Protocol of the Session on December 1, 2005

Bitte sehr, Frau Abg. Weckenmann.

Herr Haas, jetzt bin ich doch gespannt, ob ich Sie nicht richtig verstanden habe oder ob Sie sich vielleicht nicht ganz richtig ausgedrückt haben.

(Abg. Birzele SPD: Das kann gut sein!)

Wie soll denn jetzt ein Träger, der Kinder von außerhalb der Grenzen der Kommune in seinem Kindergarten hat und zukünftig nur noch 31 % Zuschuss bekommt, den Platz finanzieren? Sie haben doch gerade gesagt, damit könnten die leben.

Der kriegt nicht einmal 31 %, Frau Weckenmann, sondern der kriegt festgesetzte Beträge. Aber darauf gehe ich noch ein.

(Abg. Marianne Wonnay SPD: Die liegen unter 31 %! – Abg. Ruth Weckenmann SPD: Beantwor- ten Sie doch die Frage! Ich war gestern bei einer solchen Einrichtung! Die haben mir das vorgetra- gen! Die können das nicht ausgleichen!)

Frau Weckenmann, wir haben bisher schon Einrichtungen, die genau nach diesem Finanzierungsprinzip unterhalten werden. Es ist unstreitig, dass es eben keine 31,5 % sind. Zum Teil sind es vielleicht diese 31,5 %.

(Abg. Marianne Wonnay SPD: Die kämpfen ums Überleben!)

Entschuldigung, ich kann doch nichts dafür, dass der DPWV für die freien Träger genau dies vereinbart hat. Wir setzen dieses Vereinbarungsprinzip, das nicht eingehalten wurde, jetzt gesetzlich um. Im Übrigen ist es eben auch genau die Linie, die mit der kommunalen Seite abgesprochen ist. Schließlich haben die Kommunen in dieser Frage die Verantwortung.

Es kommt allerdings hinzu – –

(Zuruf der Abg. Ruth Weckenmann SPD)

Jetzt lassen Sie mich doch einmal meine Ausführungen zu Ende bringen, Frau Weckenmann.

(Abg. Zeller SPD: Der Oberzwischenrufer reagiert empfindlich, wenn ein Zwischenruf kommt!)

Es kommt dazu, dass seit dem 1. Oktober im KICK für die Aufnahme gemeindefremder Kinder ein angemessener Kostenausgleich sicherzustellen ist. Wir hätten ohnedies, wenn die freiwillige Vereinbarung nicht eingehalten worden wäre, eine Gesetzesregelung machen müssen. Dies gilt gerade für die Kleinkindbetreuung, für die Betreuung unter Dreijähriger. Wir legen dafür im Gegensatz zu der Festlegung für die überörtlichen Kindergärten in der Rechtsverordnung keine Beträge fest, sondern überlassen dies wie bisher der einvernehmlichen Lösung innerhalb der kommunalen Familie.

Zu dem Thema „kommunale Familie“ will ich sagen: Wir haben die Kindergartenhoheit und auch die Finanzhoheit auf die kommunale Ebene übertragen. Es war eben nicht nur eine Verlagerung der finanztechnischen Dinge. In den Fraktionen sind zu großen Teilen auch Gemeinderäte, die wie die Bürgermeister dafür Verantwortung tragen, das Thema „Kinder und Familie“ mehr in den Mittelpunkt zu rücken. Wir sind bereit, familien- und kinderfreundliche Strukturen in den Gemeinden zu entwickeln. Wir müssen dies gerade bei den Bürgermeistern, die es noch nicht erfasst haben, noch einmal deutlich machen.

Für mich war ein interessantes Beispiel in dieser Woche der Empfang der katholischen Bischöfe. Dort ist dies dankenswerterweise in den Mittelpunkt gestellt worden. Es war ein Paradebeispiel für das offene und eindeutige Bekenntnis für Kinder und Familie. Ich möchte an dieser Stelle den katholischen Bischöfen im Namen der CDU-Fraktion herzlich Dank sagen für diesen eindrucksvollen Abend.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Ich will zu zwei, drei Punkten konkret noch etwas sagen, die möglicherweise zu Diskussionen führen. Zum einen steht die Bedarfsplanung in unserem Kindergartengesetz. An diesem zentralen Steuerungsinstrument wird sich nichts ändern. Das muss so bleiben. Wir nehmen jetzt einen Lückenschluss bei den gemeindeübergreifenden Einrichtungen vor, die nicht in die Bedarfsplanung aufgenommen sind, die keine Ausnahmegenehmigung bekommen haben, die aber jetzt Finanzsicherheit durch einen jährlichen platzbezogenen Zuschuss bekommen.

