Protocol of the Session on June 28, 2000

Frau Abgeordnete, ich muss Sie auf Ihre Redezeit hinweisen.

Nicht betroffen von der Kürzung durch das Haushaltsstrukturgesetz waren die beruflichen Privatschulen, die zugegebenermaßen besonders schlecht ausgestattet werden. Deshalb waren die Mittel für deren Besserstellung, die wir heute endgültig beschließen, auch im Haushaltsentwurf bereits enthalten. Damit sie nun tatsächlich ausbezahlt werden können, müssen wir die neuen Zahlen ins Gesetz schreiben. Es ist also heute der Tag der technischen Umsetzung und nicht der einer großen politischen Tat, die die Grundlagen verändert.

Sehr geehrte Damen und Herren, ich habe heute dennoch etwas über die zukünftige Ausgestaltung der finanziellen Ausstattung der Privatschulen in Baden-Württemberg aus der Sicht der CDU-Fraktion ausgeführt.

Frau Abgeordnete, ich muss Sie auf das Ende Ihrer Redezeit hinweisen.

Die Grundlagen dafür sind erarbeitet und transparent. Was immer gefordert wurde, CDU-Fraktion und Privatschulen sind in allen Punkten, die bisher strittig waren, zu einer gemeinsamen Sicht gekommen. Das ist eine gute Basis für die zukünftige Arbeit.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort hat Frau Abg. Rudolf.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die vorliegende Gesetzesänderung – das ist sicherlich auch aus den Ausführungen der Vorrednerinnen deutlich geworden – muss differenziert betrachtet werden.

Zum einen haben wir den Teil, in dem es um die formale Umsetzung der Änderung des Bundesbesoldungsgesetzes geht. Hierzu kann ich für die SPD-Fraktion Zustimmung signalisieren, denn es ist wichtig, dass die Privatschulen ihr Geld ausbezahlt bekommen.

Ebenfalls zu begrüßen ist die Delegation von Entscheidungsbefugnissen auf untere staatliche Behörden, in diesem Fall auf die Schul- und die Oberschulämter.

Zu begrüßen ist ebenfalls die Verbesserung der finanziellen Förderung der beruflichen Ersatzschulen – das ist schon erwähnt worden – in Höhe von 10,5 %.

Aber dann geht es schon los. Frau Lazarus hat uns ja dankenswerterweise erklärt, wie es in der Arbeitsgruppe zuging. Aber, Frau Lazarus, auf der Strecke gut miteinander auszukommen ist das eine, und zu einem Ergebnis zu kommen, das öffentlich transparent wird, nämlich bei allen Fraktionen hier im Landtag, ist das andere. Das hätten wir uns als Grundlage der Beratung dieser Gesetzesänderung doch sehr gewünscht.

(Beifall bei der SPD)

Es ist in der Tat so, dass den allgemein bildenden privaten Schulen schon in der letzten Legislaturperiode versprochen worden ist, dass es ein Stufenmodell geben wird, bei dem sie auf 80 % der Förderung eines Schülers an einer öffentlichen Schule kommen sollen. In der Tat war die Frage, was 80 % der Förderung eines Schülers an einer öffentli

chen Schule sind. Sie haben schon in der letzten Legislaturperiode versprochen, dass es auch an den allgemein bildenden privaten Schulen zu einer Erhöhung des Zuschusses kommen wird. Wir haben bei den letzten Haushaltsberatungen gemeinsam verhindert, dass es zu einer weiteren Kürzung kam, aber von dem, was Sie in der letzten Legislaturperiode versprochen haben, sind wir noch eine ganze Ecke entfernt.

Noch etwas zur FDP/DVP: Ich habe mir das Protokoll über die Sitzung angeschaut, in der in der letzten Legislaturperiode die letzte Änderung formuliert und diskutiert worden ist. Ich muss schon sagen, Herr Pfister, dass Sie als Löwe gestartet und als Papiertiger gelandet sind.

(Abg. Pfister FDP/DVP: Was? Das kann nicht sein! Das war noch in Oppositionszeiten! In der Opposition können Sie erzählen, was Sie wollen! Das wissen Sie! – Unruhe)

Wenn Sie Ihr Geschwätz von gestern nicht interessiert, dann wiederhole ich das, was Sie gesagt haben, für Sie, Herr Pfister, gerne.

