Protocol of the Session on February 22, 2006

(Abg. Kiefl CDU: Sehr gut! – Zuruf von der SPD: Also nein!)

Damit ist die Anfrage des Herrn Abg. Michael Theurer beantwortet.

Ich rufe die Mündliche Anfrage unter Ziffer 4 auf:

M ü n d l i c h e A n f r a g e d e s A b g. G e r d T e ß m e r S P D – Ä u ß e r u n g d e s M i n i s t e r s f ü r E r n ä h r u n g u n d L ä n d l i c h e n R a u m z u B i o g a s a n l a g e n

Bitte sehr, Herr Abg. Teßmer.

(Abg. Wieser CDU: Ist das die Abschiedssinfonie? – Abg. Scheuermann CDU: Das könnt ihr doch bei euch daheim ausmachen!)

Er hat es ja nicht bei uns daheim gesagt.

(Abg. Wieser CDU: Daheim hast du mehr Rede- recht als hier! – Gegenruf der Abg. Ursula Hauß- mann SPD: Herr Kollege Wieser, cool bleiben! – Gegenruf des Abg. Wieser CDU: Das macht doch ein anständiger Mensch daheim!)

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich frage die Landesregierung:

a) Ist es zutreffend, dass Minister Hauk behauptet hat, 10 000 Biogasanlagen könnten ein einziges Kernkraftwerk ersetzen, wie dies im „Haller Tagblatt“ vom 26. Januar 2006 anlässlich des Besuchs des Ministers in Eggenstein-Leopoldshafen berichtet wurde?

b) Stimmt die Landesregierung dem Fragesteller zu, dass angesichts der heutigen Größe einer neuen Biogasanlage von 300 Kilowatt elektrischer Leistung ca. 1 200 solcher Anlagen ausreichen, um Obrigheim mit 350 Megawatt Leistung zu ersetzen, und ca. 2 800 solcher Anlagen das Kernkraftwerk Neckarwestheim I mit 840 Megawatt Leistung ersetzen können und dass der Minister damit gegebenenfalls um den Faktor 3,5 falsch lag?

Das Wort erteile ich Herrn Minister Hauk zur Beantwortung.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Namens der Landesregierung beantworte ich die Mündliche Anfrage des Herrn Abg. Teßmer wie folgt:

Sehr geehrter Herr Kollege Teßmer, es ist nicht zutreffend, dass ich beim Besuch des Forschungszentrums Karlsruhe in Eggenstein-Leopoldshafen behauptet habe, dass 10 000 Biogasanlagen ein einziges Kernkraftwerk ersetzen könnten. Der Bericht des „Haller Tagblatts“ vom 26. Januar 2006 erfolgte – so vermute ich – auf der Grundlage einer dpa/lsw-Pressemeldung. In dieser Pressemeldung wird im Zusammenhang mit dem möglichen Biogaspotenzial in Deutschland die Fachagentur „Nachwachsende Rohstoffe“, eine Fachagentur, die dem Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz untersteht, zitiert, die in den nächsten 10 bis 20 Jahren etwa 10 000 Biogasanlagen in Deutschland für realisierbar hält. Ich zitiere wörtlich aus der dpa-Meldung:

Die Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe hält etwa 10 000 Biogasanlagen in Deutschland in den nächsten 10 bis 20 Jahren für realistisch. Allerdings würden diese zusammen nur etwa die Leistung eines Kernkraftwerks erreichen.

Ich verweise zusätzlich auf die Pressemitteilung des Ministeriums für Ernährung und Ländlichen Raum vom 24. Januar 2006 zu dem gemeinsamen Besuch von mir und meinem bayerischen Amtskollegen Josef Miller im Forschungszentrum Karlsruhe mit der Überschrift „Biokraftstoff aus Stroh bietet neue Perspektiven für Biomasse“. Auch dort werden Sie eine diesbezügliche Aussage von mir in dem von Ihnen angesprochenen Kontext nicht finden.

(Abg. Teßmer SPD: Zu diesem Teil stimme ich Ih- nen ja zu!)

Zu Frage b: Die von Ihnen getroffene Annahme zur Abschätzung des zukünftigen Stromerzeugungspotenzials einer neuen Biogasanlage mit einer Leistung von ca. 300 Kilowatt wird von mir geteilt. Eine solche Berechnung und Annahme setzt aber voraus, dass die Blockheizkraftwerke der Biogasanlagen die gleiche Zahl an Betriebsstunden pro Jahr erbringen wie die zu ersetzenden Kernkraftwerke. Würde man die durchschnittliche Größe aller derzeit in BadenWürttemberg in Betrieb befindlichen Biogasanlagen in Höhe von derzeit durchschnittlich 136 Kilowatt elektrischer Leistung heranziehen – Stand Dezember 2005 –, so könnten etwa 10 000 Biogasanlagen dieser Größe das GKN II in Neckarwestheim mit einer Leistung von 1 365 Megawatt er

(Minister Hauk)

setzen. Im Bundesdurchschnitt sind die Biogasanlagen größer.

(Abg. Wieser CDU: Sehr gut!)

Eine Nachfrage, Herr Abg. Teßmer. Bitte sehr.

