Protocol of the Session on October 4, 2000

Das sind doch klare Fragen.

(Lebhafte Zurufe von der CDU)

Bitte schön, Frau Ministerin.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich kann gern die Antwort auf die in dem Statement enthaltenen Fragen in das einbauen, was ich jetzt noch sagen wollte.

(Abg. Wintruff SPD: Darauf kann man doch auch direkt antworten!)

Sie haben das Thema verfehlt.

(Abg. Wintruff SPD: Bei 90 Stunden ist das The- ma verfehlt!)

Ich dachte, wir reden hier über eine Weiterentwicklung von Grundschule mit dem Schwerpunkt auf vermehrten Betreuungsangeboten. Sie reden über Stundentafeln. Das kann man auch.

(Abg. Wintruff SPD: Dann brauchen Sie die Be- treuung nicht!)

Wenn Sie so in der Art des Lehrers die Schülerin fragen: „Wer hat noch etwas anderes?“ und „Zählen Sie einmal auf“, dann sage ich Ihnen: Hamburg hat mehr Stunden, Bayern hat mehr Stunden.

(Abg. Wintruff SPD: Rheinland-Pfalz hat mehr Stunden, Niedersachsen hat mehr Stunden! – Ge- genruf des Abg. Seimetz CDU: Guck mal! Der kann nicht mal zuhören! Schlecht erzogen!)

Die anderen haben bei der Klasse 1 alle zwischen 19 und 21 Wochenstunden, und wir sind bei 20 Stunden in der ersten Klasse und bei 24 Stunden in der vierten Klasse. Wir werden durch den Fremdsprachenunterricht, wie Sie wissen, in jeder Klasse zwei Stunden zulegen.

(Abg. Wintruff SPD: Wann? – Zuruf der Abg. Re- nate Rastätter Bündnis 90/Die Grünen)

Die Debatte über Stundentafeln führen wir ein anderes Mal. Ich finde es jedenfalls eine Zumutung, so zu tun, als seien für den Erstklässler vier Schulstunden pro Tag zu wenig

(Beifall des Abg. Hofer FDP/DVP – Abg. Hofer FDP/DVP: Sehr gut!)

und für den Viertklässler fünf Stunden – je fünf Schulstunden an vier Tagen, und an einem Tag sind es vier. Wenn die Fremdsprache dazukommt, dann kommt die sechste Stunde hinzu.

(Abg. Hofer FDP/DVP: Das genügt!)

Über den pädagogischen Sinn der Ausweitung von Stundentafeln streite ich gern mit Ihnen. Der Versuch jedenfalls, aufgrund der Stundentafel zu sagen, Baden-Württemberg tue am wenigsten für die Grundschule, ist doch pädagogischer Schwachsinn.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Wintruff SPD: Natürlich! – Zuruf der Abg. Christine Rudolf SPD)

Sie wissen, dass die Grundschule in Baden-Württemberg die pädagogisch am weitesten entwickelte Schulart ist.

(Abg. Christine Rudolf SPD: Das heißt aber noch nicht viel!)

Den „Schulanfang auf neuen Wegen“, so, wie er bei uns an Hunderten von Grundschulen praktiziert wird, können Sie in anderen Ländern suchen. Er hat zu einer Halbierung der Rückstellung von Kindern am Schulanfang geführt.

(Zuruf des Abg. Wintruff SPD)

Das Konzept „Fremdsprache in der Grundschule“ können Sie anderswo suchen. Wer im Jahr 2000 – ich habe das beim letzten Mal schon gesagt – mit der Fremdsprache ab Klasse 3 anfangen will, was die Kultusministerkonferenz schon vor 15 Jahren beschlossen hat,

(Abg. Wintruff SPD: Ja! – Abg. Christine Rudolf SPD: Das hat Baden-Württemberg schon 1975 be- schlossen!)

(Ministerin Dr. Annette Schavan)

ist rückwärts gewandt. Über 800 Grundschulen in BadenWürttemberg tun das längst. Diese Erfahrungen setzen wir jetzt um und werten sie aus.

(Oh-Rufe von der SPD – Abg. Carla Bregenzer SPD: Sie haben ja 2000 noch nicht einmal ange- fangen!)

Da wir wissen, dass ein Kind eine Fremdsprache umso leichter lernt, je früher es damit beginnt, beginnen wir in Klasse 1.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Wintruff SPD: Vielleicht sind Sie gar nicht mehr Ministerin, wenn es so weit ist! – Abg. Carla Bre- genzer SPD: So viel dummes Zeug auf einem Hau- fen! Unglaublich! – Abg. Rau CDU: Sie sind un- anständig, Herr Wintruff!)