Sie wollten Baden-Württemberg zu einem privatschulfreundlichen Land machen und dafür viel, viel Geld investieren. Bloß ist davon bei den Privatschulen leider nichts angekommen.

(Abg. Drautz FDP/DVP: Könnten Sie auch auf Ih- re Rolle damals eingehen?)

Ja, ich habe das ganze Protokoll gelesen.

(Abg. Pfister FDP/DVP: Sie geben zu, dass Ver- besserungen da sind! 30 Millionen!)

Man muss sich schon vor Augen halten, dass wir – und dazu möchte ich mich ausdrücklich bekennen – eine Verantwortung für die öffentlichen Schulen haben, die ja den Hauptteil der Bildungsarbeit in Baden-Württemberg leisten. Aber mit der staatlichen Anerkennung von privaten Schulen haben wir selbstverständlich auch eine Verantwortung für die Ausbildung der Kinder und Jugendlichen dort. Wir wissen alle – das wird auch immer wieder in Plenarsitzungen betont; wenn man das nachliest, stellt man das fest –, dass gerade an diesen Schulen ein Innovationspotenzial vorhanden ist, das die Arbeit an unseren öffentlichen Schulen befruchten kann und das wir eigentlich gemeinsam nutzen wollen. Aber dann heißt es auch, dass wir die privaten allgemein bildenden Schulen für diese Arbeit ausstatten müssen. Meine Damen und Herren, wir sind hier im Landtag von Baden-Württemberg nicht dazu da, Bundesrecht umzusetzen, sondern wir haben eine eigenständige bildungspolitische Verantwortung, für die eine finanzielle Unterstützung gewährleistet sein muss. Da haben Sie in dieser Legislaturperiode einfach nichts geleistet.

(Beifall bei der SPD – Abg. Pfister FDP/DVP: Ha no, übertreiben Sie es nicht! Wir sind unheimlich gut!)

Das Wort hat Frau Abg. Rastätter.

Herr Präsident, meine Damen und Herren!

(Abg. Pfister FDP/DVP: Jetzt fängt die auch noch an!)

Was muss die Landesregierung für die freien Schulen in Baden-Württemberg leisten? Lassen Sie mich im Hinblick darauf mit der Frage beginnen: Was leisten die freien Schulen für die staatlichen Schulen in Baden-Württemberg? Dafür drei Beispiele: Es gibt bei uns keine gute Grundschule mehr, die nicht auch Montessori-Pädagogik, nämlich die Freiarbeit als kindgerechte Arbeitsform, integriert und von den Privatschulen übernommen hat.

(Abg. Pfister FDP/DVP: Ja, da hat sie Recht!)

Zweites Beispiel: Von den Waldorfschulen ist der Epochenunterricht mittlerweile an vielen Schulen übernommen worden.

(Abg. Pfister FDP/DVP: Da hat sie auch Recht!)

Drittes Beispiel: Die katholischen Schulen haben ein sehr schönes Projekt entwickelt, und zwar ein Praxis- und Unterrichtsprojekt des sozialen Lernens, „Mitmenschlichkeit als Voraussetzung für die Friedensfähigkeit“. Zu diesem Projekt gehört auch ein fünfwöchiges Sozialpraktikum an den Schulen. Mittlerweile hat unser Kultusministerium, habe ich gelesen, eine Arbeitsgruppe gebildet, die die Ergebnisse dieses Projekts aufarbeitet und den staatlichen Schulen in Baden-Württemberg zur Verfügung stellen will.

Meine Damen und Herren, das sind Beispiele dafür, dass die freien Schulen in Baden-Württemberg und natürlich auch anderswo ein Motor für die pädagogische Schulentwicklung sind und eine große Bereicherung für unsere staatlichen Schulen und für unsere Bildungslandschaft darstellen.

