Protocol of the Session on March 7, 2002

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Was uns die SPD als Antrag vorlegt, ist schon erstaunlich. Sie verlangt, dass wir einen Antrag, den dieser Landtag im letzten Jahr beschlossen hat nach dem Motto „Ätsch, ätsch, es war ja nicht so gemeint“ , zurücknehmen und auch noch den Bundesrat auffordern, zur Kenntnis zu nehmen, dass wir uns da ein bisschen getäuscht haben. Aber wir haben uns nicht getäuscht. Wir haben diesen Antrag sehr bewusst gestellt und formuliert.

Im Ziel sind wir uns sehr wohl einig. Aber, Herr Staiger, wer hat denn die ganze Zeit nichts getan?

(Zuruf von der SPD: Sie!)

Das war doch der Bundesumweltminister. Als er festgestellt hat, dass der Bundesrat seinem Gesetzentwurf nicht zustimmt, hat er sich wie ein trotziges Kind hingehockt und gesagt: Dann kriegt ihr halt das, was überhaupt nichts taugt.

(Zuruf der Abg. Ursula Haußmann SPD)

Wir sind uns ja einig, dass die Töpfer-Lösung zwar seinerzeit gestimmt hat, als sie beschlossen wurde, aber heute eben nicht mehr sachgerecht ist.

Ich will Ihnen noch etwas sagen Herr Kollege Scheuermann hat es gerade schon angedeutet : Ich bin der felsenfesten Überzeugung, die Pfandpflicht wird nicht den gewünschten Effekt haben, dass die Mehrwegquote steigt.

Warum hat denn die Mehrwegquote so stark abgenommen? Weil sich die Verbraucher entsprechend entscheiden.

(Abg. Kretschmann GRÜNE: Das ist doch klar, wenn es nichts kostet!)

Die Vermüllung der Landschaft wird mit einer Pfandpflicht mitnichten stark zurückgehen. Die Dosen sind zwar der lauteste, aber beileibe nicht der unangenehmste Teil des Mülls in der Landschaft. Ich glaube nicht daran, dass Schulklassen Mittag für Mittag durch die Gegend ziehen, nur um wegen einiger Cent Dosen einzusammeln.

(Abg. Dr. Caroli SPD: Das ist ein Plädoyer für Do- senmüll!)

Was wird mit dem Mittelstand passieren, der als Argument angeführt wird? Auch die Brauereien machen sich nicht klar, dass die Bürger, die deshalb Bier in der Dose kaufen, weil Dosenbier billiger ist, die Dosen zurückbringen werden; denn sie sind doch preisbewusst. Also wird weiterhin Dosenbier gekauft werden, wenn es billiger ist. Wenn Sie das ändern wollten, müssten Sie klipp und klar eine Abgabe auf Dosen einführen und der Industrie einen Anteil für die Dosen geben, die zurückgebracht wurden. Das wäre effizient. Das werden Sie aber gegen diese Lobby leider nicht durchsetzen können.

Es ist so: Die Industrie, die Dosen produziert, hat es gut. Sie wird beim Rating künftig besser dastehen. Sie bekommt nämlich vom Handel einen zinslosen Kredit. Ich weiß nicht, ob Sie sich das schon einmal überlegt haben. Das ist betriebswirtschaftlich hochinteressant.

Das Problem wird der mittelständische Einzelhandel haben. Er soll nämlich plötzlich neben der Rücknahme auf Mehrweg, die er wirklich gut betreibt, ein zweites Rücknahmesystem installieren. Ich habe mit vielen kleineren Händlern und vor allem auch mit Tankstellenpächtern gesprochen. Sie haben mir gesagt: „Schauen Sie einmal, wir haben keinen Platz für zwei Rücknahmesysteme.“ Deshalb ist doch auch ganz klar, wofür sie sich entscheiden:

(Abg. Kretschmann GRÜNE: Dann müssen die Dosen aus dem Sortiment heraus!)

für das, was sie unbedingt brauchen. Das Rücknahmesystem für die Dosen wird teuer sein, und wenn man es erst

einmal installiert hat, lässt man das Unbequeme, nämlich die Rücknahme und das Verstauen von Flaschen, weg.

