Protocol of the Session on April 18, 2002

Meine Damen und Herren! Ich eröffne die 24. Sitzung des 13. Landtags von Baden-Württemberg.

Urlaub für heute habe ich den Herren Abg. Maurer und Nagel erteilt.

Krank gemeldet ist Herr Abg. Gaßmann.

Dienstlich verhindert ist Herr Minister Köberle.

Wir treten in die Tagesordnung ein. Es ist der zweite Tag ohne vorgegebene Redezeiten.

Ich rufe Punkt 1 der Tagesordnung auf:

a) Antrag der Fraktion GRÜNE und Stellungnahme des Wirtschaftsministeriums Neue Windkraftpolitik in Baden-Württemberg? Drucksache 13/269

b) Große Anfrage der Fraktion GRÜNE und Antwort der Landesregierung Verdoppelung des Anteils erneuerbarer Energien am Primärenergieverbrauch bis zum Jahr 2010 Drucksache 13/134

c) Antrag der Fraktion der SPD und Stellungnahme des Ministeriums für Umwelt und Verkehr Dezentrale Stromgewinnung aus alternativen Rohstoffen Drucksache 13/156

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Dr. Witzel.

Herr Präsident, meine Damen, meine Herren! Zwischen Bundes- und Landesregierung gibt es wahrlich in vielen Punkten unterschiedliche Ziele. Aber ein Ziel haben Bundesregierung und Landesregierung gemeinsam: Beide sind für den Ausbau der erneuerbaren Energien, und beide streben an, bis zum Jahr 2010 den Anteil der erneuerbaren Energien gegenüber 1999 zu verdoppeln.

Dies ist ein anspruchsvolles Ziel. Es bedarf auch erheblicher Anstrengungen. Aber wenn es um die Umsetzung geht, dann endet auch schon die Gemeinsamkeit. Denn der Bund, die Bundesregierung, hat gehandelt. Sie hat mit dem 100 000-Dächer-Programm eines der größten Photovoltaikprogramme auf den Weg gebracht. Das Erneuerbare-Energien-Gesetz sichert die Investitionsbedingungen für Anlagen zur regenerativen Stromerzeugung und hat sich als Motor in dieser Branche erwiesen. Das Marktanreizprogramm für thermische Solarenergie und für Biomasse wurde kräftig aufgestockt. Während unter Kohl dafür 20 Millionen DM bereitgestellt wurden, sind es in diesem Jahr etwa 400 Millionen DM. Das heißt also, die Gelder

wurden mächtig aufgestockt. Zusätzlich gibt es mehr Geld für die Energieforschung im Bereich der regenerativen Energien.

Flankiert wird das gesamte Paket von Maßnahmen zur Effizienz, wobei ich das KWK-Gesetz, die Energieeinsparverordnung und die üppigen Mittel zur Altbaumodernisierung nennen darf.

Als Fazit kann man feststellen: Der Bund hat die Weichen gestellt, um das Ziel einer Verdoppelung zu erreichen, und das zeigt Wirkungen. Die Branche der erneuerbaren Energien boomt; zweistellige Zuwachsraten sind derzeit die Regel. Neue Arbeitsplätze entstehen; nach Schätzungen sind es bundesweit etwa 100 000. Die Windkraftindustrie ist eine neue Branche, die kräftig an Fahrt gewinnt. Im letzten Jahr lag der Stahlverbrauch im Bereich der Windkraft bereits über jenem im Bereich des Schiffbaus. Das heißt, hier tut sich mächtig etwas, und im nächsten oder übernächsten Jahr wird die Windkraft die Bedeutung der Wasserkraft in der Bundesrepublik überholen. Die Umweltweisen stellen daher der Bundesregierung in diesem Bereich ein gutes Zeugnis aus.

(Abg. Alfred Haas CDU: Nur in diesem!)

So, Herr Haas, jetzt kommen wir zur Landesregierung.

(Abg. Knapp SPD: Wieso, der Haas versteht doch davon nichts!)

Der Kontrast zwischen Land und Bund könnte nicht größer sein, Herr Haas.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Das fängt beim Geld an. Während im Laufe der großen Koalition unter Minister Spöri seinerzeit 20 bis 30 Millionen DM in diesen Bereich flossen, wurden diese Ausgaben unter Herrn Döring auf etwa 10 Millionen wohlgemerkt DM abgesenkt. Lediglich im letzten Jahr gab es einen leichten Anstieg; aber Bayern und Nordrhein-Westfalen geben noch immer ein Vielfaches dessen aus, was in Baden-Württemberg in diesen Bereich fließt.

(Abg. Dr. Salomon GRÜNE: Bei uns ist halt der Minister eine Windmühle!)

