Protocol of the Session on February 1, 2002

(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Gar nicht!)

Ich will mich nicht mit der Frage befassen, ob wir sie brauchen oder nicht, sondern ich will nur sagen: Egal, ob wir sie brauchen oder nicht, sie wird

(Abg. Kretschmann GRÜNE: Nein, wir brauchen sie nicht!)

Herr Kretschmann, ich komme Ihnen doch entgegen, wenn Sie mich meinen Satz vollenden lassen. Wir werden sie mit größter Wahrscheinlichkeit nicht durchsetzen können. Ich finde, es ist keine gute Politik, wenn man mit dem Kopf durch die Wand will und sich außer blutigen Striemen nichts holt. Also ein bisschen mehr Ehrlichkeit und die Frage stellen, wie sie ist, und nicht einfach durch eine wachsweiche Forderung „Macht jetzt mal ein Flugverkehrskonzept“ umschreiben.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, zum Schluss bedanke ich mich bei den anderen Fraktionen für die in vielen Fällen doch erfolgreiche Zusammenarbeit, vor allem auf dem verkehrspolitischen Sektor. Ich bedanke mich für meine Fraktion bei dem zuständigen Minister Müller und seinem Haus. Aus unserem Blickfeld ist die Zusammenarbeit vorzüglich. Ich kann nur sagen: Ich hoffe darauf, dass

sich das auch während der Geltungsdauer des nächsten Doppelhaushalts fortsetzen lässt.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Pfister FDP/ DVP)

Das Wort erteile ich Frau Abg. Schmidt-Kühner.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte mit einigen grundsätzlichen Ausführungen zu den Zielen der Umweltpolitik anfangen. Denn wenn wir heute über den Haushalt beschließen, legen wir damit auch einige Grundsätze für die nächsten zwei Jahre fest. Dabei geht es ja um die Frage, wo es langgehen soll.

Ich will da einmal an den Ansprüchen, die diese Landesregierung für ihre Politik formuliert hat, ansetzen. In den einleitenden Ausführungen des Berichts des Ministeriums für Umwelt und Verkehr zu seinem Haushalt heißt es:

Die Entwicklung einer nachhaltigen Gesellschaft wurde zum Leitbild der Umweltpolitik der letzten Jahre und zu einem zentralen Ziel der Landesregierung, das auch die neue Legislaturperiode prägen wird.

Da kann ich nur sagen: wunderbar. Aber das bedeutet auch schon eine erste Einschränkung. Denn nachhaltige Politik auf Umweltpolitik zu reduzieren bedeutet, dass man Nachhaltigkeit nicht verstanden hat. Nachhaltigkeit bedeutet nämlich, dass in allen Politikfeldern ich betone: in allen das Prinzip von Ökonomie, Ökologie und sozialer Frage zusammengefasst und formuliert wird. Und nachhaltige Politik dieser Landesregierung wird sich von daher nicht nur an der Umweltpolitik, sondern immer genauso auch an allen anderen Fragen messen lassen müssen.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Boris Palmer GRÜNE)

Wir müssen uns fragen, ob das in der Wirtschaftspolitik und in anderen Bereichen tatsächlich schon passiert ist.

So haben wir zum Beispiel das Thema „Ressourcenschonung und Energieeffizienz“. Dies ist ein Thema, das uns überall begleiten wird, ein Thema, das beim Wirtschaftsminister genauso angesiedelt ist wie im Umweltbereich oder bei der Landwirtschaft.

Dabei sind wir auch ganz schnell bei der Ökosteuer. Dazu möchte ich noch ein kurzes Wort zu Herrn Scheuermann sagen. Herr Scheuermann, die Ökosteuer hatte das Ziel, den Faktor Arbeit zu entlasten und den Faktor Energieverbrauch zu belasten. Dieses Ziel erreicht die Ökosteuer. Dass man sie noch verändern und verbessern kann, ist sicherlich richtig. Als Umweltpolitiker in der SPD wünschen wir uns da auch noch weitere Schritte. So ist es also nicht. Aber aus unserer Sicht ist das ein Schritt in die richtige Richtung, und dieser muss weitergeführt werden, weil wir tatsächlich nur so zu einer Umsteuerung kommen können.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grü- nen)

So wie ich die Landespolitik der letzten Jahre verstehe als neue Abgeordnete muss ich mich ein Stück weit auf die früheren Diskussionen berufen, die ich nicht mitgestaltet habe , ist der Umweltplan das Zentralwerk der Umweltpolitik für die nächsten Jahre. Seit Ende 2000 liegt er vor. Er ist aus unserer Sicht eine Bestandsaufnahme der Situation, und er benennt das kann jeder nachlesen eine Unmenge von Aufgaben, die jetzt begonnen werden müssten. Dabei wird aber noch nicht richtig klar gemacht, an welchen Stellen tatsächlich zielgerichtet gearbeitet wird.