(Zuruf von der SPD: Was will jetzt die FDP/ DVP?)

Schauen Sie nach Schweden! Schweden hat es uns vorgemacht, und es hat nichts genützt. Im Interesse der Umwelt sollte sich die Bundesregierung schleunigst daranmachen, eine sinnvolle Regelung auf den Weg zu bringen. Von dieser sinnvollen Regelung sollen wir nach Ihrem Antrag hier gerade Abstand nehmen. Das Angebot der Industrie, das einer Abgabe sehr nahe kommt sie will nämlich Geld bezahlen , sollte man endlich annehmen und dann eine vernünftige Lösung suchen. Die Bundesratsinitiative, die wir im letzten Jahr beschlossen haben, weist den richtigen Weg.

(Beifall bei der FDP/DVP Abg. Kretschmann GRÜNE: Dann gehen die Manager Dosen sam- meln!)

Ich erteile das Wort Herrn Abg. Walter.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Es ist sehr bedauerlich, dass Frau Berroth das auch von der FDP beschlossene Gesetz von Töpfer jetzt so vehement als schlechteste Lösung darstellt. Ich weiß nicht, warum ihr es damals beschlossen habt.

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Weil es da- mals gestimmt hat; heute stimmt es nicht mehr! Die Welt bewegt sich weiter!)

Das ist klar; aber die Welt bewegt sich bei euch immer mehr hin zur Zerstörung der Umwelt.

Jetzt will ich sagen, dass wir doch überrascht waren, dass der Minister plötzlich eine Kehrtwende macht. Noch im letzten Sommer reiste er als der Schutzpatron der Dose durch die Lande und verkündete: „Das Töpfer-Pfand wollen wir überhaupt nicht. Wir müssen es ablehnen; es ist die schlechteste Lösung.“

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Das wollen wir ja auch nicht!)

Damals, meine Damen und Herren, war es wieder einmal die Südschiene mit guter Unterstützung durch RheinlandPfalz und Nordrhein-Westfalen sie haben sich meines Wissens enthalten; aber das war natürlich auch schädlich , die das Pfand verhindert hat. Jetzt argumentiert Frau Berroth Herr Scheuermann hat es zum Teil auch gemacht , Trittin sei schuld, er hätte ja damals das alte Töpfer-Pfand einführen können.

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Nein, nein! Abg. Fleischer CDU: Er hätte verhandeln sollen!)

Selbst Herr Müller hat damals gesagt: „Das ist die schlechteste Lösung.“ Wie wollen Sie denn den Bürgerinnen und Bürgern vermitteln, dass sie auf Bier und Mineralwasser ein Pfand haben, aber nicht auf kohlensäurehaltige Getränke?

(Glocke der Präsidentin)

Herr Walter, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Berroth?

Gleich, wenn ich das zu Ende gebracht habe. Dann darf sie gern eine Zwischenfrage stellen.

Auf kohlensäurehaltige Getränke wollen Sie kein Pfand. Das ist doch wirklich Irrsinn. Da müssen die Leute praktisch auswendig lernen: Da ist ein Pfand drauf, und da ist kein Pfand drauf.

Deswegen hat Trittin zu Recht wirklich zu Recht gesagt: Wir warten das Urteil ab jetzt ist es ergangen , und danach schauen wir, wie sich die Mehrwegquoten entwickeln.

Die Mehrwegquoten das ist das Problem entwickeln sich aber katastrophal. Sie lagen im Jahr 2001 noch bei 60 %. Ja, wo fängt denn bei Ihnen die Selbstverpflichtung an? Das müssen Sie mir sagen. Bei 10 % Mehrweg oder bei 20 %? Oder wohin soll die Reise noch gehen?

Das ist ja auch die Krux des Vorschlags, den der Minister schon damals gemacht hat. Seine 63 % das hätte sein Vorschlag nach dem damaligen Umsatz umgerechnet bedeutet sind schon unterschritten.

