Deshalb meine ich nach wie vor: Bitte lösen Sie sich von dieser Ideologie im Bereich der Suchtpolitik. Lassen Sie uns gemeinsam den Menschen in den Mittelpunkt stellen.
Stimmen Sie unserem Antrag zu, einen Modellversuch zu starten, um diesen Langzeitabhängigen, diesen Schwerstabhängigen zu helfen.
Sehr geehrter Herr Kollege Glück, ich habe mir schon bei der Vorbereitung meiner Rede vorgestellt, dass Ihre Klagen über die Beziehungskiste mit der CDU-Fraktion kommen werden.
Auch Ihre Pirouette, die Sie jetzt wieder vollführt haben, konnte ich mir schon vorstellen. Deshalb habe ich mir einmal die Mühe gemacht, die Liste der leeren Versprechungen der FDP/DVP zur Suchtpolitik zusammenzustellen.
Bereits 1996 hat die SPD im Landtag beantragt, dass wissenschaftlich begleitete Erprobungsmodelle staatlich kontrollierter ärztlicher Heroinverschreibung unter sozial- und psychotherapeutischer Begleitung ermöglicht werden und die Rechtmäßigkeit von Konsum- und Gesundheitsräumen durch entsprechende Vorschriften in den Betäubungsmittelgesetzen ermöglicht wird; vgl. Drucksache 12/115.
Die Position der FDP/DVP liege inhaltlich nicht weit von dem entfernt, was die Antragsteller forderten. Die aufgegriffene Angelegenheit sei der FDP/DVP wichtig, stelle für sie jedoch keinen Anlass dar, sich gleich in der zweiten Ausschusssitzung von ihrem Koalitionspartner CDU spalten zu lassen. Die FDP/DVP wünsche sich genügend Zeit, um mit der CDU darüber beraten zu können, was sich gemeinsam tragen lasse.
Anstatt sich mit der CDU zu beraten, Herr Dr. Glück, stritt die FDP/DVP aber zunächst selber. Im März 1997 machte ein Streit zwischen FDP/DVP-Justizminister Goll und der Landtagsfraktion Schlagzeilen.
Sie wissen es schon gar nicht mehr. Sie sind Weltmeister im Verdrängen. – Goll lehnte die Einrichtung von Drogenkonsumräumen im Gegensatz zur Haltung seiner Fraktion ab; vgl. „Südwest Presse“ vom 4. März 1997.
Im Frühjahr 1998 wurde dieser Antrag im Plenum beraten. CDU und FDP/DVP lehnten den Antrag wiederum ab.
Der suchtpolitische Sprecher der FDP/DVP, Dr. Horst Glück, gab zum Abstimmungsverhalten folgende Erklärung ab:
(Abg. Dr. Glück FDP/DVP: So schön hat noch niemand meinen Namen ausgesprochen! – Abg. Alfred Haas CDU: Es wäre besser, Sie würden mal etwas zur Drogenpolitik der SPD sagen!)
Ich habe gegen den Antrag der SPD gestimmt, und zwar nicht, weil ich inhaltlich so sehr davon entfernt wäre, sondern deshalb, weil ich zutiefst bedaure, dass heute zur Unzeit diskutiert worden ist und wir der Sache Schaden zufügen. Im Übrigen gebe ich diese Erklärung in gleicher Weise auch für eine Reihe meiner Fraktionskollegen ab.
Ich will Herrn Dr. Glück gerade noch einmal diese Liste der leeren FDP/DVP-Versprechungen aufs Auge drücken. Anschließend können wir uns gern unterhalten.
1998 beantragte die SPD erneut, dass das Land sich an einem Modellversuch zur heroingestützten Behandlung von Suchtkranken, die mit den bisherigen Hilfemaßnahmen nicht oder nicht erfolgreich behandelt werden konnten, beteiligen solle. Die baden-württembergischen Städte, die Interesse an der Beteiligung an einem solchen Modellversuch signalisiert hatten, sollten unterstützt werden, indem das Land sich an den Kosten eines solchen Modellprojekts beteiligt.
Ein FDP/DVP-Abgeordneter erklärte, der Einsatz von Heroin in der Überlebenshilfe für Suchtkranke werde zwar in der Stellungnahme des Sozialministeriums noch keineswegs so dargestellt, wie er sich dies wünschen würde, aber... er sei der Meinung, dass hier ein riesiger Fortschritt zu verzeichnen sei. Denn bis vor kurzem sei Heroin noch ein Non-Wort gewesen,
und nun schreibe der Sozialminister immerhin, dass Heroin zur Therapie, wenn auch nur im stationären Bereich, eingesetzt werden könne.
Diesmal enthielt sich die FDP/DVP nicht mehr der Stimme, sondern stimmte mit der CDU gegen den Antrag. Die von der FDP/DVP angesprochene und von der CDU bewusst als Ablenkung ins Spiel gebrachte stationäre Therapie-Alternative entpuppte sich auch bald als Rohrkrepierer. Das Sozialministerium musste im Sommer 2000 einräumen, dass keine Klinik entsprechende Konzeptionen oder Anträge vorgelegt hatte.
Dann tönte noch Herr Döring 1998 öffentlich in der Zeitung, die Drogenpolitik müsse ins Kabinett. – Dieses Trauerspiel ließe sich unendlich fortführen.
(Minister Dr. Döring: Ich bin gerade noch recht- zeitig gekommen, Frau Haußmann! Wann war das noch einmal?)
Wenn Sie schon das Gefühl haben, dass Sie mit Ihrem Koalitionspartner keine Fortschritte in eine moderne Suchtpolitik machen können, dann gehen Sie diesen Weg heute mit uns. Die Mehrheit dazu haben wir mit Ihnen.
Frau Haußmann, Sie haben angekündigt, nach Ihren Zitaten Herrn Glück die Möglichkeit einer Nachfrage zu geben, nachdem die Redezeit abgelaufen ist.
Frau Haußmann, Ihre langen Aufzählungen beweisen doch eigentlich, wie unnötig die heutige Debatte ist, weil die Spielregeln die gleichen sind.
Die Voraussetzungen sind noch ganz genau dieselben. Dann muss ich wieder zu dem kommen, was ich eingangs sagte. Sind Sie sich darüber im Klaren
ich habe es gerade noch rechtzeitig eingebracht –: The same procedure as every year? Ihr solltet meinen Nachsatz berücksichtigen: Gebt dem Koalitionspartner einmal ein bisschen Zeit zum Nachdenken.