Wir wünschen uns im Umweltplan die Konkretisierung der nächsten Schritte, die Aufzählung der nächsten Schritte und nicht nur eine allgemeine Aufstockung der Mittel, obwohl wir diese ausdrücklich begrüßen. Wir wollen das aber konkretisiert haben, weil es beim Umweltplan kein Gießkannenprinzip geben darf. Wir haben begrenzte Mittel für die Ökologie, und wir müssen darauf achten, dass wir sie so effizient und so gut wie möglich für die entscheidenden Aufgaben einsetzen.

Damit sind wir bei der Diskussion darüber, welche Aufgaben dies tatsächlich sein könnten. Wir sind der Meinung Herr Scheuermann hat es auch schon angesprochen , dass der Flächenverbrauch und die Zerschneidung von Lebensräumen ein Thema sind. Wir sind uns einig, Herr Scheuermann, dass das kein neues Thema, sondern eine uralte Frage ist, die wir in früheren Beratungen immer wieder angesprochen haben. Mein Kollege Caroli hat es bei den letzten Haushaltsberatungen getan, und das ist früher sicherlich auch schon passiert.

Um es Ihnen noch einmal vor Augen zu halten: Der Flächenverbrauch pro Tag liegt bei 11 Hektar; neuere Zahlen besagen, dass es sogar 12 Hektar seien. Ich habe diese Zahlen noch nicht überprüft das sage ich ganz ehrlich , aber diese Zahlen habe ich kürzlich gelesen. Wenn es tatsächlich so sein sollte, dass es noch Steigerungsraten gibt, ist das ein allerhöchstes Alarmzeichen. Dann müssen wir beim Flächenverbrauch sozusagen die Reißleine ziehen und schleunigst zu Aktivitäten kommen, die den Flächenverbrauch eindämmen.

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

Wir wissen alle, was Flächenverbrauch bedeutet. Wir wissen, dass die Funktion des Bodens im Naturhaushalt als Wasserspeicher, als Wasserfilter, als Lebensraum für Flora und Fauna gestört wird. Wir wissen, dass ackerbaulich genutzte Böden verloren gehen, dass das Kleinklima verändert wird, wenn der Boden versiegelt wird, dass Lebensräume zerschnitten werden.

Wegen der Zerschneidung von Lebensräumen hat uns die Akademie für Technikfolgenabschätzung im letzten Jahr in ihrem Bericht eine sehr interessante Information ins Stammbuch geschrieben. Wir müssen diese Themen aufgreifen. Ich wünsche mir, dass das Ministerium Schwerpunkte setzt und konkrete Maßnahmen vorschlägt, damit wir an diese Fragen herangehen können und sie gemeinsam umsetzen können. Sie können sicher sein, dass wir dies gemeinsam tun werden, weil es uns ein Anliegen ist, dass die natürliche Umwelt ordentlich geschützt und geschont wird.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, in diesem Jahr 2002 ist es zehn Jahre her, dass die Konferenz in Rio de Janeiro stattgefunden hat. Im Sommer werden sich die Regierungen in Johannesburg treffen und Bilanz ziehen. Die Agenda 21, die die Aufgaben des 21. Jahrhunderts bewältigen soll, die bekanntermaßen das Ergebnis von Rio sind, ist der Bereich, in dem wir auch im Land Baden-Württemberg weiterarbeiten und darüber diskutieren müssen, wie wir die Ideen von Rio konkret für unser Land herunterbrechen können.

Wir haben gute Erfolge. Das steht völlig außer Frage. Wir haben ein hervorragendes Agendabüro bei der LfU, und wir haben inzwischen in über 300 Gemeinden aktive Agendagruppen, die das Prinzip „Global denken, lokal handeln“ umsetzen. Betrachten wir das abgelaufene „Internationale Jahr des Ehrenamtes“, wissen wir auch, dass die lokalen Agendagruppen vor Ort ein wesentlicher und guter Beitrag zum bürgerschaftlichen Engagement und ein Ansatzpunkt sind, wie man viele Menschen dafür gewinnen kann, sich für ihre Umgebung, ihre Gemeinde und ihre Region einzusetzen. Wir wollen, dass die Menschen gegenüber ihren Mitmenschen und gegenüber der Umwelt nicht gleichgültig werden.

