Protocol of the Session on October 25, 2000

Bitte schön.

Herr Minister, Sie erwähnten vorhin Gewalt von Rechtsextremisten. Können Sie bestätigen, dass die jetzige Diskussion gegen Rechtsextremismus ausgelöst wurde durch den Handgranatenanschlag in Düsseldorf, und würden Sie bestätigen, dass die Vermutung besteht, dass dieser nicht durch Rechtsextremisten erfolgte, sondern angeblich durch die Russenmafia? Wie passt das dann zu Ihrer eben gemachten Aussage?

(Abg. Deuschle REP: Sehr richtig!)

Herr Abg. Krisch, ich bin nicht bereit, Ihre Suggestivfragen zu beantworten.

(Beifall bei der CDU, der SPD und beim Bündnis 90/Die Grünen – Abg. Krisch REP: Keine Sugges- tivfrage, sondern eine Sachfrage!)

Zweitens liegen mir keine Erkenntnisse darüber vor, dass der Anschlag in Düsseldorf von der so genannten Russenmafia durchgeführt worden ist.

(Abg. Dagenbach REP: So, so! – Abg. Deuschle REP: Doch!)

Wir sollten uns in diesem Hause wenigstens darin einig sein, dass jede Gewalttat, egal wer sie durchführt, abzulehnen ist, zu verfolgen ist, zu bekämpfen ist. Das ist der Grundkonsens der Demokraten.

(Beifall bei der CDU, der SPD und beim Bündnis 90/Die Grünen – Abg. Dr. Schlierer REP: Das ha- ben Sie gerade vermissen lassen!)

Ich habe gar nichts vermissen lassen. Wenn Sie mir zugehört hätten, dann hätten Sie gehört, dass ich die ganze Bandbreite hier abgehandelt habe.

(Abg. Dr. Schlierer REP: Nein, Sie haben sich nur gegen die Instrumentalisierung gewandt! Kein Wort des Bedauerns!)

Aber es ist bezeichnend, dass Sie das überhaupt nicht hören wollen.

Herr König, es ist auch bezeichnend, dass Sie hier heute in Ihrem Debattenbeitrag erneut Begriffe wiederholt haben, die eines Demokraten unwürdig sind.

(Abg. Deuschle REP: Das müssen Sie noch be- stimmen!)

Sie haben von Meinungsdiktatur in Deutschland gesprochen. Sie haben von den so genannten demokratischen Altparteien gesprochen. Das ist ein Sprachgebrauch, den wir in diesem Hause ablehnen.

(Beifall bei der CDU, der SPD, beim Bündnis 90/ Die Grünen und bei der FDP/DVP – Abg. König REP: Bitte im Protokoll nachlesen! Von Altpar- teien habe ich nicht gesprochen!)

Im Übrigen, wenn ich gerade schon bei Ihnen bin, dann muss ich Ihnen auch sagen, dass ich mich sehr geärgert habe, dass ausgerechnet die Republikaner hier von Vorbildern sprechen. Sie waren es, die in diesem hohen Hause Plakate zerrissen und Gewalt in dieses Haus hineingetragen haben. Hören Sie doch auf, von Vorbildern zu reden!

(Beifall bei der CDU, der SPD, beim Bündnis 90/ Die Grünen und bei der FDP/DVP – Abg. Deusch- le REP: Sie sagen die Unwahrheit!)

Insofern ist es konsequent und aus Sicht der Republikaner nachvollziehbar: Ihnen gefällt der Auftrag der Landeszentrale für politische Bildung, die Grundlagen unseres Systems, unserer demokratischen Kultur in der Bundesrepublik Deutschland plausibel zu machen, zu vermitteln, nicht, und deshalb verlangen Sie bei jeder Gelegenheit die Auflösung der Landeszentrale für politische Bildung.

Herr Minister, lassen Sie eine weitere Zwischenfrage des Herrn Abg. Krisch zu?

Ja.

Bitte, Herr Abg. Krisch.

Herr Minister, Sie sagten eben, die Republikaner hätten in diesem Landtag Plakate zerrissen. Könnten Sie mir bitte sagen, wann und welche Plakate?

(Zurufe von der SPD: Oh!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich finde, dass auch Zwischenfragen ein bestimmtes Niveau nicht unterschreiten sollten. Deshalb will ich darauf jetzt nicht antworten.

