Protocol of the Session on July 17, 2002

(Abg. Schmiedel SPD: Ja, das kann er bestätigen!)

Das kann ich Ihnen nicht bestätigen.

(Lachen bei der SPD Abg. Schmiedel SPD: Das steht doch drin!)

Nein, Sie haben die Zahl der Ganztagshauptschulen zitiert, nicht die Zahl aller Ganztagsschulen. Es gibt derzeit bei uns im Land 120 Ganztagshauptschulen.

(Abg. Christine Rudolf SPD: Nein, Sie sind nicht informiert! Abg. Zeller SPD: Darf ich nochmals eine Frage stellen, Herr Präsident?)

Gestatten Sie, Herr Staatssekretär?

Ich zitiere aus der Stellungnahme zu Abschnitt I des Antrags Drucksache 13/831:

Neben den mit Zustimmung des Landes eingerichteten öffentlichen Ganztagsschulen (122 allgemein bildende Schulen...)...

Das ist unterschrieben:

(Abg. Alfred Haas CDU: Weiterlesen! Weiterle- sen!)

In Vertretung Mäck, Ministerialdirektor. Vielleicht hat er falsche Zahlen genannt. Ich weiß es nicht.

(Zuruf von der SPD: Falsche Rede! Abg. Alfred Haas CDU: Weiterlesen! Er kann nicht lesen! Gegenruf des Abg. Schmiedel SPD: Was heißt „weiterlesen“?)

Ich nenne Ihnen die Zahlen noch einmal, Herr Zeller, zum Mitschreiben: Es sind 347 öffentli

che Ganztagsschulen, 39 davon wurden allein im letzten Schuljahr neu in Betrieb genommen. Für das kommende Schuljahr sind bereits acht neue Ganztagsschulen genehmigt. Acht weitere Anträge liegen vor und sind in der gewohnten zuverlässigen Bearbeitung durch die Schulverwaltung.

(Abg. Schmiedel SPD: Wie viele davon sind Son- derschulen?)

Wir arbeiten die Dinge ab, wie sie uns als vernünftige Konzepte vorgelegt werden.

(Abg. Schmiedel SPD: Wie viele Privatschulen?)

Das ist die Voraussetzung dafür.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP Abg. Schmiedel SPD: Wie viele Sonder- schulen? Das ist doch die Frage!)

Wir machen zur Grundlage einer Genehmigung, dass ein vernünftiges Konzept erarbeitet wird und von den Schulträgern zur Genehmigung eingereicht wird. Es geht hier nicht um Masse, sondern es geht um Qualität. Das zieht sich durch alle Erkenntnisse aus der PISA-Studie hindurch, und das muss natürlich auch für die Ganztagsschulen gelten. Ich habe Ihnen ja gerade die Zahl der nordrhein-westfälischen Gesamtschulen in diesem Zusammenhang genannt.

Ich sage Ihnen, dass über die 347 öffentlichen Ganztagsschulen hinaus etwa 350 weitere Ganztagsangebote im Land existieren, womit deutlich wird, dass auch hier unterschiedliche Konzepte zum Tragen kommen. Die Ministerin hat heute Morgen darauf hingewiesen. Für uns ist ganz wichtig, dass sich solche Schulangebote aus Schulentwicklungsprozessen ergeben.

(Abg. Pfister FDP/DVP: Sehr gut!)

Wenn hier behauptet wird, Schulen dürften das gar nicht tun, dann kann ich nur auf über 300 Schulen verweisen, die bereits heute ihre Erfahrungen mit solchen Schulentwicklungsprozessen in den Landesbildungsserver eingestellt haben. Wer bei uns in den Schulen mit guten Ideen antritt, kann diese realisieren. Alles andere, was hier heute von Ihrer Seite unterstellt wurde, stimmt nicht.

Weiter zu den Ganztagsschulen: Wir haben von Ihrer Seite Anträge vorliegen, aus denen Ihre Meinung deutlich wird, man könne mit dem Vorgehen, einfach Masse zu schaffen, qualitätsmäßig etwas erreichen. Dabei wird auch das Beispiel Finnland unterstellt. Ich will das noch einmal aufgreifen. Der Kollege Seimetz hat mit seiner Aussage völlig Recht gehabt. Ich war selbst in Finnland und konnte mir die Verhältnisse vor Ort anschauen. Ich habe Schulen besucht, in denen es nicht einmal so etwas wie eine verlässliche Grundschule gibt, einen jeden Tag zur gleichen Zeit beginnenden und endenden Unterricht. An einer finnischen Schule kann durchaus um 13, um 14 oder um 15 Uhr Schulschluss sein. Aber das ist für uns nichts Neues; das gibt es bei uns auch. Wir haben noch einmal eine schriftliche Anfrage an das finnische Zentralamt für das Unterrichtswesen gerichtet, ob unser Eindruck richtig sei, dass

(Staatssekretär Rau)

von einer flächendeckenden Versorgung mit Ganztagsschulen nicht die Rede sein könne. Wir haben von dort interessanterweise die schriftliche Antwort bekommen, dass die finnische Unterrichtsministerin Maija Rask jetzt angekündigt hat, dass man in Finnland die Zahl der Ganztagsschulen ausbauen wolle, weil es bisher sehr wenige gebe.

(Beifall des Abg. Kleinmann FDP/DVP Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: So ist es!)

Das ist das eine.

