Da ich schon aus beruflichen Gründen nicht gern gegen Spielregeln verstoße, sage ich zu Beginn: Ich habe Unterlagen dabei, anhand derer ich hier rede, weil das meiner Meinung nach gar nicht anders geht. Sonst müsste man das in einem anderen Rahmen als im Rahmen einer Aktuellen Debatte machen. Denn so, wie die Sache diskutiert wird – das wissen Sie auch –, habe ich nicht die geringste Lust, hier in freier Rede, lieber Herr Schmiedel, zu sagen: „Das habe ich am Vormittag des 11. gehört“, und in Wirklichkeit war es dann der Nachmittag des 10., und Sie hängen mich daran auf.
(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU – Zurufe der Abg. Schmiedel und Nagel SPD sowie Oel- mayer GRÜNE)
Wenn Sie damit einverstanden sind, dann können Sie übrigens auch einiges von mir hören. So schlimm wird es übrigens nicht, denn das meiste kann ich jetzt natürlich auch nachts singen.
Um das vorweg zu sagen: Ich habe natürlich Verständnis für das Oppositionsgeschäft. Opposition ist ja gewissermaßen der Versuch, aus allem das Schlechteste zu machen.
(Zuruf von der CDU: Brotlose Kunst! – Abg. Oel- mayer GRÜNE: Zur Sache! Herr Minister, zur Sa- che! Klären Sie uns mal auf! – Abg. Dr. Caroli SPD: Auf das Verständnis kann man pfeifen!)
Aber ich sage Ihnen: Herr Oelmayer, ich bin schneller bei der Sache, um die es wirklich geht, als man meint.
Wenn Sie mich nicht laufend unterbrechen würden, wäre ich schon bei der Sache. Wissen Sie, was die Sache ist?
Ich verstehe einerseits das Vorgehen der Opposition und deren Bestreben, aus allem das Schlechteste zu machen. Aber ich sage Ihnen deutlich: Mein Verständnis endet dort, wo hanebüchene persönliche Vorwürfe konstruiert werden
und wo haltlose Unterstellungen öffentlich breitgetreten werden, um andere Menschen in ihrem guten Ruf zu schädigen. Darum geht es; das ist die Sache, auf die es Ihnen ankommt.
Lieber Herr Maurer, Sie sind Rechtsanwalt, und Sie haben lange herausragende öffentliche Ämter in der Fraktion gehabt. Ich muss sagen, ich bin schon mehr als geplättet, dass gerade Sie – offensichtlich dringend – Nachhilfeunterricht von Leuten brauchen, die nicht vom Fach sind. Zum Beispiel habe ich in der letzten Woche einen Tiefstand politischer Kultur erlebt, als ich in einer Pressemitteilung gelesen habe:
Unter FDP-Justizminister Goll gibt es offenbar eine Vorzugsbehandlung für Häftlinge mit politischen Verbindungen.
So etwas wird berichtet, ohne dass der Sache nachgegangen wird, ohne dass geprüft wird, wie es wirklich war, ob da etwas dran ist.
Zuerst kommt eine Sache, die jeden hinunterzieht. In Ihrer Sprache und in Ihrer Welt zählt der gute Ruf vielleicht nicht so viel; aber ich muss ehrlich sagen, ich finde es unglaublich, ich finde es wirklich unglaublich, wenn ich so etwas lesen muss.
Genauso ist es mit anderen Vokabeln, die einfach so in die Diskussion geworfen werden: Es werde mit zweierlei Maß gemessen. Auch dafür gibt es nicht den leisesten Anhaltspunkt, wie wir sehen werden. Dann wird ständig das Gerede von den „schützenden Händen“ wach gehalten. Damit können wir vielleicht gleich einmal anfangen.
Es geht um das Thema „Einmischung gegenüber der Staatsanwaltschaft“. Sie wissen über das Weisungsrecht im Grunde genommen Bescheid. Sie wollten es allerdings abschaffen. Dann hätten wir uns darüber gar nicht mehr zu unterhalten brauchen; dann könnten die Staatsanwälte machen, was sie wollen. Das war ja Ihr Wille, und das ist das, was in Ihrem Wahlprogramm steht.
Aber es gibt das Weisungsrecht noch, und ich nehme dieses Weisungsrecht auch ernst. Ich handhabe es so, wie es im Gesetz steht und wie es rechtlich ausgestaltet ist. Danach dient es einzig und allein der Sicherung von Einheitlichkeit und Rechtmäßigkeit des staatsanwaltschaftlichen Handelns – nicht mehr und nicht weniger. Mit jeder Weisung, die von diesem Grundsatz sachwidrig abweichen würde oder die sachwidrig über ihn hinaus gehen würde, würde ich mich selbst strafbar machen und alle Beamten, die sich daran beteiligen, auch.
Wer mir so etwas unterstellt, unterstellt im Grunde eben mir und den Staatsanwältinnen und Staatsanwälten in Baden-Württemberg Strafvereitelung im Amt und Rechtsbeugung.
Das müssen Sie einmal deutlich sagen. Wenn Sie es sagen, müssen Sie es dann aber bitte schön auch belegen.
Wissen Sie, auf einen – von mir aus auch harten – Streit darüber, ob ich mein Amt gut ausfülle und ob die Mitarbeiter der baden-württembergischen Justiz gute Arbeit leisten, lasse ich mich jederzeit ein, und ich stelle mich der Kritik.
