Protocol of the Session on February 1, 2006

Wenn Sie das Wort wünschen, erhalten Sie es.

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Ich wünsche es, jawohl!)

Bitte.

Wertschätzung von und Ehrfurcht vor Älteren: Der Kollege Schuhmacher hat uns gesagt, dass das in Asien eine gute Übung ist. Früher war das bei uns auch einmal eine ganz normale Sache. Die Bibel empfiehlt einem normalerweise nur nützliche Sachen.

Das in der Generation „50 plus“ vorhandene Potenzial ist ein Schatz, der nicht nur im Ehrenamt genutzt werden darf.

(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Der Nutzen ist nicht das Thema!)

Wer Spitze sein will, darf nicht auf das Wissen, auf die Erfahrung, vor allem in der Anwendung, und auf das Können älterer Arbeitnehmer verzichten.

Wir müssen klar sehen: Es sind die erfolgreichen Unternehmen in Baden-Württemberg, die, genauso wie BMW, bewusst Arbeitnehmer über 50 Jahre einstellen, weil diese oft mehr Engagement, Konzentration auf das Wesentliche, Gelassenheit und die Fähigkeit, Wichtiges von Unwichtigem zu unterscheiden, als wesentliche Kriterien mitbringen.

Frau Kollegin Sitzmann, Sie haben die Weiterbildungspolitik des Landes angesprochen. Der Wirtschaftsminister hat angedeutet, was vonseiten des Landes möglich ist. Ich möchte aber auch deutlich sagen: Der Staat muss sich überlegen, wofür er zuständig ist und wofür nicht. Es kann nicht

sein, dass nur noch der Staat für die berufliche Weiterbildung zuständig ist.

(Zuruf der Abg. Edith Sitzmann GRÜNE)

Das ist eine ganz originäre Aufgabe der Unternehmen.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP)

Und es ist originäre Aufgabe der Arbeitnehmer, sich in ihrem Beruf weiterzubilden.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP)

Aus dieser Verantwortung will ich auch niemanden entlassen. Da kann man höchstens unterstützend tätig werden.

(Abg. Ruth Weckenmann SPD: Warum unterstützt man dann nicht?)

Wir unterstützen ja. Der Herr Wirtschaftsminister hat es doch gerade deutlich gesagt. Hören Sie halt zu!

(Abg. Ruth Weckenmann SPD: Das ist doch nichts!)

Welche Maßnahmen sind weiter notwendig? Der Kongress weist Wege, und ich bin sehr froh, dass das Wirtschaftsministerium genau wie bei der Ausbildungsinitiative auch in Bezug auf die Beschäftigung älterer Arbeitnehmer seit langem mit der Wirtschaft in Kontakt steht und dass da weit mehr passiert, als die Opposition argwöhnt.

Die Tarifpartner sind allerdings ebenso gefordert. Ich habe mit Freude festgestellt, dass auf dem Kongress einer der Tarifpartner, Herr Zwiebelhofer, deutlich dargestellt hat, dass im Tarifbereich Änderungen kommen müssen. Ich zitiere ihn: „Damit ist die Alterssicherung ein typischer Fall für eine gut gemeinte Schutzregelung, die im Ergebnis Ältere von der Beschäftigung ausschließt.“ Dem ist nichts hinzuzufügen. Das muss dringend geändert werden.

(Abg. Ruth Weckenmann SPD: Das hat doch mit der Qualifizierung nichts zu tun!)

Über das Thema Altersteilzeit wurde auch gesprochen. Es ist sehr wohl richtig und wichtig, dass Menschen, die vielleicht – egal, in welchem Alter – nicht mehr so leistungsfähig wie bisher sind, die Möglichkeit zur Teilzeitarbeit bekommen. Ich halte es allerdings für absolut kontraproduktiv, wenn dieses Instrument fast nur noch als Blockteilzeit realisiert wird. Das ist genau das, was man nicht will und was auch nicht hilfreich ist. Geblockte Altersteilzeit würde ich, wenn es nach mir ginge, abschaffen.

Wirklich wichtig ist aber, dass diese Frühruhestandsregelungen vom Staat definitiv nicht mehr gestützt werden. Es gibt – Sie haben es gesagt – schon eine ganze Menge Ankündigungen, dass es dazu kommen soll, aber es hat sich bisher viel zu wenig getan. Ich fordere deshalb das Land auf, wenn sich in diesem Punkt in Berlin nichts bewegt, mit einer Bundesratsinitiative tätig zu werden.