Die Landesregierung hat zwar gesagt, wie sie das Verdoppelungsziel erreichen möchte, aber sie hat nur ein mickriges Programm vorgelegt, ein Programm, das der Größe der Aufgabe nicht angemessen ist, und selbst bei der Umset

zung dieses winzigen Programms hapert es vorne und hinten. Sie können das alles in der Drucksache nachlesen.

(Abg. Knapp SPD: Das brauchen wir nicht, wir wissen Bescheid!)

Ich möchte nur ein Beispiel nennen, und das sind die staatlichen Liegenschaften. Sie reichen von den Universitäten über die Finanzverwaltung bis hinunter zu den Polizeiposten und Ähnlichem. Bezüglich dieses großen Bestandes der staatlichen Liegenschaften wurde erklärt: Wir werden uns darum kümmern, die erneuerbaren Energien zu nutzen. Aber was ist zwei Jahre nach der Formulierung des Verdoppelungsziels herausgekommen? Dies ist in der Antwort auf die Große Anfrage ausgeführt, und ich glaube, die Regierung muss sich schlicht schämen, wenn sie diese Zahlen vorlegt.

(Beifall des Abg. Dr. Salomon GRÜNE)

Im gesamten Gebäudebestand des Landes wurden ganze 130 Objekte untersucht,

(Abg. Heike Dederer GRÜNE: Lächerlich!)

und von diesen Objekten wurden noch nicht einmal 50 %, noch nicht einmal 20 %, noch nicht einmal 10 % realisiert, sondern lediglich ganze acht Objekte. Wenn man sich anschaut, was realisiert wurde, kommt man auf noch weniger.

Ich darf darauf hinweisen, dass da zum Beispiel das „Haus der Natur“ auf dem Feldberg aufgeführt ist. Da wurde wahrscheinlich eine Holzheizung eingebaut. Dass da in ein Haus mitten im Schwarzwald, am Rande des Naturschutzgebiets, eine Holzheizung reinkommt, ist doch schlicht und einfach selbstverständlich.

(Lachen des Abg. Dr. Salomon GRÜNE)

Das Gleiche gilt für das Forstamt Sankt Märgen. Dass man in einem kleinen Forstamt mitten im Schwarzwald einen Holzofen einbaut, ist doch selbstverständlich. Das heißt, diese acht Maßnahmen schrumpfen sogar noch zusammen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD Zuruf des Abg. Walter GRÜNE)

Das meine ich, wenn ich sage: Das ist ein mickriges Programm.

Meine Damen und Herren, die Landesregierung versteckt sich hinter der Bundesregierung. Sie sagt, die Bundesförderung sei gut, deshalb stelle sie ihre Solarförderung völlig ein.

(Abg. Hofer FDP/DVP: Richtig!)

So ist es, leider, Herr Hofer. Aber die Zahlen sprechen dagegen.

(Zuruf der Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP)

Wir von der Landtagsfraktion haben damals ein Gutachten vorlegen lassen, wie dieses Verdoppelungsziel erreicht werden kann. Herr Nitsch, der dieses Gutachten verfasst hat, sitzt auf der Zuhörertribüne und kann das bestätigen. Auch die Landesregierung sagt, dass das Gutachten in sich

schlüssig ist. In diesem Gutachten wird gesagt, neben der Bundesförderung müssten noch erhebliche Landesmittel bereitgestellt werden, damit das Verdoppelungsziel erreicht werden könne. Herr Hofer, das steht auch nicht im Gegensatz zur Auffassung der Landesregierung, sondern die Landesregierung bestätigt das ja; denn ich darf zitieren auf Seite 16 der Drucksache 13/134 heißt es:

Unbestreitbar ist, dass dafür

gemeint ist das Verdoppelungsziel

insgesamt in den Jahren bis 2010 deutlich mehr Mittel für die Unterstützung derartiger Technologien aufgewendet werden müssen, als dies gegenwärtig der Fall ist.

Da steht es schwarz auf weiß: Die Landesregierung tut zu wenig.

(Beifall bei den Grünen Abg. Walter GRÜNE: So ist es!)

Wir werden wahrscheinlich gleich, wenn Herr Döring ans Mikrofon tritt, hören, dass die Landesregierung auch hier wieder versucht, die Schuld der Bundesregierung zuzuschieben. Zum Kraftwerk Rheinfelden sagt sie, die Bundesregierung tue zu wenig.

(Abg. Dr. Birk CDU: Das ist auch so!)

Aber darüber wird man zu gegebener Zeit noch diskutieren.

(Zuruf des Abg. Dr. Birk CDU)

Herr Birk, warten Sie ab. Die Diskussion wird gleich geführt werden.