Protocol of the Session on April 18, 2002

Ich möchte noch kurz auf ein anderes Thema zu sprechen kommen. Sie haben vorhin gesagt, Herr Witzel, das würde „zu gegebener Zeit“ geschehen. Wenn ich dem Bürger sage, ich würde ihm „zu gegebener Zeit“ antworten, dann ist er sicher mit mir böse.

(Abg. Dr. Witzel GRÜNE: Ich werde heute noch etwas sagen! Passen Sie auf!)

Deshalb muss ich auch sagen, dass ich nicht sehr glücklich bin, wenn Sie erklären, zu gegebener Zeit werde die große Wasserkraft ausgebaut. Die Modernisierung und der Ausbau der großen Wasserkraft der beiden Wasserkraftwerke am Rhein würde wesentlich mehr an Nutzung erneuerbarer Energien bringen als das gesamte 100 000-Dächer-Programm des Bundes.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Deshalb sollte man diesen Ausbau wirklich angehen.

Man hat sich eine Zeit lang hinter der EU versteckt und gesagt, die würde da nicht mitmachen. Das ist falsch. In der Beantwortung ist zu lesen, die EU würde es sogar gerne sehen, wenn die große und kleine Wasserkraft nicht unterschiedlich behandelt würden. Hier muss also der Bund tätig werden, und ich möchte uns selber auffordern, in diesem Punkt so bald wie möglich eine Bundesratsinitiative in die Wege zu leiten.

(Abg. Dr. Birk CDU: Gut!)

Noch ein Wort zum Thema Windkraft. Die Auseinandersetzung zwischen Windkraft und Landschaftsschutz, die uns auch immer wieder in den Schlagzeilen und Diskussionen begegnet, ist eigentlich eine stinknormale Angelegenheit.

(Abg. Scheuermann CDU: So ist es!)

Ich kann Ihnen sagen: In mehreren Jahrzehnten meiner kommunalen Tätigkeit habe ich mich mit dem Landschaftsschutz auseinander setzen müssen, wenn eine Straße gebaut, ein Baugebiet ausgewiesen oder eine Geschirrhütte oder auch nur ein Zaun errichtet wurde.

(Abg. Döpper CDU: Maschendrahtzaun!)

Ganz ausnahmsweise gibt es beim Landschaftsschutz manchmal überzogene oder spitzfindige Argumentationen. Wer hat die nicht schon selbst erlebt? Man hat sich dann zusammengerauft, weil der Belang des Landschaftsschutzes immer wichtig ist. Das Besondere an der jetzigen Auseinandersetzung ist nur, dass ökologisch-missionarischer Eifer der Windkraftfreunde und -befürworter manchmal auf missionarisch-ökologischen Eifer von Landschaftsschützern trifft, beide aus der gleichen Familie stammend. Immer, wenn es Streit in an sich befreundeten Familien

gibt, sollte man sich tunlichst in Deckung bringen, weil es da hoch hergeht.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Wir können das aber nicht, sondern wir als Landesgesetzgeber müssen entscheiden. Und wir entscheiden uns, meine Damen und Herren! Wir entscheiden uns insofern und das ist durchgängig, das haben wir auf den Weg gebracht , als wir den Windkraftbefürwortern, und dazu zählen wir uns auch, die Sicherheit geben und ihnen sagen, an welchen günstigen Standorten sie planen können. Im Übrigen gewähren wir dem Landschaftsschutz, was wir in diesem Land über Jahrzehnte hinweg und Sie von der Opposition an erster Stelle immer gefordert haben.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Lassen Sie mich sagen, wie wir das machen sollten: Natürlich sollte man das nicht von Ort zu Ort machen. Ich komme von der kommunalen Seite. Der regionale Ansatz, der auch vom Raumordnungsgesetz her kommt, ist richtig. Deshalb begrüßen wir auch, dass das in das Landesplanungsgesetz aufgenommen werden soll. Die Frage ist, wie das geschehen soll. Da besteht noch etwas Klärungsbedarf. Wie ich weiß, sollen das Justizministerium und das Innenministerium noch zwei Punkte klären. Dazu möchte ich einfach noch einmal ausholen, weil das ein wichtiger Punkt ist, der etwas untergegangen ist, insbesondere wenn ich an die derzeitigen Planungsstände in den Regionen denke.

