Protocol of the Session on November 23, 2000

Schließlich nenne ich noch eine erfolgreiche Entwicklung: das Einstiegsgeld. Meine Damen und Herren, neun Modellkreise in Baden-Württemberg haben das Einstiegsgeld eingeführt, geben also den Sozialhilfeempfängern neben den zulässigen 276 DM weiteres Geld, damit Jobs interessant werden und damit die Sozialhilfeempfänger unabhängig von der staatlichen Alimentierung werden. Der Weg heraus aus der Sozialhilfe und berufliche Integration, das ist unser Ziel.

Lassen Sie mich zu dem, was der Sachverständigenrat jüngst auf den Tisch gebracht hat, nur noch Folgendes sagen: Wenn die Beschäftigungspolitik und die Konjunkturpolitik des Bundes so greifen würden wie in den europäischen Ländern um uns herum, dann müssten wir 500 000 zusätzliche Arbeitsplätze haben. Es stimmt einfach, dass die Bundesregierung den Aufschwung in Ketten legt. Die Arbeitsmarktpolitik der Bundesregierung ist als der falsche Weg bezeichnet worden. Die Arbeitsplätze seien gefährdet. Wir sind Schlusslicht in der EU geworden. Stagnation

herrscht auch bei den Arbeitsstunden. Es sieht trist aus auf dem Arbeitsmarkt und bei der Bundesregierung.

(Abg. Dr. Salomon Bündnis 90/Die Grünen: Wie siehts aus?)

Trist, trister, Riester – das ist die Steigerung, Herr Salomon.

(Abg. Dr. Salomon Bündnis 90/Die Grünen: Sie können alles außer Hochdeutsch!)

630-Mark-Gesetz, Scheinselbstständigkeit, genereller Anspruch auf Teilzeit, Kündigungsschutz, Schlechtwettergeld, Betriebsverfassungsgesetz, Betriebsräte ab drei Arbeitnehmern, Greencard –

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Oh Herr Haas! Zum Steineerweichen!)

alles von Grund auf nicht bedacht. Wir in Baden-Württemberg sind mit unserer Arbeitsmarktpolitik näher an der Wirklichkeit, meine Damen und Herren.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Wieser CDU: Sehr gut! – Abg. Dr. Salomon Bündnis 90/ Die Grünen: Das war aber jetzt ein Brüller!)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Hausmann.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Was ist denn an dieser Debatte aktuell?

(Abg. Haas CDU: Das war doch die Frage!)

Ist vielleicht aktuell, lieber Herr Haas, wie Sie es gerade gesagt haben, dass Döring heute außer Haus ist

(Abg. Dr. Salomon Bündnis 90/Die Grünen: Die Debatte ist so aktuell wie der Haas!)

und, weil Arbeitsmarktpolitik nicht nur im Sozial-, sondern auch im Wirtschaftsministerium angesiedelt ist, die CDU deswegen ein freieres Feld hat gemäß dem Motto des Hauptgeschäftsführers der FDP: „Zwei Gockel tun sich eben schwer miteinander“?

(Abg. Pfister FDP/DVP: Das war ein gutes Zitat! – Abg. Dr. Noll FDP/DVP: So viel zur gleichge- schlechtlichen Partnerschaft!)

Oder hat es damit zu tun, dass sich die CDU in der Zwischenzeit derart maßlos überschätzt und allen Realitätssinn verloren hat, dass sie ein Thema zur Aktuellen Debatte stellt, das für mich eine Erinnerung an meine Schulzeit gebracht hat? In der zwölften Klasse geschah Folgendes: Eine Lehrerin stellte ein Aufsatzthema, aber ein Schulfreund von mir schrieb den Aufsatz nicht, sondern einen anderen, und schrieb darüber: „Warum ich diesen Aufsatz nicht schreibe“.

(Abg. Wieser CDU: Das verstehe ich sogar!)

Er hat anschließend sogar eine gute Note gekriegt.

(Abg. Wieser CDU: Der ist bestimmt nicht in die SPD gegangen!)

Ich befürchte, dass diese Landesregierung zu ähnlicher Selbstkritik nicht in der Lage ist.

