Meine Damen und Herren, die Naturschutzvereine tragen durch ihre Arbeit wesentlich zum Schutz und zur Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen bei. Es ist daher notwendig und uns ein wichtiges Anliegen, ihre Mitwirkung mit dieser Gesetzesnovelle auch zukünftig sicherzustellen. Und – auch das ist ein Markenzeichen dieser Landesregierung –, meine Damen und Herren, wir setzen auf Freiwilligkeit, auch auf das Ehrenamt. Wir wollen das Ehrenamt und die Freiwilligkeit nicht behindern, sondern dort, wo sie vorhanden sind, befördern und weiter unterstützen.
Eine Regelung zum Klagerecht der anerkannten Naturschutzvereine werden Sie in der vorliegenden Novelle vergeblich suchen. Denn die Verbandsklage ist bereits aufgrund des unmittelbar geltenden Bundesrechts zulässig, sodass wir uns im Zuge der Deregulierung solche Ausführungen im Landesnaturschutzgesetz ersparen können.
Meine Damen und Herren, ein modernes Novellierungsvorhaben muss die Potenziale der Deregulierung in der Gesetzgebung ausschöpfen. Es muss für eine deutliche Effizienzsteigerung im Verwaltungsvollzug sorgen. Es muss transparent und bürgerfreundlich sein. Und es muss auch die Eigeninitiative der Betroffenen stärken. Wir haben jetzt die Gelegenheit beim Schopf ergriffen, auch diesen Vorhaben in der Gesetzgebung gerecht zu werden. Wir haben überall dort auf Verordnungsermächtigungen und Genehmigungsvorbehalte verzichtet, wo es ging, beispielsweise durch Wegfall der Tierhegegenehmigung. Wir haben die Standards des Landesrechts dort hochgehalten, wo das Bundesrecht dahinter zurückbleibt, etwa bei der Verbandsbeteiligung.
Wir haben aber auch unabhängig vom Bundesnaturschutzgesetz neue Bereiche in die Novellierung aufgenommen: Beim Flächenressourcenmanagement haben wir Grundsätze eingeführt, die der Innenentwicklung vor der Erschließung neuer Bauflächen im Außenbereich den Vorzug geben und die Erhaltung großer, unzerschnittener Landschaften sicherstellen.
Ich bin davon überzeugt, dass es mit dem vorliegenden Gesetzentwurf gelingen wird, das Naturschutzrecht in BadenWürttemberg an die Erfordernisse der heutigen Zeit anzupassen, es bürgerfreundlicher zu gestalten und die Voraussetzungen für einen effizienten und schlanken Verwaltungsvollzug zu schaffen. Ich darf Sie daher bitten, meine sehr verehrten Damen und Herren, diesen Gesetzentwurf mit dem gebotenen Ernst in den einzelnen Ausschüssen zu beraten
(Abg. Walter GRÜNE: Das machen wir! Wir hät- ten halt ein bisschen mehr Zeit haben sollen, dann hätten wir es jetzt noch ernsthafter machen kön- nen!)
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wegen der Kürze der Zeit möchte ich nur noch die Punkte ansprechen
ich werde die zehn Minuten nicht ausschöpfen –, die meiner Fraktion bei der Beratung besonders wichtig sind.
Der erste Punkt ist der, dass wir die Standards, die nach dem Bundesnaturschutzgesetz gesetzt worden sind, 1 : 1 übernehmen
darauf hat der Minister schon hingewiesen –, dass wir allerdings die Standards, die darüber hinausgehen, beibehalten und nicht zurücknehmen.
Die 24-a-Biotope könnte ich zum Beispiel jetzt nennen, in die wir im Grunde genommen schon 1975, bevor es überhaupt ein Bundesnaturschutzgesetz gab, als Landesgesetzgeber Dolinen, Höhlen usw. als besonders geschützte Biotope mit aufgenommen hatten – bereits 1975! Das ist ein Beispiel. Aber ich will mich ja kurz fassen.
Zweitens: Was ist uns weiterhin wichtig? Uns ist natürlich wichtig, dass wir diese Standards auch beim EU-Recht beibehalten, dass wir auch hier darauf achten, dass das 1 : 1 umgesetzt wird. Als Beispiele dafür nenne ich die FFH-Gebiete und die Vogelschutzrichtlinie. Übrigens – weil wir hier im Haus schon öfter darüber diskutiert haben, ob die Meldungen dafür ausreichend sind –: Wenn unser Nachmeldeverfahren abgeschlossen ist, werden wir immerhin rund 17 % der Landesfläche als FFH-Gebiete festgesetzt haben.
Ein dritter Punkt, der uns bei der Beratung auch wichtig war und wichtig ist, ist: Wir wollen auf die klassischen Instrumente des Naturschutzes nicht verzichten. Das betrifft den hoheitlichen Naturschutz und die Ausweisung von besonders geschützten Gebieten nach der jeweiligen Klassifizierung. Wir wollen das aber wirklich nur noch dort machen, wo es nicht anders geht, also nur noch auf ein absolut notwendiges Maß beschränken.
