Herr Minister, Sie haben es während Ihrer Amtszeit geschafft, das Thema Wohnungsbau als eigenständiges Feld einer Landeswirtschaftspolitik abzuräumen.
Schauen Sie nach Bayern, schauen Sie nach NordrheinWestfalen! Diese Länder nehmen das Gebot des Grundgesetzes ernst, wonach die Wohnungsbauförderung zunächst eine Angelegenheit des Landes ist und vom Bund komplementär finanziert wird, nach Maßgabe dessen, was notwendig ist.
Da die Wohnungssituation in der Bundesrepublik völlig unterschiedlich ist, ist es doch nicht verwunderlich, dass der Bund seine Förderung reduziert hat. Sie wissen, dass mehr notwendig ist, Sie aber tun nichts.
Derselbe Minister Döring, der zusammen mit dem Ministerpräsidenten die Steuerreform abgelehnt hat, der versuchte, sie zu blockieren, sagt: „Bitte zieht doch diese Steuerreform vor!“ Derselbe Minister, der in jeder Sitzung des Wirtschaftsausschusses, wenn man ihn auf die Notwendigkeiten anspricht, beispielsweise bezüglich der Wohnungsbauförderung, erklärt: „Ich würde ja gern, aber ich habe kein Geld mehr. Man hat mir die freien Verfügungsmittel von 90 Millionen auf 30 Millionen DM reduziert. Ich kann nicht mehr tun“,
fordert: „Zieht doch die Steuerreform vor.“ Sie könnten nicht einmal mehr Ihr Pflichtprogramm absolvieren, ohne neue Schulden zu machen.
Deshalb darf man Ihnen die Verantwortung im Bund nach wie vor nicht übertragen. Sie haben nichts anderes auf Lager als das alte Rezept „Schulden machen, Schulden machen, Schulden machen.“
Ja, natürlich! Sie wollen doch die Steuerreform vorziehen, ohne zu wissen, wie Sie das finanzieren können.
erstens gezielte Anstrengungen auf dem Arbeitsmarkt unternehmen – Job-AQTIV-Programm –, zweitens gezielte Investitionsförderung, insbesondere im Bereich der Infrastruktur Investitionen vorziehen.
Jetzt frage ich Sie, Herr Minister: Warum machen Sie eigentlich nicht Ähnliches für den Wohnungsbau wie das, was der Bundesverkehrsminister vorhat, nämlich künftige Einnahmen – nicht aus dem Haushalt, sondern aus der Schwerlastabgabe – heute zu kapitalisieren und dafür zu verwenden, um notwendige Ausbaumaßnahmen im Straßennetz des Bundes voranzubringen? Warum nutzen Sie nicht die hohen Mittel, die im Bestand liegen? Warum sagen Sie nicht: „Heute ist es notwendig, etwas zu tun“ und kapitalisieren Forderungen, die Sie haben?
Sie machen sich über die Ratschläge der unabhängigen Kommission lustig, die Sie selber angerufen haben. Diese
hat Ihnen vorgerechnet – und Sie haben nicht widersprochen –, dass wir im Bereich der Altbausanierung einen Bedarf von 50 Milliarden DM haben, auf zehn Jahre gerechnet jedes Jahr 5 Milliarden DM. Deshalb müssten wir über die Förderung des Energiesparens hinaus in eine große Wohnungsmodernisierungsförderung gehen, wie das andere Bundesländer auch machen, um dem Handwerk eine Perspektive zu geben. Während Ihrer Amtszeit, Herr Minister, ist die Beschäftigung im Bauhauptgewerbe um 70 000 Arbeitsplätze zurückgegangen.
Die Bauwirtschaft erwartet für das nächste Jahr einen Höchststand bei den Insolvenzen in Baden-Württemberg. Und da sehen Sie keinen besonderen Handlungsbedarf! Das ist erschreckend.
Jetzt, meine Damen und Herren, zum Schluss noch zu einem ganz trüben Kapitel in der Landeswirtschaftspolitik.
Wir sind froh, dass es, insbesondere seit Rot-Grün in Berlin regiert, im Land besonders aufwärts gegangen ist.
(Lachen bei der CDU – Vereinzelt Beifall bei der SPD – Abg. Dr. Birk CDU: Oje! Der Mann wird ganz rot!)
Aber wir ruhen uns natürlich nicht aus nach dem Motto „Weil es so gut läuft, lehnen wir uns zurück“, sondern wir haben natürlich den Anspruch, dass das Land Baden-Württemberg auch künftig bei der Wirtschaft im Bundesvergleich ganz vorne an der Spitze ist.
Was sagt uns die Wirtschaft? Was ist die Wachstumsbremse für viele mittelständische, für viele Handwerksbetriebe? Der Fachkräftemangel.
Sie erlauben sich als Landesregierung eine Zuwanderungspolitik unter nur einer Perspektive: Was nützt uns im Wahlkampf? Sie fragen nicht, welche Fachkräfte die Wirtschaft braucht,
Sie fragen nicht, was der Standort Baden-Württemberg braucht, sondern nur: Was nützt uns in einer ideologisch motivierten Auseinandersetzung bei der Bundestagswahl? Ihnen fehlt die politische Moral, endlich das zu machen, was notwendig ist,
nämlich ein modernes Zuwanderungsrecht, das der Wirtschaft die notwendigen Arbeitskräfte gibt und Wachstum und Wohlstand in unserem Land sichert.
Herr Präsident, meine Damen, meine Herren! Von der CDU und der FDP/DVP sind zwei Punkte angemahnt worden: zum einen die Deregulierung und zum anderen das Vorziehen der Steuerreform. Ich möchte dazu noch ein paar Worte sagen.
Wir Grünen meinen, eine Deregulierung über das hinaus, was derzeit besteht, hilft im Augenblick nicht weiter. Wir müssen feststellen, dass es schon heute eine Reihe von flexiblen Regelungen gibt. Es wird immer so getan, zum Beispiel von Ihnen, Herr Hofer, als ob es Flächenverträge gäbe, die undifferenziert über alle Betriebe gestülpt würden. Dabei wird übersehen, dass es heute schon eine Vielzahl von flexiblen Regelungen vor Ort gibt. Auch die Gewerkschaften verschließen sich nicht der Diskussion darüber, diese Regelungen betriebsnah auszugestalten.
Wir Grünen sagen klar und eindeutig: Eine Flexibilisierung nur zulasten der Beschäftigten tragen wir nicht mit.
(Beifall bei den Grünen – Abg. Dr. Birk CDU: Das verlangt niemand! – Gegenruf des Abg. Dr. Salo- mon GRÜNE: Das ist der Mann mit dem Stoiber! Das kann man sich doch merken!)
Sie haben das Betriebsverfassungsgesetz als einen Negativposten angeführt. Ich darf darauf hinweisen: Gerade in kritischen Zeiten – und ich betone: wir haben zurzeit kritische Zeiten in diesem Bereich –
Wenn Sie jetzt mit Kampfgeschrei daherkommen und Flexibilisierung, befristete Beschäftigungsverhältnisse usw. fordern, dann vergraulen Sie die Betriebsräte und machen möglicherweise die gute Zusammenarbeit kaputt. Das schadet letztendlich den Betrieben, das schadet der wirtschaftlichen Entwicklung, und das schadet auch dem Arbeitsmarkt.