Wir verlangen, dass diese Schüler und Schülerinnen in Baden-Württemberg endlich ihre Muttersprache bzw. Herkunftssprache als Fremdsprachenkompetenz zertifiziert bekommen. Es ist eine Bereicherung, wenn wir junge Menschen haben, die einen qualifizierten Abschluss in ihrer Herkunftssprache machen können.
Zum Schluss noch ein Wort zur Leistungsrückmeldung. Kinder wollen ihre Leistung bewertet wissen. Kinder wollen etwas leisten. Deshalb muss der Fremdsprachenunterricht ergebnisorientiert und an den individuellen Lern- und Entwicklungsmöglichkeiten jedes Kindes orientiert sein. Noten sind hierbei kontraproduktiv. Wir fordern deshalb Lernentwicklungsberichte statt Noten. Damit befinden wir uns in guter Gesellschaft mit dem Landeselternbeirat und allen Verbänden einschließlich der Schulleiterverbände.
Wir wollen Kinder ermutigen. Kinder sollen ihre Freude an den Fremdsprachen behalten. Dass Sie, Frau Ministerin, jetzt Noten einführen wollen, übrigens auch gegen die Empfehlungen der Lehrplankommission, ist politisch und nicht pädagogisch begründet. Das wird zu einer Verschärfung der Auslese für das Gymnasium führen,
und das wollen wir nicht. Der Übergang für Kinder ins Gymnasium muss weiter chancengleich gewährleistet werden.
Ich komme zum Schluss. Noch ist es Zeit, die Weichen für die Einführung von Fremdsprachen in Baden-Württemberg so zu stellen, dass es ein Erfolgsmodell wird. Mit unserem Antrag wollen wir dazu beitragen, und deshalb fordere ich
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Konzept der Landesregierung zur Einführung der Fremdsprache in der Grundschule geht auf die wissenschaftlichen Erkenntnisse über das frühkindliche Fremdsprachenlernen zurück. Es setzt diese Erkenntnisse konsequent um. Ich halte das für einen ganz bedeutenden Schritt in der Geschichte der Bildungspolitik im Land Baden-Württemberg.
Diese konsequente Umsetzung bedeutet, dass Kinder je früher, desto besser Fremdsprachen lernen. Das ist ganz wichtig für die Beurteilung der Frage, wann wir anfangen. Es liegt uns ja ein Antrag vor, der sagt: Fangt in Klasse 3 an, macht es in 3 und 4.
Frau Kollegin Rastätter, ich lese alle Anträge. Das ist ein Antrag der SPD, dem Sie sicher nicht zustimmen.
Wenn die grundsätzliche Aussage richtig ist, dass Kinder je früher, desto besser Fremdsprachen lernen, dann sollten wir so früh wie möglich beginnen,
das heißt in Klasse 1 und durchlaufend durch die Grundschule. Das bedeutet gleichzeitig, dass ich, wenn ich einen vernünftigen Lehrplan für die Klassen 1 bis 4 habe, nicht häppchenweise in den Klassen 2, 3 und 4 etwas anbieten muss, was nur Teile aus diesem Lehrplan verwirklicht.
Das bedeutet, dass wir natürlich vier Jahre für die Einführung der Fremdsprache in der ganzen Grundschule brauchen.
Ein interessanter Aspekt des frühen Fremdsprachenlernens bietet sich den Ausländerkindern, die oft Probleme haben, bei der deutschen Sprache mitzuziehen. Bei der Einführung einer Fremdsprache haben sie den gleichen Ausgangspunkt wie ihre deutschen Klassenkameraden. Erfahrungen, die damit gesammelt wurden, belegen, dass sie im Bereich des frühen Fremdsprachenlernens zusätzliche Motivation für ihre schulische Leistung finden können.
