Protocol of the Session on February 1, 2002

Das Wort zu einer persönlichen Erklärung erteile ich Herrn Abg. Palmer.

Frau Abg. Berroth, Sie haben mich falsch aus der Ausschusssitzung zitiert.

(Abg. Scheuermann CDU: Das ist eine lässliche Sünde!)

Ich möchte das richtig stellen. Ich habe im Ausschuss nicht gesagt, dass die Grünen für den Erhalt von Landesstraßen kein Geld bereitstellen möchten. Ich habe im Ausschuss gesagt: Wir werden den Antrag stellen, die Sonderprogramme zu streichen, wenn sie finanziell nicht solide sind, weil dies im Haushalt finanziert gehört.

Ich habe auch heute ausgeführt, wenn es im Haushalt etatisiert würde, würden wir lediglich beim Neubau geringfügig kürzen und zur Straßenbauerhaltung hin umschichten. Das ist genau das Gegenteil. Wir wollen mehr Geld für den Erhalt und weniger für den Neubau. Die Streichung bezieht sich ausschließlich auf die unsoliden Sonderprogramme.

(Beifall bei den Grünen)

Ich erteile Herrn Abg. Kretschmann das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Minister Müller, Sie und Ihr Haus haben vor zwei Jahren den Umweltplan des Landes BadenWürttemberg vorgelegt ein beachtliches Werk. Wir haben es zwar kritisiert, weil die ursprünglichen Ansätze zurückgefahren worden sind. Aber selbst das, was jetzt drinsteht, sind sehr, sehr ehrgeizige Ziele in der Umweltpolitik, Ziele, die wir nur unterstützen können.

So werden genannt: die Verdoppelung des Anteils der regenerativen Energieträger bis zum Jahr 2010, eine drastische Reduzierung des Flächenverbrauchs und die Reduzierung der klimarelevanten Gase um nur drei wichtige Bereiche zu nennen. Ferner heißt es in der Koalitionsvereinbarung:

Die Regierungskoalition sieht es als vorrangige Aufgabe an, die im Umweltplan Baden-Württemberg genannten Ziele und die hierfür erforderlichen Maßnahmen im partnerschaftlichen Dialog mit den Betroffenen zügig

ich betone: zügig

umzusetzen.

In dem Bericht zu Ihrem Haushaltsplan schreiben Sie:

Gemäß dem Kabinettsbeschluss sind alle Ressorts gehalten,

alle Ressorts

die Ziele und Maßnahmen des Umweltplans bei ihrer Tätigkeit zu berücksichtigen bzw. umzusetzen. Die Federführung... liegt beim Ministerium für Umwelt und Verkehr.

Also: Das sind ehrgeizige Ziele, die jeder, der etwas für die Umwelt übrig hat, unterstützen kann. Wie aber sieht die Bilanz aus? In den letzten zwei Jahren sind Sie in der Öffentlichkeit durch zwei Dinge aufgefallen. Das eine war die Panne bei Philippsburg, und das Zweite war Ihr vehementer Kampf gegen die Verpackungsverordnung, das so genannte Dosenpfand. Erschwerend kommt hinzu, dass Sie dies gegen erheblichen Widerstand in Ihrer eigenen Fraktion durchgezogen haben. Heute befinden sich die Anteile der Mehrwegverpackungen weiterhin im freien Fall. Ihr Gegenvorschlag konnte keine Zustimmung finden, weil er nicht durchführbar war. Das sind die einzigen beiden Punkte, bei denen Sie Aufmerksamkeit im Umweltbereich erregt haben.

Selbst wenn ich fair bin, wenn ich das Vorliegende anschaue, kann ich nicht sagen, dass positive Signale zu erkennen sind. Im Bund haben Sie gegen alles gestimmt:

(Abg. Fleischer CDU: Gott sei Dank!)

gegen die Ökosteuer, gegen das Energieeinspeisegesetz, das Sie übrigens in Ihrem Bericht zum Haushaltsplan positiv würdigen, gegen die Verpackungsverordnung das habe ich schon gesagt , gegen den Ausstieg aus der Atomenergie, und jetzt stimmen Sie gegen die Modulation in der Landwirtschaftspolitik, obwohl es dabei darum geht, Mittel für eine umweltfreundliche Landwirtschaft umzuschichten.

