Protocol of the Session on February 21, 2006

Ja, jetzt lassen Sie mich noch ein bisschen überlegen, vielleicht fällt mir der eine oder andere – –

(Heiterkeit bei der SPD)

Ich werde es Ihnen nachher zeigen.

(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Sicher nicht!)

Herr Palmer, auch die Behauptung, wir würden im Bundeshaushalt zugunsten des Straßenbaus umschichten, stimmt nicht. Vielmehr beruht der Zuwachs der Mittel im Straßen

bau auf den Einnahmen aus der Lkw-Maut. Darüber muss es hier doch wohl keine Auseinandersetzung geben.

(Zuruf des Abg. Boris Palmer GRÜNE)

Herr Kollege Palmer, meine Damen und Herren, solange wir in Baden-Württemberg noch Straßenverhältnisse wie die auf der A 8 zwischen Karlsruhe und Stuttgart haben,

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

die heute noch so sind wie in den Dreißigerjahren, lasse ich mich mit Ihnen auf gar keine Diskussion über die Bevorzugung oder die Benachteiligung des Straßenverkehrs im Verhältnis zum ÖPNV ein.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP)

Meine Damen und Herren, jetzt wende ich mich noch einmal an den Staatssekretär mit einem Blick nach vorn. Herr Staatssekretär Köberle, wir haben ja zugegebenermaßen in der Vergangenheit im Nahverkehr eine Politik pro Deutsche Bahn geführt. Der Bund ist Eigentümer der Deutschen Bahn. Wieso können wir denn jetzt nicht einmal versuchen, unsere Zustimmung zu einem Teil der Kürzungen an Bedingungen zu knüpfen?

Ich denke zunächst, dass manche Entscheidung im Nahverkehr zugunsten der Deutschen Bahn genauso gut zugunsten eines privaten Unternehmers hätte getroffen werden können. Wer sagt denn, dass wir diese Politik, wenn uns das Geld gekürzt wird, in Zukunft so weiterführen müssen?

Zweitens: Wir haben mit der DB einen Vertrag. Herr Palmer, für wie viele Jahre ist der abgeschlossen?

(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Bis 2016!)

Bis 2016. Dieser Vertrag beruht auf einer Geschäftsgrundlage. Wir sollten wenigstens einmal intensiv prüfen, ob im Fall einer Kürzung der Regionalisierungsmittel in dem vorgesehenen Umfang noch die Geschäftsgrundlage dieses Vertrags besteht oder ob sie entfallen würde.

Drittens: Herr Palmer hat vom Börsengang der DB gesprochen. Wieso können wir denn nicht, wenn es um die Kürzung der Regionalisierungsmittel geht, auch einmal eine Gegenforderung erheben? Sie könnte etwa so lauten: „Verlagert die Zuständigkeit für Netzgleise, die ausschließlich dem Nahverkehr dienen, von der Bahn auf die Länder, und gebt den Ländern dafür das entsprechende Geld.“ Immerhin sollen laut Schienenwegeausbaugesetz 20 % der dort vorgesehenen Mittel für den Nahverkehr verwendet werden. Mir ist kein einziger Euro bekannt, bei dessen Verwendung diese Bedingung eingehalten wurde. Die Bahn sagt nur immer: Dort, wo wir bauen, haben wir einen Mischverkehr, und folglich haben wir die Forderung nach dem Nahverkehrsnetz erfüllt.

Also, ich meine: Wenn man uns schon an den Geldbeutel will, sollten wir nicht einfach sagen: „Für einen Teil wird das beinahe unumgänglich sein. Damit sind wir nolens volens einverstanden.“ Vielmehr sollten wir uns einmal über

legen, wo wir mittelbar auch an den Geldbeutel der Organisationen kommen, die uns an den Geldbeutel wollen.

(Glocke des Präsidenten)

Herr Abg. Scheuermann, gestatten Sie eine Nachfrage des Herrn Abg. Palmer?

Bitte schön, Herr Abg. Palmer.

Herr Kollege Scheuermann, ist Ihnen bekannt, dass in dem Verkehrsvertrag mit der Deutschen Bahn bereits Vorkehrungen für den Fall von Kürzungen der Regionalisierungsmittel getroffen wurden? Ich zitiere aus einer Antwort der Landesregierung:

Im Fall der Kürzung der Regionalisierungsmittel nehmen die Vertragspartner Gespräche mit dem Ziel einer einvernehmlichen Regelung auf. Kommt eine einvernehmliche Regelung nicht zustande, so ist das Land berechtigt, die Zuschüsse entsprechend der Kürzung einseitig zu verringern. Die DB Regio AG kann hierauf ihrerseits mit einer Verringerung des Angebots reagieren...

Vielen Dank, dass Sie mir schon den Weg gewiesen haben, wie wir vorgehen sollen.