Kohlensäurehaltige Getränke wie Cola usw. erfüllen mittlerweile die Kriterien, sodass man auch dafür ein Pfand einführen kann. Das heißt, man wartet jetzt noch die Zahlen ab sie kommen in den nächsten Wochen , und dann wird alles getan, damit das Pfand spätestens im Oktober greifen kann.

Herr Walter, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Ja, jetzt können Sie die Zwischenfrage stellen.

Herr Kollege Walter, erinnern Sie sich an das, was der Bundesrat beschlossen hat? Er hat eben nicht das Töpfer-Pfand beschlossen, sondern er hat beschlossen, dass man verhandeln solle. Können Sie mir bitte sagen, warum der Bundesumweltminister seither die Hände in den Schoß gelegt hat? Gibt es einen anderen Grund als Bequemlichkeit oder Trotz?

(Abg. Kretschmann GRÜNE: Das hat er doch ge- rade gesagt!)

Ich habe gerade versucht, das zu erklären. Dafür gab es gute sachliche Gründe. Er wollte das Pfand für alle Segmente. Es ist doch irrsinnig, immer noch an die Selbstverpflichtung zu glauben. Die 72 % waren doch praktisch eine Art Selbstverpflichtung: Darunter dürft ihr nicht gehen! Was ist passiert? Im Jahre 2001 sind wir bei 60 %.

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Der Vertrag ist noch nicht abgeschlossen; daran braucht sich keiner zu halten!)

Da können Sie doch nicht verlangen, dass man immer noch an diesen Unsinn glaubt. Wir glauben daran nicht, und Trittin hat sich in dieser Sache sehr gut verhalten.

(Beifall bei den Grünen)

Elf Jahre hatte die Industrie Zeit, den Mehrweg zu stabilisieren. Dann glauben Sie doch nicht an das Ammenmärchen, wenn man eine Selbstverpflichtung abschlösse, würde daran irgendjemand glauben.

(Abg. Scheuermann CDU: Ein bisschen mehr Selbstkritik gäbe 1 oder 2 % mehr bei der Bundes- tagswahl! Gegenruf des Abg. Fleischer CDU: Ja, aber man sollte ihn nicht darauf aufmerksam ma- chen!)

Das ist wirklich ein ganz dreister Versuch, jetzt Trittin die Schuld in die Schuhe zu schieben. Diejenigen, die damals im Sommer hätten verantwortlich handeln wollen, hätten dem Entwurf von Trittin, der vorsah, Pfand für alle Getränke- und Einwegverpackungen einzuführen, zustimmen müssen. Dann wäre etwas für die Umwelt herausgekommen. Alles andere ist wirklich sehr dreist, und das kann ich nur ablehnen.

(Lachen des Abg. Fleischer CDU)

Trittin hat damals zu Recht auch noch darauf hingewiesen: Der Vorschlag, den Sie, der Sie ja immer vom Mittelstand reden, gemacht haben, würde den großen Handelsketten, den großen Brauereien dienen. Jetzt schauen Sie doch einmal an: Die Crème de la Crème des deutschen „Mittelstands“ hat da doch geklagt: Aldi, Rewe, DAB, Lidl. Ist das der Mittelstand? Also ich habe eine andere Vorstellung von Mittelstand. Die haben nicht umsonst geklagt; sie versprechen sich, wenn es kein Pfand gibt, dass man weiterhin einen Preiskrieg führen kann.

Sie sprachen es an: Die Dose ist billig. Wenn Sie bei Aldi für 38 oder selbst für 42 Pfennig einen halben Liter oder einen Liter meistens sind es Halbliterdosen Bier kaufen können, ist doch klar, dass die Leute das kaufen. Das wird ja unter dem Herstellungspreis verkauft, um andere im Preiskrieg kaputtzumachen, um mit einem Preiskrieg nicht nur anderen Handelsketten, sondern auch den Brauereien zu schaden. Das ist wirklich irrsinnig.