Meine Damen und Herren, wichtig ist, einfach festzuhalten: Seit Gründung der Technologieregion Karlsruhe haben wir einen Anstieg der Zahl der Unternehmen von 28 496 auf 49 281. Ich sage dies mit dem gebührenden Stolz und der gebührenden Bescheidenheit, und trotzdem kann ich nur sagen: Es ist recht so, dass diese Region deswegen als eine der besten Gründerregionen von der EU den Award of Excellence bekommen hat.
Damit sind wir in dieser Region auf einer Augenhöhe mit Lyon, mit Mailand, mit Barcelona, auch mit Stuttgart. Das darf mit gebührendem Selbstbewusstsein gesagt werden.
Meine Damen und Herren, wenn es stimmt, was vor wenigen Tagen die Londoner Barclays Bank veröffentlichte, dass die deutschen Städte die größten Wohlstandsproduzenten pro Kopf der Bevölkerung in Europa sind, und wenn es stimmt, dass Karlsruhe nach Frankfurt mit 70 465 pro Kopf und Jahr auf Platz 2 liegt vor Paris, München, Düsseldorf, Stuttgart , und wenn es stimmt, dass Mannheim auf Platz 11 liegt, dann kann man sogar in Baden-Württemberg stolz sein und vom Klagen Abstand nehmen.
Barclays fügt im Übrigen noch etwas hinzu, was wir uns auch hinter die Ohren schreiben sollten: Barclays sagt, dass Deutschland im Gegensatz zu Frankreich und Großbritannien davon profitiert, dass der Wohlstand breit gestreut und nicht in einer Zentrale konzentriert ist.
Die dezentrale Organisation Baden-Württembergs ist also ein hervorragendes Modell. Wir sind also auch im globalen Maßstab eine Spitzenregion mit überdurchschnittlichem Wachstum, die Selbstbewusstsein haben darf und weitere Förderung verdient. Wir brauchen uns vor niemandem zu fürchten und brauchen auch nicht die Erbsenzählerei einzugehen,
sondern wir brauchen Ideen, Projekte, Kooperationen. Nicht die Standorte von Behörden schaffen Wohlstand,
Meine Damen und Herren, ich sage immer und bekenne mich auch dazu: Wenn ich Verwaltungsreform angehe, dann will ich ein Unternehmen daraus machen und keine rückwärts gewandte Bürokratie.
Ein gut geführtes Unternehmen, meine Damen und Herren, jammert nicht vor sich hin, sondern arbeitet, geht Wettbewerb ein und versucht, zu gewinnen. Im Übrigen: Wenn in Karlsruhe manchmal geklagt wird von Organisationen, die mehr die Vergangenheit sehen und in Stuttgart über Benachteiligungen geklagt wird, wenn also die Landesregierung oftmals von beiden angegriffen wird, dann muss die Landespolitik ganz gut sein.
Meine Damen und Herren, man muss aber auch sehen, dass die Empfindsamkeiten, die in diesen Diskussionen immer wieder aufbrechen, natürlich Ursachen haben, und die Ursachen liegen natürlich auch in diesem Landesteil in einer Mentalität und in einem Nachdenken darüber, dass Baden in den letzten 150 Jahren ein Verlierer war. Wir waren diejenigen, die durch einen überzogenen Nationalismus, durch die Kriege, durch die Aufmarschgebiete benachteiligt wurden. Wir sind in den Rückstand geraten.
Früher war diese Achse einmal die Achse der Industrialisierung, der frühen Industrialisierung. Hier sind über den Rhein die Schiffe aus England mit den modernsten Maschinen gelandet. Hier waren übrigens auch Daimler, Benz, Drais und Hertz und alle diese wichtigen Menschen in der Technik ganz vorn. Daimler hat im Übrigen in der Karlsruher Maschinenfabrik gelernt, wie man Motoren baut.