Ich könnte jetzt wieder jede Menge Beispiele nennen. Die setze ich jetzt als bekannt voraus. Außerdem werden wir ja im Ausschuss noch darüber diskutieren.
Aber ich möchte noch darauf hinweisen, dass wir in BadenWürttemberg zunehmend Gebiete haben, die von internationaler Bedeutung sind. Das war in der Vergangenheit ja nicht immer der Fall. Beispiele sind das Pfrunger-Burgweiler Ried oder das Bad Wurzacher Ried mit einem Europadiplom oder der Feldberg – Belchen und noch einige mehr.
Ein vierter Punkt – auf den hat der Minister dankenswerterweise auch sehr deutlich hingewiesen –, der meine Fraktion stark interessiert hat und der auch stark diskutiert worden ist, ist die Bildung von Konzepten und Programmen, die eine naturverträgliche Entwicklung unserer Kulturlandschaft ermöglichen.
Die Betonung liegt auf „Entwicklung“ und nicht auf der Käseglocke. Es wäre einfacher, mit hoheitlichen Maßnahmen zu arbeiten. Bei diesen Konzepten steht aber die Einbeziehung der Landnutzer, der Grundstücksbesitzer im Vordergrund.
Da stehen die Freiwilligkeit – im Gegensatz zu den hoheitlichen Maßnahmen – sowie die Nachhaltigkeit im Vordergrund. Warum bedeutet uns das so viel? Ganz einfach deswegen: Wenn wir keine Akzeptanz der Landnutzer erreichen, wenn sie nicht gegeben ist, wenn die nicht wissen und nachvollziehen, warum in einem bestimmten Umfang was gemacht werden soll oder gemacht werden muss, dann hat der ganze Naturschutz keinen Wert. Dann steht das zwar schön auf dem Papier, hat aber keinen Wert.
Die Landschaft war und ist ja immer ein Spiegelbild der sozialen und der ökonomischen Situation unseres Landes. Jede Änderung der Lebenssituation unserer Bürger kann man auch ganz deutlich an der Kulturlandschaft ablesen. Da können Sie beim Wandel der Landwirtschaft anfangen und weitergehen über die Kleinräumigkeit, die jetzt wegfällt, weil die Handarbeit wegfällt, über das Zerschneiden von Landschaftsteilen, Lichtverschmutzung – über so etwas hat man vor 20 Jahren ja noch nicht geredet –, bis zu stark gestiegenen Erholungsinteressen, Versiegeln von Grund und Boden usw. Durch die veränderte Bewirtschaftung bekommt alles ein anderes Gesicht.
Jetzt kommt das Fünfte, das Entscheidende: Mit welchen Instrumenten wollen wir das alles erreichen, liebe Kolleginnen und Kollegen?
Jawohl, lieber Kollege Walter. – Wir stellen uns den Herausforderungen. Ich sage gleich ein paar Stichworte: Wir werden mit unseren Landschaftspflegeprogrammen weitermachen. Sie wissen, wie viel Geld darin steckt. Wir werden im Ausschuss darüber diskutieren. Wir werden unsere Agrarumweltprogramme gerade unter diesen Naturschutzaspekten weiterführen und modernisieren. Das wissen Sie auch. Die müssen wir aufgrund der EU-Vorgaben sowieso verändern. Da werden viele naturschützerische Aspekte hineinkommen.
Wir werden auch im Rahmen der Weiterentwicklung unserer SchALVO viele Naturschutzaspekte berücksichtigen. Auch da muss einiges von der EU umgesetzt werden. Da müssen auch bestimmte Verbesserungspläne und Entwicklungspläne gemacht werden.
Am Thema Biotopvernetzung, liebe Kolleginnen und Kollegen, deren natürliches Grundgerüst zum Beispiel die Fließgewässer und die Feldhecken sind, werden wir dranbleiben.
Ein weiterer Punkt ist das vom Minister angesprochene Ökokonto. Damit können natürlich auch Genehmigungsverfahren in der Gemeinde einfacher gestaltet werden.
Und der letzte Punkt, meine Damen und Herren: Wir haben dafür gesorgt – im Bundesnaturschutzgesetz steht es nicht drin –, dass es einen Ausgleich für Nutzungsbeschränkungen gibt
natürlich, das kann man vorher auch gar nicht festlegen –, durch den wir in die Lage versetzt werden, das Eigentumsrecht des Einzelnen in ein vernünftiges Verhältnis zur Sozialpflichtigkeit des Eigentums zu bringen.
Fazit: Es geht uns darum, mit einer Reihe von differenzierten Maßnahmen dieses In-Wert-Stellen der Landschaft, auf das der Minister so deutlich hingewiesen hat, jetzt in all ihrer Vielgestaltigkeit umzusetzen. Dieser Grundsatz muss seinen Niederschlag im praktischen Naturschutz finden, aber nicht nur dort, sondern er muss auch in den Köpfen unserer Bürgerinnen und Bürger Platz greifen. Denn es ist letztendlich unser aller Lebensraum, um den es hier geht.