(Minister Dr. Palmer)

(Beifall bei der CDU, der SPD, beim Bündnis 90/ Die Grünen und bei der FDP/DVP – Abg. Renate Thon Bündnis 90/Die Grünen: Sehr gut! – Abg. Krisch REP: Sie brauchen doch bloß zu antworten! – Abg. Dagenbach REP: Sie lügen doch, wenn Sie den Mund aufmachen!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich möchte mich heute im Namen der Landesregierung bei all denjenigen bedanken, die sich seit Jahren mit großem Fleiß und großem Erfolg in der politischen Bildungsarbeit in BadenWürttemberg engagieren. Dies gilt für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Landeszentrale für politische Bildung, die eine überaus wertvolle und aus unserem Gemeinwesen wirklich nicht wegzudenkende politische Bildungsarbeit leisten.

(Beifall bei der CDU, der SPD, beim Bündnis 90/ Die Grünen und bei der FDP/DVP)

Dieser Dank gilt insbesondere auch dem langjährigen Direktor Siegfried Schiele, der Maßstäbe für die politische Bildungsarbeit in der Bundesrepublik Deutschland auch in seiner didaktischen Arbeit gesetzt hat. Ihm will ich heute einmal anlässlich einer solchen Debatte – wir diskutieren hier im Landtag ja nicht allzu oft über politische Bildung – ausdrücklich für sein Vierteljahrhundert an der Spitze der Landeszentrale für politische Bildung danken.

(Beifall bei der CDU, der SPD, beim Bündnis 90/ Die Grünen und bei der FDP/DVP)

Ich finde es auch großartig, dass die Landeszentrale in den vergangenen Jahren immer wieder vielfältige neue Projekte und Initiativen auf den Weg gebracht hat, übrigens auch, weil das ein richtiger Ansatz war, den Sie, Frau Thon, hier in die Debatte eingeführt haben, Projekte und Initiativen, die den Versuch unternehmen, bildungsfernere Schichten, Menschen, die nicht von vornherein in der politischen Bildungsarbeit zu Hause sind, dort hinzuführen. Ich denke an die Frauenprojekte, an die Jugendgemeinderatsprojekte, an die Jahrestage der Grundgesetzverkündung, wo die Landeszentrale jetzt auf die Straße geht. All das sind gute, begrüßenswerte, unterstützenswerte neue Aktionen der Landeszentrale.

(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. König REP: Trotzdem nehmen die Teilnehmerzahlen immer mehr ab!)

Neutral, aber engagiert, überparteilich, aber mit eigenem Urteil, mit Verantwortungsbewusstsein

(Zurufe von den Republikanern, u. a.: Lachhaft!)

ja, sehr wohl mit Verantwortungsbewusstsein, Sie sollten halt gelegentlich einmal die Verfassung des Landes BadenWürttemberg und das Grundgesetz lesen, Herr König; dem Anspruch wird die Landeszentrale nämlich gerecht – erfüllt sie ihre anspruchsvolle Aufgabe.

Die Landeszentrale für politische Bildung in Baden-Württemberg ist eine wichtige Säule unserer wehrhaften Demokratie. Sie hat unseren Dank und unsere Unterstützung auch in Zukunft verdient.

(Beifall bei der CDU, der SPD, beim Bündnis 90/ Die Grünen und bei der FDP/DVP)

Nun sind in der Debatte Argumente von Frau Bregenzer und Frau Thon gekommen, auf die ich gern in aller Kürze eingehen möchte.

Frau Bregenzer, es ist richtig, die Landeszentrale hatte in den vergangenen Jahren, wie viele andere Bereiche der Landespolitik auch, Sachmittelkürzungen hinzunehmen. Trotzdem müssen wir, wenn wir die politische Bildungsarbeit der Landeszentrale bewerten, einräumen, dass wir mit Abstand die beste Personalausstattung unter den deutschen Landeszentralen haben: 72 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei unserer Landeszentrale mit dem „Haus auf der Alb“; die nächstgrößere hat 47. Wenn Sie dies mit anderen Landeszentralen vergleichen, kommen Sie halt zu einem anderen finanziellen Sachmittelansatz. Wir führen mehr Eigenveranstaltungen mit eigenem Personal durch. Andere machen mehr Fremdveranstaltungen und brauchen dafür mehr Sachmittel, haben aber eben eine geringere Personalausstattung.