(Zuruf)

Man kann darüber streiten, ob die Beträge in der Höhe gerechtfertigt sind oder nicht, aber wir haben ausdrücklich das Ministerium gebeten, eine Fortschreibung dieser Beträge mit den freien Trägern und mit der kommunalen Seite abzustimmen. Wir haben uns ausdrücklich vorbehalten – das haben Sie vielleicht noch nicht gelesen –, dass es im Fachausschuss beschlossen werden muss.

(Abg. Marianne Wonnay SPD: Wir lesen immer al- les!)

Das ist ein Signal an die Beteiligten, damit sie sehen, dass wir das nicht leichtfertig treiben lassen, sondern sehr genau beobachten, wie sich die Finanzdinge entwickeln.

Es gibt zwei Einschränkungen, was das Wunsch- und Wahlrecht der Eltern angeht. Das sage ich jetzt auch an die kommunale Seite gerichtet, da sie Bedenken hat, dass die Bedarfsplanung aus dem Ruder läuft, weil sich neue gemeindeübergreifende Einrichtungen bilden, die sich ja bilden können, wie man dem Gesetz entnehmen kann.

Zum Ersten besteht eine Einschränkung im SGB VIII mit dem Hinweis auf unverhältnismäßige Mehrkosten. Zum Zweiten haben wir die Einschränkung, dass von der Wohnsitzgemeinde dieser platzbezogene Zuschuss nur bezahlt werden muss, wenn in der Wohnsitzgemeinde kein gleichwertiger Platz zur Verfügung gestellt wird.

Dazu haben wir in der Begründung ausgeführt:

Ein gleichwertiger Platz steht nicht zur Verfügung, wenn er nicht in Bezug auf das pädagogische Konzept oder die Betriebs- und Betreuungsform oder hinsichtlich der Vereinbarkeit von Familie und Ausbildungsbzw. Erwerbstätigkeit vergleichbar ist.

Damit bestehen für die Gemeinde Handlungsspielräume, was den platzbezogenen Zuschuss angeht. Wir waren uns in der Diskussion darüber im Klaren, dass über diesen Begriff „gleichwertiger Platz“ möglicherweise vor Gericht gestritten werden wird. Ich denke, dass wir aber grundsätzlich auf dem richtigen Weg sind.

Wir wollen eine Weiterentwicklung. Deswegen können eben auch neue gemeindeübergreifende Einrichtungen geschaffen werden, zum Beispiel Betriebskindergärten, Universitätskindergärten und eben auch Kindergärten mit sonderpädagogischer Ausrichtung.

Bei den geringen Zuschussbeträgen, wie sie von der SPD ja gerade angemahnt wurden, glaube ich auch nicht, dass es eine Lizenz zum Gelddrucken sein wird, wie ich einmal gelesen habe. Ich denke, die Träger werden sich im Gegenteil schon überlegen, ob sie eine solche neue Einrichtung schaffen.

Zum Zweiten wissen wir ja auch, dass in diesen gemeindeübergreifenden Einrichtungen der freien Träger die Eltern schon bisher durchaus einen höheren Beitrag bezahlen.

(Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Der wird ja fast ver- dreifacht!)

Insofern wird das, denke ich, keinen bedeutsamen Umfang annehmen. Aber wir wollen diesen Weg ganz einfach be

schreiten, um im Zusammenhang mit der Vereinbarkeit von Familie und Beruf weitere Wahlmöglichkeiten zu schaffen. Wir wollen nicht, dass einige wenige Bürgermeister in dieser Richtung weiterhin auf der Bremse stehen, sondern dass sich hier etwas Positives entwickelt.

Mir ist auch schon gesagt worden – Herr Birzele hat es vorhin angesprochen –, jetzt würden sich muslimische Kindergärten bilden können. Das ist nach diesem Gesetz grundsätzlich ja möglich. Aber ich denke, es bleibt bei dem Grundsätzlichen. Denn für die Anerkennung eines muslimischen Kindergartens brauche ich ja die Anerkennung durch den Träger der Jugendhilfe. Diese Träger wiederum – die Landkreise – werden sicher dafür sorgen, dass die weltanschaulichen Dinge, der Orientierungsplan und vor allem das Kinder- und Jugendhilfegesetz auch bei der Anerkennung berücksichtigt werden. Insoweit wird es auch dort von der kommunalen Seite her eine Möglichkeit geben, die Dinge im Auge zu behalten und nicht ausufern zu lassen.

Insofern sage ich noch einmal: Wir haben heute einen guten Tag. Wir hoffen auf gute Beratungen nach der jetzt anstehenden Anhörung. Wir haben ganz bewusst gesagt: Obwohl zwei Teile des Gesetzes am 1. Januar 2006 in Kraft treten sollen, wollen wir das Gesetz nicht innerhalb einer Woche sozusagen ohne längere Anhörung durchziehen.

