Protocol of the Session on October 17, 2002

Jetzt komme ich zu dem Thema Popakademie. Das Konzept, das hier vorgeschlagen worden ist, ist ausgesprochen gut durchdacht. Das beste Konzept hilft aber natürlich nichts, wenn ein Finanzierungskonzept fehlt.

(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Pfister FDP/ DVP – Abg. Pfister FDP/DVP: So ist es! – Abg. Schmiedel SPD: Sehr gut!)

Ich gehe davon aus, Herr Minister Palmer, dass Sie

(Abg. Pfister FDP/DVP: Einen dicken Geldbeutel mitbringen!)

uns heute da durchaus etwas Konkreteres sagen als das, was wir bisher gelesen haben.

Darüber hinaus gibt es aber auch weitere Fragen zu dieser Popakademie. Wie sieht es mit der staatlichen Anerkennung aus? Die Arbeitsgruppe geht von einem Bachelor-Studium aus. Aber wie sieht das dann letztlich aus, wenn diese Popakademie eingerichtet ist?

Die Frage des Standorts ist nach wie vor ungeklärt. Es muss beim Standort darauf geachtet werden, dass die Rahmenbedingungen stimmen, damit dieses qualitativ wirklich hochwertige Konzept zum Tragen kommt. Der kreative Hu

mus, auf dem wirklich gute Popmusik entsteht, muss vorhanden sein.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Die Städte, die sich jetzt bewerben, müssen wissen, was auf sie zukommt, auch an finanziellen Belastungen. Die Städte bzw. die Betreiber müssen wissen, ob sie die Standards, die da vorgeschlagen werden, halten können und halten müssen. Ein Konzept ist also, wie gesagt, da. Es schwebt aber im Augenblick in der Luft, und es fehlen die Füße, die das Konzept dann wirklich zum Laufen bringen.

Die Arbeitsgruppe schlägt übrigens vor – jetzt sind wir bei der Reverenz an Freiburg –, auf jeden Fall eine Außenstelle bei der Jazz- und Rockschule in Freiburg einzurichten. Die Kollegin von den Grünen

(Zuruf: Sitzmann!)

Sitzmann, ja, danke schön; vielen Dank; ich werde es mir merken – hat schon darauf hingewiesen. Ich möchte das aber noch in die Richtung erweitern, dass im Sinne der Vernetzung im Land an verschiedenen Punkten Außenstellen eingerichtet werden sollten, die jeweils mit einem speziellen Angebot das Gesamtkonzept zum Tragen bringen. Es ist also eine ganze Menge aufzuarbeiten, Herr Minister Palmer, damit es diesem Konzept nicht so ergeht wie dem Ungeheuer von Loch Ness, das irgendwann im Dunkeln verschwindet und nach ein paar Jahren wieder auftaucht. Gehen wir davon aus oder hoffen wir, dass Ihre konkreten Vorschläge – nicht unbedingt heute, aber zumindest in absehbarer Zeit – vorliegen,

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Heute!)

damit dieses Konzept nicht das Alter der Volljährigkeit erreicht.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Kleinmann.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Baden-Württemberg hat in der Tat gute Voraussetzungen, sich im grundlegenden strukturellen Umbruch der Musikwirtschaft erfolgreich zu platzieren. Die Arbeitsgruppe, die im Jahr 2000 gegründet wurde, hat gemeinsam mit einer Vielzahl von externen Sachverständigen Handlungsempfehlungen für eine weitere Professionalisierung der Qualifizierungs-, Beratungs- und Fördermaßnahmen im Bereich Pop erarbeitet. Dies ist – das ist auch schon mehrfach gesagt worden – ein großes Entwicklungsgebiet.

Mit dem Bericht der Expertenarbeitsgruppe wurden der Öffentlichkeit bundesweit bisher einmalige, fachlich außerordentlich fundierte und umfassende Untersuchungen und Empfehlungen vorgelegt. Wichtig sind nicht nur konkret vorgeschlagene Maßnahmen und Projekte, die nachhaltig zur Stärkung unseres Musikstandorts beitragen sollen, sondern hochinteressant ist auch, dass die Arbeitsgruppe ne

ben dem immensen wirtschaftlichen Stellenwert der Musikwirtschaft als einem der bedeutendsten Bereiche unserer Kulturindustrie, den Kollege Vetter vorhin schon betont hat, auch die wichtige kulturelle und gesellschaftliche Bedeutung der Pop- und Popularmusik herausgestellt hat. Dies ist zweifelsohne ein zentrales Feld der Jugendkultur.

Zu erinnern ist auch an die vom Land und dem Südwestrundfunk bereits 1997 gegründete Rockstiftung BadenWürttemberg, die mit ihren Seminarprogrammen und ihrem jährlichen Branchenmeeting inzwischen bundesweit ein hohes Renommee genießt.

