Protocol of the Session on October 17, 2002

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir tagen zum Thema „Grenzüberschreitende Zusammenarbeit“ zu Recht hier in Freiburg. Es ist wirklich erfreulich, dass wir zum Beispiel im Bereich der Bildung mit dem Euregiolehrer ein ganzes Stück weitergekommen sind. Herr Kollege Fleischer, Sie haben Recht: Französisch ist ein Teil baden-württembergischer Außenpolitik, der unbedingt notwendig war. Unser nicht allzu fernes Ziel muss sein, dass auch bei uns recht bald echter bilingualer Unterricht stattfindet, dass man zum Beispiel auch in Naturwissenschaften in der Fremdsprache unterrichtet. Das wird ein wesentlicher weiterer Erfolgseffekt sein.

(Unruhe)

Auch beim Tourismus ist es dringend notwendig, eine weitere Vernetzung zu erreichen. Es kann nicht angehen, dass sich die drei Länder auf diesem Gebiet weiterhin wie Konkurrenten benehmen. Tourismus findet heute weltweit statt.

(Zuruf des Abg. Dr. Caroli SPD)

Deshalb muss auch hier ein gemeinsames Angebot erfolgen.

Wenn der Oberrheinrat, die Oberrheinkonferenz in ihren Gremien nicht weiterkommen, würde ich den damit befassten Verbänden durchaus empfehlen, einfach mit kleinen Schritten selbst anzufangen. Da geht es darum, weltweit ein gemeinsames Angebot zu machen.

(Unruhe)

Der Tourist aus Japan oder aus den USA will sich nicht in drei Fremdenverkehrszentralen Informationen holen. Er will wissen: Was kann ich in drei Tagen hier in der Region insgesamt tun? Da müssen wir bald ein Angebot machen.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir tagen hier in einem ehemaligen Kaufhaus. Wirtschaftlicher Erfolg ist immer abhängig von den Verkehrsströmen. Deshalb ist es wichtig, dass wir uns mit diesem Thema heute ausführlich befassen.

Die grenzüberschreitende Koordination der Verkehrsströme und der Verkehrsträger in Richtung Frankreich und Schweiz muss dringend noch weiter verbessert werden. Wir unterstützen deshalb sehr die vielfältigen Vorhaben im Schienenverkehr, zum Beispiel das Konzept der Breisgau-S-Bahn 2005 und die damit bezweckte Reaktivierung des Schienenpersonennahverkehrs Freiburg–Müllheim–Mulhouse. Wir meinen, dass hierzu Regionalisierungsmittel sehr gut angebracht wären.

Über die Reaktivierung der Schienenstrecke Breisach–Colmar sollten wir sehr bald auch im Landtag diskutieren, sobald die Machbarkeitsstudie vorliegt. Denn hierbei sind zwi

schen verkehrlichen Notwendigkeiten und Umweltschutzbelangen durchaus größere Konflikte zu befürchten.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP)

Die Antwort der Landesregierung enthält die Aussage, dass es im Bereich des Luftverkehrs derzeit keine dringlichen Infrastrukturprojekte gebe. Das mag wohl sein. Allerdings ist es verkehrspolitisch sehr brisant, dass eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit zwischen den bestehenden Flughäfen und Flugplätzen eben nicht stattfindet. Hierbei ist es ähnlich wie beim Tourismus: Vor allem der Kampf gegeneinander beherrscht das Feld. Das kann in der Summe nicht zu einem vernünftigen Ergebnis führen. Auch dabei müssen wir auf die Erarbeitung vernünftiger Kooperationen und gemeinsamer Zielsetzungen hinwirken.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP)

Natürlich werden Markt und Wettbewerb entscheiden, wer letztlich das tragfähigere und das wirtschaftlich erfolgreiche Konzept anbietet. Aber die Landesregierung muss sehr darauf achten, dass nicht die Flughäfen anderer Nationen gefördert werden, während wir zum Beispiel Lahr und Söllingen hier im Regen stehen lassen.

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Wer stellt denn die Landesregierung?)

Das ist ein Thema, das wir sehr bald zu bearbeiten haben.

Die FDP/DVP unterstützt das Vorhaben einer besseren Schienenanbindung an den Euro-Airport. Er ist wirklich wichtig; da gibt es auch ein Kundenpotenzial. Aber auch das muss man unter dem Licht des zuvor Gesagten sehen. Die Folgen müssen bedacht werden, wenn wir dadurch unsere eigenen Flugangebote ausdünnen und künstlich arm machen.

(Beifall der Abg. Beate Fauser FDP/DVP)

Die Stauproblematik bei der Gemeinschaftszollanlage ist ein weiteres Problem, das sich von Jahr zu Jahr verschärft. Dadurch entstehen hohe und unnötige volkswirtschaftliche Kosten beim Lkw-Transport. Wir müssen deshalb mit der Schweiz darauf hinwirken, dass die von der Arbeitsgruppe gemachten organisatorischen Vorschläge möglichst bald umgesetzt werden, und sicherlich mit den Verantwortlichen darüber reden, ob es nicht möglich ist, in Stoßzeiten die zwischen 22 und 5 Uhr bestehende Schließung auszusetzen bzw. zu lockern.

