Protocol of the Session on November 9, 2005

Wir sehen in einem Nachbarland auf schlimme Art und Weise, was passieren kann, was Jugendliche zu tun imstande sind, speziell solche, die integriert werden sollten, es aber offensichtlich nicht werden. Übrigens, in einer der letzten Plenardebatten wurde uns Frankreich immer als bildungspolitisch und vor allem gesellschaftspolitisch herausragendes Beispiel dafür vorgeführt, was man alles tun muss, damit es funktioniert.

(Abg. Blenke CDU: Genau! Jetzt zeigt es sich! So ist es!)

Ich kann nur sagen: Zumindest dieses Beispiel sollte man ziemlich schnell in der Schublade verschwinden lassen.

(Abg. Blenke CDU: Ja!)

Gesellschaftspolitisch ist das, was dort abläuft, eine Katastrophe. Wir wollen eben auch mit Blick auf die Jugendlichen, die aus schwierigem Umfeld kommen, eine ganze Menge tun. Und da gibt es ohne Frage noch eine ganze Menge zu tun.

Wir wollen, dass es Jugendliche ohne Perspektive, speziell im Bereich der Familien mit Migrationshintergrund, zukünftig nicht geben wird. Je früher wir mit der Förderung ansetzen, umso besser sind die Chancen, wirkliche Erfolge zu erreichen. Dies gilt insbesondere für Kinder mit Migrationshintergrund.

Genau deshalb, meine Damen und Herren, sind die Einführung des Orientierungsplans für den Kindergarten und das Projekt „Schulreifes Kind“ überhaupt nicht hoch genug einzuschätzen. Bereits jetzt wird an vielen unserer Kindergärten herausragende Arbeit geleistet. Mit dem neuen Orientierungsplan wird jedoch erstmals ein landesweit einheitlicher Orientierungsrahmen für alle Kindergärten gegeben, bei dem gerade die Sprachförderung eine besondere Rolle spielt

(Abg. Marianne Wonnay SPD: Aber wann denn? Sagen Sie das doch in Jahren, Herr Mappus!)

und eine Abstimmung mit den Bildungszielen der Grundschule sichergestellt wird.

(Abg. Marianne Wonnay SPD: Sie machen das doch erst in fünf Jahren!)

Das Konzept „Schulreifes Kind“ wiederum stellt sicher, dass spezielle Förderangebote für Kinder mit besonderem Förderbedarf bzw. Leistungsdefiziten bereitgehalten werden. Mit dem jetzt eingeschlagenen Weg, meine Damen und Herren, haben wir die realistische Möglichkeit, die so genannte „Risikogruppe ohne Perspektive“, wie sie zum Beispiel in der PISA-Studie als solche benannt wurde, zumindest deutlich zu verkleinern.

Auch da, meine Damen und Herren, zeigt die PISA-Studie etwas, das ich auch nicht unerwähnt lassen möchte: BadenWürttemberg ist bereits jetzt das Bundesland mit den wenigsten Schulabgängern ohne Hauptschulabschluss. Lassen Sie mich das einmal klipp und klar sagen. Baden-Württemberg ist in diesem Bereich besser als Bayern, Sachsen und alle anderen Länder.

(Beifall bei der CDU)

Deshalb halte ich den Weg für richtig, neue Mittel einzusetzen und dies vor allem mithilfe der Eltern zu tun. Deshalb möchte ich jetzt noch einmal auf das eingehen, was Herr Kollege Kretschmann hinsichtlich der Betreuung an Schulen angesprochen hat.

Meine Damen und Herren, man kann über bestimmte Konzepte unterschiedlicher Ansicht sein. Aber, Kollege Kretschmann, man sollte die Konzepte dann auch korrekt darstellen. Dazu ist hier auf beiden Seiten der eine oder andere Begriff gefallen. Herr Kollege Drexler hat übrigens unser Familienbild vor kurzem noch als – ich zitiere – „aus der Steinzeit kommend“ bezeichnet.

(Abg. Drexler SPD: Ja! – Zuruf der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE)

Jetzt sage ich Ihnen aber einmal ganz offen, warum ich verdammt gerne aus der Steinzeit, wie es sich in Ihrer Sicht der Dinge darstellt, komme.

