Die Frage, wie man auf die Gefahr von terroristischen Anschlägen auf Atomkraftwerke reagieren soll, ist natürlich eine Frage, die kaum das Schnaufen verträgt. Denn auf dem offenen Markt ausgetragen ist das ja quasi eine Einladung an mögliche Terroristen, sich auf diese Maßnahmen, die eine größere Sicherheit bieten sollen, einzustellen.
Deswegen haben sich die fünf Länder, die Kernkraftwerke haben und die Aufsicht über Kernkraftwerke haben, zusammen mit der Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit und dem Bundesumweltminister unmittelbar nach dem 11. September 2001 dieser Frage zugewendet. Aus irgendeiner unsicheren Quelle sind diese Überlegungen an die Öffentlichkeit gekommen. Man kann natürlich jetzt fragen, warum. Dass es jemand der Beteiligten getan hat, halte ich für völlig unwahrscheinlich, und dass wir uns jetzt heute mit dieser Frage befassen, ist der bedauerlichen Tatsache geschuldet, dass in einer Demokratie offensichtlich nichts mehr geheim und für die Öffentlichkeit nicht zugänglich behandelt werden kann.
Zweite Feststellung: Die beiden Anträge, über die wir heute debattieren, unterstellen, dass man gegen terroristische Anschläge als solche nichts unternehmen könne und deswegen die Risiken solcher terroristischer Anschläge möglichst gemindert werden sollten. Wir von der CDU sagen: Zuallererst muss gegen den Terrorismus an sich vorgegangen werden.
Es ist nicht sinnvoll, diese Frage außer Acht zu lassen und sich unmittelbar mit den Risiken von gefährdeten Objekten zu beschäftigen.
Herr Knapp, ich habe gerade gesagt, dass sich die erwähnten fünf Länder, der Bundesumweltminister und die Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit unmittel
bar nach dem 11. September 2001 dieser Frage zugewendet haben. Herr Trittin war es, der diese Geschichte verzögert hat.
Ich hätte ja gar nichts gesagt, aber wenn ihr mir einen Vorwurf macht, muss ich schon auf diesen Vorwurf reagieren dürfen.
Deswegen sage ich zu diesem Punkt noch einmal: Für uns steht der Schutz vor Terrorismus an erster Stelle und die Abwendung von Risiken für gefährdete Objekte an zweiter Stelle.
Jetzt finde ich es schon zumindest nachdenkenswert, dass man sagt: Um die Risiken einzuschränken, schalte ich Kernkraftwerke einfach ab
und übertrage die Laufzeit der Kernkraftwerke, die ich abschalte, auf die anderen, die einen höheren Sicherheitsstandard haben.
Wir sind uns aber doch einig: Wenn es je zu einem solchen Vorgang wie am 11. September in den USA käme, dass jemand mit einem großen Verkehrsflugzeug gezielt auf einen der Reaktoren zusteuern würde, dann hätten wir bei allen vier Kernreaktoren, die wir zurzeit in Baden-Württemberg haben, das höchste Risiko zu gewärtigen.
Auch wenn sie abgestellt sind. – Das ist der erste Grund, warum wir diesen Vorschlag nicht für richtig halten.
Der zweite Grund ist folgender – Sie müssen sich das einmal zu Ende überlegen –: Wir haben ja nicht nur die Gefahr terroristischer Anschläge auf Kernkraftwerke, sondern es gibt ja in Deutschland genügend Bauwerke, die für uns Deutsche irgendetwas symbolisieren. Jetzt nenne ich einmal ein Beispiel, über das Sie vielleicht zuerst lachen werden. Jetzt nehme ich den Kölner Dom. Wenn ich hier die gleiche Elle anlege, die Sie an gefährdete Kernkraftwerke anlegen, dann würde das ja bedeuten, dass im Kölner Dom nie mehr Gottesdienste stattfinden dürfen. Denn dort besteht die gleiche Gefahr. Wenn ich die Gefahr ausschalten wollte, dürfte dort nie mehr etwas stattfinden.
Aber interessant finde ich jetzt, dass Sie sagen: Wir verlängern die Laufzeit der Kraftwerke, die wir stilllegen wollen, auf die anderen.
Das heißt doch auf Deutsch, die einmal vereinbarte Laufzeit dieser Kraftwerke darf verlängert werden.
(Abg. Dr. Witzel GRÜNE: Es sind Strommengen vereinbart! Die Strommengen sollen gemäß Kon- sens übertragen werden!)
Herr Kollege Scheuermann, können Sie mir bitte erklären, welche Gefahren für die Umwelt ausgehen, wenn ein Flugzeug auf den Kölner Dom abstürzt?
Frau Utzt, ich habe meine beiden Kollegen Knapp und Witzel so verstanden, dass es ihnen nicht in erster Linie um Gefahren für die Umwelt geht, sondern um den Schutz der Menschen.
Ich will jetzt nur noch einmal festhalten, dass Sie unter der Bedingung dieses extremen Falls einer Verlängerung der Laufzeit für die beiden jüngeren Reaktoren in Philippsburg und in Neckarwestheim zustimmen würden. Ich stelle jetzt fest: Das ist das allererste Mal, dass es von Ihnen einen Beitrag zu einer Verlängerung der Laufzeiten von Kernkraftwerken gibt.
(Abg. Walter GRÜNE: Quatsch! Das ist doch Be- standteil des Atomkonsenses! – Abg. Dr. Witzel GRÜNE: Wir wollen den Atomkonsens einhalten, punktgenau! – Glocke der Präsidentin)
Wir halten alle Maßnahmen, die ergriffen werden können, um das Risiko bei einem terroristischen Anschlag zu vermindern, für sinnvoll.