Die Arbeitsgruppe hat das faszinierende Modell einer Akademie entwickelt, die in einer Art Berufsakademie für Rock und Pop eine bisher in diesem Feld einmalige Praxis und eine projektorientierte Ausbildung im tertiären Bereich anbietet. Vorbild ist das erfolgreiche Konzept der vorhin schon einmal erwähnten Filmakademie, mit der die neue Akademie auf dem Feld der Visualisierung ebenso wie mit den Musikhochschulen im Bereich der Musik eng kooperieren soll. Das Studium soll ergänzt werden durch Seminarangebote in unterschiedlichen Bereichen des Musikbusiness sowie durch Coaching-Programme mit dem Ziel einer professionellen, an den aktuellen kulturellen Bedürfnissen der Musikbranche ausgerichteten Künstlerentwicklung.

Überdies wird die Popakademie in engem Zusammenwirken mit der Musikwirtschaft sowie mit Radio- und Fernsehsendern zu einem bundesweit einmaligen branchenspezifischen Forschungs- und Entwicklungszentrum für Popkultur und Musikwirtschaft entwickelt werden. Wichtige weitere Aufgabe der Popakademie soll schließlich die Vernetzung landesweiter, regionaler und kommunaler Förderung populärer Musik sein.

Meine Damen und Herren, der Faktor für die Wirtschaft ist nicht zu unterschätzen. Die deutsche Musikwirtschaft ist einer der wirtschaftlich bedeutendsten Bereiche innerhalb der Kulturindustrie und liegt nach den USA, Japan und Großbritannien, was den Weltmarktanteil betrifft, mit einem Anteil von ca. 7 % an vierter Stelle.

Die Frage des Standorts der Akademie ist noch ungeklärt und kann auch heute noch nicht endgültig beantwortet werden, außer dahin gehend: Wenn die Popakademie denn kommt, dann wird der Standort sicherlich in der Rheinschiene sein.

(Zuruf: Freiburg!)

Was nun die Finanzierung betrifft – es geht ja nichts ohne Geld; Herr Kollege Käppeler, Sie gucken gerade sehr aufmerksam –, stellen wir uns vor – es wird ein Aufwand in Höhe von etwa 1,5 Millionen € pro Jahr sein –, diese über eine Stiftung,

(Abg. Drexler SPD: Um Gottes willen!)

so wie wir dies bei der Jugendstiftung Baden-Württemberg ja schon haben, vorzunehmen.

(Abg. Drexler SPD: Landesstiftung! Schon wieder eine Stiftung!)

Ja, lieber Herr Kollege Drexler, ich dachte, Sie seien für die Nullnettoneuverschuldung im Jahr 2006. Haben Sie Ihr Ziel inzwischen aufgegeben?

(Abg. Drexler SPD: Nein, nein! Sie stiften nur Unru- he! Machen Sie es über die Landesstiftung!)

Also Herr Drexler, ich stelle hier ausdrücklich fest, dass Sie keine Ahnung von Stiftungen haben. Da ich im Kuratorium der Jugendstiftung – –

(Abg. Drexler SPD: Haben Sie eine Ahnung, was Sie da machen?)

Ja, ich habe eine Ahnung. Ich sitze in der Jugendstiftung, mein lieber Freund.

(Abg. Drexler SPD: Sie sind der Großstifter! Sie sind der Landesstifter!)

Nein, nein; der Landesstifter bin ich nicht. Ich sitze sogar nicht nur im Kuratorium der Jugendstiftung Baden-Württemberg, ich bin auch noch der Kassenprüfer dieser Jugendstiftung und hatte die freundliche Aufgabe, Herr Drexler, die Anlagen noch umzuschichten, als die Zinsen gefallen sind, und das hat hervorragend geklappt.

(Abg. Drexler SPD: Jetzt macht der auch noch eine Jazzstiftung! Um Gottes willen! Jesses Gott!)

Meine Damen und Herren, wir können uns vorstellen, dass das Ganze über eine Stiftung möglich ist.

(Abg. Drexler SPD: Bürokratie!)

Dazu brauchen wir natürlich auch private Sponsoren. Allerdings wird die Realisierung noch einige Zeit dauern. Der Gedanke an sich, eine solche Popakademie einzurichten, ist faszinierend.

(Abg. Drexler SPD: 1,5 Millionen pro Jahr! Haben Sie einmal ausgerechnet, wie viel Stiftungsgeld Sie da brauchen?)

30 Millionen €, Herr Drexler. Schauen Sie: Ich bin ganz schnell. Ja, ja, selbstverständlich. Ich bin auch Liberaler und Volkswirt.

(Abg. Drexler SPD: Wer macht das?)

Wer das macht? Sammeln muss einer; das ist schon richtig. Es müssen natürlich Spenden eingehen. Aber die Idee an sich ist gut. Es ist eine so breit gefächerte Geschichte, und es gibt so viele Interessenten, die sich darum kümmern, dass ich bester Hoffnung bin, dass wir dies auf diese Art und Weise erreichen.

Die Idee ist gut. Die Finanzierung ist noch nicht ganz geklärt.

Danke schön.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Das Wort erteile ich Herrn Minister Dr. Palmer.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Ich bin für die wohlwollende Diskussion dankbar; denn sie zeigt, dass man ein Konzept vorlegen kann und dass über ein solches Konzept, das ausgereift ist und das Gründlichkeit und Sachverstand verrät, auch eine intensive und qualifizierte Debatte möglich ist. Zunächst einmal herzlichen Dank dafür.