Protocol of the Session on June 29, 2000

Zusatzfrage, Herr Abg. Krisch.

Herr Staatssekretär, hält die Landesregierung es für ausgeschlossen, dass diese Saatguthändler oder die das Saatgut vertreibenden Firmen bewusst und absichtlich Beimengungen beifügen, um zu einem späteren Zeitpunkt sagen zu können, es gebe das Produkt inzwischen und sie könnten es nicht mehr zurücknehmen?

Herr Abgeordneter, die Landesregierung von Baden-Württemberg geht nicht davon aus, dass von vornherein Unternehmern unterstellt werden kann, dass sie sich widerrechtlich verhalten. Dass man so etwas politisch aber auch nicht hundertprozentig ausschließen kann, ist sicherlich auch richtig. Aber ich glaube nicht, dass wir in Baden-Württemberg Unternehmen haben, die von vornherein mit einer solchen Methode arbeiten möchten.

Zweite Zusatzfrage, Herr Abg. Krisch.

Aufgrund der Tatsache, dass sogar frühere Bundesregierungen vergleichbare Dinge gemacht haben, ist doch anzunehmen, dass wirtschaftlich interessierte Kreise genau das machen, was ich eben vorgetragen habe. Läge es nicht in der Verantwortung der Landesregierung, fürsorglich oder vorausblickend Schritte zu unternehmen, die eben dieses Verhalten in Zukunft erschweren oder gänzlich unterbinden?

Zunächst einmal darf ich vorausschicken – wir können gerne etwas vertieft in die Materie einsteigen –, dass das Land Baden-Württemberg so ziemlich das einzige Bundesland ist, das bisher so strenge Maßstäbe angelegt hat. Sie wissen, dass sich das Chemische und Veterinäruntersuchungsamt Freiburg dieses Falles frühzeitig angenommen hat. Es hat entsprechende Untersuchungen veranlasst. Deshalb können wir auch die Auskunft geben, die wir heute geben.

Darüber hinaus – das möchte ich auch anmerken; es ist zwar ressortübergreifend, aber es ist sehr wichtig – hat sich Ministerin Staiblin dafür eingesetzt, dass sowohl an den Grenzen als zum Beispiel auch durch die Saatguthandelsstelle in Heilbronn so drastisch wie möglich Untersuchungen durchgeführt werden, damit soweit wie möglich konkrete Gefahren oder Probleme ausgeschlossen werden können.

Im Übrigen besteht auch Kontakt zwischen Ministerin Staiblin und Bundeslandwirtschaftsminister Funke. Insofern wird dieses Problem auch mit dem Bund zusammen angegangen, sodass ich denke, dass wir als Bundesland alles in unserer Macht Stehende getan haben, um Missbrauch, soweit es irgendwie möglich ist, zu verhindern.

Es liegen keine weiteren Fragen vor.

Ich rufe die Mündliche Anfrage unter Ziffer 2 auf:

M ü n d l i c h e A n f r a g e d e s A b g. U l r i c h D e u s c h l e R E P – B e a c h t u n g d e s V e r f a s s u n g s g e b o t s v o n A r t i k e l 4 9 A b s. 1 d e r L a n d e s v e r f a s s u n g

Herr Abg. Deuschle, Sie haben das Wort.

Danke. – Herr Präsident, meine Damen und Herren!

a) Inwieweit hält die Landesregierung an der von ihr in der 86. Plenarsitzung geäußerten Absicht fest, entgegen der Bestimmung nach Artikel 49 Abs. 1 Landesverfassung, sich weiterhin keine Geschäftsordnung zu geben und diese zu veröffentlichen?

b) Mit welchen Bestimmungen von Recht, Gesetz und Verfassung begründet sie ihre bisherige Haltung, dem Verfassungsgebot in Artikel 49 nicht nachzukommen?

Herr Innenminister Dr. Schäuble? – Entschuldigung, Herr Minister Dr. Palmer, Sie haben das Wort zur Beantwortung der Anfrage.

(Zuruf des Abg. Brechtken SPD)

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Namens der Landesregierung beantworte ich die Mündliche Anfrage wie folgt:

Zum Frageteil a: Die Landesregierung hält selbstverständlich an ihrer seit Bestehen des Landes Baden-Württemberg geübten Praxis fest, von einer förmlichen Geschäftsordnung abzusehen. Sie hat die Argumente in 48 Jahren immer wieder vorgetragen, einige Gründe davon auch in der 86. Plenarsitzung am 13. April dieses Jahres.

(Minister Dr. Palmer)

(Abg. Brechtken SPD: Auf die verweisen wir jetzt!)

Der Landtag hat 1995 und 2000 zweimal Anträge Ihrer Fraktion hierzu ausdrücklich abgelehnt.

Zum Frageteil b: Eine nicht erlassene Geschäftsordnung der Landesregierung beeinträchtigt weder die Verfassungsrechte des Landtags bzw. seiner Fraktionen noch Rechtspositionen der Bürger. Eine Verpflichtung, von dieser Befugnis auch tatsächlich Gebrauch zu machen, ist diesem Verfassungsartikel nicht zu entnehmen.

Eine Zusatzfrage des Herrn Abg. Deuschle.

Herr Staatsminister, Sie haben in der zitierten 86. Plenarsitzung argumentiert, dass der Landtag der Landesregierung überlassen solle, wie sie es mit der Geschäftsordnung halte.

