Protocol of the Session on October 5, 2000

Wir wollen uns mit Entschiedenheit gegen all diejenigen zur Wehr setzen – jetzt schaue ich nach rechts –,

(Zurufe von den Republikanern)

denen die Werteordnung dieses Grundgesetzes nichts gilt –

(Zurufe von den Republikanern)

das hat der Verfassungsschutz in seiner Broschüre noch einmal Punkt für Punkt nachgewiesen –

(Beifall bei der FDP/DVP sowie Abgeordneten der CDU, der SPD und des Bündnisses 90/Die Grünen – Zurufe von den Republikanern)

und die Menschen verachtende Ideologien an die Stelle des demokratischen Rechtsstaats und der parlamentarischen Demokratie setzen wollen.

Die demokratischen Parteien, die demokratischen Fraktionen müssen dies gemeinsam tun. Sie müssen in der Lage sein, sie müssen die Kraft aufbringen, sich offen, mit gegenseitigem Respekt und ohne Tabus über die richtigen Wege und die richtigen Mittel auseinander zu setzen, wie Fremdenfeindlichkeit, Rechtsextremismus und Gewalt der Boden entzogen werden kann und wie sie bekämpft werden können. Dies ist eine Aufgabe für alle Demokraten in Baden-Württemberg. Wir alle wollen, dass Baden-Württemberg ein weltoffenes, ein tolerantes Land ist, ein Land mit einer weltoffenen und toleranten Zukunft. Wir wollen dies. In einem solchen Land, in einem solchen Parlament sollten Republikaner in der Zukunft keinen Platz mehr haben.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der FDP/DVP, der CDU, der SPD und beim Bündnis 90/Die Grünen)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Dr. Schlierer.

(Zuruf von der CDU: Oje!)

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Nach diesen Vorreden ist ja wohl jedem deutlich geworden, worum es in dieser Debatte wirklich geht: Es geht nicht um die Besorgnis erregende Gewaltzunahme in unserem Land, es geht nicht um das

Problem der zunehmenden Brutalisierung, es geht nicht darum, eine längst überfällige Analyse der Ursachen für die zunehmende Entwurzelung Jugendlicher und für deren Indifferenz gegenüber der Gewaltanwendung zu finden. Vielmehr geht es eindeutig nur darum, vorgezogenen Wahlkampf gegen eine einzige Fraktion hier im Landtag zu machen.

Ich kann Ihnen an dieser Stelle nur eines sagen: Wenn Sie glauben, dass Sie mit solchen Maßnahmen die Bürger draußen im Land davon überzeugen können, sie sollten trotz Ihres politischen Versagens keine Republikaner mehr wählen, haben Sie sich getäuscht.

(Beifall bei den Republikanern – Zurufe von der CDU – Abg. Hans-Michael Bender CDU: Nichts als Ablenkungsmanöver!)

Hier handelt es sich um ein reines Wahlkampfmanöver der Antragsteller. Das zeigt schon die Verknüpfung des Debattenthemas mit dem Antrag der CDU. Der Union geht es ganz offensichtlich nur darum, hier gegen die Republikaner Stimmung zu machen. Das hat natürlich einige Gründe.

Da ist der verständliche Wunsch der Union, von ihrem nach wie vor nicht ausgestandenen Spendenskandal abzulenken,

(Abg. Deuschle REP: Hört, hört!)

und das insbesondere im Hinblick auf die ungewollten „Ferrero-Küsschen“ aus Hessen. Sie wissen ganz genau, dass das wahrscheinlich auch in den nächsten Wahlkampfmonaten noch eine Rolle spielen wird.

(Abg. Hans-Michael Bender CDU: Herr Kollege Schlierer, wir sind hier in Baden-Württemberg!)

Ja, aber Hessen ist nicht so weit weg, und nachdem der große Schulterschluss zwischen Ihrer Landesregierung, Herr Kollege Bender, und der hessischen Landesregierung erfolgt ist, können Sie sich vorstellen, dass das Thema sehr wohl bis nach Baden-Württemberg hineinreicht.

(Zuruf des Abg. Pfisterer CDU)

Da ist auch die Angst der Union, bei dieser etwas hysterischen Diskussion der letzten Wochen über den so genannten „Kampf gegen rechts“ von der linken Seite abgehängt und dann eventuell, wie in Brandenburg, in die rechte Ecke gedrängt zu werden.

Ich will mir bei dieser Gelegenheit einen Hinweis erlauben. Die CDU wird von den vereinigten Vorzeigedemokraten von PDS und Grünen längst als geistiger Wegbereiter rechtsradikalen Gedankenguts bezeichnet. Ich empfehle Ihnen im Sinne der Gemeinsamkeit aller Demokraten einmal die Lektüre einer Broschüre der Grünen im Berliner Abgeordnetenhaus aus dem Jahr 1999.

