Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Vorschläge des Herrn Abg. Birzele zum Modus der Wahl des Rektors oder der Rektorin bzw. zu Stellvertreterregelungen in den Hochschulgremien betreffen einen Teil der Organisationsstruktur der Hochschulen und sollten im Kontext mit den Organisationsstrukturen diskutiert werden.
Wie wollen Mitte dieser Legislaturperiode keine Nachbesserung der Hochschulgesetze vornehmen, sondern wir wollen eine vierte Stufe der Hochschulreform durchführen. Es gibt nichts nachzubessern, es gilt, etwas weiterzuentwickeln. Nachzubessern ist deshalb nichts, weil die Gesetze gut sind. Aber wir müssen die nächsten Schritte gehen. Wir sollten die Frage, wie der Rektor oder die Rektorin gewählt wird und das ist ein ganz wichtiger Bestandteil der Organisation, keine Nebensächlichkeit der Organisationsreform , im Kontext mit dem Überdenken der Rolle von Rektoraten oder Präsidien und Hochschulräten sehen.
Wir sollten es nicht so machen, wie es die Bundesregierung mit der fünften und sechsten HRG-Novelle gemacht hat. Sie geriet nämlich als die Tinte unter der fünften HRG-Novelle kaum trocken war in die Lage, eine sechste Novelle nachschieben zu müssen, um die Fehler der fünften etwa bei den Befristungsregelungen zu korrigieren. Bei dem Vorgehen der Bundesregierung in Sachen HRG sieht man, was dabei herauskommt, wenn man die Dinge nicht im Kontext sieht, sondern wenn man nacheinander versucht, unabgestimmt Hochschulpolitik zu machen. Deshalb wäre der richtige Zeitpunkt, um die Vorschläge des Herrn Kollegen Birzele aufzugreifen, Mitte dieser Legislaturperiode, wenn wir die nächste Stufe der Hochschulreform in Angriff nehmen.
Ich möchte aber noch zwei Anmerkungen zur Sache machen. Zunächst einmal zur Wahl des Rektors oder der Rektorin: Wir haben ein Verfahren der gebundenen Wahl, das seit 1977 besteht; es ist in den Hochschulgesetzen der vergangenen Jahre also nicht neu.
Zweitens: Neu ist, dass es einen Wahlvorschlag eine Dreierliste eines gemischten Gremiums aus Mitgliedern
des Senats und des Hochschulrats gibt. Das heißt, die Wahrscheinlichkeit, dass es einen umstrittenen Wahlvorschlag gibt, eine Dreierliste, die umstritten ist, ist äußerst gering. Das jetzige Wahlverfahren beinhaltet zudem die Möglichkeit, den gesamten Vorschlag durch den Senat zurückzuverweisen und abzulehnen. Der Vorschlag des Herrn Kollegen Birzele beinhaltet diese Möglichkeit, den gesamten Wahlvorschlag zurückzuverweisen, nicht. Wir denken, dass man bei dieser Möglichkeit bleiben sollte; denn es muss dem Senat möglich sein, den Vorschlag des Ausschusses auch insgesamt zurückzuverweisen.
Zum zweiten Punkt, nämlich der Stellvertreterregelung: Es gibt zwei Kontinuitätsargumente. Das eine ist, dass die Gruppen jeweils vertreten sein sollten. Das für mich nach über zehnjähriger Erfahrung in Senaten von Universitäten stärkere Argument ist, dass die Kontinuität der Personen gewahrt werden sollte. Es ist sehr wichtig, dass Personen nicht durch Stellvertreter ersetzt werden.
Um es einmal vorsichtig zu sagen: Die Kenntnis der Vorgänge, über die entschieden wird, ist bei den einzelnen Mitgliedern des Senats nicht immer die allergrößte. Stellvertreterregelungen könnten dazu führen, dass die Ämter sozusagen weitergegeben werden und die Kontinuität des Wissens bei den Personen, die entscheiden müssen, unterbrochen wird. Dies wird die Entscheidungen in den Senaten nicht verbessern.
