsmitteln ausgeht“, obwohl für jeden von uns klar war, dass hier eine vernünftige Regelung gefunden werden wird. Insoweit Stärkung des Wettbewerbs.

Die neue Vergabeordnung hat den Übergang in den Wettbewerb festgeschrieben. Wir können im Moment nicht alles ausschreiben; das ist durchaus richtig. Wir müssen sinnvolle Teilnetze, entsprechende Losgrößen finden, damit auch die Mitbewerber der Bahn im wahrsten Sinne des Wortes „zum Zuge“ kommen können.

Insoweit können wir auch die Anträge der Grünen hier durchaus unterstützen. Aus den Erläuterungen der Landesregierung geht ja hervor, dass Sie im Prinzip in dieselbe Richtung gehen wollen. Ich habe den Eindruck, Sie stimmen nur deshalb nicht zu, weil der Antrag von der Opposition kommt.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Meine Damen und Herren, ich erteile das Wort Frau Abg. Berroth.

Noch kurz eine Stellungnahme zu den drei Grünen-Anträgen.

(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Zwei! Ich habe zwei ge- stellt!)

Drei! – Herr Palmer, Sie haben vergessen, zu sagen, dass der Antrag unter Buchstabe b dieses Tagesordnungspunkts inzwischen obsolet geworden ist. Denn das Land und der Verband Region Stuttgart haben sich ja geeinigt.

(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Verzeihung! Das ist nicht auf der Tagesordnung! – Abg. Kaufmann SPD: Kommt weg!)

Gut. Dann nehmen wir es doch auch weg.

(Abg. Kaufmann SPD: Das stand da nie drauf!)

Pardon, im Tagesordnungsentwurf war er noch enthalten gewesen.

Vergabe von Leistungen im Schienenpersonennahverkehr: Es kommt immer wieder der Vorwurf: Warum habt ihr bisher nicht ausgeschrieben? Ich gehe davon aus, dass der Herr Staatssekretär Ihnen das genau sagen wird.

Aber, Herr Kaufmann, ich bin schon froh, wenn die Landesregierung formale Gründe einhält.