Erste Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktion der SPD – Gesetz zur Änderung der Landesbauordnung für Baden-Württemberg – Drucksache 13/5063
Die Fraktionen sind übereingekommen, dass der Gesetzentwurf lediglich begründet wird, dass aber keine Aussprache darüber stattfindet.
Sehr geehrter Herr Präsident, werte Kolleginnen, werte Kollegen! Da die Geschäftsführer vereinbart haben – der Herr Präsident hat es gesagt –, in der Ersten Beratung heute keine Aussprache durchzuführen, will auch ich in der Begründung zumindest versuchen, mich kürzer zu fassen, als ich dies ursprünglich geplant hatte.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn auch die öffentliche Äußerung von Herrn Staatssekretär Köberle, die ich wahrgenommen habe, darauf schließen lässt, dass die jahrelange Diskussion über den verpflichtenden Einbau von Rauchwarnmeldern in Wohnungen zumindest beim Innenministerium noch keinen Erkenntnisgewinn gebracht hat, baue ich und baut meine Fraktion auf das Parlament. Es geht nämlich nicht darum, Herr Staatssekretär – wie Sie es formuliert haben; ein „Argument“ will ich es jetzt nicht nennen –, von der Wiege bis zur Bahre alles gesetzlich zu regeln. Nein, meine Damen und Herren, es geht letztendlich darum, es jährlich mindestens 20 Menschen allein in Baden-Württemberg zu ersparen, auf der Bahre aus der Wohnung oder aus dem Haus getragen zu werden.
Ich denke, Sie wissen das: 600 Menschen sterben jährlich an den Folgen von mehr als 200 000 Wohnungsbränden in ganz Deutschland, allein 50 sind es in Baden-Württemberg. Alle Erfahrungen zeigen, meine Damen und Herren, dass ein flächendeckender Einbau von Rauchwarnmeldern zu einer Minimierung dieser Todeszahlen um mindestens 40 % führen würde. Gerade aus diesem Grund haben bereits fünf Bundesländer, nämlich Hamburg, Hessen, Rheinland-Pfalz, das Saarland und Schleswig-Holstein, gesetzliche Grundlagen geschaffen. Nordrhein-Westfalen mit einem FDP-Innenminister bereitet ein solches Gesetz jetzt aufgrund eines tragischen Wohnungsbrands an den Weihnachtsfeiertagen in Köln vor.
Deshalb legen wir, meine Damen und Herren, im Gegensatz zu dem Gesetzentwurf, der beim vorhergehenden Tagesordnungspunkt beraten wurde, ein schlankes Gesetz vor. Es ist eine einfache Ergänzung der Landesbauordnung, die da heißt:
In Wohnungen müssen Schlafräume und Kinderzimmer sowie Flure, über die Rettungswege von Aufenthaltsräumen führen, jeweils mindestens einen Rauchwarnmelder haben.
Hinzu kommt noch eine kurze Ergänzung hinsichtlich einer Übergangsregelung für bereits bestehende Wohnungen.
Das heißt, meine sehr verehrten Damen und Herren, wir bauen mit diesem Gesetz auf die pädagogische Wirkung und nicht auf ergänzende Überwachung und Überprüfung. Schon deshalb, glaube ich, zieht auch das immer wieder vorgebrachte Argument, dies führte zu mehr Bürokratie und Verwaltungsaufwand, nicht. Ich meine auch, bei 50 Toten im Land Baden-Württemberg verbietet sich eine solche Argumentation.
Ich könnte Ihnen jetzt eine Reihe von Brandfällen bereits in diesem Jahr aufzählen und vorzeigen, an denen deutlich wird, dass Rauchwarnmelder hätten Leben retten können oder dass Rauchwarnmelder Leben gerettet haben. Aber all diese Beispiele zeigen in der Summe letztendlich, dass dringender Handlungsbedarf besteht. Bislang sind nur 10 % aller Wohnungen mit Rauchwarnmeldern ausgestattet. Es geht darum, diesen Anteil deutlich zu erhöhen. Hierzu wird unser Gesetzentwurf beitragen.
Zum Schluss eine persönliche Anmerkung aus der Sicht eines Feuerwehrangehörigen. Ich möchte Ihnen sagen, meine Damen und Herren – und bitte Sie, dies in Ihre Erwägungen einfach mit einzubeziehen –, dass jede Person, die aufgrund eines Rauchwarnmelders den Brandort – die Wohnung oder das Haus – rechtzeitig verlassen konnte, auch das Risiko für die Einsatzkräfte minimiert.