Ich kann nirgendwo erkennen, dass Sie positive Signale setzen. Das einzige Positive hat der Kollege Scheuermann gesagt, nämlich dass die Mittel für den Klimaschutz aufgestockt worden sind, allerdings nachdem sie vorher extrem niedrig waren. Wenn man genau hinschaut, muss man allerdings feststellen, dass Ihr Kollege Döring in seinem Ressort die Mittel wieder bei den regenerativen Energien kürzt, sodass auch das ein Nullsummenspiel ist.

(Beifall bei den Grünen Zuruf der Abg. Regina Schmidt-Kühner SPD)

Um nur ein Beispiel zu nennen: Sie machen im Umweltplan sehr klare Vorgaben, zum Beispiel:

Das Land wird seine Bemühungen fortsetzen, flächendeckend eine hohe Grundwasserqualität sicherzustellen. Tiefe Grundwasservorkommen sind besonders zu schonen. Von einer Nutzung sollte möglichst abgesehen werden.

Den entsprechenden Titel im Haushalt kürzen Sie von 414 Millionen € auf 280 Millionen €. Ein Antrag der Landeswasserversorgung, im Langenauer Ried gerade solche Tiefenbohrungen durchzuführen, wird genehmigt. Das heißt,

selbst in ganz konkreten wichtigen Fällen verstoßen Sie direkt gegen das, was Sie selber schreiben, fahren die Mittel für den Grundwasserschutz zurück und erlauben Tiefenbohrungen, obwohl Sie selber fordern, diese sollten vermieden werden.

Der Landschaftsverbrauch Kollege Scheuermann hat es betont ist ein wirklich dramatisches Problem. 11 Hektar die Kollegin Schmidt-Kühner von der SPD-Fraktion hat gesagt, es seien wahrscheinlich sogar 12 werden täglich in Baden-Württemberg überbaut. Das sind jeden Tag 22 Fußballfelder. Jeder weiß, dass es so nicht weitergehen kann. Denn dann hätten wir ja in 80 Jahren gar keine freie Fläche mehr in unserem Land. Was geschieht? Nichts, nichts Erkennbares. Ich weiß, die Eindämmung des Landschaftsverbrauchs ist ein schwieriges Thema; das ist keine Frage.

(Abg. Regina Schmidt-Kühner SPD: Ja, natürlich!)

Aber selbst dort, wo wir wissen, was zu tun wäre, geschieht nichts. Zum Beispiel beim Recycling von schon überbauten Flächen, bei Altlasten, gab es die Sondermüllabgabe, die in den industriellen Altlastenfonds eingespeist wurde. Das Bundesverfassungsgericht hat sie aus formalen Gründen für nichtig erklärt. Sie haben keine Alternative geschaffen, sodass man jetzt zügig an diese Flächen der industriellen Altlasten herangehen könnte. Also auch dort, wo wir wissen, was zu tun wäre, sehe ich keine Aktivitäten. Aber auch von der CDU-Fraktion, die ja, wie ich aus vielen Gesprächen weiß, anerkennt, dass Landverbrauch ein dramatisches ökologisches Problem ist, kommen keine Initiativen.

Jetzt weiß jeder: Das betrifft natürlich zum großen Teil die kommunale Planungshoheit, und es ist rechtlich außerordentlich unübersichtlich und schwierig, dort Instrumente zu finden und zu schaffen. Deswegen haben wir jetzt in den Haushalt die beträchtliche Summe von 400 Millionen € eingestellt, damit endlich einmal über einen längeren Zeitraum Leute, die davon etwas verstehen, das Thema aufarbeiten und Vorschläge machen, wie wir zu effektiven Maßnahmen und Instrumenten für die Politik kommen, um diesen dramatischen Flächenverbrauch einzuschränken. Das wird von Ihnen nicht goutiert. Es ist so, wie ich gestern gesagt habe: Man kann Ihnen vorschlagen, was man will, es wird alles abgebügelt, selbst wenn man selber weiß, dass die Durchführung dringend notwendig wäre. Es ist einfach letztlich nicht verständlich, Kollege Scheuermann, dass selbst bei solch bescheidenen Ansätzen, wo es noch nicht einmal um inhaltliche Vorgaben geht, sondern darum, dass das Ministerium mit Mitteln ausgestattet wird, damit es tätig werden kann wir, die wir uns viel damit beschäftigen, wissen, wie schwierig das ist , nicht zu erkennen ist, dass aus Ihrer Fraktion Initiativen ergriffen würden oder Zustimmung käme.

