Protocol of the Session on October 17, 2002

Das ist Ihr Verhalten in der Verkehrspolitik. Sie melden über 400 Straßenverkehrsprojekte an, aber es ist Ihnen vollkommen Wurscht, wie das bezahlt werden soll, und Sie sagen keinen einzigen Satz dazu.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

So kommt man in der Diskussion doch nicht weiter. Sie wissen doch genau, um was es geht. Logischerweise setzt der Oberbürgermeister von Freiburg die Priorität auf den Stadttunnel, und er hat überhaupt nicht ausgeschlossen, dass es, wenn die Mittel vorhanden sind, auch zu einem Ausbau der A 5 kommen kann, wenn dieser dann noch notwendig ist. Wir setzen nämlich die Prioritäten völlig anders.

Jetzt kommt die Lkw-Maut. Die Lkw-Maut hat den Sinn, als Lenkungseffekt Güter von der Straße auf die Schiene zu bringen. Das heißt, parallel zur Erhebung der Lkw-Maut, die diesen Sinn hat, ist es prioritär notwendig, hier die Eisenbahnlinie viergleisig auszubauen. Das steht im Vordergrund. Dann kann man sehen, ob man die A 5 noch ausbauen muss oder nicht und ob man die Gelder hat, um das zu finanzieren.

Das sind die ganz einfachen, nüchternen Überlegungen. Darüber kann man seriös diskutieren und muss nicht in vordergründiger Weise versuchen, den neu gewählten Oberbürgermeister von Freiburg vorzuführen. Der lässt sich von Ihnen mit solchen Plattitüden nicht vorführen.

(Beifall bei den Grünen)

Ich sage Ihnen noch einmal: Wir haben zwischen Karlsruhe und Basel 15 Straßenverbindungen von Frankreich nach Deutschland. Wir haben einen einzigen Schienenübergang. Da sieht man doch ganz klar, wie die Prioritäten gesetzt werden. Auch Sie müssen endlich begreifen, dass wir in die ökologische Erneuerung unserer Wirtschaft hineinmüssen, weil alles andere klimaschädlich ist und die Ressourcen unserer Erde beschädigt. Wenn Sie nicht endlich in diese Richtung gehen, werden Sie sich weiter in diesem Land isolieren und auch nicht in der Lage sein, die wirtschaftlichen Potenziale dieser Region zu entwickeln; denn gerade die Region Freiburg hat gezeigt, dass eine wirtschaftliche Prosperität heute in erster Linie aus dem Gedanken der Ökologie erwächst.

Vielen Dank.

(Beifall bei den Grünen)

Das Wort erteile ich dem Minister für Umwelt und Verkehr, Ulrich Müller.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich beschränke mich in meinem Debattenbeitrag auf das Thema Verkehr, und zwar deswegen, weil das erstens der Schwerpunkt der Debatte war und weil man zweitens sagen kann: Wenn wir eine Umfrage unter den Kommunen, auch unter den Kommunen hier am Oberrhein, machten und sie fragen würden, was ihr Infrastrukturproblem Nummer 1 ist, bin ich mir sicher, dass es bei einer Fülle von Kommunen heißen würde: „Unser Infrastrukturproblem Nummer 1 ist das Verkehrsproblem und dabei speziell das Straßenverkehrsproblem.“ Deswegen ist unsere erste Aufgabe, wenn wir einer Region hel

fen wollen, sie von den Lasten des Verkehrs zu befreien, Staus zu vermeiden und im Übrigen auch für die Erschließungsfunktion von Straßen, vor allem im ländlichen Raum und in den Randbereichen eines Landes, also an der Peripherie, entsprechende Vorsorge zu treffen.

Aber eine Bemerkung will ich machen, Herr Kretschmann, weil Sie die umweltbezogenen Teile der Antworten der beiden beteiligten Häuser – Wirtschaftsministerium und Ministerium für Umwelt und Verkehr – erwähnt haben.