Wenn der Einsatzbefehl – Herr Kurz ist jetzt nicht da; er wüsste, wovon ich spreche – nämlich lautet: „Angriffstrupp zur Menschenrettung vor!“, dann gehen die Einsatzkräfte zweifelsohne ein wesentlich höheres Risiko ein – eben um Menschenleben zu retten –, als wenn der Einsatzbefehl „nur“ lauten würde: „Zur Brandbekämpfung vor!“ Das heißt, Rauchwarnmelder schützen nicht nur die Betroffenen in den Wohnungen und in den Häusern, sondern auch diejenigen, die tagaus, tagein zu Einsätzen gerufen werden.
Deshalb appelliere ich an Sie, werte Kolleginnen und werte Kollegen, denen zu vertrauen, die Sie auch kennen, nämlich Ihren Feuerwehrangehörigen vor Ort in Ihren Städten und Gemeinden. Sagen Sie Ja zu unserem Gesetzentwurf, und tragen Sie hierdurch dazu bei, mindestens 20 Menschen im Jahr, wie gesagt, den Weg auf der Bahre aus der Wohnung zu ersparen.
Dafür sollten Sie, denke ich, auch einen Streit mit Ihrer Regierung in Kauf nehmen, indem Sie unseren Gesetzentwurf unterstützen. Zumindest bitte ich Sie, bis zur zweiten Lesung Ihre bisherige Meinung zu diesem Thema, die mir ja
bekannt ist, zu überdenken. Deshalb habe ich nach wie vor die Hoffnung, dass wir diesen Gesetzentwurf noch im Februar verabschieden können.
Wir kommen zur geschäftsordnungsmäßigen Behandlung. Vorgeschlagen wird Überweisung des Gesetzentwurfs zur weiteren Beratung an den Innenausschuss. – Sie stimmen zu.
Beschlussempfehlung und Bericht des Wirtschaftsausschusses zu der Mitteilung der Landesregierung vom 25. Januar 2005 – Unterrichtung des Landtags in EUAngelegenheiten; hier: Verwirklichung des Binnenmarkts für Dienstleistungen – Drucksachen 13/3988, 13/5057
Herr Vizepräsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! 70 % der Wertschöpfung in Deutschland werden durch Dienstleistungen erzielt. Im Export machen die Dienstleistungen aber nur 12 % des Wertes aus. Wir wissen, dass Deutschland gerade im Warenbereich EU-Exportmeister ist, und wir wissen auch, dass mehr als die Hälfte unseres gesamten Exports in die Länder der EU geht. Das heißt im Ergebnis, dass eine Erleichterung des Exports von Dienstleistungen Wachstumspotenziale für deutsche und für baden-württembergische Unternehmen erschließen kann. Wenn neben dem Export von Maschinen gleichzeitig auch Wartung, Schulung der Mitarbeiter, Installationsarbeiten und weitere verkaufsbegleitende Dienstleistungen exportiert werden können, dann kann der inländische Unternehmer bei seiner Exportleistung eine deutlich höhere Wertschöpfung realisieren und damit Arbeitsplätze in Deutschland sichern bzw. neue Arbeitsplätze schaffen.
Deshalb kommen auch ökonomische Studien wie zum Beispiel die Studie der Consulting-Firma Copenhagen Economics vom Januar 2005 zu dem Ergebnis, dass durch eine Erleichterung beim Dienstleistungsexport europaweit 600 000 neue Arbeitsplätze und davon in Deutschland 100 000 neue Arbeitsplätze geschaffen werden könnten. Diese Annahme wird auch durch ein Ifo-Gutachten grundsätzlich bestätigt, wobei die Chancen sicherlich eher bei den wissensintensiven Branchen liegen, während bei einfacheren Tätigkeiten die Risiken überwiegen.
Aus diesem Grund war das Spektrum der Bewertung der Dienstleistungsrichtlinie in unserer Anhörung am 7. De
zember letzten Jahres weit gefächert und reichte von der grundsätzlichen Zustimmung durch IHK und BDI bis zur grundsätzlichen Ablehnung durch BWHT und Gewerkschaften.
Allerdings halten auch die Befürworter Modifizierungen am ursprünglichen Entwurf der Kommission für geboten.
Es ist unstrittig, dass protektionistische Maßnahmen, die die Erbringung von Dienstleistungen behindern, abgeschafft werden müssen. Wenn zum Beispiel Länder wie Frankreich und Belgien verlangen, dass Instandhaltungsarbeiten fünf bis zehn Tage vor Aufnahme durch Entsendeerklärungen angemeldet werden müssen, dann behindern solche Vorschriften zum einen die Erbringung der Dienstleistung „Reparatur- und Wartungsdienste“, sie behindern aber auch den Export von Maschinen durch Unternehmen aus Deutschland, weil durch solche Vorschriften kein ordnungsgemäßer Kundendienst mehr gewährleistet werden kann. Tendenziell werden durch solche bürokratischen Hürden kleine und mittlere Unternehmen mehr getroffen als große.