Das Raumordnungsgesetz ermöglicht drei Kategorien: einen Vorrang, eine Verwirklichung dort, wo das geeignet ist, und einen Ausschluss. Das, was das Land plant, sind zwei Kategorien: Vorrang und Ausschluss. Wir sagen dazu „Schwarz-Weiß-Regelung“. Ich stelle das jetzt allerdings auch etwas schnittmusterartig dar; die Sache ist ja wesentlich komplizierter. Jetzt muss, nachdem es bestritten worden ist, geprüft werden, ob der Kabinettsbeschluss rechtssicher ist und dem Raumordnungsgesetz entspricht. Ich bin Jurist und würde der Richtung nach sagen, dass er ihm entspricht, denn das Raumordnungsgesetz des Bundes gibt keine detaillierte Vorschrift für sämtliche Bundesländer, die unterschiedlichste Ausgangspositionen haben,

(Abg. Fleischer CDU: So ist es!)

sondern die Regelung wird mit Sicherheit davon gehe ich aus auszufüllen sein.

Zweitens: Wenn man eine Schwarz-Weiß-Regelung macht und sagt: „Hier sind Vorranggebiete, alles andere sind Ausschlussgebiete“, wird man prüfen müssen und nicht umhinkönnen, auch vom Landesgesetzgeber aus gewisse richtungweisende inhaltliche Vorgaben zu machen, was Vorrang- und was Ausschlussgebiet ist, denn das könnte, je nach Gusto, in die eine wie in die andere Richtung gedreht werden, und die Menschen sind ja nicht alle gleich. Das muss hinein. Wenn das aber hineinkommt, dann darf das nur so weit geschehen, dass die Planungskompetenz und die Planungszuständigkeit der Kommunen nicht beeinträchtigt werden.

(Abg. Dr. Reinhart CDU: Was machen wir mit den Einzelanlagen? Das ist doch eine Fragmentdiskus- sion!)

Das wird eine Hausaufgabe sein, die man noch machen muss. Ich hoffe, sie wird so gemacht, dass die Windkraft, die wir nicht torpedieren wollen, sondern die wir dort haben wollen, wo es dafür gute Standorte gibt, zum Zuge kommt und dem Landschaftsschutz Rechnung getragen wird.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der Grünen)

Das Wort erteile ich Herrn Staatssekretär Dr. Mehrländer.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Energieversorgung muss störungsfrei und sicher, preiswert und umweltverträglich sein. Ich glaube, darin sind wir uns alle einig. Ich hoffe, dass wir uns auch darin einig sind, dass der Schlüssel zur Lösung dieser Aufgabe, nämlich die drei genannten Ziele gleichwertig zu akzeptieren und zu verfolgen, in einem ausgewogenen Energiemix liegt. Die große Frage ist natürlich, wie dieser Energiemix auszusehen hat.

Sehen wir uns dazu einmal den gegenwärtigen Energiemix an. Der Primärenergiebedarf des Landes wird heute zu 27 % durch Kernkraft, zu 16 % durch Erdgas, zu 12 % durch Steinkohle und das ist insbesondere das heutige Thema zu 2,6 % durch den Einsatz erneuerbarer Energien gedeckt.

Bei der zukünftigen Gestaltung des Energiemixes und darum geht es ja auch bei dieser Debatte sind erstens die Vereinbarung zwischen der Bundesregierung und den EVUs über den Ausstieg aus der Kernenergie zu beachten, zweitens die Verpflichtung der Bundesrepublik Deutschland im Kioto-Protokoll, die Emissionen von Treibhausgasen zu verringern auch das hat mit regenerativen Energien und ihrem Einsatz zu tun , und drittens ist sicherzustellen, dass die exzellente Energietechnologie baden-württembergischer Unternehmen dem Klimaschutz, aber zugleich auch der Schaffung und Sicherung von Arbeitsplätzen hier bei uns im Lande zugute kommt; denn auch in diesen Technologien zur Nutzung regenerativer Energien liegen Chancen zur Sicherung und zur Schaffung von Arbeitsplätzen.

Vor diesem Hintergrund, meine Damen und Herren, hat die Landesregierung mit Kabinettsbeschluss vom 20. September 1999 festgelegt, die Anteile der erneuerbaren Energien sowohl an der Stromerzeugung als auch an der Primärenergiebereitstellung bis zum Jahr 2010 gegenüber dem Jahr 1997 zu verdoppeln. Dieses Verdoppelungsziel wurde auch in das Klimaschutzprogramm und in den Umweltplan des Landes vollinhaltlich übernommen, und auch in der Koalitionsvereinbarung für die laufende Legislaturperiode sind diese Ziele festgeschrieben. Das heißt, meine Damen und Herren: Die Landesregierung steht zu diesem Ziel.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Aber wir wissen natürlich auch, dass das ein sehr ehrgeiziges Ziel ist und dass dafür noch viel harte Arbeit notwendig ist.