Zweiter Punkt: Frau Thon hat die Notwendigkeit der Evaluierung von Veranstaltungen angesprochen. Das halte ich auch für eine Daueraufgabe, zu prüfen, ob eigentlich etwas von der Methodik und den Themen, die angesprochen werden, ankommt. Ich will hier gern sagen, dass in einer der nächsten Sitzungen des Kuratoriums eine umfangreiche Gesamtevaluierung der Landeszentrale für politische Bildung zur Sprache kommt, die alle Arbeitsbereiche, alle Politikfelder und alle Themen in einer internen Evaluierung auf den Prüfstand gestellt hat. Im Übrigen muss man auch sagen, dass infolge des Rechnungshofberichts in nicht weniger als sechs Sitzungen des Kuratoriums intensiv über Aufgabenstellung, Aufgabenerfüllung und Zukunftsfragen der Landeszentrale für politische Bildung gesprochen worden ist.

Kollege Rech hat zu Recht gesagt, dass nicht nur die Landeszentrale herausragende politische Bildungsarbeit im Land macht. Natürlich sind die anderen Institutionen, Organisationen und Einrichtungen zu erwähnen: die Volkshochschulen, die Kirchen, die Bildungswerke der Gewerkschaften und der Wirtschaft, die Stiftungen der Parteien und der Ring politischer Jugend Baden-Württemberg neben etlichen anderen Weiterbildungsträgern. Ich nenne als Beispiel auch die Jugendbildungsstätten. Diesen und anderen Organisationen ist die Landesregierung zu Dank verpflichtet, weil es staatliche Institutionen eben allein nicht schaffen können, die notwendige Bildungsarbeit mit ihren unterschiedlichen Facetten und Zielgruppen sicherzustellen. Wir brauchen in Zukunft in Baden-Württemberg ja eher mehr politische Bildungsarbeit als weniger.

Ich glaube, dass hier im Haus weitgehend Konsens darüber besteht, dass politische Bildung heute wichtiger denn je ist. Gerade in Zeiten, die große Veränderungen mit sich bringen, die unübersichtlich sind und in denen manche Selbstverständlichkeiten fragwürdig werden, sind Information, Wertorientierung, Wecken von politischem Interesse und Aufforderung zum politischen Mitmachen elementare Bestandteile unserer demokratischen Kultur.

(Minister Dr. Palmer)

Politische Bildung ist und bleibt ein unverzichtbarer Baustein für eine Bürgergesellschaft, die wir sein oder – dort, wo wir es noch nicht sind – werden wollen. Politische Bildung trägt dazu bei, eine stabile Grundlage für Demokratie zu schaffen, nicht nur für Schönwetterzeiten, sondern auch für schwierige Zeiten. Sie stellt über Parteigrenzen hinweg demokratische Netzwerke her, die dann auch belastbar sind.

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Ich würde es mal auf den Nenner bringen: Die Landeszentrale für politische Bildung und die anderen Träger der politischen Bildungsarbeit in unserem Land sind Rückgrate der demokratischen Infrastruktur.

(Beifall bei der CDU – Abg. Haasis CDU: Sehr gut! Das war ein guter Schlusssatz, Herr Minister!)

Ich möchte gern der freundlichen Aufforderung des Kollegen Haasis nachkommen, aber wenigstens noch einen letzten oder einen vorletzten Aspekt ansprechen, und das ist ein Aspekt, der uns allen – oder fast allen – hier im Haus wichtig sein sollte, der in der Debatte aber noch nicht angesprochen wurde.

Bei der Landeszentrale für politische Bildung ist auch die Gedenkstättenarbeit des Landes angesiedelt. Diese Gedenkstättenarbeit wird außergewöhnlich erfolgreich in der Zusammenarbeit mit über 50 Gedenkstätten im Land wahrgenommen. Mit der wissenschaftlichen und pädagogischen Aufarbeitung schafft die Landeszentrale ein Gedächtnis für die dunklen Zeiten unserer Geschichte und ehrt die Opfer zum Beispiel in Grafeneck, was Ihnen, Herr Kollege Haasis, zu Recht immer besonders wichtig war, oder in der Gedenkstätte „Oberer Kuhberg“.

In diesem Zusammenhang will ich schon darauf verweisen, dass diese Landesregierung dem Parlament vor den ganzen Vorfällen der vergangenen Monate, nämlich im Herbst des vergangenen Jahres anlässlich der Beratung des jetzigen Doppelhaushalts, mehr als eine Verdoppelung der Mittel für die Gedenkstättenarbeit vorgeschlagen hat. Wir haben den Titel für die Gedenkstättenarbeit von 175 000 DM im Jahre 1999 auf 465 000 DM in diesem Jahr ausgedehnt, und die demokratischen Fraktionen hier im Parlament haben dies auch unterstützt.