Ich denke, wir sollten die Vorschläge, die durchaus diskussionswürdig sind, in dem Kontext, in den sie gehören, beraten, nämlich nicht in dem Kontext Selbstauswahl, sondern in dem Kontext Organisationsreform. Es besteht keine Eilbedürftigkeit, denn gerade wegen der gebundenen Wahl und wegen der Bindung der Wahl an die Wahlvorschläge Dreiervorschlag von Hochschulrat und Senat selber ist die Wahrscheinlichkeit, dass Wahlen nicht so zustande kommen, wie sie demokratisch zustande kommen sollten, äußerst gering.
Was die Stellvertreterregelung betrifft, gibt es auch keine Eilbedürftigkeit. Insofern, denke ich, gehört dies zusammen mit der nächsten Stufe der Hochschulreform, und ich bitte, entsprechend zu entscheiden.
Herr Birzele, wir sollten die Gräben nicht tiefer machen, als sie sind. Sie sind doch im Prinzip gar nicht vorhanden.
Ich hatte Ihnen in der ersten Lesung im ersten Satz meiner Rede eingeräumt, dass Ihre Argumentation und Ihre Vorschläge wörtlich so abwegig gar nicht sind. Es bedeutet für mich schon sehr viel, Ihnen das zuzubilligen.
Es geht doch nur um den Zeitpunkt, zu dem wir diese Gesetzesänderung vornehmen. Insofern treffen mich Ihre Vorhaltungen nicht. Ich kann mich nahtlos an das anschließen, was der Minister hier gesagt hat.
Jetzt will ich aber doch noch, weil Sie sehr scharfsinnig zu argumentieren pflegen ich kenne Sie ja auch als Gegenspieler in Untersuchungsausschüssen , sagen: Herr Birzele, wenn Sie schon die Kommunalverfassung anführen, dann splitten Sie bitte nicht auf. Beim Wahlmodus ziehen Sie die Kommunalverfassung heran. Wenn ich Sie dann aber beim zweiten Punkt Ihres Gesetzentwurfs auf die Kommunalverfassung verweise, dann sagen Sie plötzlich, das sei abwegig. Da muss ich Ihnen widersprechen.
Ihr Beispiel mit der Ausschussarbeit im Landtag ist im Prinzip falsch. Stellvertretung im Landtag, bei der ein Kollege einen anderen im Ausschuss vertritt, erfolgt auf der Basis, dass beide in den Landtag gewählt sind. Stellvertretung aber von jemandem, der zwar auf der Liste hinter dem Gewählten steht, aber nicht gewählt ist, ist etwas ganz anderes. Das bitte ich zur Kenntnis zu nehmen.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Nachdem Kollege Klunzinger deutlich gemacht hat, dass er mir das zweithöchste Lob zuerkannt hat, zu dem er überhaupt fähig ist,
habe ich mich doch noch herausgefordert gefühlt, Sie, Herr Kollege Klunzinger, auf Folgendes hinzuweisen: Hinsichtlich der im Gesetzentwurf vorgeschlagenen Stellvertretungsregelung ist Ihre Argumentation falsch, dass die Stellvertreter nicht gewählt seien. Das gälte für die gegenwärtige Gesetzeslage. In dem Gesetzentwurf können Sie jedoch lesen:
Die Sätze 3 und 4 gelten für die Feststellung der Reihenfolge der Stellvertreter entsprechend. Sie werden nach dieser Reihenfolge zur Stellvertretung herangezogen.
Das heißt, diejenigen, die nach den gewählten Mitgliedern rangieren, sind entsprechend ihren Stimmenzahlen zu Stellvertretern gewählt.
Meine Damen und Herren, es liegen keine Wortmeldungen mehr vor. Wir kommen in der Zweiten Beratung zur A b s t i m m u n g über den Gesetzentwurf.
Der Ausschuss für Wissenschaft, Forschung und Kunst empfiehlt Ihnen auf Drucksache 13/950, den Gesetzentwurf abzulehnen. Ich bitte, damit einverstanden zu sein, dass ich den Gesetzentwurf im Ganzen zur Abstimmung stelle.
Wer dem Gesetzentwurf Drucksache 13/644 zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. Gegenprobe! Enthaltungen? Der Gesetzentwurf ist mehrheitlich abgelehnt.