Im Grundgesetz ist die Freiheit des Bildungswesen ausdrücklich festgeschrieben, die Vielfalt der Erziehungsziele, die Vielfalt der Bildungsziele. Das Grundgesetz will ausdrücklich kein staatliches Bildungsmonopol. Das Grundgesetz schreibt aber auch das Sonderungsverbot fest. Das heißt, Privatschulen müssen für alle Kinder, egal, aus welchen sozialen Schichten sie kommen, egal, wie die Finanzkraft ihrer Eltern ist, zugänglich sein. Deshalb müssen unsere Privatschulen vom Staat entsprechend finanziell gefördert und ausgestattet werden. Hier in Baden-Württemberg ist dieses Verfassungsgebot in den vergangenen Jahren in sträflicher Weise vernachlässigt worden. Den freien Schulen ist über viele Jahre hinweg das Wasser abgegraben worden, zuletzt im Übrigen in dieser Legislaturperiode mit den Kürzungen im Haushaltsstrukturgesetz.

(Abg. Pfister FDP/DVP: Das haben wir rückgän- gig gemacht!)

Diese Kürzungen haben wir damals heftig bekämpft.

(Abg. Hofer FDP/DVP: Aber deshalb haben wir das nicht rückgängig gemacht!)

Darauf komme ich noch. Erst als nämlich die Eltern vor die Gerichte gezogen sind, als die Schulen vor die Gerichte gezogen sind und als feststand, dass die Praxis der Zuschuss

gewährung in Baden-Württemberg hinter den verfassungsrechtlichen Vorgaben zurückbleibt – – Sie haben damals sogar noch beim Urteil versucht, zu erklären: Dann müssen die Schulen eben das Schulgeld erhöhen. Dies alles ist nicht haltbar.

(Abg. Kluck FDP/DVP: Wir?)

Das hat die Landesregierung erklärt: Dann müssen eben die Schulen ihre Schulgebühren heraufsetzen. Erst als die Gerichte bestätigt haben, dass dies eine verfassungswidrige Praxis ist, hat ein Umorientierungsprozess, zumindest ein Nachdenkensprozess bei der Landesregierung eingesetzt.

Wir begrüßen, dass jetzt Kürzungen im Haushaltsstrukturgesetz zurückgenommen wurden.

(Abg. Hofer FDP/DVP: Wir auch!)

Wir begrüßen auch, dass die Zuschüsse nun erhöht werden. Ich weiß, dass sich zum Beispiel die Kollegin Lazarus in dieser Kommission sehr engagiert hat, und zwar gemeinsam mit der Kollegin Berroth. Allerdings muss ich deutlich machen: Das sind bis jetzt die ersten Ansätze; denn nicht nur die verfassungsrechtlichen Vorgaben, sondern auch das selbst gesteckte Ziel, 80 % zu erreichen, sind damit bei weitem noch nicht gewährleistet. Das heißt, es muss innerhalb eines kurzen Zeitraums erreicht werden, dass diese Vorgaben erfüllt werden.

Ich sage ganz deutlich: Wer freie Schulen als Bereicherung unserer Bildungslandschaft sieht, der muss auch im finanziellen Bereich das Notwendige dafür tun. Wir werden Sie in diesem Punkt weiterhin unter Druck setzen.

Ich bedanke mich.

(Beifall bei Abgeordneten des Bündnisses 90/Die Grünen)

Das Wort hat Frau Abg. Berroth.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Was wir heute hier zu entscheiden haben, ist vor allem eine formelle Anpassung des Privatschulgesetzes an die Realität. Bei den rein formellen beamtenrechtlichen Anpassungen handelt es sich um Folgen veränderter Bundesgesetzgebung, also lediglich um Umsetzungen in Landesrecht.

Bei den Fachleuten ist etwas umstritten, ob die veränderten Zuständigkeiten für die Anerkennung von Ersatzschulen und die Genehmigung von Prüfungsvorschriften im Ganzen vorteilhaft sein werden. Das lässt sich jedoch nicht theoretisch klären. Da bleibt uns nur, die Entwicklung kritisch zu beobachten und gegebenenfalls zu reagieren.

Nun haben bei der Nennung dieses Tagesordnungspunkts viele eigentlich erwartet, dass die von den Kolleginnen auch schon angesprochene grundlegendere Reform komme. Das hätte aber noch eine ganze Zeit gedauert. Wir Liberalen haben uns deshalb auch dazu entschlossen, die beruflichen Schulen in freier Trägerschaft nicht länger auf die Folter zu spannen, sondern ihnen das schon im Haushalt bereitgestellte Geld jetzt zukommen zu lassen, weil die Liquidität dort das mit Sicherheit erfordert.