Was die Ausbildung anbelangt, darf ich Ihnen nochmals zur Kenntnis geben, dass sich die Zahl der bei den Arbeitsämtern gemeldeten Ausbildungsstellen ständig erhöht. Das ist nicht unbedingt nur ein Verdienst der Politik. Das kann man auch sagen. Es sind die politischen Rahmenbedingungen, die wir schaffen, die dazu beitragen.
Danken möchte ich an dieser Stelle den Handwerksbetrieben, dem Mittelstand, die unseren Jugendlichen die Möglichkeit bieten, Praktika zu machen, und die Ausbildungsplätze zur Verfügung stellen. Es stimmt mich eher etwas nachdenklich, wenn ich aus vielen Gesprächen mit Handwerkern höre, dass es immer weniger Jugendliche gibt, die in diese Berufszweige hineinwollen.
Als zweiten Punkt haben Sie die Jugendsozialarbeit angesprochen. Auch mir sind 6,5 Millionen DM für ca. 80 Schulen noch nicht genug. Ich würde mir auch mehr wünschen. Aber ich denke, es ist ein Einstieg. Wir sollten auch nicht vergessen – das hat mein Vorredner, Herr Kleinmann, schon gesagt –, es ist zuallererst eine kommunale Aufgabe, wobei ich denke, dass wir uns dieser Aufgabe auch als Land stellen sollten, und das tun wir.
(Abg. Birgitt Bender Bündnis 90/Die Grünen: Dann tun Sie es auch! – Abg. Christine Rudolf SPD: Wo leben Sie denn?)
Wir freuen uns in diesem Zusammenhang, dass die Arbeitsgemeinschaft der Jugendverbände die rasche Umsetzung der Handlungsempfehlungen und die Entwicklung der Förderprogramme ebenfalls durchweg positiv beurteilt.
Eine Tatsache im Landesjugendbericht 2000 bereitet mir oder uns auch große Sorgen. Das ist der hohe Anstieg der Zahl der BVJ-Teilnehmer seit 1992. Ich glaube, dass wir
uns alle gemeinsam darüber Gedanken machen sollten, wie wir erreichen können, dass unsere Jugendlichen diese Warteschleife nicht mehr brauchen. Ich hoffe, dass die wirtschaftliche Entwicklung in Baden-Württemberg so voranschreitet, dass auch für diese Jugendlichen direkt ein Ausbildungsplatz zur Verfügung steht.
Jetzt lassen Sie mich noch einen Blick in die Zukunft werfen. Wir haben im Jahr 1997 die Enquetekommission gehabt. 1997 war die Unsicherheit vor der eigenen und der gesellschaftlichen Zukunft noch weit verbreitet. Nur gut ein Drittel der Jugendlichen schaute optimistisch in die Zukunft. Wenn wir uns jetzt die Shell-Studie anschauen, meine Damen und Herren, dann sind zwei Drittel der Jugendlichen im Augenblick „eher zuversichtlich“. Ich glaube, das ist eine schöne Entwicklung.
Vor allen Dingen nehmen Jugendliche ihr Berufsziel sehr ernst, und sie wissen auch, dass zur Erreichung der Berufsziele Mobilitätsbereitschaft und Anstrengung für eine möglichst gute Ausbildung notwendig sind. Wir haben eben keine Heiapopeia-Jugend, wie Herr Joschka Fischer, unser Außenminister, das einmal so schön formuliert hat.
(Abg. Birgitt Bender Bündnis 90/Die Grünen: Wo haben Sie das denn her? Das muss aber schon ei- nen Bart haben!)
Wir haben Jugendliche, die um die Chancen ihrer Zukunft wissen. Sie haben im Augenblick Probleme, die nicht in äußeren Gefahren, das heißt nicht in Sucht, Arbeitslosigkeit usw., liegen, sondern sie haben eher Probleme mit Dingen, die in ihnen selbst liegen. Was meine ich damit? Sie haben oft nicht die Fähigkeit, ihre eigenen Ressourcen zu nutzen. Sie haben oft nicht die Sozialkompetenz. Da müssen wir uns natürlich fragen, woher sie diese Kompetenz nehmen sollen und woher die ihre Vorbilder nehmen.