Und das Zweite ich lese es Ihnen wörtlich aus dem Schreiben des finnischen Zentralamts für das Unterrichtswesen vor : „Es gibt in Finnland nur in Ausnahmefällen Ganztagsschulen.“ In der Regel wird das, was dort an Unterricht gehalten wird, etwas anders angeordnet, und es gibt wegen der weiten Schulwege an jeder Schule ein warmes Mittagessen. Allein die Tatsache, dass es dort warme Mittagessen für alle Schüler gibt, hat bei uns zu dem Eindruck geführt, dass das eine Ganztagsschule sei eine natürlich unzulässige und fahrlässige Verkürzung des Ganzen.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Sie begeben sich auf den falschen Weg, wenn Sie meinen, die Debatte über die Qualität des Unterrichts und über notwendige Schulentwicklungsprozesse auf formale und strukturelle Diskussionen reduzieren zu können. Das ist der falsche Weg.

(Beifall des Abg. Kleinmann FDP/DVP)

Professor Baumert hat eindeutig festgestellt, dass die Qualität des Unterrichts entscheidend dafür ist, wie der Erfolg am Ende aussieht. Ich denke, dass die zahlreichen Schulentwicklungsprozesse, die bei uns im Land laufen, ein guter Beleg dafür sind, dass die Schulen ihre Freiräume nutzen, wenn sie es wollen, wenn sie die Kraft von sich aus dafür aufbringen. Aber sie erhalten auch unsere Unterstützung dazu. Wir stellen ihnen Fachberater für solche Prozesse zur Verfügung. Dabei hat jede Schule die Möglichkeit, ihre Zeit neu und anders einzuteilen und zu definieren. Wir haben Schulen als Bildungswerkstatt ausgezeichnet, die genau solche Wege gegangen sind und die heute natürlich ein ganz anderes Zeitraster haben als das, gegen das Sie hier meinen noch ankämpfen zu müssen. Sie kämpfen gegen Windmühlenflügel.

Wir haben Ihren Antrag genau durchgelesen,

(Abg. Christine Rudolf SPD: Das merkt man!)

sowohl den ausführlichen als auch den jetzt nachgereichten etwas kürzeren. Ich will Ihnen noch ein paar Kommentare dazu geben.

Das Erste ist Ihre Forderung, jährlich 100 Ganztagsschulen und mindestens zwei in jedem Stadt- und Landkreis einzurichten. Noch einmal: Das ist die Ideologie „Masse statt Klasse“. Es geht um ein bildungsplanerisches Konzept, und es geht um ein Entwicklungskonzept jeder einzelnen Schule.

Dann wollen Sie jährlich 300 zusätzliche Stellen schaffen. Da kann ich nur sagen: Sie haben allen Grund dazu, hier nachzulegen, denn Sie haben vor der letzten Landtagswahl gesagt, 5 000 zusätzliche Stellen würden reichen. Wir haben 5 500 Stellen beschlossen. Wir haben den Weg längst beschritten, den Sie jetzt mit diesem Antrag einschlagen wollen. Insofern hat sich Ihre Forderung schon überholt.

(Lebhafter Beifall bei der CDU)

Dann haben Sie gesagt, wir sollten hier beschließen, die Ganztagsschulen sollten kostenfrei sein. Öffentliche Schulen in Baden-Württemberg sind kostenfrei. Ein solcher Antrag ist eine unzulässige Unterstellung gegenüber der Landesregierung und dem Landesparlament insgesamt.

(Zuruf der Abg. Christine Rudolf SPD)

Sie spielen hier meines Erachtens mit Emotionen. Aber wenn Sie so etwas nicht sachlich unterlegen können, ist das ziemlich fahrlässig, was Sie hier tun.

Und schließlich will ich auf Ihre Forderung eingehen, dass wir uns dem Angebot der Bundesregierung öffnen sollten. Ich kann Ihnen nur sagen: Das, was man uns durch die Steuergesetzgebung weggenommen hat, kann man uns ohne Auflagen ruhig zurückgeben; wir haben Verwendung dafür. Aber wir haben keine Verwendung für die Art und Weise, wie die Bundesregierung hier vorgeht. Wir arbeiten kontinuierlich an der Entwicklung unserer Schulen. Aber was hier gemacht wird, ist ein reiner Wahlkampfgag. Die Bundesregierung hat angekündigt, sie wolle Ganztagsschulen mit finanzieller Unterstützung einrichten lassen.

(Zuruf von der SPD: Handeln statt schwafeln!)

Wissen Sie, wann man sich frühestens zu diesem Angebot inhaltlich äußern kann? Am 19. November, weil die Bundesregierung die Kriterien erst am 18. November in der Bund-Länder-Kommission bekannt geben wird. Bis dahin wird nur mit 4 Milliarden € gespielt, und in Wirklichkeit das werden Sie sehen wird auch dieses Angebot hinterher wieder zurückgezogen. Das ist ein ganz unmögliches Vorgehen vonseiten der Bundesregierung, das von uns auf keinen Fall als seriöse Geschäftsgrundlage akzeptiert werden kann.

Wir haben Verwendung für das Geld bei der Weiterentwicklung unserer Schulen. Aber wir lassen uns doch von dieser Bundesregierung nicht sagen, wie wir Bildungspolitik zu machen haben. Die Leute, die dort sitzen, haben zum Teil in Ländern Verantwortung getragen, die deutlich weniger Erfolg haben als wir. Wir entwickeln unser Schulsystem sinnvoll weiter und nehmen dafür jede Unterstützung dankbar in Anspruch, vor allem auch die Unterstützung des eigenen Parlaments.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Das Wort erteile ich Frau Abg. Rudolf.

Herr Präsident, meine Damen, meine Herren! Wir haben jetzt das gleiche Spiel wie bei der letzten Debatte über die Ganztagsschulen in BadenWürttemberg:

(Zuruf des Abg. Alfred Haas CDU)