Ich will Ihnen etwas sagen. „Positive Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt Baden-Württembergs durch die aktive Beschäftigungspolitik“, das wäre ein aktuelles Thema gewesen. Aber Sie schreiben: „durch die aktive Beschäftigungspolitik der Landesregierung“, und an dieser Stelle wird es zur Lachplatte, weil alles, was an aktiver Arbeitsmarktpolitik gelaufen ist, nichts, aber wirklich überhaupt nichts mit dem zu tun hat, was im Land Baden-Württemberg an Maßnahmen stattfindet.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Abg. Wieser CDU: Moment! – Abg. Haas CDU: Bitte erklären Sie das einmal!)

Meine Damen und Herren – ich werde das nachher noch ganz sauber detaillieren –, ich will Ihnen ein paar Punkte nennen.

(Glocke des Präsidenten)

Herr Abg. Hausmann, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abg. Wieser?

(Abg. Wieser CDU: Angsthase! Ein lauter Angst- hase ist das!)

Wir haben in Baden-Württemberg inzwischen Zahlen, die Sie für sich vereinnahmen. Hören Sie zu: Von 1998 bis heute – zwei Jahre aktive Arbeitsmarktpolitik der Bundesregierung – ist die Arbeitslosigkeit in Baden-Württemberg um fast 30 % zurückgegangen.

(Abg. Dr. Eva Stanienda CDU: Wer regiert denn hier?)

In der gleichen Zeit wurde die Jugendarbeitslosigkeit um fast 50 % reduziert, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Abg. Wieser CDU: Wo?)

In Baden-Württemberg.

(Abg. Ingrid Blank CDU: Trotz Rot-Grün, nicht wegen!)

Jetzt kommen wir zum Problem. Sie sind der irrigen Meinung – ich glaube nicht einmal, dass Sie es selber glauben –, dass Sie dafür verantwortlich sind.

(Abg. Dr. Eva Stanienda CDU: Wir wissen es so- gar! – Abg. Wieser CDU: Diesem Gockel höre ich nicht mehr zu!)

Meine Damen und Herren, nehmen wir uns ein paar Fakten vor und überlegen: Welche Ebene macht denn wo aktive Arbeitsmarktpolitik? Da stellen wir fest: Auf Bundesebene haben wir ein JUMP-Projekt, vom Bund finanziert, in dem im Jahr 1999 allein 20 000 Jugendliche aus Baden-Württemberg waren.

Dann haben wir Kommunalprogramme, in die über 10 000 Personen einbezogen sind – kommunalfinanziert.

(Abg. Haas CDU: 15 000!)

Dann haben wir EU-Projekte, und zu guter Letzt bleiben für Baden-Württemberg spezifisch Mittel übrig, wobei nach Ihren eigenen Angaben knapp 5 000 Jugendliche in die entsprechenden Programme einbezogen sind. So sind die Anteile derzeit gewichtet.

(Abg. Haas CDU: Das stimmt doch nicht! – Zuruf des Abg. Kiefl CDU)

Das müssen Sie zur Kenntnis nehmen. Wenn Sie dies bisher nicht getan haben, müssen Sie es eben jetzt tun.

(Abg. Wieser CDU: Wenn für Hochmut der No- belpreis vergeben würde, dann würden Sie ihn er- halten! – Zuruf der Abg. Ingrid Blank CDU)

Meine Damen und Herren, noch einmal: Sie haben mit den Erfolgen auf dem Arbeitsmarkt in Baden-Württemberg nichts, aber auch überhaupt nichts zu tun.

(Abg. Wieser CDU: Sie sind doch ein Falschmün- zer der Wahrheit!)

Dritter Punkt: Meine Damen und Herren, was wäre denn erforderlich? Jetzt gehen wir ans Eingemachte. Herr Haas hat ja einiges zitiert. Wo gibt es in Baden-Württemberg denn Probleme?

(Abg. Dr. Eva Stanienda CDU: Überhaupt keine!)

Baden-Württemberg hat im Produktionsbereich mehr Beschäftigte, als dies in anderen Bundesländern der Fall ist,

(Abg. Haas CDU: Vollbeschäftigung haben wir!)

dafür weniger Beschäftigte im Dienstleistungsbereich.