Ziel unserer Jugendpolitik muss es deshalb sein, die junge Generation zu befähigen, selbstständig und eigenverantwortlich zu handeln, Pflichten und Verantwortung zu übernehmen, aber auch ihre Rechte wahrzunehmen, das Leben als Chance zu begreifen
Frau Kollegin Blank, ich muss mich schon wundern. Den Satz muss man sich auf der Zunge zergehen lassen,
Oder in sich selbst haben. „Herzlichen Dank“, wird ein Behinderter sagen. „Herzlichen Dank“, wird ein ausländisches Mädchen oder ausgesiedeltes Mädchen sagen, die immer noch auf dem Arbeitsmarkt benachteiligt sind. So stelle ich mir Jugendpolitik hier im Lande nicht vor.
Sie haben gesagt, die Sprachförderung sei nicht heruntergefahren worden, nur der muttersprachliche Unterricht sei heruntergefahren worden. Ich führe die Antwort der Landesregierung an:
Hören Sie sich das an! – 1990/91 waren es 721 Vorbereitungs- und Förderklassen und 6 550 Kurse für Schüler. 1999/2000 – das sind die Vergleichszahlen, die hier angegeben werden – waren es 560 Klassen und 1 815 Kurse.
Nein. Ich möchte jetzt hier noch schnell weitermachen, sonst komme ich auch nicht mehr zum Jugendbericht.
Zur Jugendsozialarbeit: 269 Anträge und 91 Genehmigungen. Ich höre aber mit Freude, dass Sie sich auf eine Drittelfinanzierung hinbewegen.
Nun zum Jugendbericht. Meine Damen und Herren, was soll man zu dem Jugendbericht sagen? Sie haben fleißig gearbeitet oder arbeiten lassen
und viele Seiten gefüllt, aber unter dem Strich ist es ein Offenbarungseid. Sie wurden gebeten, den Landesjugendbericht geschlechterdifferenziert zu verfassen. Diesem Auftrag, dieser Empfehlung sind Sie nicht gefolgt. Sie weisen darauf hin, dass die Jugendhilfeplanung im Land sehr heterogen verläuft. Das heißt, in einigen Kreisen verläuft sie sehr gut, in anderen weniger, und in wieder anderen ist es ein Trauerspiel. Aber was Sie aus dieser Erkenntnis schlussfolgern,
bleibt im Verborgenen. Sie weisen darauf hin, dass die Armut unter den Heranwachsenden in Baden-Württemberg
wächst. Aber Sie verschweigen, wie Sie darauf zu reagieren gedenken. Da sind ein paar Absichtserklärungen, aber keine Perspektiven, nichts Verbindliches. Das ist ein Zeugnis der politischen Hilflosigkeit. Das wissen Sie. Ich zitiere aus dem Jugendbericht:
Es wäre vermessen, wollte der Landesjugendbericht versuchen, die Fülle der in diesen Dokumenten und im Landesjugendbericht selbst zusammengetragenen Erkenntnisse vollständig zu bündeln und in Erwartungen an Politik und Praxis der Jugendhilfe der Zukunft umzusetzen.
Man kann es auch anders sagen: Die Landesregierung ist von der Fülle der Informationen erschlagen. Sie liegt jugendpolitisch darnieder und hat keinen Plan, wie sie sich wieder aufrappeln soll.
Wo findet denn der Leser oder die Leserin in diesem Bericht den Willen und den Plan, junge Leute wirklich ernst zu nehmen, sie mitreden und mitentscheiden zu lassen, wo das Versprechen, den Fehler der einseitigen Festlegung auf Jugendgemeinderäte in der Gemeindeordnung rückgängig zu machen, alle Partizipationsformen als gleichrangig und gleichwertig in die Gemeindeordnung aufzunehmen und die Jugendlichen selbst entscheiden zu lassen, in welcher Form ihre Partizipation zu geschehen hat?
Es wäre noch schöner, wenn wir jungen Leuten vorschrieben, in welcher Form die Jugendpartizipation vonstatten gehen soll.