Herr Palmer, Ihre Argumentation erinnert mich immer an den Brandstifter, der sich darüber beschwert, die Feuer
Aber jetzt zu Ihrer ersten Frage, weil das die berühmte Mär ist, wir würden jede Menge Geld horten und für Stuttgart 21 reservieren. Ich kann nur sagen: Schön wäre es, wenn wir ein Sparkässchen anlegen könnten. Aber wir haben keine Sparkasse. Lediglich einige Projekte verschieben sich zeitlich. Das wissen Sie auch. Das hat überhaupt nichts mit Stuttgart 21 zu tun. Wir haben im südbadischen Raum Projekte, die sich verschieben. Denken Sie an die Rhein-Neckar-S-Bahn. Dieses Projekt hat sich zeitlich verschoben. Richtig ist, dass der Mittelabfluss für diese Projekte etwas in zeitlichen Verzug geraten ist; aber das ist keine Sparkasse und schon zweimal keine Sparkasse für Stuttgart 21. Auch diese Mär stimmt nicht.
Jetzt noch ein paar Punkte, wo wir einfach aufpassen müssen, weil wir dabei alle ganz schnell vom Thema Privatisierung eingeholt werden. Wir können so verfahren, wie wir uns eigentlich einig sind: zusätzliches Geld für Interregio, gesetzliche Änderung. Ich glaube, da gibt es gar keinen Dissens. Aber, meine Damen und Herren, es gibt ein paar andere Probleme, über die bisher nicht geredet wurde. Und darüber muss geredet werden.
Stichwort Tarifierungsprobleme: Ich darf Ihnen einmal von einem Projekt im Bereich der Euro-Bahn in Bielefeld berichten. Manchmal ist es ganz interessant, zu erfahren, was andere Länder tun – manchmal haben die ja ganz gute Ideen; das ist unbestritten –, was passiert, wenn ein Vorhaben umgesetzt wird. Dort hat man die Bahn AG hinausgeschmissen, weil ein privater Anbieter billiger, kostengünstiger war, und diesen privaten Anbieter hereingenommen. Tatsache ist, dass in diesem Bereich, weil tarifverbundübergreifend und anbieterübergreifend, die Monatsfahrkarten um 20 % teurer geworden sind, und zwar deshalb, weil wir bis zum heutigen Tag keine Regulierungsbehörde, auf welcher Ebene auch immer, für die Tarife haben. Deshalb beinhaltet unser Antrag auch dies. Es nützt mir nichts, wenn das Angebot scheinbar wirtschaftlicher ist und dann der komplette Raum Südbaden, an der Spitze wahrscheinlich Abg. Palmer, in Stuttgart auf der Matte steht und sich darüber beschwert, dass plötzlich die ganzen Tarife teurer geworden sind. Wir brauchen dann auch ein Überwachungsinstrument, damit wir das hinkriegen. Deshalb haben wir das in unseren Antrag aufgenommen.
Zum nächsten Punkt: Ich bitte Sie einfach, zu akzeptieren, dass wir auch in Vorlaufinvestitionen gehen müssen, denn es ist nicht mit 200 Millionen DM zusätzlich für den Betrieb getan. Wir brauchen für einen dreistelligen Millionenbetrag neues Wagenmaterial – dafür gibt es keinen Ersatz –, und wir werden unter dem Strich, selbst wenn wir Effizienzgewinne haben, ein Stück weit drauflegen müssen. Ich gehe davon aus, dass das dann auch die Zustimmung dieses hohen Hauses findet, und zwar die einstimmige Zustimmung.
Deshalb als Resümee des Ganzen, meine Damen und Herren: Ich habe in einem Punkt ein Problem mit dem, was Sie im Bereich von Südbahn und Schwarzwaldbahn artikulieren, Herr Palmer.