Deshalb muss ich summierend sagen: Das Umweltministerium ist selbst bei wohlwollender Betrachtung doch weitgehend zu einem Anhängsel des Verkehrsministeriums geworden. Es ist nicht erkennbar, dass in letzter Zeit vom Umweltministerium zukunftweisende Initiativen für die Umweltpolitik ausgegangen sind. Selbst wenn die Umweltpolitik zurzeit vielleicht nicht die öffentliche Konjunktur

hat, die sie verdiente, weil den Leuten vielleicht das Hemd näher ist als der Rock, müssen einer verantwortlichen Politik die Lebensgrundlagen unserer Gesellschaft immer am Herzen liegen, denn die Umwelt ist nicht alles, aber ohne die Umwelt ist alles nichts.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Das Wort erteile ich dem Minister für Umwelt und Verkehr Ulrich Müller.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Haushaltsdebatten sollten sich im Wesentlichen um das Geld drehen; daran will ich mich halten. Wir sprechen über Geld in einer Zeit, in der wir den Versuch machen müssen, auf der einen Seite zu sparen und auf der anderen Seite zu gestalten.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Ich glaube, wir haben im vorliegenden Haushaltsentwurf beides versucht.

Wenn man sparen muss, könnte man ja sagen: Wir nehmen den Rasenmäher, kürzen überall ein bisschen und legen umgekehrt auch nichts drauf. Das wäre aber ein Zeichen von politischer Schwäche. Ich glaube, dieser Haushalt zeichnet sich dadurch aus, dass er nicht von politischer Schwäche, sondern von klaren Konturen gekennzeichnet ist.

Ich möchte schildern, wo wir zulegen; aber ich will auch ganz offen sagen, wo wir kürzen. Über die Kürzungen spricht man in der Regel nicht; denn sie sind einem ein bisschen peinlich, und daher versteckt man sie. Ich lege die Kürzungen aber ganz bewusst offen, um zu zeigen, wo unsere Akzente im Guten wie im Kürzen liegen.

Wir legen zunächst einmal ganz klar im Straßenbau zu das ist der größte Brocken , in dem wir mit 50 Millionen € mehr pro Jahr einen Akzent setzen.

(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Mehr Schulden!)

50 Millionen € waren notwendig, gemessen an der Vergangenheit; das ist wohl wahr. Wir hatten einen Nachholbedarf. Aber das ist immerhin eine Steigerung der Mittel um ein Drittel. Das ist keine ganz kleine Geschichte.

(Abg. Schmiedel SPD: Das ist Bankraub!)

Herr Schmiedel, wenn Sie es anders hätten machen wollen, hätten Sie ja einen Antrag stellen können. Wie wäre das gewesen?

(Abg. Schmiedel SPD: Ich wollte nur sagen, dass es nicht durch Umschichtung passiert ist!)

An dieser Stelle schon eine kleine Bemerkung zu Ihnen, Herr Palmer, weil Sie gesagt haben, dass wir über den Radwegebau, der sich sozusagen innerhalb des Straßenbaus niederschlagen muss, nur drei Zeilen geschrieben hätten. Ja, das ist richtig: drei Zeilen.

(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Dreieinhalb!)

(Minister Müller)

Oder dreieinhalb, okay. Wir geben aber innerhalb des Straßenbautitels relativ viel Geld aus, ohne dass das im Haushalt erkennbar wird. Ich will Ihnen das einmal an meinem Wahlkreis, am Bodenseekreis, aufzeigen. Da bauen wir vier Radwege und sonst gar nichts.

Jetzt mache ich Ihnen einen Vorschlag. Sie haben gesagt, wenn alle Radwege in Baden-Württemberg zu Ende gebaut seien,

(Abg. Alfred Haas CDU: Nein, nur Brücken!)