Meine Damen und Herren, man muss dies alles sehen. Trotzdem sage ich aber noch einmal: Man darf nicht in die Erbsenzählerei verfallen, sondern man muss mit kritischem badischen Blick sehen, was geschehen ist. Ich kann nur sagen: Ich stelle fest, dass in den Neunzigerjahren hier im Bereich Karlsruhe in den Relationen genauso viel und genauso kräftig gebaut wurde wie im Stuttgarter Bereich, dass wir im Hochschulbereich überproportionale Unterstützung vom Land erhalten, dass wir in vielen Bereichen, beispielsweise im Kunst- und Kulturbereich, kräftige Summen erhalten und dass dies durchaus auch einmal so gesagt werden muss.
Deswegen gilt für mich, jetzt auf die Herausforderungen einer modernen Region zu sehen, und die Herausforderungen, meine Damen und Herren, liegen ganz woanders als in Verwaltungsreformen und dem Aufbau von Bürokratien.
Die Herausforderungen liegen darin: Es geht in der Zukunft noch mehr um den Wettbewerb der Regionen, um schnelle Entscheidungen, um Abbau von überflüssigen Regelungen, um Entbürokratisierung. Dazu brauchen wir diese Zusammenarbeit: interdisziplinär, flexibel, Netzwerke und Cluster.
Die Organisation einer modernen Region muss nicht groß, aber schnell sein, nicht kopflastig, sondern dezentral und bürgernah, nicht verwaltend, sondern problemlösend, und nicht einheitlich, sondern vielfältig.
Meine Damen und Herren, schauen wir uns einmal die Statistiken an, wo in unserem Land Wachstum ist und wo etwas geschieht. Die Wachstumsregionen sind die Regionen, in denen Bildung, Wissenschaft und Forschung sitzen und mit der Kommunal- und Landespolitik kooperieren, und nicht dort, wo die meisten Beamten und Behörden sitzen.
Erfolg ist dort, wo sich das Wirtschaftskapital der Betriebe mit dem Geistkapital von Wissenschaft und Forschung sowie dem Bürgerpotenzial der Selbstverwaltung verbindet. Das ist das Erfolgsrezept.
Deswegen geht es um den Wettbewerb der besten Ideen, die gut vorbereitet durch eine kooperativ arbeitende Kommunalpolitik in die Landespolitik eingeführt werden. Wer einig ist, sich klare Ziele setzt und mit Konzeptionen für regionale Grundentscheidungen aufwartet, wird auch in Stuttgart gehört. Mein Bild ist deswegen ein junges, frisches Unternehmen, in dem Jahresziele für Grundsatzaufgaben der Regionen vereinbart werden, das für schnelle und effektive Entscheidungen der Verwaltungen und für entsprechende Entscheidungen in vorhandenen demokratisch legitimierten Gremien sorgt, ein Unternehmen, das einen ständigen Dialog von Wirtschaft, Wissenschaft und Verwaltung organisiert mit Marketing, Imagekampagnen, Medienarbeit und Pflege von Auslandsbeziehungen.
Was sind unsere konkreten Ziele? Unsere größte Stärke ist die Bildungs- und Forschungsinfrastruktur. Diese muss daran gemessen werden, wie viele Wissenschaftler Firmen und Arbeitsplätze gründen. Das ist das Thema dieser Region. Meine Betriebe sind Ausgründungen, Spin-offs aus den Universitäten und Fachhochschulen. Meine Leute in den Betrieben draußen sind diejenigen, die Verbindungen mit der Wissenschaft aufrecht erhalten.
Dieses Thema ist wichtig, und daher brauchen wir eine Verbindung von Kompetenzzentrum für Existenzgründer mit Risikokapital, mit Ideenbörsen, mit den Forschenden; die Existenzgründer brauchen professionelle Beratung.
Die Technologieregion muss sich als Denkfabrik, als Ideenproduzent, als Kommunikationsebene verstehen und nicht als Oberverwaltungseinheit.
Das Thema bei uns heißt zum Beispiel KEIM Karlsruher Existenzgründungs-Impuls mit 130 Existenzgrün
dungen. Das ist das Erfolgsthema und nicht die Zahl der Subventionen: 130 Existenzgründungen. Oder das Kompetenzzentrum für Finanzierung und Beratung. Das sind gute Beispiele für das, was gebraucht wird. Neun weitere Gründungszentren und 14 Gewerbeparks helfen in der Technologieregion den Existenzgründern.