Es gibt – das räume ich ein – im Zusammenhang mit dem FlowTex-Betrug auch Punkte der Kritik an der Arbeit von Landesbehörden. Natürlich wäre ich lieber schon 1996 mit der Erfolgsmeldung vor Sie hingetreten: Betrug entdeckt, Täter verhaftet.
Aber gegen derart haltlose und bodenlose Unterstellungen wie die von der „schützenden Hand“ kann ich mich gar nicht wehren. Da hört aber die politische Diskussion auch auf; da beginnt die persönliche Diffamierung. Besonders unanständig ist dies, weil Sie wissen, dass meine Mitarbeiter und ich viele Argumente und Fakten zur Richtigstellung während eines laufenden Verfahrens gar nicht nennen dürfen. Wir stehen da, dürfen nichts sagen und müssen uns alles anhören, was Sie an wahnwitzigen Spekulationen um dieses Verfahren herum erfinden.
(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Alfred Haas CDU: An Schmutz! – Zuruf des Abg. Fischer SPD)
Deswegen sage ich jetzt eines einmal ganz deutlich. Herr Maurer, Sie haben vorhin gesagt, Sie hätten gern mit mir diskutiert. Ich habe mir das angehört und sage eben jetzt etwas dazu. Aber ich mache mir keine großen Illusionen, dass es nicht hinterher draußen genauso weitergeht wie bisher. Trotzdem möchte ich für alle, die guten Willens sind und es einmal hören wollen, eines ganz deutlich sagen:
Im FlowTex-Verfahren hat es niemals auch nur einen Versuch von irgendeiner dritten Seite gegeben, mich dazu zu bringen, auch nur den leisesten Einfluss auf das Verfahren auszuüben. Es gab keinerlei Versuch dieser Art, weder von den Betroffenen noch von ihren Vertretern, noch von jemandem aus dem politischen Raum. Wenn ich sage „keinerlei Versuch“, gibt es eine einzige Ausnahme. Ich habe nämlich einmal um ein paar Ecken herum einen Brief bekommen. Da wollte jemand unbedingt mit mir persönlich über das Verfahren reden; das war Herr Gauweiler. Das war der einzige Versuch. Sonst hat nie jemand etwas von mir gewollt.
Jetzt sage ich etwas Zweites dazu: Genauso selbstverständlich gab es auch nie eine Weisung oder auch nur eine Äußerung oder die Andeutung eines Wunsches von mir, man möge irgendeinen Beschuldigten im FlowTex-Verfahren doch auf eine bestimmte Art milder oder härter anfassen. Dazu hätte ich nicht nur kein Recht, sondern dazu habe ich
auch nicht den geringsten Anlass. Ich habe unsere Staatsanwaltschaften diese Sache im Rahmen ihres gesetzlichen Auftrags und unter Wahrung der Grenzen, die durch ihre hierarchische Einbindung gesetzt sind – ich habe vorhin vom Weisungsrecht gesprochen –, nach allen Regeln der Kunst durchführen lassen, ohne mich in einer Art einzumischen, die schlimm wäre.
Vielleicht nehmen Sie endlich auch einmal zur Kenntnis, was wir Ihnen schon mehrfach mitgeteilt haben: Der FlowTex-Betrug wurde dem Justizministerium erstmals im Februar 2000 zur Kenntnis gebracht, als die Verhaftungen anstanden. In diesen Februartagen habe ich das erste Mal überhaupt von der Sache gehört.
Ich komme gleich zu den Fällen im Rahmen der Vorgeschichte. Ich glaube nicht, dass es sich um Berichtsfälle gehandelt hat. Das hat nicht eine Dimension erlangt, nach der eine Berichtspflicht entstanden wäre. Dafür haben die Anhaltspunkte nicht ausgereicht.
Schließlich darf ich auch noch darauf hinweisen: Wie Sie wissen, hat der ermittelnde Staatsanwalt vor einer Woche plädiert. Er hat für die beiden Haupttäter Haftstrafen von über zwölf und über elf Jahren beantragt. Auch das, glaube ich, zeigt jedem, der es wissen will, dass es keine schützenden Hände über den Angeklagten gibt. Vielleicht tritt jetzt endlich auch einmal Ruhe ein. Aber ich habe es vorhin angedeutet – ich habe in dieser Hinsicht keine Illusionen –: Die Versuche, mich auf läppischste Art in Dinge hineinzuziehen, gehen wahrscheinlich weiter.
Der Name Morlok ist gefallen. Meine Damen und Herren, ich kann nichts dafür, wie sich die Berufe unserer paar tausend Mitglieder zufällig über das Land verteilen. Aber man muss doch nicht lange darüber nachdenken. Man müsste doch fast schon mit dem Klammerbeutel gepudert sein, um es überhaupt für möglich halten zu können, dass ich mich in Dinge hineinziehen lasse, die nicht in Ordnung sind. Wenn es schon nicht die Moral wäre, die mich daran hindern würde, wäre es der bescheidene Verstand, den ich mitbringe.
Sie haben von Anzeigen gesprochen. Es gab mehrere Anzeigen gegen Dutzende von Leuten in diesem Verfahren. In einem Großverfahren gibt es immer auch eine Art von – ich sage einmal – ziemlich konfusen und querulatorischen Anzeigen, in denen 50 Namen genannt werden und behauptet wird, die betreffenden Personen seien alle bestechlich. In diesem Zusammenhang haben Sie Recht: