Ich bitte Sie von Rot-Grün noch einmal herzlich: Arbeiten Sie in Berlin daran, dass ein verfassungskonformer Gesetzentwurf zustande kommt, dass das Thema juristisch sauber über die Bühne geht, damit den Leuten, denen Sie angeblich helfen wollen, wirklich geholfen wird – aber auf einer verfassungskonformen Grundlage.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Noch einmal zur Klarstellung: Für die Familien werden keinerlei Leistungen abgesenkt, Herr Mühlbeyer. Es wird nichts abgesenkt!
(Abg. Birgitt Bender Bündnis 90/Die Grünen: Ganz im Gegenteil! – Zuruf des Abg. Döpper CDU – Gegenruf des Abg. Birzele SPD: Das ist doch Quatsch!)
Jetzt krakeelen Sie doch nicht herum. Wenn Sie in den 16 Jahren Ihrer Regierungszeit im Bund für die Familie so viel getan hätten, wie es hätte sein müssen, hätte das Bundesverfassungsgericht nicht festgestellt,
(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/Die Grünen – Zurufe von der CDU, u. a. Abg. Seimetz: Ihr habt noch nichts geleistet!)
Sie müssen auch einmal sagen, wo der Unterschied zum Vorschlag der FDP liegt, wenn Sie davon reden, dieses Gesetz sei verfassungswidrig. Sagen Sie doch einmal, worin der Unterschied bei der Verfassungswidrigkeit besteht, wenn man die Lebenspartnerschaft beim Standesbeamten registrieren lässt oder wenn man beim Notar den Vertrag abschließt und anschließend beim Standesbeamten registrieren lässt. Herr Justizminister, sagen Sie doch einmal, wo die Unterschiede in der Verfassungswidrigkeit vorliegen.
Damit wird die FDP angegriffen. Sagen Sie doch einmal, was das sein soll und was in Ihrem Haus los ist.
Ich will einmal klarstellen: Das, was mit der Aufspaltung des gesetzgeberischen Verfahrens passiert, war in der letzten Legislaturperiode im Bund Alltag, gang und gäbe und selbstverständlich verfassungskonform.
Sie regen sich nur deshalb darüber auf, weil Sie mit Ihrer nicht vorhandenen Mehrheit das, was wir für sinnvoll halten, nicht verhindern können. Aber wir wollen eben nicht wieder 16 Jahre lang herumdebattieren, ohne Ergebnisse zu erzielen. Wir wollen wenigstens auch hinsichtlich des Minderheitenschutzes einen kleinen Schritt vorwärts kommen. Deshalb werden wir das auch so fortsetzen.
Herr Mühlbeyer, wir wären uns wahrscheinlich schnell einig geworden; wir verstehen uns ja relativ gut. Wir könnten wahrscheinlich einen Konsens finden. Dies wird jetzt im Bundesrat auch erneut versucht. Ich halte dies auch für richtig. Beide Seiten müssen sich aber bewegen. Es kann nicht sein, dass nur von der Bundesregierung verlangt wird, zwei, drei oder wie viele Schritte zurückzugehen, sondern das Gleiche muss natürlich auch für die andere Seite gelten.
Sie wissen, Sie haben keinen Einfluss darauf. – Wenn es aber schon erklärtes Ziel ist, keinen Schritt zurückzugehen, dann gibt es keinen Konsens; Schluss. Was wollen Sie denn dann machen? Kein Gesetz. Das waren die 16 Jahre Ihrer Regierungszeit im Bund.
Herr Justizminister, ich zitiere Sie: „Ich bin der Meinung, dass der Staat nun nicht auch noch homosexuelle Paare steuerlich fördern muss.“ Das ist entlarvend; diese Formulierung ist schon sehr diskriminierend. Was Sie sagen, ist aber auch noch falsch; denn in Ihrem Berliner FDP-Entwurf steht in Artikel 7 – das ist Ihr FDP-Entwurf, nicht der des Ministers, aber der FDP, also, sagen wir einmal, von Westerwelle und Gerhardt –: Freistellung von Erbschaftund Schenkungsteuer für Wohnungseigentum wie Eheleute.
Es heißt dort weiter: Eingruppierung in Steuerklasse 1 analog Ehegatten. Herr Justizminister, Sie haben etwas anderes gesagt.
Weiter heißt es in dem FDP-Entwurf: Regelung bezüglich Freibeträge für Ehegatten findet auch auf Lebenspartnerschaften Anwendung. Herr Justizminister, was haben Sie denn dazu gesagt? Es geht also auch innerhalb der Parteien, die gegen diese Neuregelung sind, drunter und drüber.
Herr Mühlbeyer, die Junge Union, die CDU-Sozialausschüsse haben Sie aufgefordert, Kompromisse zu finden und in der Sache seriös zu verhandeln. Der saarländische Ministerpräsident hat eine entsprechende Position. Werden Sie sich untereinander einmal einig; vielleicht wird dann Ihre Opposition oder Ihre Kompromissbereitschaft in Bezug auf das neue Gesetz schlüssiger.
Ich sage es noch einmal: Unseren Mitbürgern, die aufgrund ihrer Persönlichkeitsstruktur nicht in der Lage sind, eine Ehe zu schließen, muss – so verstehen wir unsere Demokratie – die Möglichkeit gegeben werden, eine ihnen gemäße Lebenspartnerschaft einzugehen. Wir meinen, dass wir das mit dem Gesetzentwurf in Berlin auf den Weg bringen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Seien wir doch einmal ehrlich: Die CDU hat sich im letzten Jahrzehnt bei diesem Thema ganz weit bewegt. Vor zehn Jahren wäre doch hier kein Vertreter der CDU hingestanden und hätte gesagt: Wir wollen keine Diskriminierung. Vor zehn Jahren wäre kein Vertreter der CDU hier hingestanden und hätte gesagt: Ja, wir wollen gesetzliche Änderungen, damit Schwule und
Lesben in dieser Gesellschaft mehr Rechte haben. Das ganze Getöse, auch die ständige Drohung mit dem Bundesverfassungsgericht, dient doch mehr oder weniger nur dazu, dies etwas zu bemänteln, weil Ihnen noch nicht so hundertprozentig wohl in Ihrer Haut ist, dass Sie diesen Weg zurückgelegt haben.
Ich denke aber: Es ist gut so, dass auch die CDU inzwischen den gesellschaftlichen Wandel, die Öffnung dieser Gesellschaft, die Vielfalt der Lebensformen anzuerkennen bereit ist.
Jetzt sprechen wir über das Rechtsinstitut der eingetragenen Partnerschaft. Dieses ist umstritten. Ich kann nur sagen: Wer behauptet, dass durch die eingetragene Partnerschaft die Institution Ehe gefährdet werde, der sehe sich doch einmal heterosexuelle Menschen an, die sich entschließen, ohne Ehe zusammenzuleben oder ohne Ehe eine Familie zu gründen. Wenn jemand die Institution Ehe infrage stellt, dann sind das doch diese Menschen, die heiraten könnten, sich aber anders entscheiden, aber, bitte schön, doch nicht eine Minderheit von Menschen, die gar nicht heiraten dürfen und können. Was soll denn diese Minderheit an der Institution Ehe ändern? Gar nichts.
Wenn das Argument angeführt wird, man bräuchte das nicht, ein privatrechtlicher Vertrag täte es doch auch, dann lassen Sie mich daran erinnern, meine Damen und Herren, dass man natürlich in einem Vertrag festlegen kann, was man füreinander tun will, aber nicht mit Wirkung gegenüber Dritten und der Gesellschaft. Das wissen alle. Deswegen geht der FDP-Gesetzentwurf, Herr Kollege Noll, ja auch den Weg, mit diesem Vertrag doch noch zum Standesamt zu marschieren. Das nenne ich eine Mogelpackung.
(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei Ab- geordneten der SPD – Zuruf des Abg. Dr. Noll FDP/DVP)
Jetzt reden wir einmal über Politik und den politischen Prozess. Wir sind ja hier im Landtag von Baden-Württemberg, und demnächst steht die Entscheidung im Bundesrat an.
Tatsache ist doch, dass das Gesetz, das diese eingetragene Lebenspartnerschaft schafft, beschlossen ist. Das ist Gesetz. Daran kommen Sie gar nicht vorbei. Es wird eine Eintragung geben; es wird die Möglichkeit des gemeinsamen Namens geben; es wird die Unterhaltspflicht füreinander geben. Es ist völlig richtig, dass das abgespalten wurde. Aber der Kollege Bebber hat zu Recht darauf hingewiesen, dass das gängige Praxis und im Übrigen auch verfassungsrechtlich längst anerkannt ist. Ich weiß nicht, was Ihre Leute, Herr Goll, Ihnen da aufgeschrieben haben. Sie scheinen nicht ganz auf dem neuesten Stand zu sein.