Wir alle wissen – das muss jetzt einfach der Ehrlichkeit halber hier gesagt werden –: Selbst wenn die Bundesregierung morgen das Gesetz ändern und uns übermorgen die 200 Millionen DM auf den Tisch legen würde – der Zeitplan ist, was Sie auch wissen, Frühjahr nächsten Jahres –, wäre es unmöglich, innerhalb von 12 oder 13 Monaten auszuschreiben, das neue Fahrzeugmaterial zu beschaffen und die Inbetriebnahme durch eine private Gesellschaft umzusetzen. Deshalb ist es nicht seriös,
im Bereich der Südbahn herumzulaufen und zu sagen: Die Stuttgarter müssen nur zustimmen, dann läuft zum 1. Januar 2003, zum Fahrplanwechsel, alles en bloc hervorragend; die Privaten machen das. Es geht zeitlich nicht. Das muss man der Ehrlichkeit halber einfach einmal sagen. Deshalb sagen wir: Wir wollen die Gesetzesänderung. Wir wollen das Geld. Wir werden sofort ausschreiben. Was dann dabei herauskommt, ist eine ganz andere Frage – Stichwort Rhein-Neckar und anderes mehr. Und dann ist es sicherlich trotz großer Zeitprobleme möglich, ein Jahr später, zum 1. Januar 2004, wenn alles gut läuft, das Ganze auf die Schiene zu bringen.
Wir sind selbstverständlich bereit, für die Übergangszeit auch Regionalisierungsmittel zu investieren, damit man einen guten Übergang hinkriegt. Daran soll es nicht scheitern; das ist überhaupt keine Frage. Das gilt übrigens nicht für den Bereich der Südbahn, Herr Palmer, Ihr Lieblingsprojekt. Es gibt auch noch ein paar andere Strecken: Schwarzwaldbahn, Rennsteig, Murrbahn und anderes mehr. Wir machen das, aber wir brauchen die Unterstützung der Bundesregierung dabei. Wir brauchen die Gesetzesänderung. Wir brauchen das Geld. Wir erreichen das, wenn der Antrag der Fraktionen von CDU und FDP/DVP heute unterstützt wird. Damit werden wir noch mehr Vorlauf und noch mehr Unterstützung nach Berlin bekommen. Deshalb bitte ich Sie am heutigen Tage sehr herzlich um Unterstützung.
Meine Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Wir kommen daher zur geschäftsordnungsmäßigen Behandlung der Anträge. Der Antrag der Fraktion der FDP/DVP, Drucksache 13/55, ist ein Berichtsantrag, der mit der heutigen Aussprache erledigt ist. – Gegen diese Feststellung erhebt sich kein Widerspruch.
Dann kommen wir zu dem Entschließungsantrag Drucksache 13/373. Bei diesem Antrag müssen wir noch eine Ergänzung vornehmen. Er muss den Titel „Entschließungsantrag“ erhalten. Ich bitte, das zu ergänzen.
Ferner kann sich der Landtag nicht direkt, sondern nur über die Landesregierung an den Bund richten. Deswegen soll die Einleitung wie folgt geändert werden:
ihre gegebenen Einwirkungsmöglichkeiten zur Umsetzung der nachstehenden Entschließung auszuschöpfen:
Mit dieser Einleitung soll der Antrag nun behandelt werden. Zu dem Antrag liegt der Änderungsantrag der Fraktion GRÜNE, Drucksache 13/377, vor. Es wurde vorgeschlagen, diesen Änderungsantrag an den Ausschuss zu überweisen und heute nicht darüber abzustimmen. Wird dem zugestimmt, Herr Palmer?
Dem können Sie nicht zustimmen. Gut. Dann lasse ich jetzt zunächst über den Änderungsantrag der Fraktion GRÜNE, Drucksache 13/377, abstimmen. Wer diesem Antrag zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Die Gegenstimmen waren die Mehrheit. Der Antrag ist damit abgelehnt.
Dann lasse ich jetzt über den Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU und der FDP/DVP, Drucksache 13/373, mit der von mir erwähnten Änderung der Einleitung abstimmen. Wer dem Antrag zustimmt, den bitte ich um ein Handzeichen. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Diesem Antrag ist einstimmig zugestimmt worden.