Dazu gehört die optimierte Organisation des Technologietransfers aus Wissenschaft und Forschung besonders zum Mittelstand, meine Damen und Herren. Um die Großbetriebe, die Großindustrie kümmert sich der Kanzler genug; wir kümmern uns um den Mittelstand.
Ich höre da viel Gutes, meine Damen und Herren, ich höre aber auch viele Klagen. Deutschland hat hier noch erhebliche Probleme. Wir haben einmal in einer Untersuchung festgestellt, dass Deutschland in der Welt Nummer 3 ist bei den Aufwendungen für Forschung und Entwicklung, aber bei der Umsetzung dieser Erfindungen stehen wir auf Platz 28. Meine Damen und Herren, Deutschland steht auf Platz 3 bei den Aufwendungen, aber auf Platz 28 bei der Umsetzung! Daher brauchen wir das Forum Zukunft als Technologietransferagentur für kleine und mittlere Unternehmen, brauchen wir die Sensibilisierung für die Verwertung von Innovationen durch Fortbildung und durch Anreize, zum Beispiel auch durch Gewinnbeteiligungsanreize.
Drittens, meine Damen und Herren, wollen wir die Chance voll ergreifen, alte Grenzen durchlässiger zu machen, die Grenzen zum Nachbarland und zum Elsass. Die PAMINA, unsere Organisation hier, sollte eigentlich nicht nur das INTERREG verwalten und sollte nicht nur den Karlsruher Vertrag mit Leben erfüllen, sondern sollte meines Erachtens auch die Vision einer grenzüberschreitenden Region im Auge behalten.
Erstens: Es soll mit dem Aufbau weiterer Kompetenzzentren begonnen werden, über die für wichtige Zukunftstechnologien und Schlüsselbranchen der Region die Bildungs-, Wissenschafts- und Forschungseinrichtungen netzwerkartig verbunden werden mit dem Ziel umfassender Kooperation.
Zweitens: Wir wollen in der Region ein Standort für ein Science-Center werden, ähnlich wie Freiburg oder der Rhein-Neckar-Raum. Dort soll sowohl für Unternehmen als auch für breite Schichten der Bevölkerung die Innovation zum Hauptthema gemacht werden.
Ich erinnere mich, dass wir uns in meiner Jugendzeit in meiner Heimatstadt Mannheim ein Schulprofil ausgewählt haben, das naturwissenschaftlich konzipiert war. Wir sollten in einer naturwissenschaftlich organisierten Stadt bewusst stark gemacht werden in Physik und Chemie. Das hat mir sehr gefallen, bis auf den heutigen Tag: ScienceCenter.
Bei der Bewerbung um die Kulturhauptstadt Europas erfahren wir und brauchen wir die weitere Unterstützung des Landes. Die Bundesgartenschau 2015 soll hier eingerichtet werden.
Über die Förderung der neuen Messe, meine Damen und Herren, gibt es eine breite Diskussion. Ich will in diese Diskussion jetzt insoweit einmal eine persönliche Bemerkung einschalten: Sie alle wissen, dass unsere Messe in Karlsruhe im Bau ist. Sie alle wissen, dass ich kritische Bemerkungen zum neuesten Nachschlag für die Stuttgarter Messe gemacht habe und dass ich damit nicht einverstanden war. Sie alle wissen auch, dass wir in der Zwischenzeit über 25-%-Forderungen diskutieren. Meine Bitte ist, nicht nur über 25 % nachzudenken, sondern darüber, die Binnenstruktur der Messe mit Nahverkehr und mit Straßenanbindungen aus Mitteln des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes zu fördern.
Ich bitte, dies als Kompromissmodell zu bedenken: nicht über absolute Forderungen zu reden, sondern über dieses Modell der Binnenfinanzierung der Infrastruktur dieser neuen Messe. Dann kann dieses Thema aus dem Streit genommen werden, meine Damen und Herren.