Dass Erleichterungen beim Dienstleistungsexport notwendig sind, insbesondere wenn es sich um gezielte protektionistische Maßnahmen handelt, ist unstrittig. Doppelbescheinigungen, Doppelprüfungen oder Doppelzulassungen – und dies womöglich in mehreren Sprachen – sollten abgebaut werden. Ob aber die Einführung des Herkunftslandprinzips die einzige praktisch mögliche Alternative ist, wie die Kommission dies darstellt, daran scheiden sich die Geister.
Wir sind uns einig, dass verhindert werden muss, dass ein Systemwettbewerb der EU-Länder einsetzt, der klar nach unten gerichtet ist. Wir wollen nicht, dass sowohl Qualitätsstandards als auch Sozialrechte, Arbeitnehmerrechte oder Verbraucherrechte nach unten nivelliert werden.
Wir wollen auch nicht, dass deutsche Unternehmen gezwungen werden, Niederlassungen im EU-Ausland zu errichten und von dort aus Dienstleistungen nach Deutschland zu exportieren, um im grenzüberschreitenden Wettbewerb innerhalb der EU wettbewerbsfähig zu bleiben. Der BWHT spricht in diesem Zusammenhang von Niederlassungsflucht.
Wenn die Vertreterin der EU-Kommission, Frau Dr. Fröhlinger, dann vorschlägt, man könne solche möglichen negativen Entwicklungen durch die Erweiterung der Entsenderichtlinie auf weitere Branchen und die Einführung von Mindestlöhnen abfedern, muss man sich schon fragen, was das soll. Auf der einen Seite will man bürokratische Hindernisse abbauen, auf der anderen Seite müsste man in Deutschland dann wieder neue Bürokratie aufbauen, ohne die man bisher ganz gut ausgekommen ist.
Aus diesem Grund hat der Wirtschaftsausschuss mehrheitlich beschlossen, die Landesregierung möge doch noch einmal prüfen – gegebenenfalls gutachterlich –, ob und welche Alternativen zum Herkunftslandprinzip für eine Dienstleistungsrichtlinie bestehen.
Der Binnenmarktausschuss der EU hat in seiner Sitzung vom 22. November letzten Jahres eine ganze Menge von Veränderungen beschlossen, die wir inhaltlich voll unterstützen, zum Beispiel die Herausnahme von Dienstleistungen von allgemeinem Interesse, die Herausnahme des ge
samten Gesundheitssektors sowie der Abfallentsorgung und die Herausnahme von sensiblen Bereichen wie Notarleistungen, Geldtransporten, audiovisuellen Diensten und Glücksspiel aus der Dienstleistungsrichtlinie sowie ferner das Recht für die Mitgliedsstaaten, besondere Anforderungen an den Dienstleistungserbringer stellen und durchsetzen zu können, wenn es um Fragen der öffentlichen Sicherheit, der Volksgesundheit und der Umwelt geht.
Kontrollen der Dienstleistungserbringer und der entsandten Arbeitnehmer ausschließlich durch den Herkunftsstaat halten wir schlechterdings nicht für praktikabel. Dafür müssen die Behörden im Zielland zuständig sein.
Viel zu kurz bemessen ist aus unserer Sicht der Umsetzungszeitraum bis spätestens Ende 2008. Der gesamte Umsetzungsprozess muss in Stufen erfolgen, beginnend in der ersten Stufe mit den unternehmensorientierten, wissensorientierten und technischen Dienstleistungen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Hans-Werner Sinn vom Ifo-Institut nennt in seinem Buch „Die Basarökonomie“ bei der Frage, warum Deutschland größere Schwierigkeiten mit der Globalisierung hat als andere EU-Länder, unter anderem folgende Gründe: die geografische Lage Deutschlands in Angrenzung an den ehemaligen Eisernen Vorhang und mit den Niedriglohngebieten Osteuropas vor der Haustür sowie die Spitzenposition bei den Arbeitskosten, die Deutschland angesichts der Niedriglohnkonkurrenz besonders hart bedroht.
Wir sind deshalb gut beraten, wenn wir bei der Verwirklichung des Binnenmarkts für Dienstleistungen nicht das Kind mit dem Bade ausschütten, sondern mit Augenmaß vorgehen. Deshalb bittet meine Fraktion die Landesregierung, sich auf der Basis der Beschlussempfehlung des Wirtschaftsausschusses für eine deutliche Modifizierung des von der Kommission vorgelegten Entwurfs der Dienstleistungsrichtlinie einzusetzen.
(Beifall bei der CDU – Abg. Schmid SPD: Was sagt denn der Herr Lauer dazu? – Abg. Scheuer- mann CDU: Immer wenn der Drexler ganz hinten sitzt, dann geht es aber los!)