Nun ist es aber nicht so, dass hinsichtlich der Förderung von regenerativen Energien bei uns im Land in der Vergangenheit nichts geschehen wäre; Herr Abg. Hofer hat darauf schon hingewiesen, Frau Abg. Dr. Brenner auch. Wir haben bewusst den Schwerpunkt auf die Forschungsförderung gelegt. Hauptziel war und ist es, durch gezielte Förderung der Forschung und des Technologietransfers die Unternehmen bei uns im Land in die Lage zu versetzen, Techniken erneuerbarer Energie zu nutzen und zu vermarkten. Damit kann man auch die großen Exportchancen, die in diesem Bereich liegen, nutzen und zugleich dem weltweiten Klimaschutz dienen.

Wenn Sie sich einmal die Zahlen im Vergleich zu den anderen Bundesländern ansehen, stellen Sie fest, dass die Forschungsförderung bei uns im Land viel intensiver ist als in anderen Bundesländern. Das ist Fakt.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Zahlenmäßig: Von 1996 bis 2001 wurden bei uns im Land über 102 Millionen DM für diesen Bereich aufgewendet. Allein in den Jahren 2000 und 2001 summierte sich die Forschungsförderung im Bereich erneuerbarer Energien auf 50,8 Millionen DM. Das ist mehr als in jedem anderen Bundesland.

Richtig ist auch, dass wir bei der Förderung der Anwendung erneuerbarer Energien deswegen weit weniger Mittel eingesetzt haben als Nordrhein-Westfalen, Bayern oder Niedersachsen.

(Abg. Knapp SPD: Das sind auch Arbeitsplätze!)

Wir liegen hier auf Platz 4.

Noch einmal: Wir sehen die Forschungsförderung als einen sehr erfolgversprechenden Weg an, um erneuerbaren Energien zum Durchbruch zu verhelfen. Wir mussten uns natürlich auch angesichts knapper Kassen und hinsichtlich des Ziels, die Neuverschuldung bis 2006 auf null zurückzuführen, für eine Schwerpunktsetzung entscheiden. Außerdem auch daran möchte ich erinnern haben wir die Förderung von Demonstrationsvorhaben weiterhin laufen lassen,

(Abg. Hofer FDP/DVP: Richtig!)

weil hier erstmals Vorhaben aus der Forschung und Technologie in die Praxis umgesetzt werden. Das ist auch ein ganz wichtiger Zwischenschritt, auf den wir sehr großen Wert legen.

Richtig ist auch das ist unbestritten , dass der Bund günstige Förderkonditionen im Bereich der Nutzung anbietet. Es ist erfreulich Herr Abg. Hofer hat die Zahlen genannt , dass die Unternehmen die Bevölkerung hier in BadenWürttemberg bei diesen Programmen sehr gut bedienen; das ist weit mehr, als unser Bevölkerungsanteil von rund 10 % ausmacht. Aber auch das hat Herr Abg. Hofer schon gesagt wir wollen keine Doppelförderung; denn Doppelförderung führt in aller Regel zu Mitnahmeeffekten. Deswegen haben wir uns auf die Förderung durch den Bund beschränkt.

Im Übrigen: Wenn Sie sich die Förderrichtlinie des Bundes zur Solarthermie ansehen, dann sehen Sie, dass sie so ge

(Staatssekretär Dr. Mehrländer)

staltet ist, dass die Länder praktisch von einer zusätzlichen Förderung ausgeschlossen werden. Wenn nämlich das Land hier etwas fördern will, zieht der Bund seinen Zuschuss entsprechend zurück. Deshalb haben wir uns aus der Förderung zurückgezogen.

(Abg. Hofer FDP/DVP: Gott sei Dank!)

Meine Damen und Herren, die Experten sagen, das technische Potenzial der erneuerbaren Energien sei größer als derjenige Anteil, der genutzt werden muss, um das vom Kabinett vorgegebene Verdoppelungsziel zu erreichen. Es geht daher vorrangig das ist wichtig um die Mobilisierung der heute kostengünstigsten Technologien. Man muss dabei auch einmal den Kostengesichtspunkt sehen.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Wenn wir das vor diesem Hintergrund sehen, dann sind bei uns in Baden-Württemberg in der Tat vornehmlich die große Wasserkraft, das heißt die Wasserkraftwerke über 5 Megawatt, die Biomasse-Reststoffnutzung, zum Beispiel von Holz, aber auch die Windenergie an windgünstigen Standorten die erneuerbaren Energien, bei denen wir Potenziale sehen.

Meine Damen und Herren, zur großen Wasserkraft: Aus der Antwort der Landesregierung wird auch deutlich, dass neben der Biomasse die große Wasserkraft insbesondere am Hochrhein einer der wichtigsten Bausteine des Landes bei der Erreichung des Verdoppelungsziels ist. Es handelt sich in Rheinfelden um die größte Einzelmaßnahme zur Nutzung erneuerbarer Energien in Deutschland.