(Abg. Ruth Weckenmann SPD: Was soll sich denn tun?)

Dass es abgeschafft wird, Frau Kollegin. Was fragen Sie denn? Sie sagen doch immer, Sie kennen sich besser aus als ich.

(Abg. Ruth Weckenmann SPD: Lesen Sie doch ein- mal in der Zeitung, was es noch gibt!)

Ja, in der Zeitung steht es, aber gemacht wird es nicht. Das ist doch der Punkt.

Es wurde gesagt, dass auch wir damals zum Teil mit beteiligt waren. Dazu sage ich ja gar nicht Nein. Aber wir haben jetzt erkannt, dass es nichts taugt, und deshalb wollen wir es auch abschaffen.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP – Abg. Kleinmann FDP/DVP: So ist es!)

Wichtig ist, dass ich, wenn ich erkenne, dass etwas falsch gelaufen ist, dann auch daran arbeite, dass es sich ändert. Darüber werden wir morgen bei G 8 sicherlich auch noch einmal reden.

Noch einmal: Es ist – das war die wichtige Aussage auch des Kollegen Schuhmacher – überhaupt nicht bewiesen, dass die geringere Beschäftigung von Älteren Arbeitsplätze für Junge bringt. Das Gegenteil ist der Fall. Wir brauchen eine erfolgreiche Wirtschaft. Wir müssen wieder mehr Arbeitsplätze bekommen.

(Beifall des Abg. Kleinmann FDP/DVP)

Dazu müssen wir die Potenziale der Älteren nutzen. Wir brauchen eine Exzellenzinitiative nicht nur für unsere Universitäten,

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: So ist es!)

sondern auch bei den Unternehmen.

(Beifall des Abg. Kleinmann FDP/DVP)

Die Beschäftigung älterer Arbeitnehmer ist da ein ganz wichtiger Bestandteil.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Das Wort erhält Herr Abg. Schuhmacher.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich hätte sicher jetzt nichts mehr gesagt, weil wir ja alle auf die Vereidigung unserer Kollegin Dr. Stolz warten. Ich möchte jetzt aber trotzdem noch ein paar Sätze sagen.

Herr Minister, Sie haben davon gesprochen, dass heute schon Fachkräfte fehlen. Das ist in der Tat so; ich kann dies nur bestätigen.

Zu Ihnen, Frau Weckenmann, kann ich sagen: Kreativität hat sicher keine Altersgrenze. Denken Sie an den alten Erfinder, Herrn Fischer aus Tumlingen. Was der mit seinen 84 Jahren noch leistet!

(Abg. Wieser CDU: Er hat den ersten Dübel aber auch in jungen Jahren erfunden!)

Aber er macht jetzt noch viele Dinge.

(Abg. Ruth Weckenmann SPD: Herr Wieser, Vor- bild für Sie! Immer dranbleiben!)

Was müssen wir tun? Wir müssen die Unternehmen für die Demografie sensibilisieren. Ich habe dies in meinem eigenen Unternehmen gespürt. Wir müssen also die Betriebe über Möglichkeiten für ältere Arbeitnehmer und über die Wettbewerbsfähigkeit der älteren Arbeitnehmer beraten. Die Arbeitsplätze für ältere Arbeitnehmer müssen etwas umgestaltet werden, vor allem im Bereich schwerer Tätigkeiten.

Wichtig sind ferner individuelle Entwicklungs- und Weiterbildungsplanungen, lebenslanges Lernen, Arbeitszeitkonten, Flexibilisierung und eine ganze Reihe anderer Maßnahmen.

Zwei oder drei Schlusssätze: Schließlich müssen wir wieder mehr an uns selber glauben. Gestern habe ich im „Südkurier“ über China gelesen: „Land voller Selbstvertrauen: Wir sind die Zukunft“. Ich habe auch erlebt, dass die jungen Chinesen gesagt haben: Uns gehört die Zukunft. Ich möchte, dass auch unserem Land, unserer jungen Generation die Zukunft gehört. Wenn Sie mich fragen, wie es unsere Gesellschaft mit Jung und Alt halten soll, dann lassen Sie mich aus meiner bescheidenen Lebenserfahrung heraus sagen: Wir brauchen dynamische, risikofreudige junge Menschen. Wir brauchen aber auch Erfahrung und Übersicht und die Fähigkeit des Abwägens der älteren Menschen. Vor allem brauchen wir das Miteinander der Generationen.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU – Abg. Wieser CDU: Sehr gut!)