(Zuruf der Abg. Regina Schmidt-Kühner SPD)

Wir wollen vielmehr in Ruhe noch einmal erläuternde Gespräche mit der kommunalen Seite führen können.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Dr. Noll.

Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Manchmal kann man bei einer solchen Diskussion vor lauter Details die große Linie ein bisschen aus dem Auge verlieren. Was war die große Linie? Wir wollen gemeinsam mit den Kommunen, dass sich in unserem Land ein qualitativ und quantitativ verbessertes Angebot zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie ergänzende Erziehungs-, Betreuungs- und Bildungsmöglichkeiten entwickeln können. Dem tragen wir jetzt auch unter Nachvollziehung des Tagesbetreuungsausbaugesetzes Rechnung.

In diesem Zusammenhang muss man einmal auf ein Missverständnis hinweisen. Wir haben bei der letzten Novellierung des Kindergartengesetzes einen richtigen Schritt gemacht: Kindergärten sind Aufgabe der Kommunen. Die Finanzverantwortung haben wir jetzt auch den Kommunen übertragen und ihnen die Gelder, die ihnen zum Stand 2002 für die Gruppen zur Verfügung gestellt worden sind, als Pauschalbetrag gegeben. Das bedeutet auch eine Entbürokratisierung, keine Spitzabrechnungen und solche Dinge mehr.

Nun wird häufig vergessen: Schon damals war klar, dass diese Gelder nicht ausschließlich für Kindergartenkinder gedacht sind. Vielmehr haben wir gerade durch die pau

schale Zuweisung erwartet, dass über den Weg der altersgemischten Gruppen selbstverständlich auch für Kinder unter drei Jahren bei leider zurückgehenden Kinderzahlen eine flexible, vor Ort notwendige Umgestaltung der Betreuungsformen möglich sein wird.

(Beifall der Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP)

Das ist, denke ich, nach wie vor der völlig richtige Ansatz.

Ferner steht über dem Ganzen natürlich zunächst einmal die Sicht der Familien mit Kindern. Im SGB VIII – Kinderund Jugendhilfegesetz – ist ja normiert, dass zwei Prinzipien zu gelten haben. Das ist zum einen das Subsidiaritätsgebot. Das heißt, ein freier Träger hat Vorrang vor staatlichen Einrichtungen. Merkwürdigerweise haben Sie von der SPD das gestern bei der Beratung des Gesetzes zur Änderung des Gemeindewirtschaftsrechts nicht so gesehen. In diesem Fall sehen Sie das – Gott sei Dank – mit uns gemeinsam so. Aber Subsidiarität heißt immer: nichtstaatlicher Träger, also kirchlicher Träger, Elterngruppe, Betriebskindergarten. Das sind freie Träger, und freie Träger haben Vorrang bei dieser Bedarfsplanung. Das ist, glaube ich, in den Köpfen mancher Kommunalpolitiker noch nicht richtig angekommen.

Genau dasselbe gilt für das Wunsch- und Wahlrecht der Eltern, das wir noch einmal konkretisiert haben – es steht auch schon im Bundesgesetz. Bezüglich des pädagogischen Profils haben die Eltern nämlich ein Wunsch- und Wahlrecht. Was bedeutet das? Das heißt, dass ich, wenn ich zum Beispiel einen Waldkindergarten oder einen Waldorfkindergarten für mein Kind haben will, in Anbetracht der Angemessenheit zwar nicht sagen kann: Wir haben das Recht, für zwei Kinder in unserem Ort einen Waldorfkindergarten oder einen Waldkindergarten einzurichten. Aber ich habe sehr wohl das Recht, dieses Wunsch- und Wahlrecht zu verwirklichen, wenn in erreichbarer Nähe eine solche Einrichtung existiert, die ich für mein Kind als pädagogisch besonders geeignet ansehe. Diesem Wunsch- und Wahlrecht ist im Grunde genommen von sehr vielen Kommunen auch zusammen mit ihren Nachbarkommunen Rechnung getragen worden. Wie immer ist das Ärgerliche, dass niemand darüber redet, wenn alles gut läuft.

(Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Man muss doch auf- zeigen, wo es nicht gut läuft!)

Dann erstattet man sich selbstverständlich wechselseitig Kosten. Wenn ich für das Kind in meiner Kommune keinen Platz vorhalten muss, ist es doch nicht mehr als recht und billig, dass ich einen Anteil an die Kommune gebe, die die Einrichtung finanzieren muss. Das sagt einem der gesunde Menschenverstand, und das hat fast immer funktioniert.