(Abg. Drexler SPD: Ich sagte: späte Steinzeit! – Heiterkeit)

Ihr Problem, meine Damen und Herren von Rot-Grün, ist doch, kurz umschrieben, folgendes: Das Familienbild der CDU stimmt mit dem Familienbild von weitesten Teilen der Bevölkerung Baden-Württembergs überein, Ihres, sofern Sie überhaupt eines haben, nicht. Das ist das Problem, das Sie mit unserem Familienbild haben.

(Beifall bei der CDU – Abg. Brigitte Lösch GRÜ- NE: Das ist doch ein leeres Geschwätz!)

Wir wollen und wir wollten die Ganztagsschule.

(Widerspruch bei der SPD – Oh-Rufe und weitere Zurufe von der SPD, u. a. Abg. Wintruff: Ich sage nur Müller!)

Langsam, langsam! Immer ganz ruhig bleiben! – Ich sage es nochmals: Wir wollen und wir wollten die Ganztagsschule. Es gibt, Stand heute, bevor das Programm überhaupt losgeht, in diesem Land 576 Ganztagsschulen.

(Zurufe von der CDU: Hört, hört! – Abg. Dr. Scheffold CDU: So, jetzt! – Beifall der Abg. Dr. Scheffold und Döpper CDU)

Aber, meine Damen und Herren, wir wollen nicht die Zwangsganztagsbeschulung – um das auch einmal klipp und klar zu sagen.

(Beifall bei der CDU – Abg. Drexler SPD: Das hat doch niemand gesagt! – Zuruf der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE)

Doch. – Das ist der große, große Unterschied zwischen Rot-Grün und uns.

(Oh-Rufe von der SPD – Zuruf des Abg. Wintruff SPD)

Wir wollen ein flächendeckendes, bedarfsgerechtes Ganztagsangebot.

(Beifall des Abg. Kurz CDU – Abg. Zeller SPD meldet sich zu einer Zwischenfrage.)

Sie wollen die generelle Ganztagsschule. Genau das wollen Sie seit langem!

(Lebhafter Widerspruch bei der SPD – Abg. Drex- ler SPD: Das ist ein Blödsinn! – Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Märchen! – Unruhe)

Wenn wir schon einmal bei diesem Thema sind, Herr Kollege Kretschmann, sage ich auch: Sie haben jetzt anerkannt, dass unser Bildungssystem, was die Schulgliederung angeht, gut ist. Das haben Sie ja getan, wenn ich Sie richtig verstanden habe.

(Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Bildungssystem? Nein!)

Ich kann nur sagen: Speziell Sie von Rot – in diesem Fall muss man Grün ausnahmsweise einmal verschonen – wollten seit vielen Jahren ein anderes Schulsystem.

(Abg. Blenke CDU: Ja, so ist es!)

Sie wollten für Baden-Württemberg die Gesamtschule nach nordrhein-westfälischem Vorbild.

(Lebhafter Widerspruch bei der SPD – Beifall des Abg. Dr. Christoph Palmer CDU – Abg. Drexler SPD: Erzählen Sie doch keinen Unsinn! – Unruhe)

Sie haben sie mehrfach gefordert. Sie wollten ein anderes System, und wir wollen das nicht. Das ist der Unterschied, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU – Abg. Brigitte Lösch GRÜ- NE: Märchenstunde! – Zuruf des Abg. Röhm CDU – Abg. Drexler SPD: Das ist doch keine Konfronta- tionslinie! – Glocke des Präsidenten)

Herr Abg. Mappus, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Zeller?

Vom Herrn Zeller immer besonders gern.

(Abg. Blenke CDU: Es ist eine Wonne, ihm zuzu- hören!)

Bitte schön, Herr Abg. Zeller.

Vielen Dank, Herr Mappus.

Herr Mappus, nachdem Sie gerade diese unwahre Behauptung aufgestellt haben,

(Widerspruch bei der CDU)

frage ich Sie: Können Sie mir ein Zitat vortragen, mit dem Sie Ihre unwahre Behauptung belegen können?

(Abg. Drexler SPD: In Baden-Württemberg!)

Kennen Sie ein einziges Zitat, das belegt, dass wir in Baden-Württemberg eine Gesamtschule einführen und alle Schulen zu Ganztagsschulen machen wollen? Ein Zitat von Ihnen hätte ich gern.

(Zurufe von der CDU – Unruhe)