Protocol of the Session on February 6, 2002

Meine sehr verehrten Damen und Herren, mit der vorgelegten mittelfristigen Finanzplanung machen wir deutlich: Uns ist es ernst mit einer seriösen Finanzpolitik. Wir wollen nicht das Kapital unserer Kinder und Enkel heute ausgeben. Wir wollen Baden-Württemberg mit an der Spitze der Länder halten, die Aussicht haben, in einigen Jahren keine neue Schulden mehr zu machen.

(Beifall des Abg. Kleinmann FDP/DVP)

Baden-Württemberg ist ein finanzstarkes Land, und es wird mit uns auch ein finanzstarkes Land bleiben.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP)

Wir haben die mittelfristige Finanzplanung so ausgerichtet, dass sie in der Tendenz über die Jahre hinweg nach unten geht: 1 017,5 Millionen € 2002, 884,5 Millionen € 2003, und in den Jahren 2004 und 2005 eine Spreizung: 650 bis 350 Millionen € 2004 und 600 bis 300 Millionen € 2005. Das zeigt ganz klar: Die Linie geht nach unten. Wir haben das Ziel der Nullnettoneuverschuldung fest im Auge.

(Zuruf der Abg. Ursula Haußmann SPD)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, dieser Haushalt ist ein Haushalt, der Schwerpunkte setzt. Wir setzen Schwerpunkte in der Bildungspolitik. Wir setzen Schwerpunkte bei der inneren Sicherheit. Wir setzen Schwerpunkte bei der Infrastruktur und beim Straßenbau. Wir setzen Schwerpunkte bei der Messe. Wir setzen in vielfältigen Bereichen Schwerpunkte. Wer in diesem Zusammenhang von einem „Haushalt der verpassten Chancen“ spricht, Herr Kollege Drexler, der handelt fahrlässig, oder er weiß jedenfalls nicht, wovon er redet.

(Abg. Reichardt CDU: Unverantwortlich!)

Im Übrigen, Herr Kollege Drexler, ist die Formulierung „Haushalt der verpassten Chancen“ nicht so neu. Sie sind zwar ein neuer Kopf an der Spitze der SPD-Fraktion,

(Zuruf des Abg. Reichardt CDU)

aber das Zitat ist alt.

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Stimmt aber immer noch!)

Es ist Ihr Kollege Puchta gewesen, der schon beim Doppelhaushalt 2000/2001 vom „Haushalt der verpassten Chancen“ gesprochen hat.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU Abg. Dr. Reinhart CDU: A wa! Das ist ja rückwärts ge- wandt! Abg. Reichardt CDU: Alte Kamellen! Ein dünner Aufguss! Gegenruf des Abg. Drexler SPD: Warum soll das falsch sein? Unruhe)

Man darf also sagen: Sie haben neue Köpfe, aber neue Ideen scheint es bei Ihnen nicht zu geben.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU Abg. Heike Dederer GRÜNE: Bei Ihnen auch nicht!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, alles in allem legen wir einen Haushalt vor, der den Herausforderungen unserer Zeit ideal gerecht wird. Die Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen der CDU und der FDP/DVP bewähren sich in schwieriger Zeit.

(Abg. Capezzuto SPD: Bei was?)

Bei sinkenden Steuereinnahmen senken wir die Neuverschuldung, und wir setzen Schwerpunkte im investiven Bereich für unser Land und für unsere Bürger. Dieser Haushalt hält Baden-Württemberg vorn.

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: Sehr richtig!)

Dieser Haushalt gibt unseren Bürgerinnen und Bürgern alle Chancen für die Zukunft.

(Zuruf des Abg. Capezzuto SPD)

Dieser Haushalt gibt diesem Land und seinen Menschen eine gute Zukunftsperspektive. Meine sehr verehrten Damen und Herren, die besten Jahre von Baden-Württemberg liegen erst noch vor uns.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP Lachen der Abg. Heike Dederer GRÜNE Abg. Capezzu- to SPD: Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute!)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Drexler.