(Beifall bei der SPD)

Weil wir diesen Prozess für so wichtig halten, haben wir als SPD-Fraktion die Aufstockung der Mittel gefordert und einen entsprechenden Antrag eingebracht.

Ich möchte zu einem weiteren Bereich, zum Thema Hochwasserschutz, kommen. Der Hochwasserschutz begleitet uns nun auch schon etliche Jahre. Er bleibt ein Dauerbrenner. Wir haben kürzlich im Ausschuss für Umwelt und Verkehr eine Anhörung zum Integrierten Rheinprogramm durchgeführt. Dabei haben wir erfahren, dass es weiterhin von Anliegern eine erhebliche Zahl von Widersprüchen gibt. Ich möchte aber an dieser Stelle dem Umweltministerium und auch dem Herrn Minister ausdrücklich danken, dass im Zusammenhang mit der von Anliegern geforderten Wehrlösung als Alternative zu dem 90-Meter-Streifen bei Breisach diese ganze Sache im Ministerium so zügig abgewickelt worden ist, dass der Fortgang beim Integrierten Rheinprogramm jetzt auch tatsächlich eingeleitet werden kann. Das ist sicherlich eine gute Sache. Denn die Situation ist ja schließlich die: Baden-Württemberg steht als Nachzügler da. Mit den Mittelaufstockungen im aktuellen Haushaltsplan verbinden wir natürlich die Hoffnung, dass die laufenden Arbeiten wie beim Polder Söllingen beschleunigt werden und dass die geplanten weiteren Maßnahmen zügig und energisch angegangen werden können. Da ist genau dieser 90-Meter-Streifen zwischen Weil und Breisach zu nennen.

Wir müssen auch feststellen ich denke, darüber sind wir uns in diesem Haus einig , dass wir da ein gemeinsames Anliegen haben. Wir waren uns ja bei der Beratung des von der SPD initiierten Antrags im Oktober einig, dass wir beim Integrierten Rheinprogramm weiterarbeiten müssen und schneller arbeiten müssen. Ich gehe davon aus, dass wir die nächsten Schritte im Ausschuss für Umwelt und Verkehr zügig bearbeiten werden.

Aber eines muss beim Integrierten Rheinprogramm klar sein: Im nachfolgenden Doppelhaushalt 2004/05 wird es noch einmal eine deutliche Aufstockung der Mittel geben müssen. Denn wenn die vereinbarten Rückhaltevolumina bis zum Jahr 2021 tatsächlich geschaffen werden sollen, müssen wir jetzt einen zeitlichen Drive hineinbekommen und die Umsetzung vorantreiben. Es sollte hier nicht zu weiteren Verzögerungen kommen, denn das ist wirklich eine notwendige Maßnahme. Wir hoffen alle, dass wir in der Zwischenzeit, bis der hinreichende Hochwasserschutz durch das Integrierte Rheinprogramm wirklich erreicht ist, nicht ein solches Hochwasser bekommen, das Milliardenschäden verursacht, was natürlich eine absolute Katastrophe wäre. Deswegen dürfen wir jetzt auf jeden Fall nicht innehalten, sondern müssen weitermachen und durchhalten.

(Beifall bei der SPD)

Zum Schluss meiner Ausführungen möchte ich noch eine Anmerkung zur Internationalen Länderkommission Kerntechnik machen. Ich will nicht alles wiederholen, was in diesem Haus hierzu schon gesagt worden ist. Wir haben über diese Kommission hier in den verschiedensten Debatten diskutiert. Aus unserer Sicht handelt es sich um eine reine Geldverschwendung, wenn in diesem Doppelhaushalt 1 Million € für Arbeiten dieser Kommission ausgegeben werden, die nur den Zweck haben, die Atomenergienutzung in ein gutes Licht zu setzen. Wenn man das schon will, kann man genauso eine Werbeagentur beauftragen, die dann zwar politisch und finanziell nicht weniger unsinnig und fragwürdig wäre, aber das wäre wenigstens ein ehrliches Vorgehen und nicht nur eine Augenwischerei einer fachlichen Kommission.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grü- nen)

Deswegen haben wir auch einen Antrag eingebracht, durch den wir die Mittel für die ILK zurückfahren wollen.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grü- nen)