(Beifall bei Abgeordneten der Republikaner – Abg. Deuschle REP: Richtig!)

Leider habe ich nicht die Zeit, umfangreich daraus zu zitieren, aber Sie müssen sich das einmal zu Gemüte führen. Dann wissen Sie, was dort Konsens der Demokraten, wie Sie ihn hier in diesem Hause gerne bemühen, ist.

Unausgesprochen gibt es natürlich auch die klammheimliche Hoffnung, man könnte mit der momentan erzeugten Pogromstimmung gegen rechts

(Abg. Dr. Salomon Bündnis 90/Die Grünen: Jetzt hört es aber auf!)

eine günstige Gelegenheit nutzen, um die ungeliebten Republikaner loszuwerden. Das alles geschieht natürlich immer mit der stillen Hoffnung, man könnte die absolute Mehrheit im Lande wieder erringen. Also geht es wirklich nur um Wahlkampf, um sonst nichts.

Ich will an dieser Stelle eines sagen: So verständlich diese unlautere Absicht ist, Herr Kollege Oettinger, so vergeblich ist dieses Wunschdenken. Wenn es nämlich eines Beweises bedurft hätte, dass Sie die Auseinandersetzung mit uns nicht gewinnen werden, dann ist das diese heutige Debatte. Herr Salomon hat jüngst recht resignativ gesagt, bisher sei man im Umgang mit den Republikanern gescheitert. Herr Salomon, Sie sind auch heute wieder gescheitert.

(Abg. Weimer SPD: Leider!)

Im Vorfeld dieser Debatte ist angekündigt worden, man wolle endlich die inhaltliche Auseinandersetzung mit den Republikanern suchen. Jetzt frage ich Sie einmal: Warum haben Sie das denn während der letzten acht Jahre nicht gemacht?

(Beifall bei den Republikanern – Abg. Dr. Salo- mon Bündnis 90/Die Grünen: Weil Sie keine In- halte haben!)

Acht Jahre lang hatten Sie Gelegenheit zu dieser inhaltlichen Auseinandersetzung, und acht Jahre lang haben Sie diese inhaltliche Auseinandersetzung verweigert. Sie haben Debatten boykottiert; Sie haben mit unüberbietbarer Arroganz die Besserwisser gespielt, obwohl es viele Themen gibt, bei denen wir heute sagen können: Wir hatten in der Tat Recht.

(Abg. Deuschle REP: Eben!)

Ich erinnere nur an die Debatte über die Einführung des Euro.

(Zuruf von den Republikanern: Richtig!)

Aber heute wollen Sie nicht mehr hören, was Sie, gerade Sie aus den Reihen der CDU, damals gesagt haben.

(Beifall bei den Republikanern)

Acht Jahre lang hatten Sie die Gelegenheit, inhaltlich mit uns zu diskutieren. Sie haben diese Gelegenheit nicht genutzt. Sie haben darüber hinaus nach manchen Debatten draußen vor der Tür des Plenarsaals, sozusagen in trautem Gespräch unter vier Augen, zugestanden, wir hätten in manchen Punkten doch Recht, nur leider dürften Sie das hier nicht offen sagen.

(Widerspruch – Abg. Weimer SPD: Oha!)

Das ist doch die Realität in diesem hohen Hause.

(Beifall bei den Republikanern – Abg. Deuschle REP: Die Maske runterziehen!)

Acht Jahre lang haben Sie angekündigt – ich habe beispielsweise in Unterlagen aus dem Jahr 1992 nachgelesen –, Sie wollten uns inhaltlich stellen. Jetzt fällt Ihnen das gerade zufälligerweise zu Beginn des Landtagswahlkampfs wieder ein. Welch unerträgliche Heuchelei!

Dieser Vorwurf der Heuchelei gilt auch für die Ankündigung des Kollegen Oettinger, man müsse uns jetzt die Maske der „guten Rechten“ herunterreißen. Also, Herr Oettinger, ich weiß nicht, was Sie mit „gut“ und „schlecht“ meinen oder was das Gegenteil davon sein soll. Vielleicht differenzieren Sie ja danach, dass der gute Rechte nur die dritte Strophe der Nationalhymne singt, während der schlechte Rechte alle drei Strophen des Deutschlandlieds singt; ich weiß es nicht.

(Lachen und Beifall bei den Republikanern – Abg. Deuschle REP: Sehr gut! Bravo!)

Wenn ich dann an Ihre staatstragende Maske bei der Parteienfinanzierung denke! Meine Damen und Herren, wer im Glashaus sitzt, der sollte nicht mit Steinen werfen.

(Abg. Wieser CDU: Ja, das stimmt!)

Ich glaube, es wäre besser, wenn manche die Maske des scheinbar ehrbaren Gutmenschen abnehmen würden.

(Abg. Deuschle REP: Sehr gut!)