(Oh-Rufe von der CDU Abg. Oettinger CDU: Was ist mit dem Moser los? Darf der Moser nicht? Unruhe)

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Bei der zweiten Lesung des Haushaltsentwurfs in der vergangenen Woche gab es Anlass, den vorliegenden Haushaltsentwurf anders zu betrachten und zu bewerten: Einen Tag später, am 31. Januar, haben wir eine dramatisch klingende Prognose des Statistischen Landesamts gelesen:

(Abg. Reichardt CDU: Falsch gelesen! Abg. Beate Fauser FDP/DVP: Das hättet ihr gern!)

Schlusslicht in der wirtschaftlichen Entwicklung, die geringste Wachstumsquote aller Bundesländer, die rote Laterne für das Land Baden-Württemberg. Herr Ministerpräsident, Sie haben einen Tag vorher hier der Bundesregierung die rote Laterne angehängt.

(Ministerpräsident Teufel: So ist es!)

Sie haben sie damals schon gehabt. Sie haben die Zahlen wahrscheinlich gewusst und haben hier vor dem Parlament alles schöngeredet. Das ist Ihre Politik.

(Beifall bei der SPD Zuruf des Abg. Dr. Reinhart CDU Abg. Reichardt CDU: Sie haben die Zahlen ja gar nicht verstanden!)

Es ist nichts mit „an der Spitze aller Bundesländer im Wachstum“, überhaupt nichts.

(Abg. Dr. Reinhart CDU: Herr Kollege Drexler, freuen Sie sich darüber?)

Jetzt wollen wir hier doch einmal die Zahlen des Statistischen Landesamts bekannt geben:

(Abg. Oettinger CDU: Was für eine Freude! Zu- ruf des Ministerpräsidenten Teufel)

Wirtschaftswachstum im vierten Quartal 2001: minus 1 %. Es ist erstmals im Minus seit der Rezession 1993. Das ist keine Prognose, sondern das ist eine Zahl, Herr Wirtschaftsminister.

Dann kommt eine Prognose: Wirtschaftswachstum im Zeitraum Januar bis März 2002: minus 3 %.

(Minister Dr. Döring: Was war das für eine Pro- gnose?)

Dann der Auftragseingang im verarbeitenden Gewerbe: minus 10 % gegenüber dem Vorjahr. Dann kommt eine Prognose zum ersten Quartal 2002: Baden-Württemberg deutlich unter dem Bundesdurchschnitt, zumindest unter den westlichen Bundesländern Schlusslicht.

(Zurufe der Abg. Hofer FDP/DVP, Bebber SPD und Dr. Reinhart CDU)

Und was macht die Landesregierung, anstatt die Zahlen zur Kenntnis zu nehmen? Sie gibt eine Pressekonferenz, und der Wirtschaftsminister macht eine Blitzumfrage, um deutlich zu machen, dass das, was das Statistische Landesamt hier erzählt, nicht stimme. Und Herr Stratthaus erzählt der verblüfften Presse Folgendes: Zukünftig könne das Statistische Landesamt weiterhin Zahlen bekannt geben, aber sie müssten zukünftig in den richtigen Kontext gestellt werden.

(Beifall bei der FDP/DVP Abg. Kleinmann FDP/ DVP: Da hat er Recht! Heiterkeit bei der SPD Demonstrativer Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Da warte ich einmal ab, wie Sie das machen wollen.

Unser Fazit ist: Es ist keine Rezession. Es ist auch keine Besorgnis erregende Entwicklung,

(Abg. Dr. Reinhart CDU: Zahlen allein sind nackt!)

sondern es ist eine sowohl konjunkturell als auch strukturell bedingte Schwächeperiode unserer Wirtschaft.

Wir überbewerten die Zahlen auch nicht, und wir wollen sie keinesfalls missbrauchen. Denn, Herr Ministerpräsi

dent, wir sollten eigentlich Schluss machen mit dem Muster, das Sie vorgegeben haben: Für das Gute sind Sie verantwortlich; wenn Sie an der Regierung sind, gibt es Wachstum; für das Schlechte ist die rot-grüne Bundesregierung in Berlin zuständig. Alles Schlechte kommt von dort, alles Gute kommt von uns damit sollten wir aufhören. Das ist im Übrigen auch nicht die Wahrnehmung der Bürgerinnen und Bürger.

(Zurufe von der CDU: Doch!)

Nein, das ist nicht die Wahrnehmung.