Protocol of the Session on July 20, 2000

Wir sind diejenigen, die jetzt an die Kommunen herantreten, die das bei ihren Bebauungsplänen nicht ändern, sondern nach den alten operieren wollen. Wir geben ihnen deutlich zu verstehen, dass sie in anderen Bereichen mit Sanktionen zu rechnen haben, wenn sie nicht im Interesse des Einzelhandels und im Interesse der Belebung der Innenstädte ihre Bebauungspläne ändern. Erledigt, abgearbeitet! Nichts da von Ankündigungen oder „Nicht gemacht!“, sondern konkret umgesetzt. Nur: Sie bekommen es nicht mit, weil es Ihnen nicht in Ihr Bild passt. Sie müssen einfach zur Kenntnis nehmen, dass wir das alles der Reihe nach machen.

(Abg. Bebber SPD: Sag mal! Das ist doch unglaublich! So empfindlich! – Abg. Schmiedel SPD: Er war auf der falschen Seite bei der Steuer- reform, deshalb!)

Die Steuerreform! Wissen Sie, Herr Schmiedel, diese Steuerreform hätten wir schon vor ein paar Jahren haben können.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Pfister FDP/DVP: So ist es!)

Wenn man sie schon vor ein paar Jahren gemacht hätte, wären die ganzen Segnungen der Steuerreform, die Sie vorhin hier verkrampft aufgeführt haben, für den Einzelhandel schon seit Jahr und Tag wirkungsvoll geworden.

(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Schmiedel SPD: Ihr habt es doch nicht hingekriegt! – Gegenruf des Abg. Pfister FDP/DVP: Oberblockierer!)

Deswegen sollten Sie einmal ruhig sein. Es ist eine Unverschämtheit, zu sagen, wir hätten es nicht hingekriegt. Das ging nur deshalb nicht, weil ihr blockiert habt gegen den Wunsch aller in der Wirtschaft. Gegen die Interessen der Bevölkerung habt ihr blockiert. Das war parteipolitisch.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Unruhe bei der SPD)

Ohne jedes Interesse für die Bevölkerung habt ihr agiert. Und jetzt kommen Sie daher. So kommen Sie nicht raus!

(Zuruf des Abg. Dr. Salomon Bündnis 90/Die Grü- nen)

War schon wieder unsachlich, Herr Salomon.

Nächster Punkt: Der Kollege Deuschle hat auch das Recht, eine Antwort zu bekommen. Er hat gesagt, die Bürgschaftsbank und die Mittelständische Beteiligungsgesellschaft sollten sich mehr engagieren.

(Anhaltende Unruhe bei der SPD)

Ich will Ihnen einmal die Zahlen vortragen, die wir im Zusammenhang mit Existenzgründungsprogramm, mit Übernehmerprogramm, mit Bürgschaftsbank und Mittelständischer Beteiligungsgesellschaft haben: 3 106 Nachwuchs

kräfte, die sich in den letzten viereinhalb Jahren mit der Neugründung oder Übernahme eines Einzelhandelsgeschäfts selbstständig machten, wurden mit Existenzgründungsdarlehen in Höhe von insgesamt 285 Millionen DM gefördert. Ich finde es großartig, dass wir 3 106 Nachwuchskräfte haben, die sich im Bereich des Einzelhandels selbstständig machen wollen, die eine Gründung vornehmen. Diese große Zahl unterstreicht, dass da Motivation und Optimismus herrschen, dass man auch einmal wieder bessere Zeiten haben wird.

Von diesen mehr als 3 000 Darlehen sind über 1 000 an Übernehmer gegangen. Darüber hinaus wurden im gleichen Zeitraum 443 Handelsbetriebe im Rahmen des Liquiditätshilfeprogramms, der Regionalförderung und der anderen Förderungen mit Darlehen von über 200 Millionen DM gefördert.

(Abg. Dr. Salomon Bündnis 90/Die Grünen: Nicht wie Erwin Statistiken herunterbeten!)

Er hat doch etwas gefragt, Herr Salomon, und deshalb kriegt er eine Antwort.

Die Bürgschaftsbank ist selbstverständlich auch bei den mittelständischen Einzelhandelsunternehmen engagiert: mit 836 Bürgschaften und Garantien für Kredite bzw. Beteiligungen im Einzelhandel in einer Höhe von 304 Millionen DM. Die Mittelständische Beteiligungsgesellschaft engagiert sich bei 49 Einzelhandelsunternehmen als stiller Teilhaber. Von daher sehen Sie, dass wir das gesamte Instrumentarium der Förderung auch gezielt für den Einzelhandel zur Verfügung stellen.

Unser Ziel ist es, mit der Politik der Landesregierung von Baden-Württemberg dafür zu sorgen, dass sich die guten Zahlen vom Mai des Jahres 2000, die sich im Juni leider ein Stück weit abgeschwächt haben, kontinuierlich aufrechterhalten lassen, damit der mittelständische Einzelhandel in Baden-Württemberg eine Chance hat. Mit dieser Wirtschaftspolitik und mit dieser Landesregierung wird er diese Chance haben.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Deuschle.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte auf ein paar Punkte der Ausführungen des Herrn Wirtschaftsministers eingehen.

Herr Wirtschaftsminister, was den Ladenschluss betrifft, bin ich anderer Auffassung als Sie. Ich habe zwar auch diese Aussage des Einzelhandelsverbands zur Kenntnis genommen, doch die war für mich schon sehr problematisch. Wir haben nämlich, was die Familien der Einzelhändler und die Einzelhändler selbst betrifft, einen so genannten Selbstausbeutungsprozess. Im Einzelhandel wird nicht über eine 35-Stunden-Woche oder gar über eine 32-StundenWoche diskutiert, sondern dort geht es um eine 60-Stunden-Woche, und das muss man auch sehen, wenn man hier liberalisieren will.