Die Entlastung der A 5 vom Güterverkehr muss aus Umweltschutzgründen erfolgen und weil der Ausbau der Rheintalbahn auf der Schiene

(Abg. Schmiedel SPD: Was jetzt?)

nicht sofort machbar ist. Sie muss aber rechtzeitig und bald kommen – nicht erst 2012 mit der Eröffnung des GotthardTunnels, sondern viel früher. Wir werden hier auch aus Richtung Rotterdam gewaltige Güterströme zu erwarten haben. Dafür müssen wir gerüstet sein. Der Kollege Fleischer hat hierzu bereits das Wichtige gesagt.

Ein wesentlicher Punkt ist auch noch der Staatsvertrag gegen den Fluglärm. Im Moment ist noch nichts beschlossen. Es sieht so aus, dass der Ständerat nicht ratifiziert. Wir fordern die Bundesregierung auf, rechtzeitig einen neuen Vertragsentwurf vorzulegen, damit wir neu mit der Schweiz verhandeln können. Denn wir brauchen hier bald eine Lösung. Wir können der Bevölkerung am südlichen Oberrhein in dieser Angelegenheit nicht länger eine unklare Situation zumuten.

Herr Dr. Caroli, Sie haben das Thema „Bundesverkehrswegeplan und Priorisierung“ angesprochen. Sie haben der CDU einen Vorwurf gemacht.

(Abg. Schmiedel SPD: Zu Recht!)

Es kann durchaus der Eindruck entstehen, dass Sie es gern andersherum gehabt hätten. Denn Sie haben genauso verlangt, eine Priorisierung vorzunehmen. Was wäre dann passiert? Der Bund hätte gesagt: „Wir haben kein Geld. Ätsch, ätsch!“

(Abg. Zeller SPD: Ach was!)

Ein paar Fälle hat es ja durchaus gegeben. Das bekommen wir nur hin, wenn wir eine gemeinsame Anstrengung unternehmen und uns zusammensetzen. Dazu muss aber die gegenwärtig vorliegende Bewertungsmethodik noch einmal gründlich überarbeitet werden. Wer sich damit einmal genauer befasst, merkt, dass es sich im Moment um ein dilettantisches Werk handelt. Damit kann man keine Priorisierung vornehmen.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP)

Beim öffentlichen Nahverkehr ist sowohl der Ausbau der Rheintalstrecke als auch der Zuflussstrecken dringend notwendig. Denn nur dann können wir das vorhandene und zunehmende Fahrgastpotenzial auch wirklich nutzen.

Wir brauchen mit Sicherheit auch weitere Umschlaganlagen, wenn wir mehr Verkehr von der Straße auf die Schiene bringen wollen. Aber auch das ist erst möglich, wenn die Schiene viergleisig ausgebaut ist. Zuvor macht das Ganze noch keinen Sinn, weil die Bahn nicht über die erforderlichen Kapazitäten verfügt.

Ganz wichtig ist – auch das wurde bereits angeführt –, dass der Bund schnellstmöglich den Anschluss der Bahnstrecke Kehl–Appenweier an das französische TGV-Hochgeschwindigkeitsnetz herstellt. Wir sollten nicht warten, bis die Franzosen da etwas tun, sondern einfach in Vorleistung treten und damit Frankreich in Zugzwang setzen nach dem Motto: Wir sind so weit, kommt zügig nach.

Die vorliegenden Initiativen beinhalten ja noch einen Teil, der bisher relativ wenig bearbeitet wurde, nämlich das wichtige Thema Umwelt. Freiburg trägt zu Recht das Label Ökohauptstadt. Was die Landesregierung dazu äußert, wurde bereits zitiert. Aber ich kann etwas ergänzen: Die FDP/DVP hat zu diesem Label durchaus einen wichtigen Teil beigetragen. Schließlich hatten wir schon 1971 einen Parteitag, auf dem die immer noch gültigen und wichtigen Freiburger Thesen verfasst wurden. Wir waren damals die erste Partei – –

(Lachen bei Abgeordneten der SPD – Abg. Pfister FDP/DVP: Da warst du noch gar nicht auf der Welt, Schmiedel!)

Lachen Sie ruhig.

(Zurufe von der SPD)

Bevor Sie lachen, sollten Sie mich einmal zu Ende anhören. Wir waren die erste Partei, die das Thema Umwelt aufgegriffen hat.

(Beifall des Abg. Theurer FDP/DVP – Zurufe von der SPD – Glocke der Präsidentin)

Meine Damen und Herren, das Wort hat Frau Abg. Berroth.

In den Freiburger Thesen befinden sich acht Seiten zum Thema Umwelt.

(Beifall des Abg. Theurer FDP/DVP)

Eine Problematik war nur – vielleicht lachen Sie jetzt auch deshalb –: Wer zu spät kommt, wird von der Geschichte bestraft. Das gilt vielmehr öfter auch für diejenigen, die zu früh kommen.

(Zuruf des Abg. Boris Palmer GRÜNE)

Wir waren damals zu früh dran.

(Beifall des Abg. Theurer FDP/DVP)

Inzwischen ist es leider so: Die Umweltthematik genießt bei uns zwar nach wie vor eine hohe Priorität, aber die Presse weigert sich des Öfteren, das überhaupt wahrzunehmen.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP)

Wer sich mit unserer internen Parteiarbeit befasst, wird erkennen, wie wichtig uns das Thema Umwelt ist. Dazu werden Sie von uns in nächster Zeit auch noch einiges hören.