Herr Minister, können Sie damit ausräumen, dass die Aussage, dass Sie – wie es der Journalist wohl gehört hat oder hören wollte; das kann ich nicht beurteilen – damit eigentlich gegen Biogasanlagen und pro Kernkraft reden wollten, etwas mit dem 26. März zu tun haben könnte?

(Abg. Wieser CDU: Das sind doch Vermutungen!)

Herr Kollege Teßmer, wenn Sie die betreffende Pressemitteilung des Ministeriums für Ernährung und Ländlichen Raum lesen, werden Sie in diesem Zusammenhang keinen Verweis feststellen.

(Unruhe)

Die Politik der Landesregierung ist eindeutig – um das noch einmal klar zu formulieren –: Wir treten für eine Verlängerung der Laufzeiten der Kernkraftwerke ein, weil die Kernkraftwerke, die derzeit bei uns in Baden-Württemberg laufen, solange sie sicher sind, auch betriebsfähig gehalten werden können und wir damit notwendige und wertvolle Grundlast produzieren.

Wir treten ein für eine drastische Verringerung des Einsatzes der fossilen Energieträger Kohle, Öl und Gas.

(Abg. Scheuermann CDU: So ist es! – Abg. Wieser CDU: Prima! – Abg. Knapp SPD: Uran aus heimi- schem Anbau!)

Das ist der Knackpunkt, und zwar aus zwei Gründen: Erstens wollen wir ein höheres Maß an Unabhängigkeit von Krisenregionen der Welt erreichen.

(Abg. Alfred Winkler SPD: Bei Uran?)

Zu den Krisenregionen zähle ich den Nahen Osten genauso wie, potenziell zumindest, auch Russland.

(Abg. Alfred Winkler SPD: Meinen Sie Uran?)

Herr Kollege Winkler, im Uranbereich sind die USA und Kanada wesentliche Lieferanten – um das noch einmal deutlich zu machen.

(Abg. Hofer FDP/DVP: Australien!)

Im fossilen Bereich haben wir ein hohes Maß an Abhängigkeit, in Sonderheit bei Erdgas, von Russland – nahezu 80 % –; der Fall Ukraine ist jedem noch im Gedächtnis. Im Bereich des Erdöls wird die Abhängigkeit in der Zukunft sogar noch zunehmen, da die Erdölvorkommen in der Nordsee begrenzt sind.

(Zuruf der Abg. Theresia Bauer GRÜNE)

Deshalb ist unsere Linie klar: Wir wollen die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern drastisch verringern.

Der zweite Punkt: Das liegt auch im Interesse des Klimaschutzes. Ich halte es für völlig falsch, wenn die nachwachsenden Rohstoffe gegen die Kernenergie ausgespielt werden.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Hofer FDP/DVP und Abg. Wieser CDU: Sehr gut!)

Unser Ansatz ist und wird auch in Zukunft sein, dass wir nachwachsende Rohstoffe als Alternative zu fossilen Energieträgern stärker fördern müssen,

(Abg. Hofer FDP/DVP: Sehr gut!)

weil wir dort auch ein regionales Wertschöpfungspotenzial vom Produzenten über den Verarbeiter bis hin zum Lieferanten haben und weil die Land- und Forstwirtschaft im Bereich der Biomasse das Potenzial hat, zusätzliche Wertschöpfung zu erzielen. Deshalb ist es notwendig – ich sage es noch einmal –, nachwachsende Rohstoffe und regenerative Energieträger verstärkt zulasten fossiler Energieträger einzusetzen.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Wieser CDU: Sehr gut!)

Herr Abg. Teßmer, Sie erhalten das Wort zu einer zweiten Nachfrage.

Herr Minister, mit Ihrem Lob für nachwachsende Rohstoffe haben wir kein Problem. Ich frage nur Folgendes – Sie sagen, wir müssten fördern –: Welche Vorstellungen haben Sie denn da? Außer Holzhackschnitzelanlagen wird im Augenblick durch das Land überhaupt nichts gefördert.

(Zuruf von der CDU: Was?)

Es muss jedoch deutlich wahrnehmbar werden, dass diese zusätzlichen Leistungen gefördert werden. Ist in dieser Hinsicht in nächster Zukunft etwas vorgesehen? Es geht dabei nicht um irgendeine Konkurrenz, sondern um die Frage, wie man das, was bei uns an nachwachsenden und klimafreundlichen Rohstoffen vorhanden ist, so fördern kann, dass die darauf aufbauenden Technologien bezahlbar werden und vermehrt eingeführt werden können.

Es gibt in diesem Bereich zwei große Baustellen. Die eine Baustelle betrifft die Frage, wo wir die Marktanreize aktiv erhöhen. Wir haben, wie jede andere Körperschaft auch, nur begrenzte finanzielle Ressourcen. Daher müssen wir genau darauf achten, diese begrenzten Ressourcen auch sinnvoll und zielorientiert einzusetzen. Mit dem Energieeinspeisegesetz haben wir ein solches Instrument.

(Abg. Teßmer SPD: Das ist aber Bund!)

An dessen Novellierung waren die Länder beteiligt. Herr Kollege Teßmer, Sie wissen doch so gut wie wir, dass wir auch auf massiven Druck von Baden-Württemberg hin bei der Novellierung zwei ganz zentrale Elemente neu einge