Die Lehrpläne, die wir erstellt haben, sind anspruchsvoll, weil es die ersten Lehrpläne zum frühkindlichen Fremdsprachenlernen sind, die von einem durchgängigen Kon
zept über vier Jahre und von der Anschlussfähigkeit ausgehen. Das unterscheidet das baden-württembergische Konzept von allen Versuchen in anderen Bundesländern. Wir sagen den Kindern: Ihr lernt nicht vier Jahre umsonst eine Fremdsprache, und die weiterführenden Schulen tun so, als sei nichts gewesen. Das machen die anderen Bundesländer, die frühes Fremdsprachenlernen einführen, inkonsequent. Sie vertrauen offensichtlich nicht auf die Fähigkeiten ihrer Lehrerinnen und Lehrer.
Dieser grundsätzliche Unterschied im baden-württembergischen Konzept hat natürlich Auswirkungen auf die weiterführenden Schulen. Das Fremdsprachenlernen in der Grundschule geschieht anwendungsorientiert, handlungsorientiert, durch Hörverstehen, durch Kommunikation, durch Hineinwachsen in die Sprache. Das wird auch Auswirkungen auf das Fremdsprachenlernen in den weiterführenden Schulen haben.
Deshalb ist unser Konzept auch weiter gedacht. In Klasse 5 werden alle weiterführenden Schulen – Hauptschule, Realschule, Gymnasium – auf dem aufsetzen, was wir in der Grundschule vorgearbeitet haben.
Nun haben wir eine Pilotphase für 400 Schulen festgelegt. Das hängt mit mehreren Dingen zusammen. Die wichtigste Voraussetzung für einen Fremdsprachenunterricht in der Grundschule ist natürlich, dass geeignetes Lehrpersonal zur Verfügung steht.
Das bedeutet, dass wir in entsprechendem Umfang Lehrerfortbildung einrichten. An Frau Rastätter sind die Realitäten wohl spurlos vorübergegangen: Das Konzept zur Lehrerfortbildung liegt vor, die Umsetzung läuft, die Mittel dafür sind bereitgestellt. Ich weiß nicht, wovon Sie reden. Vielleicht beklagen Sie die Tatsache, dass diese Fortbildung normalerweise in der Freizeit – in der unterrichtsfreien Zeit, genauer gesprochen – stattfindet. Das halte ich nicht für tragisch. Die Lehrerinnen und Lehrer dieses Landes tun das in weiten Bereichen. 70 % der Lehrerfortbildung findet in der unterrichtsfreien Zeit statt. Das darf hier auch einmal positiv erwähnt werden.
Wenn die Kommunen den Wunsch äußern, möglichst früh in den frühen Fremdsprachenunterricht an den Grundschulen einbezogen zu werden, so freut mich das. Denn das heißt, dass sie unserem Ansatz im Prinzip zustimmen.
Ich mache auch deutlich: Wenn Sie zusätzliche Stunden in die Stundentafel einsetzen – es gehört zu unserem Konzept,
pro Schuljahr zwei Wochenstunden in die Stundentafel einzustellen –, müssen Sie auch die Lehrkräfte dafür zur Verfügung stellen können. Auch dazu brauchen wir die vorgesehene Zeit. Wir lassen uns da nicht in etwas hineinjagen, was wir nachher nicht verantworten könnten.
Sie haben den Landeselternbeirat zitiert. Nun möchte ich Ihnen sagen, dass der Landeselternbeirat diesem Konzept des frühkindlichen Fremdsprachenlernens zustimmt.
Der Bundeselternrat hat eine vergleichende Betrachtung aller Konzepte des frühkindlichen Fremdsprachenlernens in der Grundschule angestellt und ist zu dem Ergebnis gekommen, dass das baden-württembergische Modell mit Abstand zu bevorzugen sei; er würde sich wünschen, dass sich die anderen Bundesländer uns anschlössen.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Drex- ler SPD: Frühkindliche Rede! – Zuruf des Abg. Dr. Caroli SPD)
Ich will noch etwas zum Thema „Französisch am Oberrhein“ sagen, da mir dieses Anliegen wirklich am Herzen liegt.
Es wäre ein großes Versagen, wenn wir in einer Grenzregion zu Frankreich nicht allen Kindern, die in dieser Region leben, die Möglichkeit bieten würden,