Antrag der Fraktion der SPD und Stellungnahme des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst Autonomie statt Staatsdirigismus auch bei der Einführung der Bachelor- und Master-Studiengänge Drucksache 13/144
Meine Damen und Herren, darf ich Sie bitten, sich mit Blick auf die Uhr möglichst kurz zu fassen, damit wir diesen Tagesordnungspunkt noch ordnungsgemäß erledigen können.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist sicher unbestritten, dass in Zeiten fallender Grenzen, in Zeiten internationaler Wirtschaftsverflechtungen und internationaler Wissenschaftsverflechtungen Hochschulabschlüsse so gestaltet sein müssen, dass sie international kompatibel sind, dass sie international anerkannt werden und dass sie für ausländische Studierende attraktiv sind.
Deshalb gab es viele Jahre die Rufe aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik, die bisher bestehenden Hochschulabschlüsse zu reformieren, sodass sie diesen Anforderungen gerecht werden können. Die alte Bundesregierung hat 1998 in ihrem Hochschulrahmengesetz die Möglichkeiten dafür eröffnet, dass Bachelor- und Master-Studiengänge eingerichtet werden können.
Die Hochschulen saßen in den Startlöchern. Die Hochschulregion Karlsruhe ist die richtige Region für uns, diese Debatte zu führen. Denn die Universität Karlsruhe war die erste, die ihre geistes- und sozialwissenschaftlichen Studiengänge in Bachelor- und Master-Studiengänge umgewandelt hat, und zwar bereits im Wintersemester 1999/2000.
Aber es kommt nicht von ungefähr, dass die Hochschulen hier in Karlsruhe, aber auch andere Hochschulen in unserem Land bei der Parallelität von Abschlüssen geblieben sind, dass es nach wie vor Diplom- und Magister-Abschlüsse gibt und dass Bachelor- und Master-Abschlüsse teilweise parallel und nur bei neuen Studiengängen eingeführt wurden. Die Euphorie, mit der zunächst Bachelor und Master auf den Weg gebracht werden sollten, ist inzwischen einem vorsichtigen Realitätssinn gewichen. Denn die Frage nach der Qualität und der Tiefe der wissenschaftlichen Ausbildung in nur drei Jahren tritt auf. Es treten die Fragen auf: Werden wir den jungen Leuten denn gerecht? Werden sie von der Wirtschaft tatsächlich auch so abgenommen, wie es ursprünglich versprochen, angekündigt und gefordert wurde? Kommen die Absolventen tatsächlich in Berufen unter, mit denen sie dann auch Geld verdienen und eine Familie ernähren können, oder sind es nur Zwischenstationen?
Nicht umsonst haben wir seit etwa einem halben Jahr eine schwierige Diskussion bei der Thematik Einstufung im öffentlichen Dienst. Da besteht vor allem die Problematik, dass die unterschiedliche Einstufung von Master-Abschlüssen an Fachhochschulen und Universitäten unter Umständen dazu geführt hätte, dass die Fachhochschulen aufs Abstellgleis geraten wären und wir damit den Fachhochschulen und dem Ausbau der Fachhochschulen einen Bärendienst erwiesen hätten.
Nun haben wir seit gestern offensichtlich den Kompromiss des Kompromisses. Das Bundesinnenministerium und die Länderinnenminister haben sich offensichtlich in einem ersten Schritt nach vielen Verhandlungen darauf geeinigt, dass durch die Akkreditierung von Master-Studiengängen an Universitäten und Fachhochschulen die Eignung auch der Abschlüsse von Fachhochschulen für den Zugang zum höheren Dienst geregelt werden kann, wenn die Berufsvertreter dieser Regelung zustimmen und die Qualität der Abschlüsse auch für den höheren Dienst akzeptieren. Wie zu hören war, haben sich Baden-Württemberg und Brandenburg der Stimme enthalten, und Bayern war dagegen, weil der bayerische Innenminister wohl eher zugunsten der Universitäten entschieden hätte. Ich bitte Sie, Herr Wissenschaftsminister Frankenberg, vielleicht noch Ihren Einfluss über Herrn Innenminister Schäuble geltend zu machen, damit dieser Kompromiss, an dem man lange genug gearbeitet hat, zur Realität werden kann und die Absolventen, die jetzt in den Hochschulen, in der Landesforstverwaltung und in anderen Bereichen Stellen bekommen könnten, auch sicher sein können, dass sie dort unterkommen.