Jetzt sage ich noch eine Vermutung dazu. Wenn wir hier beschlossen hätten, die Fremdsprache ab Klasse 3 einzuführen, wären Sie die Ersten gewesen,

(Zuruf des Abg. Wintruff SPD)

die erklärt hätten, das sei ja gar nichts, und wenn man das jetzt schon beschließe, müsse man selbstverständlich früh beginnen.

Meine Damen und Herren, ich schließe. Zur pädagogischen Entwicklung der Grundschule haben in dieser Legislaturperiode mehrere Schritte geführt. Es sind Schritte, die unsere Grundschulen zu einer wirklich überzeugenden Schulart werden lassen.

(Abg. Wintruff SPD: Die alle nichts kosten dürfen! – Abg. Carla Bregenzer SPD: Mit immer größeren Klassen!)

Dabei werden übrigens die LRS-Stunden nicht mit Förderstunden verwechselt; das ist nicht der Fall. Der Anteil der Förderstunden in der Grundschule ist unabhängig von Lese-Rechtschreib-Deputaten gestiegen. Das, was wir mit der Betreuung und mit der verlässlichen Grundschule in diesem Schuljahr geschafft haben, ist ein großer Schritt. Es ist ein Schritt zur Stabilisierung der Brücke zwischen Familie und Schule.

Was wir geschafft haben, sollte genau bedarfsorientiert sein. Es sollte vor allem im ländlichen Raum mehr Möglichkeiten schaffen. Das ist erreicht, und darüber bin ich froh. Deshalb bin ich auch davon überzeugt, dass das, was an pädagogischer Entwicklung möglich geworden ist, von den Eltern und in den Schulen nicht nur positiv gewertet wird, sondern auch mit all den Impulsen positiv gestaltet wird, die einschließlich des rhythmisierten Lernens in unseren Grundschulen gang und gäbe sind.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Meine Damen und Herren, Wortmeldungen liegen in der Allgemeinen Aussprache nicht mehr vor.

(Abg. Wintruff SPD: Meine Frage ist immer noch nicht beantwortet! – Gegenruf des Abg. Rau CDU: Sie können nicht nur fragen, Sie können auch nicht zuhören, Herr Kollege!)

Wir kommen daher in der Zweiten Beratung zur A b s t i m m u n g. Der Ausschuss für Schule, Jugend und Sport empfiehlt Ihnen auf der Drucksache 12/5510, den Gesetzentwurf abzulehnen. Ich bitte, damit einverstanden zu sein, dass ich den Gesetzentwurf im Ganzen zur Abstimmung stelle.

Wer dem Gesetzentwurf der Fraktion der SPD, Drucksache 12/5299, zustimmen will, denn bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Wer enthält sich? – Der Gesetzentwurf wurde mehrheitlich abgelehnt.

Damit ist Punkt 6 der Tagesordnung abgeschlossen.

Ich rufe Punkt 7 der Tagesordnung auf:

Antrag der Fraktion Die Republikaner und Stellungnahme des Ministeriums für Kultus, Jugend und Sport – Rücknahme aller Verordnungen betreffend die Einführung der neuen Rechtschreibung – Drucksache 12/5414

Das Präsidium hat folgende Redezeiten festgelegt: für die Begründung fünf Minuten und für die Aussprache fünf Minuten je Fraktion.

Das Wort zur Begründung erteile ich Herrn Abg. König.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist üblich, dass die Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen kurz vor einer Landtagswahl durch das Land laufen und Erfolgsmeldungen unter das Volk bringen. Dieses Mal ist natürlich auch die Kultusministerin, Frau Schavan, dabei. Sie marschiert in der ersten Reihe und erzählt, was in dieser Legislaturperiode alles auf den Weg gebracht worden ist. Das ist gut so; in der Tat ist auch einiges auf den Weg gebracht worden, zum Beispiel die Rechtschreibreform.

Aber diese ist nicht im so genannten Positivkatalog enthalten. Warum? Ich vermute schlicht und einfach, dass die Ministerin in der Zwischenzeit selbst eingesehen hat, dass sie mit der Rechtschreibreform in Deutschland und im gesamten deutschsprachigen Raum einen Flop gelandet hat und sie als Vorreiterin hier natürlich auch ein Stück Mitverantwortung zu tragen hat.

(Beifall bei den Republikanern)