Beschlussempfehlung und Bericht des Ständigen Ausschusses zu dem Antrag der Landesregierung vom 24. Juli 2001 – Entwurf einer Bekanntmachung der Landesregierung über die Abgrenzung der Geschäftsbereiche der Ministerien – Drucksachen 13/127, 13/291
Meine Damen und Herren, die Fraktionen sind übereingekommen, dass über die Beschlussempfehlung keine Aussprache stattfinden soll. Wir stimmen daher über die Beschlussempfehlung ab. Wer ihr zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Dem Antrag der Landesregierung ist mehrheitlich zugestimmt.
Antrag der Fraktion GRÜNE und Stellungnahme des Ministeriums für Kultus, Jugend und Sport – Ganztagesangebote an Schulen – Drucksache 13/10
Das Präsidium hat folgende Redezeiten festgelegt: für die Begründung des Antrags fünf Minuten, für die Aussprache fünf Minuten je Fraktion.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die bildungspolitische Diskussion in der Bundesrepublik hat sich gewandelt. Jahrzehntelang war die Ganztagsschule heftig umstritten. Jetzt wird die Ganztagsschule nicht nur akzeptiert, sondern es gibt ein breites gesellschaftliches Bündnis für die Ganztagsschule von Eltern, Lehrern und Lehrerinnen, den Kirchen, den Gewerkschaften, den Arbeitgeberverbänden sowie von den sozialund jugendpolitischen Verbänden.
Nur bei der CDU-regierten Landesregierung hat sich die Akzeptanz der Ganztagsschule und der Ganztagsangebote noch nicht herumgesprochen. Wie anders ist es sonst zu erklären, dass es immer noch eine breite Abwehr gegen Ganztagsschulen und Ganztagsangebote an Schulen gibt? Denn dies sind die Fakten: Nur 118 von über 4 000 Schulen in Baden-Württemberg sind Ganztagsschulen; es gibt – bei insgesamt 2 500 Grundschulen – nur vier Ganztagsgrundschulen, und für nur 1,4 % der Schulkinder gibt es Hortangebote. Dies, meine Damen und Herren, ist ein Armutszeugnis für ein reiches Land, für ein Land, das wirtschaftlich überall Spitze sein will.
Ich füge hinzu: Es ist auch ein Trauerspiel, was sich derzeit in den Verhandlungen zwischen den kommunalen Landesverbänden und der Landesregierung abspielt.
Herr Präsident, es ist weder die Ministerin noch der Staatssekretär anwesend. Ich halte es für wenig sinnhaft, eine schulpolitische Debatte in Abwesenheit der Exekutive zu führen.
Das war doch keine Zwischenfrage. Fragen Sie die Rednerin. Oder wollen Sie einen Geschäftsordnungsantrag stellen? Dann müssen Sie warten, bis die Rednerin zu Ende ist. Dann können Sie den entsprechenden Geschäftsordnungsantrag stellen.
(Abg. Kretschmann GRÜNE: Danke für die Beleh- rung, Herr Präsident! – Abg. Oelmayer GRÜNE: Aber Sie wissen doch, was die Rednerin sagen will!)
Ich sehe gerade, dass der Staatssekretär kommt. Daher gehe ich davon aus, dass ich jetzt einen aufmerksamen Zuhörer aus dem Kultusministerium habe. Ich vermute, dass die Ministerin nicht mitbekommen hat, dass der Tagesordnungspunkt vorgezogen wurde.
Ich fahre jetzt fort. Ich war dabei zu sagen, dass dieses geringe Angebot an Ganztagsschulen und Ganztagsangeboten ein Armutszeugnis für Baden-Württemberg ist. Ich will aber noch hinzufügen: Monatelang finden jetzt bereits die Verhandlungen zwischen den kommunalen Landesverbänden und der Landesregierung über den Ausbau von Ganz
tagsbetreuung statt. Es ist wirklich ein Trauerspiel, wie sich die Landesregierung hier verhält, sodass sich die kommunalen Landesverbände von dieser Landesregierung zu Recht im Stich gelassen fühlen, die nicht bereit ist, sich in einem angemessenen Umfang an der Finanzierung und Ausgestaltung dieser Nachmittagsangebote zu beteiligen.