(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Boris Palmer GRÜNE: Das heißt, die DB streicht den Zugverkehr zusammen! Das ist klar!)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Göschel.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Erfolgsgeschichte des ÖPNV in Baden-Württemberg hat ja mit der Regionalisierung, mit der guten Ausstattung der Länder durch Regionalisierungsmittel begonnen. Ich erinnere daran: Verhandlungsführer auf Länderseite waren seinerzeit die Ministerpräsidenten Rudolf Scharping und Hans Eichel. Sie haben gut verhandelt. Hier im Land hat diese Erfolgsgeschichte mit dem ÖPNV-Gesetz, das zu der Zeit der großen Koalition verabschiedet wurde, begonnen. Dieses Gesetz trägt durchaus mit unsere Handschrift.

(Beifall bei der SPD)

Frau Kollegin Berroth, Sie sollten sich da nicht so sehr in Eigenlob verstricken.

(Abg. Birzele SPD: Das macht sie gern! – Zuruf der Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP)

Denn gerade als die FDP/DVP 1996 in die Regierungskoalition eingetreten ist, gab es eine dramatische Kürzung der Eigenmittel des Landes zur Förderung des ÖPNV –

(Beifall bei der SPD – Abg. Birzele SPD: Kürzun- gen wie beim Privatschulgesetz!)

eine Halbierung. Seitdem haben Sie alles mitgetragen, damit das Ganze auf null geht. Insofern ist also Vorsicht bei zu viel Eigenlob angebracht.

Beim Verkehrsverbund Rhein-Neckar sehe ich das ganz deutlich: Linksrheinisch, in Rheinland-Pfalz, ist der Schienenpersonennahverkehr von der Quantität und von der Qualität her deutlich besser als rechtsrheinisch. Da sieht man durchaus gewisse Unterschiede. Man könnte es also auch in Baden-Württemberg noch besser machen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Für uns bedeutet der Ausbau des ÖPNV ein Stück mehr Gerechtigkeit, und dafür stehen wir.

Der Kollege Palmer hat das unselige Koch/Steinbrück-Papier angesprochen und es gewissermaßen uns zum Vorwurf gemacht. Dazu muss ich sagen: Wir haben dieses Papier genauso wenig geschätzt wie Sie. Nur erinnere ich daran: Als schließlich eine abgemilderte Kürzung vorgelegt wurde, haben auch die Grünen im Bundestag mitgemacht.

(Zuruf des Abg. Boris Palmer GRÜNE – Gegenruf der Abg. Ursula Haußmann SPD: Ja, natürlich!)

Sie können sich hier jetzt nicht herausreden. Wir im Land waren genauso dagegen wie Sie. Es herrscht also Gleichstand.

(Beifall bei der SPD – Abg. Boris Palmer GRÜNE: Von zwölf auf null! Das ist ja wohl ein Erfolg!)

Wir brauchen die Regionalisierungsmittel auch dringend, weil es eine Reihe von Projekten gibt, die noch nicht abgeschlossen sind. Ich erinnere zum Beispiel an die S-Bahn Rhein-Neckar, deren erster Abschnitt eine Erfolgsgeschichte ist. Es ist ein enormer Zuwachs an Kunden vorhanden.

(Zuruf des Abg. Wieser CDU)

Das wollen wir mit der zweiten Stufe des Ausbaus weiterführen. Dazu brauchen wir jeden Cent bei den Regionalisierungsmitteln.

Nur, Kollege Palmer: Panikmache gilt nicht. Sie haben zwar Zahlen vorgelegt, die richtig sind, was den Entwurf des Bundesfinanzministeriums anbelangt. Aber das entspricht nicht dem Koalitionsvertrag.

(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Das sagt aber Herr Steinbrück selbst! Heißt das, Herr Steinbrück hält sich nicht an den Koalitionsvertrag?)

Darin steht etwas ganz anderes. Darin ist überhaupt nicht beziffert, wie die Aufteilung der Kürzungen bei der Gemeinschaftsaufgabe „Regionale Wirtschaftsförderung“, im Bereich der Landwirtschaft und bei den Regionalisierungsmitteln aussehen soll. Bei den Regionalisierungsmitteln wiederum ist sicher: Es geht nicht ohne Zustimmung der Länder. Darauf bauen wir.

Im Übrigen haben wir auch sehr schnell interveniert, als wir von den Kürzungsplänen erfahren haben. Auf Initiative unseres Fraktionsvorsitzenden Wolfgang Drexler hat die Vorsitzendenkonferenz der SPD-Fraktionen der Landesparlamente den klaren Beschluss gefasst: Diese Kürzung darf nicht kommen. Es ist auch ein Brief nach Berlin gegangen, in dem diese Intention deutlich wird. Mit uns ist das also nicht zu machen.

(Beifall bei der SPD – Zuruf des Abg. Boris Pal- mer GRÜNE)