(Große Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Darf ich bitten, Ruhe zu bewahren.

Man kann sich natürlich über Antworten lustig machen, wenn man sie nicht ganz vorliest. Ich habe genau in dem Moment, als Sie das vorgelesen haben, die entsprechende Stelle aufgeschlagen. Sie haben aus längeren Abhandlungen einen Satz erwähnt. Das kann man machen, aber man darf sich nicht darüber beklagen, dass da zu wenig gesagt werde, wenn man die übrigen Sätze nicht mit vorliest. Ich würde sagen: Das war so nicht ganz korrekt. In der Antwort steht ein bisschen mehr drin, als Sie vorgetragen haben.

(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Was denn?)

Lesen Sie es nach. Es ist lesenswert.

(Heiterkeit – Abg. Boris Palmer GRÜNE: Nicht arg viel mehr! Nicht sehr interessant!)

Meine Damen und Herren, unter den Verkehrsproblemen sind die wichtigsten jene, die der Bund zu regeln hat, ob das nun Bundesautobahnen oder ob das Bundesstraßen sind oder ob es um das dritte und vierte Gleis geht. Nichtsdestoweniger will ich aber in aller Kürze einmal darauf verweisen, dass wir auch vonseiten des Landes im Rahmen unserer Möglichkeiten etwas tun. In den letzten zehn Jahren haben wir konkret allein in die Region Südlicher Oberrhein im Landesstraßenbau pro Jahr im Durchschnitt 26 Millionen DM investiert, und wir haben im ÖPNV im Lauf der letzten fünf Jahre pro Jahr 46 Millionen DM investiert. Es ist schon ein ganz bemerkenswerter Tatbestand, dass wir, was die beiden Bereiche angeht, bei denen wir unmittelbar handeln können, dieser Region für den ÖPNV fast doppelt so viel Geld wie für den Landesstraßenbau zur Verfügung gestellt haben.

(Abg. Schmiedel SPD: Das sind doch Bundesmittel! – Abg. Göschel SPD: Da kann man großzügig sein!)

Jawohl, das ist Bundesgeld.

(Lachen bei der SPD und den Grünen)

Jetzt warten Sie einmal ab. Wissen Sie noch, Herr Palmer, wer diese Bundesgelder seinerzeit zur Verfügung gestellt hat? Waren Sie an der Regierung oder wir?

(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Wer hat sie erhöht, wir oder Sie?)

Sie haben sie gesenkt.

(Lachen und Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

(Minister Müller)

Sie haben sie im Mai dieses Jahres gesenkt, weil Sie die Dynamisierungsrate von 3,5 % auf 1,5 % reduziert haben. Peinlich, peinlich. Aufpassen, bevor man einen Zwischenruf macht. Der Müller kann doch zurückgeben.

Jetzt zurück: Was ist mit dem Geld passiert? Da will ich einmal auf einen Tatbestand hinweisen, der uns alle miteinander freuen kann. Vor kurzem hat es ein Ranking unter den ÖPNV-Angeboten in der Bundesrepublik Deutschland gegeben, und auf Platz 1 stand der Verkehrsverbund Freiburg. Er hat die beste Benotung unter den öffentlichen Verkehrsangeboten in der Bundesrepublik Deutschland bekommen. Das ist eine tolle Sache. Und jetzt würde ich einmal halb im Spaß und halb im Ernst sagen: Badische Ideen und schwäbisches Geld, das ist genau die Komposition gewesen, die Baden-Württemberg 50 Jahre stark gemacht hat,

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

wobei ich dazu sagen will: Das Geld stammt auch von badischen Steuerzahlern.

(Abg. Dr. Caroli SPD: Aha! Das wollten wir gerade hören!)