Das Wort erteile ich Frau Abg. Berroth.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Landesregierung hat im vergangenen Jahr für Baden-Württemberg als erstes Bundesland einen Umweltplan vorgelegt. Wenn dieser einerseits von der Wirtschaft als zu scharf kritisiert wird und andererseits der Opposition zu wenig ist, liegt er vermutlich genau richtig in der Mitte. Ich habe allerdings eine Bitte zu dem angekündigten wissenschaftlichen Beirat. Es ist sicherlich richtig, dass dieser tätig wird, und er kann gute Ergebnisse bringen, die wir für die nachhaltige Entwicklung brauchen. Aber es wäre wichtig, dass dieser Beirat nicht für sich alleine tagt und arbeitet, sondern dass es eine intensive Vernetzung mit dem Parlament gibt. Damit meine ich nicht, dass Parlamentarier Mitglieder des Beirats sein sollen, sondern dass sich die Mitglieder des Beirats und die Verkehrspolitiker aus dem Lande regelmäßig zum Austausch der Ergebnisse zusammensetzen.

Der Haushaltsplan zieht erste Konsequenzen aus dem Umweltplan, indem er zum Beispiel Mittelumschichtungen zur Förderung der nachhaltigen Energie enthält und den Ansatz dafür verdoppelt. Die hierdurch mögliche Förderung des Agenda-21-Prozesses und des Umweltdialogs sowie das Förderprogramm „Nachhaltigkeit der Wirtschaft“ sind wichtige Vorhaben. Die FDP/DVP unterstützt die Ziele des Umweltplans und die daraus folgenden Haushaltsansätze.

Die positiven Ansätze des Plans zur Reduzierung des Flächenverbrauchs müssen ebenfalls weiterentwickelt werden. Hier geht es uns insbesondere um die Wiedernutzbarmachung von Industrie- und Gewerbebrachen. Allerdings muss da zunächst geplant werden, bevor man Geld braucht. Gewisse Mittel hierfür sind auch im Etat enthalten. Der Antrag, zusätzliche Mittel einzustellen, erscheint uns deshalb überflüssig.

Neue Konzeptionen werden auch im Bereich der Altlastensanierung nötig sein. Auch hier wird es in der Folge Mittelbedarf geben, den wir aufgrund der Haushaltslage in diesem Jahr leider noch nicht berücksichtigen können.

Wir Liberalen begrüßen die Vervierfachung der Landesmittel für den Klimaschutz. Das kommunale und das allgemeine CO2-Minderungsprogramm sowie das Beratungsund Bildungsprogramm „Energieeffizienz“ können so intensiviert werden.

Im Bereich der Umweltforschung ergänzen zusätzliche Mittel aus der Zukunftsoffensive die Vorhaben der Landesregierung.

Ein wichtiger Bereich ist die Abfallwirtschaft. Wegen Auslegungsproblemen bei der Anwendung des Kreislaufwirtschaftsgesetzes und des Abfallwirtschaftsgesetzes gibt es immer noch viel Rechts- und Planungsunsicherheit. Dies stellt Kommunen, Bürger und Wirtschaft vor große Probleme. Wir müssen da für Klarheit sorgen. Hier hat das Ministerium eine Arbeitsgruppe eingesetzt; auch da, denke ich, sollte ein Zusammenwirken mit dem Landtag wichtig sein.

Neben Umweltschutz und Entsorgungssicherheit ist bei der Abfallwirtschaft die Gestaltung tragbarer Gebühren sicherzustellen. Wir von der FDP/DVP meinen, dass man im Bereich der Abfallwirtschaft mit Deregulierung und Privatisierung ein ganzes Stück weiterkommt.

(Zuruf des Abg. Schmiedel SPD)

Ich will das nicht zu weit ausführen. Aber eines ist uns wichtig: Wir sollten nicht den Weg, sondern das Ziel vorgeben und damit einen kreativen Wettbewerb um die günstigste Lösung anstoßen.

(Abg. Schmiedel SPD: Der Weg ist das Ziel! Abg. Schmid SPD: Das Ziel ist der Weg!)

Eine weitere Problemlage haben wir in diesem Landtag im letzten Jahr erörtert, nämlich die Verpackungsverordnung. Sie leidet immer noch an der Untätigkeit und das muss ich ganz klar sagen auch an der Unfähigkeit des Bundesumweltministers.

(Abg. Schmiedel SPD: Töpfer heißt der Mensch!)