Wir müssen natürlich auch eines sehen: Unsere Städte und Gemeinden dünnen immer mehr aus. Wer denkt denn da

noch an die Seniorinnen und Senioren? Jeder wird ja mal älter und ist nicht mehr so mobil mit Auto usw. Doch wir müssen auch für die Seniorinnen und Senioren in unserem Land etwas tun.

(Beifall bei den Republikanern – Abg. Dr. Salo- mon Bündnis 90/Die Grünen: Vergesst die Schwerhörigen nicht!)

Herr Kollege Dr. Salomon von den Grünen, mit diesem Zwischenruf – auch Schwerhörigkeit ist etwas, was mit dem Alter kommt – disqualifizieren Sie sich.

(Abg. Dr. Salomon Bündnis 90/Die Grünen: Nein! Das wollte ich ja ergänzen!)

Sie disqualifizieren sich, wenn Sie die Älteren hier in diesem Land mit einem solchen Zwischenruf beleidigen!

(Beifall bei den Republikanern – Abg. Dr. Salo- mon Bündnis 90/Die Grünen: Kollege Deuschle, ich wollte das ergänzen, was Sie gesagt haben!)

Wir müssen auch zur Kenntnis nehmen, dass in den Städten und Gemeinden immer mehr ausgedünnt wird. Schauen Sie sich das einmal an: Die Bankfilialen werden ausgedünnt, die Postfilialen werden ausgedünnt usw. Es wird immer schwieriger, vor Ort die Möglichkeit zu haben, am gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Leben teilzunehmen.

(Zuruf des Abg. Hofer FDP/DVP)

Herr Kollege Hofer, Sie stimmen mir ja zu.

Was nun, Herr Minister, den Landesentwicklungsplan betrifft, stelle ich die Frage: Bleiben Sie bei diesem Zentralorte-System mit all diesen Konsequenzen für die Ausweisung von größeren Einzelhandelsbetrieben? Bleiben Sie dabei? Oder überlegen Sie sich wenigstens für die Kernzentren unseres Landes, in denen ja die Orte immer mehr zusammenwachsen und in denen Sie diese Trennung und Aufteilung gar nicht mehr schaffen können, andere Konzepte?

(Abg. Hofer FDP/DVP: Das steht alles in der Ant- wort! Sie müssen es lesen! Steht drin! – Abg. Ro- sely Schweizer CDU: Außerdem hat er es gesagt!)

Ja, gut, das habe ich schon gelesen. – Aber was haben Sie vor, um dies in den Griff zu bekommen?

Dann noch zum letzten Punkt: Es ist natürlich richtig, dass das Land Baden-Württemberg, was die Förderung über die MBG, diese Beteiligungsgesellschaft, die ja immerhin eine mittelständische Vereinigung ist, in die ja auch der Mittelstand Geld hineinsteckt, und über die Bürgschaftsbank betrifft – – Das muss man ja immer sagen: Nicht nur das Land, sondern auch die mittelständischen Organisationen – –

(Minister Dr. Döring: Selbsthilfeorganisationen der Wirtschaft!)

Es ist richtig, dass hier einiges gemacht wird. Aber bei meinen Recherchen für diese Debatte ist mir auch vom Einzelhandelsverband gesagt worden, hier müsse man noch

mehr tun, Herr Wirtschaftsminister, und das wollte ich Ihnen heute in dieser Debatte auch gesagt haben. Dass vieles ordentlich gelaufen ist, möchte ich nicht bestreiten. Wir müssen aber für unseren Mittelstand und für unseren Einzelhandel mehr tun. Hierzu fordere ich Sie von der Landesregierung ganz konkret auf. Wenn dies möglich wird, hat es sich als richtig erwiesen, dass die republikanische Fraktion diese Debatte über den Einzelhandel vorgezogen hat. Das war richtig. In diesem Sinne: Wenn wir gemeinsam für die Einzelhändler in unserem Land etwas erreichen, dann hat sich die Debatte heute auf jeden Fall gelohnt.

(Beifall bei den Republikanern)

Meine Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Punkt 1 der Tagesordnung ist damit erledigt.

Ich rufe Punkt 2 der Tagesordnung auf:

Aktuelle Debatte – Strukturreform der Bundeswehr und Erhalt der Standorte im Land – beantragt von der Fraktion der CDU

Das Präsidium hat die üblichen Redezeiten festgelegt: Gesamtdauer 50 Minuten, worauf die Redezeit der Regierung nicht angerechnet wird, fünf Minuten für die einleitenden Erklärungen und fünf Minuten für die Redner in der zweiten Runde.

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Haasis.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Am 23. Mai wurde der Bericht der Weizsäcker-Kommission der Bundesregierung, dem Bundeskanzler und dem Bundesverteidigungsminister, übergeben. Aus diesem Anlass hat Bundeskanzler Schröder erklärt – ich darf mit Genehmigung des Präsidenten zitieren –:

(Abg. Göschel SPD: Brauchen Sie nicht!)

Die Entscheidungen müssen von vornherein auf ein möglichst breites und gesellschaftliches Fundament gestellt werden. Es geht um die Zukunft Hunderttausender Menschen in der Bundeswehr und ihrer Familien. Das erlaubt uns, nun endlich Planungssicherheit zu schaffen.

Das war am 23. Mai. Es ging darum, endlich Planungssicherheit zu schaffen. Es war dann im Juni eine Regierungserklärung des Bundesverteidigungsministers vorgesehen, die aber ausgefallen ist. Dafür gab es auf Antrag der CDU eine Debatte.