Und die Konzepte für den ÖPNV wurden in unserem Ministerium entwickelt, und dort sitzen nicht nur Badener. Es war also, halb im Spaß und halb im Ernst – –

(Große Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Meine Damen und Herren, ich darf Sie nochmals bitten, die Gespräche im Saal einzustellen. Der Stenografische Dienst hat größte Schwierigkeiten, den Redner zu verstehen, wenn ständig dazwischengeredet wird.

(Beifall des Abg. Dr. Caroli SPD)

Bitte schön, Herr Minister.

Ich bin Ihnen dankbar. Ich habe auch nichts dagegen, wenn ich ein bisschen leiser sprechen kann und wenn die Aufmerksamkeit größer ist.

Punkt 2, den ich kurz ansprechen möchte, ist in der Tat die A 5. Deren Ausbau gehört natürlich in den vordringlichen Bedarf. Das ist überhaupt keine Frage. Es war übrigens auch dringend notwendig, dass wir in den letzten fast zehn Jahren den Schwerpunkt bei den Erhaltungsmitteln, die wir in Baden-Württemberg insgesamt zur Verfügung haben, auf die A 5 gelegt haben. Wir haben es gemacht. Gemessen an der Bedeutung der A 5, sind Begründung und Ergebnis des Stadtratsbeschlusses in Freiburg inhaltlich schlichtweg falsch. Das muss man ganz nüchtern sagen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Die Begründung lautete: Uns ist der Stadttunnel wichtiger als der Ausbau der A 5, und weil das vielleicht finanziell miteinander kollidieren könnte, sind wir dafür, sozusagen an uns zu denken und nicht an die Region insgesamt. Das halte ich für sehr problematisch.

(Beifall bei der CDU)

Ich will zum Stadttunnel Freiburg im Übrigen nur folgende, allgemeine Bemerkung machen: Dieses sehr große, sehr teure Projekt, das heute übrigens erst im weiteren Bedarf ist, wird sich in die Anliegen Baden-Württembergs und in die Anliegen Südbadens insgesamt einzuordnen haben. Dabei wird es nicht auf Platz 1 stehen, sondern wir werden es dann realisieren können, wenn wir, gemessen an den anderen Wünschen, zusätzliches Geld bekommen.

(Beifall bei der CDU)

Herr Kretschmann, aus Höflichkeit wollte ich nichts zu Herrn Oberbürgermeister Salomon sagen, weil wir immerhin in der Stadt sind, die er regiert. Aber Sie haben ihn jetzt mit einer Begründung verteidigt, die mich doch veranlasst, noch eine Bemerkung zu machen. Man kann auch innerhalb weniger Tage Schlangenlinien fahren, und das hat Herr Salomon gemacht, weil er in ein und derselben Sache innerhalb weniger Tage zwei verschiedene Positionen vertreten hat. Das finde ich nicht ganz glücklich, um es einmal ganz vorsichtig auszudrücken.

(Beifall bei der CDU – Abg. Kretschmann GRÜNE: Was soll das gewesen sein?)

Wissen Sie, was er gesagt hat? Einerseits hat er die entscheidende Stimme abgegeben, und anschließend hat er gesagt, das habe er eigentlich gar nicht so gemeint; er sei sehr wohl für den Ausbau der A 5. Das ist relativ witzig, muss man sagen. Das müsste jemand, der eine gewisse parlamentarische Erfahrung hat – wahrscheinlich hat er nicht geahnt, dass seine Stimme entscheidend ist; ich weiß es nicht, aber wie dem auch sei –, eigentlich besser wissen.

(Zuruf von der SPD: Schlechter Verlierer!)

Im Übrigen darf ich darauf verweisen: In diesen Tagen wird in Freiburg eine Straße eingeweiht, zu deren Bau wir noch die Grundlagen gesetzt haben, als wir in der Bundesregierung Verantwortung getragen haben, ein Projekt in der Größenordnung von fast einer halben Milliarde DM. Ich darf einmal in aller Bescheidenheit darauf hinweisen, dass diejenigen, die die Straße mit einweihen werden, damals die größten Kritiker waren.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)