(Abg. Brechtken SPD: Das ist richtig!)

Ist aber Artikel 49 Abs. 1 in dieser Frage nicht eindeutig und lässt der Landesregierung gar keinen Spielraum? Ich zitiere:

Der Ministerpräsident bestimmt die Richtlinien der Politik und trägt dafür die Verantwortung. Er führt den Vorsitz in der Regierung und leitet ihre Geschäfte nach einer von der Regierung zu beschließenden Geschäftsordnung. Die Geschäftsordnung ist zu veröffentlichen.

Wo haben Sie denn nach diesem Passus der Verfassung noch einen Spielraum, Herr Staatsminister?

Herr Abgeordneter, in der Verfassungskommentierung besteht Konsens darüber, dass das eine Rechtsbestimmung ist, die in der Kompetenz der Landesregierung von Baden-Württemberg steht. Schwieriger würde es – das ist in Debatten wiederholt ausgeführt worden –,

(Abg. Jacobi Bündnis 90/Die Grünen: X-mal!)

wenn ein Minister als Mitglied des Kollektivs, des Kollegialorgans „Landesregierung von Baden-Württemberg“ auf einer Geschäftsordnung beharren würde. Dies ist nicht der Fall. Die Landesregierung arbeitet ohne Geschäftsordnung seit Bestehen des Landes Baden-Württemberg hervorragend.

Wir klagen immer, Herr Abgeordneter, über Überregulierungen und über zu viele Normen, die die tägliche Arbeit erschweren. Jetzt klappt es außerordentlich gut ohne eine Geschäftsordnung. Wir sollten daran festhalten.

(Heiterkeit des Abg. Brechtken SPD – Abg. Brechtken SPD: Trifft das auch für die Richtlinien- kompetenz zu?)

Zweite Zusatzfrage, Herr Abg. Deuschle.

Herr Staatsminister, wenn das so ist, wie Sie hier argumentieren, wird sich die Landesregierung

dann für eine Streichung von Artikel 49 Abs. 1 der Landesverfassung einsetzen?

(Zuruf des Abg. Drautz FDP/DVP)

Herr Abgeordneter, ich registriere mit großem Interesse, dass die Republikaner diese Frage für eine der wichtigsten Fragen der Landespolitik erachten.

(Abg. Krisch REP: Der Satz ist hinfällig!)

Die Landesregierung erachtet diese Frage nicht für eine der wichtigsten Fragen und wird ihr deshalb in dieser Legislaturperiode auch keine besondere Priorität beimessen.

(Abg. Drautz FDP/DVP: Sehr gut! – Zuruf des Abg. Deuschle REP)

Keine weiteren Fragen? – Damit ist Tagesordnungspunkt 5 – Fragestunde – beendet.

Ich rufe noch einmal Tagesordnungspunkt 3 auf:

Ergänzungswahlen zum Staatsgerichtshof

Das Ergebnis der Wahl der Mitglieder zum Staatsgerichtshof liegt nunmehr vor. Ich darf es Ihnen bekannt geben:

Für die Gruppe der Berufsrichter wurden insgesamt 107 Stimmzettel abgegeben. Auf Herrn Stilz entfielen 97 Stimmen. Es gab 5 Neinstimmen und 3 Enthaltungen. Auf andere Namen entfielen 2 Stimmen. Damit ist Herr Stilz zum berufsrichterlichen Mitglied des Staatsgerichtshofs gewählt.

Für die Gruppe der stellvertretenden Berufsrichter wurden ebenfalls 107 Stimmzettel abgegeben. Auf Herrn Dr. Kasper entfielen 87 Stimmen. Neinstimmen: 5, Enthaltungen: 3. Auf andere Namen entfielen 2 Stimmen. Damit ist Herr Dr. Kasper zum stellvertretenden berufsrichterlichen Mitglied des Staatsgerichtshofs gewählt.

Für die Gruppe der Mitglieder mit der Befähigung zum Richteramt wurden 107 Stimmzettel abgegeben. Auf Herrn Professor Dr. Mailänder entfielen 89 Stimmen. 7 Abgeordnete haben mit Nein gestimmt, 4 Abgeordnete haben sich der Stimme enthalten, auf andere Namen entfielen 2 Stimmen. Damit ist Herr Professor Dr. Mailänder zum Mitglied des Staatsgerichtshofs mit der Befähigung zum Richteramt gewählt.

Für die Gruppe der stellvertretenden Mitglieder mit der Befähigung zum Richteramt wurden 107 Stimmzettel abgegeben. Auf Herrn Dr. Maus entfielen 87 Stimmen. Mit Nein haben 7 Abgeordnete gestimmt, enthalten haben sich 4 Abgeordnete, auf andere Namen entfielen 2 Stimmen. Damit ist Herr Dr. Maus zum stellvertretenden Mitglied des Staatsgerichtshofs mit der Befähigung zum Richteramt gewählt.

Für die Gruppe der Mitglieder ohne Befähigung zum Richteramt wurden ebenfalls 107 Stimmzettel abgegeben. Auf Frau Sybille Stamm entfielen 83 Stimmen. 4 Abgeordnete haben mit Nein gestimmt, enthalten haben sich 6 Abgeordnete, 2 Stimmen entfielen auf andere Namen. Damit ist Frau Sybille Stamm zum Mitglied des Staatsgerichtshofs ohne Befähigung zum Richteramt gewählt.